Wir werden uns zuerst fragen müssen: Ist der mathematische Satz bewiesen? & wie? Denn der Beweis gehört zur Grammatik des Satzes! – Daß das so oft nicht eingesehen wird rührt wieder von kommt daher daß wir ˇhier wieder auf der Bahn einer uns irreführenden Analogie denken. Es ist wie gewöhnlich in diesen Fällen eine Analogie aus unserm ˇnaturwissenschaftlichen Denken. Wir sagen ˇz.B. „dieser Mann ist vor 2 Stunden gestorben” & wenn man uns fragt „wie läßt sich das feststellen”, so können wir eine Reihe von Anzeichenc ˇ(Symptomen) dafür angeben. Wir lassen aber auch die Möglichkeit dafür offen daß etwa die Medizin bis jetzt
unbekannte Methoden entdeckt die Zeit des Todes festzustellen & das heißt: Wir können solche möglichen Methoden auch jetzt schon beschreiben, denn nicht ihre Beschreibung wird entdeckt sondern es wird nur experimentell festgestellt ob die Beschreibung den Tatsachen entspricht. So kann ich z.B. sagen: eine Methode besteht darin die Quantität des Hämoglobins im Blut zu finden denn diese nehme mit der Zeit nach dem Tode nach dem & dem Gesetze ab. Das stimmt natürlich nicht aber, wenn es stimmte so würde sich dadurch an der von mir erdichteten Beschreibung nichts ändern. Nennt man nun die Medizinische Entdeckung „die Entdeckung eines Beweises dafür, daß der Mann vor 2 Stunden gestorben ist” so muß man sagen daß diese Entdeckung an der Grammatik des Satzes „der Mann ist vor 2 Stunden gestorben” nichts ändert. Die Entdeckung ist die Entdeckung daß eine bestimmte Hypothese wahr ist (oder: mit den Tatsachen übereinstimmt). Diese Denkweise sind wir nun so gewöhnt, daß wir den Fall der Entdeckung eines mathe Beweises in der Mathematik unbesehen für den gleichen oder einen ähnlichen halten. Mit Unrecht: denn, ˇkurz gesagt, den mathematischen Beweis konnte man nicht beschreiben ehe er gefunden war.

   Der ‚medizinische Beweis hat die Hypothese die er bewiesen hat nicht in einen neuen Kalkül eingegliedert & ihm also keinen neuen Sinn gegeben; der mathematische Beweis gliedert den mathematischen Satz in einen neuen Kalkül ein, er verändert seine Stellung in der Mathematik. Der Satz mit seinem Beweis gehört einer andern Kathegorie an als der Satz ohne den Beweis. (Der unbewiesene mathematische Satz ist ein dient als [ zum ] Wegweiser zu math ˇder mathem. Forschung (ˇd.h. als Anregung) zu mathematischen Konstruktionen).)