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     Aber wir sind, wenn wir darüber nachdenken, versucht zu sagen: das einzig wirkliche Kriterium dafür, daß Einer liest, ist der bewußte Akt des Lesens, des Ablesens der Laute von den Buchstaben. “Ein Mensch weiß doch, ob er liest, oder nur vorgibt, zu lesen!” – Angenommen, A will den B glauben machen, er könne cyrillische Schrift lesen. Er lernt einen russischen Satz auswendig und sagt ihn dann, indem er die gedruckten Wörter ansieht, als läse er sie. Wir werden hier gewiß sagen, A wisse, daß er nicht liest, und er empfinde, während er zu lesen vorgibt, eben dies. Denn es gibt natürlich eine Menge für das Lesen eines Satzes im Druck mehr oder weniger charakteristischer Empfindungen; es
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ist nicht schwer, sich solche ins Gedächtnis zu rufen: denke an Empfindungen des Stockens, des genaueren Hinsehens, Verlesens, der größeren und geringeren Geläufigkeit der Wortfolgen, u.a.. Und ebenso gibt es charakteristische Empfindungen für das Aufsagen von etwas Auswendiggelerntem. Und A wird in unserm Fall keine von den Empfindungen haben, die für das Lesen charakteristisch sind, und er wird etwa eine Reihe von Empfindungen haben, die für das Schwindeln charakteristisch sind.