Wende das auf einen Satz an, wie etwa
“es wird niemals Menschen mit 2 Köpfen
geben”. Dieser Satz scheint irgendwie ins
Unendliche, Unverifizierbare zu reichen und sein Sinn
von jeder Verifikation unabhängig zu sein. Aber
wenn wir seinen Sinn erforschen wollen, so meldet sich ganz richtig
die Frage: Können wir die Wahrheit eines solchen
Satzes je wissen, und
wie können wir sie wissen;
und welche Gründe können wir haben, was der Satz sagt
anzunehmen oder abzulehnen? Nun wird man vielleicht
sagen: es ist ja nach dem Sinn gefragt worden; und nicht danach,
ob und wie man ihn wissen kann. Aber die Antwort auf die
Frage “wie kann man diesen Satz wissen?”
ist nicht eine psychologische, sondern sagt, aus welchem andern
Satz er folgt, gehört also zur Grammatik des
erstern. Und die Gründe, die möglich
sind den Satz anzunehmen, sind nicht persönliche
Angelegenheiten, sondern Teile des Kalküls zu dem der Satz
gehört. Wenn ich frage: wie
kann ich den Satz “jemand ist im
Nebenzimmer” verifizieren, oder wie kann ich herausfinden,
daß jemand im Nebenzimmer ist, so ist
es etwa eine Antwort:
indem ich ins Nebenzimmer gehe und ihn
sehe”. Wenn nun gefragt wird “wie
kann ich ins Nebenzimmer kommen, wenn die Türe
versperrt ist”, so ist dieses “kann” ein
anderes
, als das erste: Die erste Frage nach der
Möglichkeit (der logischen) hatte eine Erklärung
über den Satzkalkül zur Antwort,
daß nämlich dieser Satz aus jenem folgt;
die zweite Frage war
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eine nach der physikalischen
Möglichkeit und hatte einen Erfahrungssatz zur Antwort:
daß man, etwa, die Mauer nicht durchbrechen
könne, weil sie zu stark sei, dagegen die Tür mit einem
Sperrhaken öffnen könne. Beide Fragen nun
sind in gewissem Sinn, aber nicht im gleichen, Fragen nach der
Verifikation. Und, indem man die erste Art mit der
zweiten verwechselt, glaubt man, die Frage nach der Verifikation
sei für den Sinn ohne Belang. Die Gründe
für die Annahme eines Satzes sind nicht zu verwechseln mit den
Ursachen der
Annahme. Jene gehören zum
Kalkül des Satzes.