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Das Gewebe der Irrtümer auf diesem Gebiet ist
natürlich ein sehr kompliziertes. Es tritt
z.B. noch die Verwechslung zweier 743 verschiedener
Bedeutungen des Wortes “Art” hinzu. Man
gibt nämlich zu, dass die unendlichen
Zahlen eine andre Art Zahlen sind, als die endlichen,
aber man missversteht nun, worin hier der
Unterschied verschiedener Arten besteht.
Dass es sich nämlich hier nicht um die
Unterscheidung von Gegenständen nach ihren Eigenschaften
handelt, wie wenn man rote Aepfel von gelben
unterscheitet, sondern um verschiedene logische Formen. –
So versucht Dedekind
eine unendliche Klasse zu beschreiben; indem er
sagt, es sei eine, die einer echten Teilklasse ihrer selbst
ähnlich ist.
Hierdurch hat er scheinbar eine
Eigenschaft angegeben, die die Klasse haben
muss, um unter den Begriff
‘unendliche Klasse’ zu fallen.
(Frege.)
Denken wir uns nun die Anwendung dieser // der // Definition. Ich soll
also in einem bestimmten Fall untersuchen, ob eine Klasse endlich
ist oder nicht, etwa ob eine bestimmte Baumreihe endlich oder
endlos ist. Ich nehme also, der Definition folgend, eine
Teilklasse dieser Baumreihe und untersuche, ob sie der ganzen
Klasse ähnlich (d.h.
1–1 koordinierbar) ist!
(Hier fängt gleichsam schon Alles an zu
lachen.) Das heisst ja gar
nichts: denn, nehme ich eine “endliche
Klasse” als Teilklasse, so muss ja
der Versuch, sie der ganzen Klasse 1 zu 1 zuzuordnen eo
ipso misslingen; und mache ich den Versuch
an einer unendlichen Teilklasse, ‒ ‒ ‒ aber das
heisst ja schon erst recht nichts, denn, wenn
sie unendlich ist, kann ich den Versuch dieser Zuordnung gar nicht
machen. – Das, was man im Fall
eine[s|r] endlichen Klasse ‘Zuordnung
aller ihrer Glieder mit andern’ nennt, ist etwas ganz
anderes, als das, was man z.B. eine
Zuordnung aller Kardinalzahlen mit allen Rationalzahlen
nennt. Die beiden Zuordnungen, oder, was man in den
zwei Fällen mit diesem Wort bezeichnet, gehören
verschiedenen logischen Kathegorien // Typen // an. Und es ist nicht
die “unendliche Klasse” eine Klasse, die mehr
Glieder im gewöhnlichen Sinn des Wortes
“mehr” enthält, als die endlichen.
Und wenn man sagt, dass eine
unendliche Zahl grösser ist, als
eine endliche, so macht das die beiden nicht vergleichbar, weil in
dieser Aussage das Wort
“grösser” eine
andere Bedeutung hat, als etwa im Satz “5
grösser als 4”.
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