Mit der Zusammengesetztheit
der räumlichen Gebilde aus ihren kleineren räumlichen
Bestandteilen verhält es sich so: Das größere
geometrische Gebilde ist nicht aus kleineren
geometrischen
Gebilden zusammengesetzt, ganz ebensowenig wie man sagen
kann, daß 5 aus 3 und 2
zusammengesetzt ist, oder etwa gar 2 aus 5 und
‒ 3.
Denn hier bedingt das Größere das
Kleinere ganz ebenso, wie das Kleinere das
Größere. Das Viereck
ist nicht aus den
Vier
ecken
zusammengesetzt,
vielmehr bedingt die erste geometrische Figur die beiden andern
und
umgekehrt.
Hier hätte also Nicod recht wenn er sagt, daß
die größere Figur nicht die kleineren
als Bestandteile enthält. Anders aber ist es im
erfüllten Raum: Die
Figur
besteht
tatsächlich aus den Bestandteilen
und
, obwohl die
rein geometrische Figur des großen Quadrats
nicht aus den Figuren de
r beiden
Rechtecke besteht.
Diese “rein geometrischen
Figuren” sind ja nur logische
Möglichkeiten. – Man kann nun
tatsächlich ein materielles Schachbrett als Einheit – nicht
aus seinen Feldern zusammengesetzt – sehen, indem man es als
ein großes Viereck sieht und von seinen
Feldern absieht. – Sieht man aber von seinen Feldern
nicht ab, dann ist es ein Komplex und die Felder sind seine
Bestandteile, die es konstituieren, um die
Ausdrucksweise
Nicod's
anzuwenden.
(Was es übrigens
heißen soll, daß
etwas von irgendwelchen Gegenständen
“determiniert” aber nicht
“konstituiert” wird, kann ich nicht
verstehen. Diese beiden Ausdrücke, wenn sie
überhaupt einen Sinn haben, haben denselben.)
Ein
Intel
lekt der die Bestandteile und ihre Relationen
übersieht, das Ganze aber nicht, ist ein Unding.
Wenn jeder
Punkt im Gesichtsraum ein ausgezeichneter Punkt ist, so hat es
allerdings einen Sinn
von Hier und Dort im Gesichtsraum zu sprechen und das
scheint mir jetzt die Darstellung der visuellen Sachverhalte
einfacher zu gestalten. Aber ist diese Eigenschaft der
ausgezeichneten Punkte für den Gesichtsraum wirklich
wesentlich; ich meine, könnten wir uns nicht einen
Gesichtsraum denken, in dem man nur gewisse
Lagenverh
ältnisse, aber keine absolute Lage
wahrnähme
, d.h., könnten
wir uns so eine Erfahrung ausmalen? Etwa
in dem Sinn, wie wir uns die Erfahrungen eines Einäugigen
vorstellen können –? Ich glaube nicht.
Man könnte z.B. eine Drehung
des ganzen Gesichtsbildes nicht wahrnehmen, oder vielmehr, sie
wäre nicht denkbar. Wie würde etwa der
Zeiger einer Uhr aussehen, der sich dem Zifferblatt entlang
bewegt? (Ich nehme an,
daß das Zifferblatt, wie bei manchen
großen Uhren nur Punkte aber keine Ziffern
hat.) Wir würden dann zwar die Bewegung von einem
Punkt zum andern wahrnehmen – wenn sie nicht in
einem Ruck geschieht – aber wenn der Zeiger in einem
Punkt angelangt wäre, so könnten wir seine
Lage von der im vorigen Punkt nicht unterscheiden. Ich
glaube es zeigt sich, daß das mit unserem
Gesichtssinn nicht vorstellbar ist.