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1.) “Ich habe Schmerzen”
“N hat Schmerzen” dagegen
2.) “Ich habe graue Haare”
“N hat graue Haare
Die verschiedenen philosophischen Schwierigkeiten und Konfusionen in
Verbindung mit dem ersten Beispiel lassen sich zum
grössten Teil auf die Verwechslung der
Grammatik der Fälle 1) und 2) zurückführen.
Es hat Sinn zu sagen: “ich sehe seine Haare, aber nicht die
meinen”, oder “ich sehe meine Hände täglich, aber nicht
die seinen” und dieser Satz ist analog dem: “ich
sehe meine Wohnung täglich, aber nicht die seine”. –
Dagegen ist es Unsinn: “ich fühle meine Schmerzen, aber
nicht die seinen”.
Die Ausdrucksweise unserer Sprache in den beiden Fällen 1)
und 2) ist natürlich nicht ‘falsch’, aber sie ist
irreführend.
“Eine herren-
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Wohnung”, “herrenlose Zahnschmerzen”.
Es gibt Menschen, die Untersuchungen darüber anstellen,
“ob es ungesehene Gesichtsbilder gibt” und sie glauben,
dass das eine Art [W|w]issenschaftlicher
Untersuchung (über diese Phänomene)
ist.
“Wie ein Satz verifiziert wird, – dass sagt
er”: und nun sieh Dir daraufhin die
Sätze: an: “Ich habe
Schmerzen”, “N hat Schmerzen”.
Wenn nun aber ich der
N bin? –
Dann haben dennoch die beiden Sätze verschiedenen Sinn.
“Die Sache ist doch ganz einfach: ich spüre freilich seine
Schmerzen nicht, aber er spürt sie oben (und so sind
alle Verhältnisse doch﹖
symmetrisch)”.
Aber dieser Satz ist eben Unsinn. –
Um nun die Asymmetrie der Erfahrung mit Bezug auf mich und den Andern
deutlich zum Ausdruck zu bringen, könnte ich eine asymmetrische
Ausdrucksweise vorschlagen:
Alte Ausdrucksweise:
W. hat Schmerzen.
W. hat Schmerzen in seiner
linken Hand.
N. hat Schmerzen.
N. heuchelt Schmerzen in seiner Hand.
Ich bedauere
N., weil er
Schmerzen hat.
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Neue
Ausdrucksweise:
Es sind Schmerzen vorhanden.
Es sind Schmerzen in der linken Hand
des W..
N. benimmt sich wie W., wenn Schmerzen
vorhanden sind.
N. heuchelt das Benehmen des W., wenn
Schmerzen in seiner Hand sind.
Ich bedauere
N., weil er sich benimmt,
wie
etc..
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Da wir für jeden sinnvollen Ausdruck der alten Ausdrucksweise einen der
neuen setzen und für verschiedene alte,
verschied verschiedene neue, so
muss, was Eindeutigkeit und
Verständlichkeit anlangt, die neue Ausdrucksweise der alten
gleichwertig sein. –
Aber könnte man denn nicht eine solche asymmetrische Ausdrucksweise
ebensogut für Sätze der Art “ich habe graue Haare”,
“N. hat graue Haare”
konstruieren?
Nein.
Man muss nämlich verstehen, dass
der Name “W.” in den Sätzen der rechten
Seite sinnvoll durch andere Namen ersetzt werden können
muss.
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Und ist das nicht der Fall, dann braucht weder
“W.” noch ein anderer Name in diesen Sätzen
vorzukommen // vorkommen // .
Ersetzt man nämlich “W.” durch den Namen
eines andern Menschen, so wird etwa gesagt, dass ich in
der Hand eines anderen Körpers als des meinigen Schmerzen
empfinde.
Es wäre
z.B. denkbar, dass
ich mit einem Andern Körper wechsle // Andern den
Körper wechsle // ; etwa aufwache, meinen alten Körper mir
gegenüber auf einem Sessel sitzen sehe, und mich im Spiegel sehend
fände, dass ich das Gesicht und den Körper meines
Freundes angenommen habe.
Ich betrachte nun den Personennamen als Name eines Körpers.
Und es hat nun Sinn zu sagen: “ich habe im Körper
des
N (oder im Körper
N)
Zahnschmerzen; (in der asymmetrischen
Ausdrucksweise: “in einem Zahn des
N sind
Schmerzen”); aber es hat keinen Sinn, zu sagen “ich
habe auf dem Kopf des
N graue Haare”,
ausser, das soll heissen:
“N hat graue Haare”.
Aber ist (denn) die vorgeschlagene
asymmetrische Ausdrucksweise richtig?
Warum sage ich “N benimmt sich wie W, wenn er
…”?
Wodurch ist denn W charakterisiert?
Doch durch die Formen
etc. seines Körpers und durch
dessen kontinuierliche Existenz im Raum.
Sind aber diese Dinge für die Erfahrung der Schmerzen
wesentlich?
Könnte ich mir nicht folgende Erfahrung denken: ich wache mit
Schmerzen in der linken Hand auf und finde, dass sie
ihre Gestalt geändert hat und jetzt so aussieht, wie die Hand meines
Freundes, während er meine Hand erhalten hat.
Und worin besteht die Kontinuität meiner Existenz im Raum?
Wenn mir jemand [V|v]erlässlicher
erzählte, er sei, während ich geschlafen habe, bei mir gesessen,
plötzlich sei mein Körper verschwunden und sei plötzlich wieder
erschienen – ist es unmöglich das zu glauben? –
Und worin besteht etwa die Kontinuität meines Gedächtnisses?
In welcher Zeit ist es kontinuierlich?
Oder besteht die Kontinuität darin, dass im
Gedächtnis keine Lücke ist?
Wie im Gesichtsfeld keine ist.
(Denn überlege nur, wie wir den blinden Fleck merken!)
Und was hätte diese Kontinuität mit der zu tun, die für den
Gebrauch des Personennamens W. wesent-
768 514 lich ist // von Bedeutung ist // ?
Die Erfahrung der Schmerzen lässt sich in ganz
anderer Umgebung als der von uns gewohnten denken.
(﹖– Denken wir doch nur,
dass man tatsächlich Schmerzen in der Hand haben kann,
obwohl es diese im physikalischen Sinn gar nicht mehr gibt, weil sie
einem amputiert worden ist –﹖.)
In diesem Sinne könnte man Zahnschmerzen ohne Zahn, Kopfschmerzen
ohne Kopf
etc. haben.
Wir machen eben hier einfach eine Unterscheidung, wie die zwischen
Gesichtsraum und physikalischem Raum, oder Gedächtniszeit und
physikalischer Zeit. –
Danach nun ist es unrichtig, die Ausdrucksweise einzuführen
“N benimmt sich wie W, wenn
…”.
Man könnte vielleicht sagen “N benimmt sich, wie der
Mensch in dessen Hand Schmerzen sind”.
Warum sollte man aber überhaupt die Erfahrung der Schmerzen zur
Beschreibung des bewussten Benehmens
heranziehen? –
Wir wollen doch einfach zwei verschiedene Erfahrungsgebiete trennen;
wie wenn wir Tasterfahrung und Gesichtserfahrung an einem Körper
trennen.
Und verschiedener kann nichtss sein, als die
Schmerzerfahrung und die Erfahrung, einen menschlichen Körper sich
winden sehen // zu sehen // , Laute
ausstossen zu hören,
etc..
Und zwar besteht hier kein Unterschied zwischen meinem Körper und dem
des Andern, denn es gibt auch die Erfahrung, die Bewegungen des eigenen
Körpers zu sehen und die von ihm ausgestossenen
Laute zu hören.
Denken wir uns, unser Körper würde aus unserem Gesichtsfeld entfernt,
etwa, indem man ihn gänzlich durchsichtig machte; er behielte aber die
Fähigkeit, in einem geeigneten Spiegel in der uns gewohnten Weise zu
erscheinen, so dass wir etwa die sichtbaren
Aeusserungen unserer
Zahnschmerzen wesentlich wie die eines fremden Körpers wahrnähmen.
Dies ergäbe auch eine ganz andere Koordination zwischen sehendem
Auge und Gesichtsraum, als die uns selbstverständlich
erschein[d|e]nde alltägliche.
(Denke an das Zeichen eines Vierecks mit seinen Diagonalen im
Spiegel.)
Wenn wir uns aber so die Möglichkeit denken können,
dass wir unsern sichtbaren Körper nur als Bild in
einem Spiegel kennten, so ist es nun auch denkbar,
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dass dieser Spiegel wegfiele und wir ihn
nicht anders sähen, als irgend einen andern menschlichen Körper. –
Wodurch wäre er dann aber als mein Körper
charakterisiert?
Nun, nur dadurch, dass ich
z.B.
die Berührung dieses Körpers fühlen würde, nicht aber die eines
andern,
etc..
So ist es auch nicht mehr wesentlich, dass der
Mund unterhalb des sehenden Auges meine Worte
spricht.
(Und das ist von grosser Wichtigkeit.)
Auch wenn ich meinen Körper sehe, wie ich ihn jetzt sehe,
d.h. von seinen Augen aus, ist es denkbar,
dass ich mich mit Andern den Körper
tausche.
Die Erfahrung bestünde einfach in dem, was man als eine sprunghafte
Aenderung meines Körpers und seiner Umgebung
beschreiben würde.
Ich würde einmal die Körper A,
B, C, D von E aus, und E von den Augen dieses Körpers
sehen, und plötzlich etwa C, D, E, A von B aus und
aus B aus dessen Augen;
etc..
Noch einfacher aber wird die Sache, wenn ich alle Körper –
meinen, sowie die fremden – überhaupt nicht aus Augen sehe, und sie
also, was ihre visuelle Erscheinung betrifft, alle auf gleicher Stufe
stehen.
Dann ist es klar, was es heisst,
dass ich im Zahn des Andern Schmerzen haben kann;
– wenn ich dann überhaupt noch bei der Bezeichnung bleiben will, die
einen Körper “meinen” nennt und also
einen anderen den “eines Andern”.
Denn es ist nun vielleicht praktischer, die Körper einfach // nur // mit Eigennamen zu
bezeichnen. –
Es gibt also jetzt eine Erfahrung, ⌊:⌋
die, der Schmerzen in einem Zahn eines der existierenden menschlichen
Körpers; das ist nicht die, die ich in der gewöhnlichen
Ausdrucksweise mit den Worten “A hat
Zahnschmerzen” beschriebe, sondern mit den Worten “ich
habe in einem Zahn des A Schmerzen”.
Und es gibt die andere Erfahrung: einen Körper, sei es meiner
oder ein andrer, sich winden zu sehen.
Denn, vergessen wir nicht: Die Schmerzen haben
zwar einen Ort im Raum, sofern man
z.B.
sagen kann, sie wandern, oder seien an zwei Orten zugleich,
etc.: aber ihr Raum ist nicht der visuelle oder
physikalische. –
Und nun haben wir zwar eine neue Aus-
516 drucksweise, sie ist aber nicht mehr asymmetrisch.
Sie bevorzugt nicht einen Körper, einen Menschen zum
Nachteil des andern, ist also nicht
solipsistich. –
So ist alles // alle Erfahrung // ohne
Ansehen der Person verteilt.
Aber wir teilen anders.
Es werden die Dinge in unsrer Betrachtungsweise anders
zusammengefasst.
Wie wenn man einmal die Zeit zum Raum rechnet und einmal nicht, oder
wie wenn man einen Wald als Holzblock mit Löchern
ansähe.
Oder die Bahn des Mondes in die Sonne einmal als Kreisbahn um die Erde,
die sich verschiebt, – ein andermal als Wellenlinie, die um die
Sonne läuft.
(Wäre die Erde etwa nicht sichtbar, so könnte es eine merkwürdige
neue Betrachtungsweise/sein, die Wellenbewegung des Mondes um die Sonne als Kreisbahn
um einen kreisenden Körper // um ein kreisendes
Zentrum // aufzufassen.)
Man könnte auf diese Weise gewisse Vorurteile zerstören, die auf die
besondere uns geläufige Betrachtungsart aufgebaut wären. –
Sehr klar wird der Charakter der anderen Betrachtungsweise, wenn man an
die analoge Verschiebung // Veränderung // der Grenzen durch die
Einführung des Begriffs der Gedächtniszeit denkt.
Es ist ganz ähnlich der veränderten Betrachtung der
Mondbewegung.
Eine Grenze, die früher mit anderen in der Zeichnung
zusammenlief, wird plötzlich stark ausgezogen und
hervorgehoben. ‒ ‒ ‒ 517
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