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     Kann ich zweifeln ob ich es war, der, wie ich mich erinnere, || meiner Erinnerung nach, gestern im Lesezimmer der Bibliothek gesessen ist || hat, oder ob es ein Andrer war? – Gewiß: indem ich zweifle, ob ich gestern dort gesessen bin, &, ob ein Andrer dort gesessen ist. – Aber kannst Du denn zweifeln, ob die Erinnerung, die Du hast Dich, oder einen Andern darstellt (wie Du zweifelst, ob diese Gestalt auf der Photographie Du bist, oder ein Andrer)? Nun, es kann ein Bild in meiner Erinnerung auftauchen, ich sehe uns beide am Tisch sitzen, weiß aber nicht mehr, bin ich an diesem Platz gesessen & Du am andern, oder war es umgekehrt. Oder aber: Ich sehe mich in der Erinnerung
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an diesem Tisch sitzen. Aber das Bild, was vor mir auftaucht ist nicht das eines Menschen – etwa im Profil – an einem Tisch sitzend, sondern das Bild, was der sieht, der selbst an dem Tisch sitzt. Gebe ich dann diesem Bild, gleichsam, den Titel: “ich, an diesem Tisch sitzend”, so nicht darum, weil ich die || eine menschliche Gestalt auf dem Bild für mich || die meine halte.
     Aber so geht es ja normalerweise überhaupt nicht vor sich, daß meine Erinnerung mir ein Bild zeigt, & ich nach der Porträtähnlichkeit beurteile || schließe, wen es darstellt. Sondern mit dem || einem Bild, oder auch ohne ein solches, kommen mir die Worte: “ich erinnere mich, dort & dort gewesen zu sein.” Meine Worte sind eine || die Äußerung der Erinnerung, sie sind || ihr Aussprechen ist selbst das Erinnerungsphänomen & nicht bloß die Beschreibung eines Erinnerungsbildes. Zweifeln, ob ich es war || bin, den meine Erinnerung mir zeigt, heißt in diesem Fall zweifeln, ob das wirklich die Äußerung meiner Erinnerung ist. || hieße dann, zweifeln, ob das meine Erinnerung war, oder etwas anderes. Man sagt auch: “Erinnerst Du Dich wirklich daran, daß …, oder nur daran, daß …?” Wie, aber wenn Einer || man fragte: “Bist Du sicher, daß Du Dich daran erinnerst, daß es gestern schön war, & nicht, daß es geregnet hat?” –

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