Denk Dir, man sagte: wir entfalten die Eigenschaften eines Polygons indem wir je 3 Seiten durch eine Diagonale zusammennehmen. Es zeigt sich dann etwa als 15-Eck. Will ich sagen: ich habe eine Eigenschaft des 15-Ecks entfaltet? Nein. Ich will sagen, ich habe eine Eigenschaft dieses (hier gezeichneten) Vielecks entfaltet.
     Ist dies ein Experiment? Gewiß. Ich wußte ja nicht, was herauskommen würde, ja noch weiß ich, ob das Gleiche beim nächsten Versuch herauskommen wird.
     Ja; wie aber, wenn ich so einen Versuch an einem Fünfeck anstelle, das ich ja schon übersehen kann? – Nun, nehmen wir einen Augenblick an, ich könnte es nicht übersehen, was z.B. geschehen kann, wenn es zu groß ist und ich zu nahe bin. Dann wäre das Ziehen der Diagonalen ein Mittel, um mich davon zu überzeugen, daß da ein Fünfeck steht. Ich könnte wieder sagen, ich habe die Eigenschaften des Polygons, das da gezeichnet ist, entfaltet. – Kann ich es nun übersehen, dann kann sich doch daran nichts ändern. Es war etwa überflüssig, diese Eigenschaft zu entfalten, wie es überflüssig ist, zwei Äpfel, die vor mir liegen, zu zählen.
     Soll ich nun sagen: “es war wieder ein Experiment, aber ich war des Ausgangs sicher”? Aber bin ich des Ausgangs in der Weise sicher, wie des Ausgangs der Elektrolyse einer Wassermenge? Nein, – sondern anders! Er¤gäbe die Elektrolyse
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der Flüssigkeit nicht H2O so würde ich mich nicht für närrisch halten, oder sagen, ich wisse jetzt überhaupt nicht mehr, was ich sagen soll.
     Denk Dir, ich sagte: “Ja, hier steht ein Quadrat – aber schauen wir noch nach, ob es durch eine Diagonale in zwei Dreiecke zerlegt wird!” Ich ziehe sie dann und sage: “Ja, hier haben wir zwei Dreiecke.” Da würde man mich fragen: Hast Du denn nicht gesehen, daß es in zwei Dreiecke zerlegt werden kann? Bist Du erst jetzt überzeugt, daß hier ein Viereck steht; und warum traust Du jetzt Deinen Augen mehr als früher?
     Aber dann ist es ja auch ein Experiment, wenn ich die Linien garnicht ziehe, sondern nur ‘mit dem Auge’ immer so und soviele Seiten zusammennehme. Freilich, auch es so zu prüfen ist ein Experiment. – Und so ist es auch ein Experiment, wenn ich Analoges an einem Quadrat ausführe || mit einem Quadrat tue; es zeigt, daß ich dies (jetzt) an der Figur, die hier steht, ausführen kann – was immer das zeigen mag.
     Man könnte es ja auch “die Eigenschaften einer Reihe von Kugeln entfalten” nennen, wenn ich sie einfach zähle; und anderseits könnte man das mehrmalige Umgruppieren einer Reihe auch “ein mehrmaliges Zählen auf verschiedene Arten” nennen.
     Aber dann ist das Umgruppieren der Bilder im Film auch nur ein Zählen der Flecke. Dann muß es ja aber auch ein Experiment sein. Denk Dir, es würde im Film
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gezählt, indem das Numerieren der Reihe nach gefilmt würde; dann zählt hier also der Film selbst die Reihe der Flecke – aber damit es mich überzeugt, muß ich mitzählen, d.h., das gefilmte Zählen kontrollieren; denn wenn im Film falsch gezählt würde, so kämen wir zwar dennoch zu der und der Zahl, aber ich dürfte sie nicht als Ergebnis der Zählung anerkennen. Mein Zählen besteht hier darin, die Reihenfolge der auftauchenden Ziffern zu prüfen.