| 20. “Aber wenn
nun Einer sagt “Bring mir eine
Platte!”, so scheint es ja jetzt, als könnte
er diesen Ausdruck als ein langes Wort meinen:
entsprechend nämlich dem einen Worte
‘Platte!’”‒ ‒ Kann
man ihn also einmal als ein Wort, einmal als vier
Wörter meinen? Und wie meint man ihn
gewöhnlich? ‒ ‒ Ich glaube, wir werden
geneigt sein, zu sagen: wir meinen den Satz als einen von
vier Wörtern, wenn wir ihn im Gegensatz zu
andern Sätzen gebrauchen, wie “Reich
mir eine Platte zu”, “Bring ihm
eine Platte”, “Bring zwei
Platten”, etc.; also im Gegensatz zu
Sätzen, welche die Wörter unseres Befehls in
andern Verbindungen
entfhalten. ‒ ‒ Aber worin besteht
es, einen Satz im Gegensatz zu andern Sätzen
gebrauchen? Schweben einem dabei etwa diese
Sätze vor? Und alle
alle? Und während man den
einen Satz sagt, oder vor-, oder nachher? – Nein! Wenn auch so eine Erklärung
einige Versuchung für uns hat, so brauchen wir doch nur einen
Augenblick zu bedenken, was wirklich geschieht, um zu sehen,
daß wir hier auf falschem Weg sind. Wir sagen, wir
gebrauchen den Befehl im Gegensatz zu andern Sätzen,
weil| unsere Sprache
die Möglichkeit dieser andern Sätze enthält.
Wer unsere Sprache nicht versteht, ein Ausländer, der
öfter gehört hätte, – 18
– wie jemand den Befehl gibt
“Bring mir eine Platte!”,
könnte der Meinung sein, diese ganze Lautreihe sei ein Wort
und entspräche etwa dem Wort für
“Baustein” in seiner Sprache. Wenn er
selbst dann diesen Befehl gegeben hätte, würde er ihn
vielleicht anders aussprechen, und wir würden sagen:
Er spricht ihn so sonderbar aus, weil er ihn für
ein Wort hält. – Aber geht also
nicht, wenn er ihn ausspricht, eben auch etwas anderes in ihm
vor,– dem entsprechend, daß er den Satz als
ein Wort auffaßt? ‒ ‒ Es kann
das Gleiche in ihm vorgehen, oder auch anderes. Was geht
denn in dir vor, wenn du so einen Befehl gibst; bist du dir
bewußt, daß er aus aus vier Wörtern besteht,
während du ihn aussprichst? Freilich,
du beherrscht diese Sprache – in der es auch
jene andern Sätze gibt– aber ist dieses Beherrschen
etwas, was geschieht, während du den Sˇatz
ausspricht? – Und ich habe ja
zugegeben: der Fremde wird den Satz, den er anders
auffaßt, wahrscheinlich anders aussprechen; aber, was wir die
falsche Auffassung nennen, muß nicht in irgend
etwas liegen, was das Aussprechen
des Satzes ˇBefehls begleitet.
‘Elliptisch’ ist der Satz nicht, weil er etwas ausläßt, was wir meinen, wenn wir ihn aussprechen, sondern weil er gekürzt ist im Vergleich mit einem bestimmten Vorbild unserer Gramˇmatik. – Man könnte hier freilich den Einwand machen: “Du gibst zu, daß der verkürzte und der unverkürzte Satz den gleichen Sinn haben. – Welchen Sinn haben sie also? Gibt es denn für diesen Sinn nicht einen Wortausdruck?”‒ ‒ Aber besteht – 19
– der gleiche Sinn der Sätze nicht in
ihrer gleichen Verwendung? –
(Im Russischen heißt es “Stein rot”, statt
“der Stein ist rot”; geht ihnen
di[|e] Kopula im Sinn ab, oder denken sie sich die
Kopula dazu?–) |
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