3.9.
     Wie schätzt man, wie viel Uhr es ist, ohne sich nach äußeren Anzeichen || Zeichen zu richten, wo die Sonne steht, wie hell es im Zimmer ist, etc. || ich meine aber nicht nach äußeren Anhaltspunkten wie der Stand der Sonne die Helligkeit im Zimmer u. dergl.? – Man fragt sich: “wie viel Uhr kann es sein?”, überlegt einen Augenblick; d.h. hier: man hält sich ruhig || still, stellt sich etwa das Zifferblatt der Uhr vor; & dann || endlich sagt man mit Ruhe, ich meine, ohne Zweifel || einer gewissen Sicherheit, eine || die & die Zeit. – Oder man überlegt sich ein paar || verschiedene Möglichkeiten: d.h., man sagt || denkt sich zur Probe eine Zeit, dann eine andere & endlich bleibt man bei einer
zwischen den beiden stehen. So & ähnlich geht es vor sich. – Aber ist nicht das Einfallen der Zeit von einem Gefühl der Überzeugung begleitet? & heißt das nicht, daß der Einfall mit einer inneren Uhr übereinstimmt? – Nein, ich lese den Einfall || die Zeit von keiner ‘inneren Uhr’ ab; & ein Gefühl der Überzeugung ist in so fern da, als ich mir ohne Zweifel || eine Empfindung des Zweifels sage “es ist … Uhr”. – Aber schnappt also nicht doch etwas bei dieser Zeitangabe ein? – Nichts, das ich wüßte, außer wenn Du die Beruhigung, das Stehenbleiben auf einer Zahl so nennst. Offen gestanden, ich hätte hier nie von einem ‘Gefühl der Überzeugung’ geredet, sondern etwa gesagt: ich habe eine Weile überlegt & mich dann dafür entschieden, daß es … Uhr ist. Wonach aber hab ich mich entschieden?
Ich hätte gesagt: bloß ‘nach dem Gefühl’. Das heißt aber nur: Mein Einfall ist, etwa nach einigem Schwanken, bei dieser Zeitangabe stehengeblieben. – Aber Du mußtest Dich doch wenigstens in einen bestimmten Zustand versetzen; & Du nimmst doch nicht jede Vorstellung irgend einer Zeitangabe, als Angabe der gegenwärtigen Stunde! – Wie gesagt: ich hatte mich gefragt “wie viel Uhr mag es sein?”, d.h. ich habe diese Worte nicht, z.B., in einem Buch gelesen, noch sie als Ausspruch eines Andern zitiert, noch mich im Aussprechen dieser Wörter geübt, u.s.f., nicht unter diesen Umständen habe ich die Worte gesagt. Fragst Du aber: “unter welchen also?” – Nun ich stand da & da, dachte an mein Frühstück, & ob es heute spät
würde. Solcherlei waren die Umstände. Und nur dies kann ich über den ‘Zustand’ aussagen, in welchen ich mich bei der || zur Schätzung der Zeit versetzen mußte. – Aber siehst Du denn wirklich nicht, daß Du doch in einem, wenn auch quasi ungreifbaren, für das Schätzen der Zeit charakteristischen Zustand, gleichsam in einer bestimmten || spezifischen Atmosphäre warst? – Ja, das spezifische war, daß ich mich fragte: “Wie viel Uhr mag es sein?”, || & hat dieser Satz eine bestimmte Atmosphäre, wie soll ich sie von ihm selbst trennen können? Auch wäre es mir nie eingefallen, zu denken, dieser Satz hatte eine solche Atmosphäre || einen solchen Dunstkreis, wenn ich nicht dran gedacht hätte, || wenn mir nicht eingefallen wäre, wie man ihn auch anders – als Zitat,
im Scherz, zur Übung || als Sprechübung, etc. etc. – sagen kann. Und da wollte ich auf einmal sagen, da erschien es mir auf einmal, || : ich mußte als ich den Satz || dies Wort || diese Worte als richtige Frage meinte, sie doch irgendwie besonders gemeint haben, eben anders, als in jenen andern Fällen. Und wollte ich (nun) näher hinschauen, um zu sehen, wie denn, || so konnte ich wieder nichts (besondres) entdecken. Es hatte sich mir das Bild von ‘der besonderen Atmosphäre’ aufgedrängt; ich sehe sie förmlich vor mir, solange ich nämlich nicht auf das sehe was meiner Erinnerung nach wirklich gewesen || geschehen ist, sondern mir etwa sage: “Ich habe doch die Zeit geschätzt.”
     Und was das Gefühl der Überzeugung, oder vielleicht besser,
der Sicherheit, anbelangt, || : so sage ich mir manchmal: “ich bin sicher, es ist … Uhr”, & in mehr oder weniger sicherem Tonfall, etc. Wenn Du mich nach dem Grund für diese Sicherheit fragst, so habe ich keinen. Wenn ich sage: ich lese es auf meiner inneren Uhr ab, so ist das ein Bild, dem doch wieder nur entspricht, daß ich diese Zeitangabe gemacht habe. Und der Zweck des Bildes ist den || diesen Fall dem andern anzugleichen. Ich weigere || sträube mich die beiden verschiedenen Fälle anzuerkennen.