“Aber wir kennen doch eine Erfahrung, wenn wir eine Baumreihe entlang gehen, die wir das Aufhören der Reihe nennen können. Nun, eine endlose Baumreihe ist eine solche, an der wir diese Erfahrung nie machen”. – Aber was bedeutet hier “nie”? Ich kenne eine Erfahrung, die ich mit den Worten beschreibe: “er hat in dieser Stunde nie gehustet”, oder “er hat in seinem Leben nie gelacht”. Von einer entsprechenden // analogen // Erfahrung kann nicht gesprochen werden, wenn sich das “nie” nicht auf ein Zeitintervall bezieht. Die Analogie lässt uns also hier wieder im Stich und ich muss von neuem untersuchen, wie das Wort “nie” in diesem Falle sinnvoll verwendet werden kann. – Solche Verwendungen lassen sich nun allerdings finden, aber sie sind eben eigens auf ihre Regeln zu untersuchen. Es kann z.B. der Satz, dass eine Baumreihe unendlich lang ist (oder der, dass wir nie zu einem Ende kommen werden), ein Naturgesetz von der Art des Trägheitsgesetzes sein, das ja sagt, ein Körper bewege sich unter bestimmten Umständen mit konstanter Geschwindigkeit in einer Geraden; und hier könnte ja auch gesagt werden, die Bewegung werde unter diesen Umständen nie enden. Fragt man nach der Verifikation so eines Satzes, so kann man vor allem sagen, dass er falsch ist falsifiziert wird, wenn die Bewegung (die Baumreihe) zu einem Ende kommt. Von einer Verifikation kann hier keine Rede sein, und das heisst, dass w[o|i]r es mit einer grundverschiedenen Art von Satz (oder mit einem Satz
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in einem andern Sinn dieses Wortes) zu tun haben. Ich will natürlich nicht sagen, dass dies die einzige sinnvolle Verwendung des Ausdrucks “unendliche Baumreihe”, oder des Wortes “nie” (in alle Ewigkeit) sei. Aber jede dieser Verwendungen muss eigens beschrieben // untersucht // werden und hat ihre eigenen Gesetze. Es nützt uns nichts, dass wir eine Redeform fertig in unserer gewöhnlichen Sprache vorfinden, weil diese Sprache jedes ihrer Wörter in ˇden verschiedensten Bedeutungen gebraucht, und, dass wir den Gebrauch des Wortes in einem Fall verstehn, und erspart uns nicht die Untersuchung seiner Grammatik in einem andern. So meinen wir etwa: “es ist doch gewiss möglich, sich ein unendlich langes Leben vorzustellen, denn unendlich lang lebst der, der einfach nie stirbt”. Aber der Gebrauch des Wortes “nie” ist eben gar nicht so einfach.