“Wie
seltsam, daß es dem Geist möglich ist,
etwas zu denken, was garnicht der Fall ist.” Wir sind wie gesagt, zu
der Auffassung geneigt, als läge es nicht in unserem Belieben,
welche Wortformen in unserer Sprache
gebraucht werden dürften, als wäre dies vielmehr
irgendwie durch 18 das Wesen der Wirklichkeit
bestimmt. Wir werden also sagen, es liege im Wesen der
Länge und der Strecke, daß eine Strecke
nicht zugleich zwei Längen haben
könne. Soll aber dieses Wesen in den Regeln des
Gebrauchs der Worte seinen Ausdruck haben, dann
müssen, wie schon gesagt, für den
neuen Fall eben neue Regeln gegeben werden. Und die
Idee, daß wir für einen neuen
Fall nicht imstande seien, Regeln zu geben,
welche den alten analog sind, beruht hier darauf,
daß wir nicht sehen,
daß auch der Gebrauch des Wortes
“analog” hier neu zu bestimmen ist.
Wir sagen gleichsam: “und so weiter”, haben
aber dieses “so” nicht bestimmt.
So sagen wir also, es
entsprächen die Regeln unserer Grammatik einer Naturnotwendigkeit, und
ziehen damit irreführend eine Parallele zwischen dem
Festsetzen dieser Regeln und dem Beschreiben von
Naturtatsachen. Der Geist aber scheint
nun fähig, die Möglichkeit und
Unmöglichkeit der Tatsachen zu erkennen. Er
kann denken, was garnicht der Fall ist,
weil es möglich ist. Und seine
Unfähigkeit, etwas zu denken,
betrachten wir in diesem Fall nicht
als eine
Schwäche, sondern als die Erkenntnis,
daß es das nicht gibt. Man kann
etwas wünschen, obwohl es noch garnicht der Fall ist. Und doch wünscht man eben
das, was dann eben eintreffen wird. Es scheint wie ein
Wunder. Aber man kann den Dieb nicht
kennen || hängen, ehe man
ihn hat. Wohl aber suchen, ehe man ihn hat.
Ich erwarte sein Kommen, noch ehe es eingetroffen ist.
Und doch erwarte ich gerade sein Kommen und nicht nur
etwas Ähnliches. Ich
erwarte mir einen
Schuß. Der
Schuß fällt.
Nun fragt man mich: “war denn dieser
Knall auch schon in deiner Erwartung
vorhanden? und wenn nicht,
hast du dir doch nur etwas Ähnliches
erwartet und nicht diesen
Schuß.” Ja, wie ist
es gar, wenn ich sage: “ich habe mir einen lauteren
Knall erwartet”? Hat es da in
meiner Erwartung lauter geknallt? Setzen wir aber
statt der Erwartung, wie wir jetzt dürfen, den Ausdruck
der Erwartung, so verschwinden diese Probleme. Es
wäre freilich denkbar,
daß dieser Ausdruck in dem Erzeugen eines
Knalls bestünde, welcher
gleichsam das Vorbild
wäre, mit welchem man den eintretenden Knall zu vergleichen
hätte. So kann die Erwartung einer
Farberscheinung in
mancherlei bestehen, und unter
anderem darin, daß ich sage:
“ich erwarte mir diese Farbe”, wobei ich auf ein
Farbmuster zeige, aber auch darin, daß ich
sage: “ich erwarte mir eine sehr grelle
Farbe”, wobei ich aber keine solche halluziniere, noch in
Wirklichkeit vor mir sehe. Und ich kann 19 wieder sagen; || ,
ich kann einer grelle Farbe erwarten, wenn sie nicht da ist, aber
nicht auf eine zeigen, wenn sie nicht da ist. Nun kann
man aber fragen: “Muß
es diese Farbe aber nicht doch geben, damit ich
sie erwarten kann?
Muß sie nicht
existieren?” In welchem Falle aber sage ich,
diese Farbe existiere? Wenn irgendein Körper meiner
Umgebung sie hat¤?
Muß sie irgendwo
wo existieren, damit sie in diesem Sinn existiere?
Es läuft darauf hinaus, daß der
Wortausdruck eine andere Bedeutung erhält, wenn
in diesem Kalkül eine
hinweisende Definition vorkommt als wenn
sie nicht vorkommt. |
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