(Das
könnte z.B. tatsächlich die primitive
Geometrie eines Volkes sein. Und für sie gälte
das, was ich über die Gleichberechtigung der Zahlenreihe
“1, 2, 3, 4, 5, viele” mit der Reihe der
Kardinalzahlen gesagt habe.
Überhaupt ist es für unsere
Untersuchungen ein guter
Trick, sich die
Arithmetik oder Geometrie eines primitiven Volks
auszumalen ||
vorzustellen.)
Ich will diese Geometrie das System T nennen
und fragen: “ist die 3-Teilung der Strecke im
System T möglich?”
Welche 3-Teilung ist in dieser Frage gemeint? –
denn davon hängt offenbar der Sinn der Frage ab.
Ist z.B. die physikalische 3-Teilung
gemeint? D.h. die
3-Teilung durch Probieren und Nachmessen. In diesem
Falle ist die Frage vielleicht zu bejahen. Oder die
optische 3-Teilung? d.h.
die Teilung, deren Resultat drei gleichlang aussehende Teile
sind? Wenn wir z.B. durch ein
verzerrendes Medium sehen, so ist es ganz leicht vorstellbar,
daß uns die Teile a, b, und c
gleichlang erscheinen.
Nun
könnte man die Resultate der Teilungen im System T
nach der Zahl der erzeugten Teile durch die Zahlen
2, 2²,
2³, u.s.w. darstellen;
und die Frage, ob die 3-Teilung möglich ist, könnte
bedeuten: ist eine der Zahlen in dieser Reihe
= 3.
Diese Frage kann freilich nur gestellt werden, wenn die
2, 2², 2³,
etc. in einem andern System (etwa den
Kardinalzahlen) eingebettet sind; nicht, wenn sie selbst
unser Zahlensystem sind; denn dann kennen wir – oder unser
System – eben die 3 nicht. – Aber wenn unsere
Frage lautet: ist eine der Zahlen
2, 2²,
etc. gleich 3, so ist hier eigentlich von
einer 3-
Teilung der Strecke nicht die Rede.
Immerhin
kann || könnte
die Frage nach der Möglichkeit der 3-Teilung so
aufgefaßt werden. – Eine
andere Auffassung erhalten wir
, nun, wenn wir dem System
T ein System V hinzufügen, worin es die
Streckenteilung nach Art dieser Figur
gibt.
Es kann nun gefragt werden: ist die Teilung V in
655
108 Teile eine Teilung der Art
T? Und diese Frage könnte wieder auf die
hinauslaufen: ist 108 eine Potenz von 2? aber sie
könnte auch auf eine andere Entscheidungsart hinweisen
(einen andern Sinn haben), wenn wir die Systeme T und
V zu einem geometrischen Konstruktionssystem
verbinden; so zwar, daß es
sich nun in diesem System beweisen läßt,
daß die beiden Konstruktionen die
gleichen Teilungspunkte B, C, D “liefern
müssen”.
Denken wir nun,
es hätte Einer im
System T eine Strecke
AB in 8 Teile geteilt, nehme diese nun zu den Strecken a,
b, c zusammen und fragte:
ist das eine
3-Teilung || eine Teilung in 3 gleiche
Teile.
(Wir könnten uns den Fall übrigens leichter mit
einer größeren Anzahl
ursprünglicher Teile vorstellen, die es möglich macht, 3
gleichlang aussehende
Gruppen von Teilen zu
bilden.) Die Antwort auf diese Frage wäre der
Beweis, daß
2³ nicht
durch 3 teilbar ist; oder der Hinweis darauf,
daß sich die Teile a, b, c wie
1:3:4 verhalten. Und nun
könnte man fragen: habe ich also im System T nicht
doch einen Begriff von der 3-Teilung, nämlich der Teilung,
die die Teile a, b, c im Verhältnis
1:1:1 hervorbringt?
Gewiß, ich habe nun einen neuen Begriff
‘3-Teilung einer Strecke’ eingeführt;
wir könnten ja sehr wohl sagen,
daß wir durch die 8-Teilung der Strecke
AB die Strecke CB in 3 gleiche Teile geteilt haben,
wenn das eben
heißen soll: wir haben
eine Strecke erzeugt, die aus 3 gleichen Teilen besteht.
Die
Perplexität, in der wir uns
bezüglich des Problems der 3-Teilung befanden, war
etwa die: Wenn die 3-Teilung des Winkels
unmöglich ist – logisch unmöglich – wie kann
man dann überhaupt nach ihr fragen? Wie kann man
das logisch Unmögliche beschreiben und nach seiner
Möglichkeit sinnvoll fragen?
D.h., wie kann man
logisch
nicht zusammenpassende Begriffe zusammenstellen (gegen die
Grammatik, also unsinnig) und sinnvoll nach der
694
Möglichkeit dieser
Zusammenstellung fragen? – Aber dieses Paradox
fände sich ja wieder, wenn man fragt: “ist
25 × 25 =
620?” – da es doch
logisch unmöglich ist,
daß diese Gleichung stimmt; ich
kann ja nicht beschreiben, wie es wäre, wenn –.
Ja, der Zweifel ob 25 × 25 = 620 (oder
der
, ob es = 625 ist) hat eben den Sinn, den die Methode
der Prüfung ihm gibt. Und die Frage nach der
Möglichkeit der 3-Teilung hat den Sinn, den die Methode
der Prüfung ihr gibt. Es ist ganz richtig: wir
stellen uns hier nicht vor, oder beschreiben, wie es ist, wenn
25 × 25 =
620 ist, und das heißt eben,
daß wir es hier mit einer andern
(logischen) Art von Frage zu tun haben, als etwa der:
“ist diese Straße 620 oder
625 m lang?”