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     Und wenn wir diesen Vergleich noch etwas weiter führen, so ist es klar, daß der Grad, bis zu welchem das scharfe Bild dem verschwommenen ähnlich sein kann, vom Grade der Unschärfe dieses || des zweiten abhängt. Denn denk dir, du solltest zu einem verschwommenen Bild ein ihm ‘entsprechendes’ scharfes entwerfen. In jenem ist ein unscharfes rotes Rechteck; du setzt dafür ein scharfes. Freilich – es ließen sich ja mehrere solche scharfe Rechtecke ziehen, die dem unscharfen entsprächen. – Wenn aber im Original die Farben ohne die Spur einer Grenze
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ineinanderfließen,– wird es dann nicht eine hoffnungslose Aufgabe werden, ein dem verschwommenen entsprechendes scharfes Bild zu zeichnen? Wirst du dann nicht sagen müssen: “Hier könnte ich ebenso gut einen Kreis, wie ein Rechteck, oder eine Herzform zeichnen; es fließen ja alle Farben durcheinander. Es stimmt alles – und nichts.”‒ ‒ Und in dieser Lage befindet sich z.B. der, der in der Ästhetik, oder Ethik nach Definitionen sucht, die unsern || unseren Begriffen entsprechen.
     Frage dich in dieser Schwierigkeit immer: Wie haben wir denn die Bedeutung dieses Wortes (“gut” z.B.) gelernt? An was für Beispielen; in welchen Sprachspielen? Du wirst dann leichter sehen, daß das Wort eine Familie von Bedeutungen haben muß.