Wie schätzt man, : wieviel Uhr es ist; ich meine aber nicht, nach äußeren Anhaltspunkten, dem Stand der Sonne, der Helligkeit im Zimmer u. dergl.? – Man fragt sich etwa: “wie viel Uhr kann es sein?”, überlegt einen Augenblick; d.h. hier: man hält sich
still
ruhig
, stellt sich
etwa
vielleicht
das Zifferblatt vor; & dann
spricht
sagt
man die & die Zeit aus. – Oder man überlegt sich mehrere Möglichkei-
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ten: man denkt sich eine Zeit, dann eine andre, & bleibt endlich bei einer stehen. So & ähnlich geht es vor sich. – Aber ist nicht der Einfall von einem Gefühl der Überzeugung begleitet; & heißt das nicht, daß er ˇnun mit irgend einer inneren Uhr übereinstimmt? – Nein, ich lese die Zeit von keiner Uhr ab; ein Gefühl der Überzeugung ist in so fern da, als ich mir ohne Empfindungen des Zweifels sagen mit Ruhe & Sicherheit eine Zeit sage. – Aber schnappt also nicht etwas bei dieser Zeitangabe ein? – Nichts, das ich wüßte; wenn Du nicht das Zur-Ruhe-Kommen der Überlegung, das Stehenbleiben
bei
auf
einer Zahl so nennst. Ich hätte auch hier nie von einem ‘Gefühl der Überzeugung’ geredet, sondern gesagt: ich habe eine Weile überlegt & mich dann dafür entschieden, daß es … Uhr ist. Wonach aber hab' ich mich entschieden? Ich hätte vielleicht gesagt: “bloß nach dem Gefühl”; das heißt nur: mein Einfall ist ich habe es dem Einfall überlassen. – Aber Du mußtest Dich doch wenigstens zum Schätzen in einen bestimmten Zustand versetzen;
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und Du nimmst doch nicht jede Vorstellung irgend einer Zeitangabe, als Angabe der richtigen Zeit! – Wie gesagt: ich hatte mich gefragt, “wieviel Uhr mag es sein?”, d.h. ich habe diese Frage nicht, z.B., in einer Erzählung gelesen, noch sie als [a|A]usspruch eines Andern zitiert, noch mich im Aussprechen dieser Wörter geübt, usf. – nicht unter diesen Umständen habe ich die Worte gesprochen. – Aber unter welchen also? – Nun, ich stand da & da, dachte hatte mein Zimmer aufgeräumt dachte an mein Frühstück & ob es heute spät damit würde. Solcherart waren die Umstände. – Aber siehst Du denn wirklich nicht, daß Du doch in einem, wenn auch (
gleichsam
quasi
) ungreifbaren, für das Schätzen der Zeit charakteristischen Zustand, gleichsam in einer dafür charakteristischen Atmosphäre warst? –Ja, das Charakteristische war, daß ich mich fragte: “Wieviel Uhr mag es sein?” – & hat dieser Satz eine bestimmte Atmosphäre, wie soll ich sie von ihm selbst trennen können? Es wäre mir nie eingefallen, der Satz hätte einen solchen Dunstkreis, wenn
ich nicht daran gedacht hätte,
mir nicht eingefallen wäre,
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wie man ihn auch anders – als Zitat, im Scherz, als Sprechübung, etc. – sagen
könnte
kann
. [D|d]a Und wollte ich auf einmal sagen, da erschien es mir auf einmal: ich müßte
die
diese
Worte doch irgendwie besonders gemeint haben; nämlich anders ˇnämlich, als in jenen andern Fällen. Es h[ä|a]tte sich mir das Bild von der besonderen Atmosphäre aufgedrängt; ich sehe sie förmlich vor mir – solange ich nämlich nicht auf das sehe, was nach meiner Erinnerung wirklich gewesen ist.
      Und was das Gefühl der Sicherheit anbelangt: so sage ich mir manchmal: “ich bin sicher, es ist so & so viel Uhr”, & in mehr oder weniger sicherem Tonfall, etc. Wenn Du mich nach dem Grund für diese Sicherheit fragst Fragst Grund, so habe ich keinen.
    Wenn ich sage: ich lese es auf meiner inneren Uhr ab, so ist das ein Bild, dem doch nur entspricht, daß ich diese Zeitangabe gemacht habe. Und der Zweck des Bildes ist diesen Fall, dem andern
anzugleichen
anzuähneln
. Ich streube mich, die beiden verschiedenen Fälle anzuerkennen.

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