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Wenn man sagt “N. existiert nicht”, so
kann das verschiedenerlei bedeuten.
Es kann heißen, daß ein Mann,
der, als er lebte, diesen Namen trug, nicht, oder nicht zu einer gewissen
Zeit, in einem gewissen Land existiert hat; aber auch,
daß spätere Geschichtsschreiber den Charakter, den wir
so (etwa “Moses”)
nennen, erfunden haben, daß die und die Ereignisse nie
stattgefunden haben und ihr Held also nie gelebt hat.
D.h. also: kein Mensch hat
Moses geheißen und
diese Taten vollbracht; oder: das Ding, das Dir als Herr N
vorgestellt wurde, war eine Puppe; etc.. Denken
wir uns, es sagte uns Einer, er habe Moses
auf der Straße gesehen. Wir würden ihn dann
fragen: “wie meinst Du das: Du hast ihn gesehen?
Wie wußtest Du denn, daß
er es war?” und nun könnte der Andre sagen:
“er hat es mir gesagt”, oder “er sah so aus, wie
ich mir Moses vorstelle”, oder
“er hatte diese und diese Merkmale”,
etc.. Ich will doch wohl das sagen, was
Russell dadurch
ausdrückt, daß der Name Moses durch verschiedene Beschreibungen definiert sein kann
(“der Mann, welcher ‘Moses’ hieß und zu dieser Zeit an
diesem Ort lebte”, oder “der Mann – wie immer er
damals genannt wurde – welcher die Israeliten durch die Wüste
führte”, oder “der Mann, der als kleines Kind von der
Königstochter aus dem Nil gefischt wurde”,
etc. etc.). Und je nachdem wir
die eine oder andere Definition annehmen, bekommt
der
490 Satz
“Moses hat
existiert” einen andern Sinn und ebenso jeder andere Satz, der von
Moses handelt.
Man würde || könnte auch immer, wenn
uns jemand sagte “N existiert nicht”
fragen: “was meinst Du? willst Du sagen,
daß … , oder daß …
etc.?” –
Wenn ich nun sage: “N ist gestorben” so
hat es mit “N” gewöhnlich etwa
folgende Bewandtnis: Ich glaube, daß ein
Mensch N gelebt hat: den ich 1.) dort
und dort gesehen habe, der 2.) so und so ausschaut,
3.) das und das getan hat und 4.) in der
bürgerlichen Welt den Namen “N”
führt.
Gefragt, was ich unter “N” verstehe, würde ich
alle diese Dinge, oder einige von ihnen, und bei verschiedenen Gelegenheiten
verschiedene, aufzählen.
Meine Definition von “N” wäre also: der
Mann, von dem alles das stimmt.
Wenn aber nun einiges davon sich als falsch erwiese, – wäre
der Satz “N ist gestorben” nun als falsch
anzusehen? auch, wenn nur etwas vielleicht ganz
Nebensächliches, was ich von dem Menschen glaubte, nicht stimmen würde;
– und wo fängt das Hauptsächliche an?
Das kommt nun darauf hinaus, daß wir den Namen
“N” in gewissem Sinne ohne feste Bedeutung
gebrauchen, oder: daß wir bereit sind,
die Spielregeln nach Bedarf zu verändern (make the rules as
we go along).
Das erinnert an das, was ich früher einmal über die Benützung der
Begriffswörter, z.B. des Wortes
“Blatt”, oder “Pflanze”,
geschrieben habe. –
Und hier erinnere ich mich daran, daß
Ramsey einmal betont hat,
die Logik sei eine “normative Wissenschaft”.
Wenn man damit meint, sie stelle ein Ideal auf, dem sich die Wirklichkeit
nur nähere, so muß gesagt werden,
daß dann dieses “Ideal” uns nur als
ein Instrument der annähernden Beschreibung der Wirklichkeit
interessiert.
Es ist allerdings möglich, einen Kalkül genau zu beschreiben und zwar zu
dem Zweck, um dadurch eine Gruppe anderer Kalküle beiläufig zu
charakterisieren.
Wollte z.B. jemand wissen, was ein Brettspiel ist,
so könnte ich ihm zur Erklärung das Damespiel genau beschreiben und dann
sagen: siehst Du, so ungefähr funktioniert jedes
Brettspiel. –
War es nun nicht ein Fehler von mir (denn so scheint es mir
jetzt) anzunehmen, daß der, der die Sprache
gebraucht,
491 immer ein bestimmtes
Spiel spiele?
Denn, war das nicht der Sinn meiner Bemerkung, daß
alles an einem Satz – wie beiläufig immer er ausgedrückt sein
mag – ‘in Ordnung ist’?
Aber wollte ich nicht sagen: alles müsse in Ordnung sein, wenn Einer
einen Satz sage und ihn anwende?
Aber daran ist doch weder etwas in Ordnung noch in Unordnung, – in
Ordnung wäre es, wenn man sagen könnte: auch dieser Mann spielt
ein Spiel nach einem bestimmten, festen Regelverzeichnis.
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