Verstehen eines Satzes anal[i|o]g dem Verstehen
einer Melodie als Melodie
   Der Gegensatz zu dieser Auffassung ist die Idee, dass das Verstehen eines Satzes im Heraustreten aus der Sprache besteht, nämlich darin, dass man die Verbindung zwischen der Sprache und der Wirklichkeit herstellt. Das Vorbild dieses Heraustretens aus der Sprache und des Herstellens eines Uebergangs zur Wirklichkeit gibt uns die hinweisende Definition. Die hinweisende Definition ersetzt ein Zeichen durch ein anderes. Man kann sagen:
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sie ersetzt die Wortsprache durch eine Gebärdensprache. Es könnte sein, dass die Worte nur dazu dienen, durch den Mechanismus der Assoziation Bilder hervorzurufen, welche die eigentlichen Zeichen sind. In diesem Sinne brauchten uns diese Worte nicht zu interessieren. Wir würden an ihre Stelle zweckmässig gemalte Bilder setzen, welche die Halluzinationen ersetzen könnten. Man sagt manchmal, die Worte vertreten nur die Gegenstände (Traktat). Dann ist die Frage, wie denn diese Vertretung möglich ist. Denn sie ist nur möglich, wenn die Worte wenigstens in gewissen Fällen dasselbe leisten können wie die Gegenstände, welche sie vertreten. Ferner ist zu sagen, dass die hinweisenden Definitionen zur Vorbereitung des Gebrauchs der Sprache gehören, also noch zur Sprachlehre. Es frägt sich also, ob man den Uebergang, welcher in der hinweisenden Definition gemacht wird, jedesmal machen muss wenn man das Wort sinnvoll gebraucht, oder nicht. Und dann wieder, ob im ersten Falle das Wort nur ein psychomechanisches Hilfsmittel ist, um uns die eigentlichen Zeichen vor die Seele zu rufen. Aber auch, wenn unsere Sprache nur aus Vorstellungsbildern bestünde, so bliebe sie eine Sprache und ihre Sätze könnten falsch sein. Alles ist eigentlich schon damit ausgedrückt, dass der Satz wahr oder falsch sein kann. Das Verstehen ist am Schluss das Auffassen eines Satzzeichens. (Dies bedarf noch der Erläuterung.) Es bleibt auch in der reinen Gebärdensprache der Unterschied zwsischen der Tatsache, dass ich sage, p sei wahr, und dass es wahr ist. Man könnte es beiläufig so ausdrücken, dass wir durch keinerlei [e|E]rklär[end|ung]e der Wortbedeutungen, auch nicht durch die hinweisende, aus der Sprache heraustreten, und dass die Sprache in diesem Sinn aut[u|o]nom ist. Als ein Heraustreten aus der Sprache können wir es bezeichnen, wenn wir z.B. auf einen uns gegebenen Befehl handeln, wenn wir also z.B. auf den Befehl: “hebe diesen Apfel auf!” einen Apfel aufheben. Diese Handlung ist nicht ein Teil der Sprachlehre, während das Zeigen auf einen Apfel zur Erklärung der Bedeutung des Wortes Apfel eine Vorbereitung zur Anwendung der Sprache ist und nicht die Sprache selbst, und daher in der Sprachlehre gehört. Die Meinung, dass wir in der hinweisenden Erklärung aus der Sprache heraustreten, ist zum Teil eine Verwechslung der hinweisenden Erklärung mit der Anwendung der Sprache. Die hinweisende Erklärung ist noch eine Spielregel. Tatsächlich aber findet in den meisten Gebieten der Sprache ein Uebergang vom Wort zur Vorstellung garnicht statt. Und es fällt
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auch nach dem Gesagten der Versuch fort zu glauben, es müsse noch beim Verstehen ein solches Heraustreten aus der Sprache stattfinden.