Das Problem, das uns beschäftigt, könnte || konnte man, geradezu, in die Worte kleiden || fassen: “Muß man beim verständnisvollen Lesen des Wortes ‘blau’, etwa, die Vorstellung der blauen Farbe vor sich sehen?” Man hat sich diese Frage oft gestellt & sie dann meistens negativ beantwortet; und aus dieser Antwort den Schluß gezogen, daß der für das Verstehen charakteristische Vorgang eben ein anderer, noch nicht von uns erfaßter sei. – Wenn man also unter “Verstehen” das meint, was das verständnisvolle Lesen vom verständnislosen unterscheidet: was geht da beim Verstehen vor? Nun, “Verstehen” nennen wir nicht einen Vorgang, der das Lesen oder Hören begleitet, sondern: mehr oder weniger mit einander verwandte Vorgänge, auf einem Hintergrund, in einer Umgebung, von Tatsachen bestimmter Art, des tatsächlichen Gebrauches nämlich || : des tatsächlichen Gebrauches der gelernten Sprache oder Sprachen. – Man sagt, das Verstehen ist ein “geistiger || psychischer Vorgang”, & diese Bezeichnung ist in diesem, sowie in einer Unzahl anderer Fälle irreführend. Die Verwendung dieses Worts || Dieser Ausdruck || Sie vergleicht das Verstehen, sozusagen unverbindlich, Vorgängen, wie dem Durchlaufen einer Vorstellungsreihe. || einem bestimmten Prozeß, – wie dem Übertragen aus einer Sprache in die andre; und es || sie legt dieselbe || diese selbe || diese Auffassung für die Wörter “denken”, “wissen”, “glauben”, “wünschen”, “beabsichtigen” || fürs Denken, Wissen, Glauben, Wünschen, Beabsichtigen, u.a. nahe. Wir sehen nämlich in allen diesen Fällen, daß das, was wir etwa naiverweise als Kennzeichen eines solchen Vorgangs || dieser Vorgänge angeben würden, nicht in allen Fällen, oder auch der Mehrzahl der Fälle geschieht || stattfindet. || eines solchen Vorgangs angeben würden, ihm nicht in allen Fällen, oder auch der Mehrzahl der Fälle, eignet. Und der nächste Schluß daraus ist, daß das Wesentliche des Vorgangs etwas bisher Unentdecktes, schwer Erfaßbares ist. Denn man sagt: Wenn ich für alle diese Vorgänge das Wort “Verstehen” gebrauche, so muß also in allen diesen Fällen || in allen diesen Fällen das Wort “Verstehen” gebrauche, so muß also in allen diesen Fällen etwas Gleiches geschehen, welches || welches eben das Wesentliche des Verstehens (Erwartens, Wünschens, etc.) ist || ist. Denn warum sollte ich sie sonst mit dem gleichen Wort benennen? –
     Dieses Argument geht aus der Auffassung hervor, daß es das Gemeinsame der Vorgänge, oder Gegenstände, etc. ist, welches ihre Charakterisierung durch ein gemeinsames Begriffswort rechtfertigen muß.
     Diese Auffassung ist, in gewissem Sinne, zu primitiv.
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Was das Begriffswort anzeigt, ist allerdings eine Verwandtschaft der Gegenstände aber diese Verwandtschaft muß keine Gemeinsamkeit einer Eigenschaft oder eines Bestandteils sein. Sie kann die Glieder kettenartig verbinden, so daß eines mit einem andern durch Zwischenglieder verwandt ist; & zwei einander nahe Glieder können gemeinsame Züge haben, einander ähnlich sein, während entferntere nichts mehr mit einander gemein haben & doch zu der gleichen Familie gehören. Ja selbst wenn ein Zug allen Familienmitgliedern gemeinsam ist, muß nicht er es sein, der den Begriff definiert.


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