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 Menschen, die den Begriff ‘morgen’ nicht haben. Sie könnten noch eine recht ausgebildete Sprache haben: verschiedene Befehle, Fragen, Beschreibungen. Könnten wir uns mit ihnen verständigen? – Könnten wir ihnen aber beschreiben wie Menschen das Wort M “morgen” gebrauchen, ohne es sie zu lehren? Welchem Zweck könnte die Beschreibung dienen?
    ‘Morgen’ spielt eine so große Rolle, weil für uns der Wechsel von Tag & Nacht so wichtig ist. Wäre ers nicht …


 
   
  Wollte man eine beiläufige Beschreibung des Spiels mit “morgen” geben, so müßte sie analog einer beiläufigen Beschreibung der Differentialrechng., so müßte sie viel primitiver sein, & es wäre schwer, sich einen Zweck für sie zu denken.
      Denke aber, welchen Begriff sich Leute vom gekrümmten Raum machen.

 
   
  Auch wenn das Benehmen eines Menschen an sich sehr regelmäßig ist, ist es uns doch schwer diese Regelmäßig
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keit zu lernen, wenn sein Benehmen fremdartig, von unserm abweichend ist. Man sagt dann etwa “Ich kann mich nicht daran gewöhnen, daß er …” Denk auch, daß der Wunsch die Erwartung erzeugt.

 
   
  Die Sprache eines, der als Schwachsinniger unter normalen Menschen lebt & von ihnen gepflegt wird. Er kenn kennt vielleicht den Begriff ‘morgen’ nicht.

 
   
  Operieren mit Begriffen durchsetzt unser
Leben. Ich sehe irgend eine Analogie mit einem sehr allgemeinen Gebrauch von Schlüsseln. Wenn man etwa, um irgend etwas zu bewegen immer ein Schloß zu öffnen hätte.

 
   
  Kann der Psychologe uns lehren, was [s|S]ehen ist? Er lehrt uns den Gebrauch des Wortes “sehen” nicht. Ist “sehen” ein Fachwort der Psychologie? Ist “Hund” ein Fachwort der Zoologie? – Der Psychologe entdeckt vielleicht u Unterschiede zwischen Menschen, welche wir im gewöhnlichen Leben nicht
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bemerkt werden & sich nur unter den Bedingungen eines Experiments zeigen. Aber Blindheit ist nichts etwas, was der Psychol. entdeckt.

      Wäre Sehen etwas, was der Psychologe entdeckt hat, so könnte das Wort sehen hier nur eine Form des Verhaltens, eine Fähigkeit so & so zu handeln bedeuten.
Lehrte also der Psychologe “Es gibt Menschen welche sehen”, so müßte er uns nun das Verhalten dieser sehenden Menschen beschreiben können. Damit aber hätte er uns den
Gebrauch der Form “Ich sehe etwas rotes, rundes” z.B. nicht beigebracht, & zwar auch dem Sehenden nicht.

 
   
  Könnte nicht ein Sehender ganz ohne das Wort “sehen” auskommen? Er sagt etwa “Dort ist …”. Ein normales Kind könnte lange ohne das Wort “sehen” auskommen, aber nicht z.B. ohne die Wörter “rot”, “gelb”, “rund”.

 
   
  Wenn ich den Verlauf meiner Schmerzen Beobachte, welche Sinnes-
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eindrücke soll ich gehabt haben, wenn ich nicht beobachtet hätte? Hätte ich nichts gefühlt? oder es mir nur nicht gemerkt?

 
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  “Ich hätte es nicht gesehen, wenn ich es nicht beobachtet hätte.”. Worauf beziehen sich die Wörter “es”? Auf das Gleiche?
  “Ich hätte den Schmerz nicht gefühlt, wenn ich den Schmerz nicht beobachtet hätte.”
  Aber man kann doch sagen “Beobachte Deinen Schmerz” & nicht
f Fühle Schmerz!”.


 
   
    Prüfe: “Die meisten Sessel verdampfen nicht.”
    “Wäre so etwas geschehen, so hätte ich bestimmt davon gehört.”

 
   
  Freilich kann man auch hier sagen “Es ist immer so gewesen, also wirds auch diesmal so sein:” – aber wie weiß man, daß es immer so war?

 
   
  Das eine scheint [f|v]om andern gestützt, aber keines liegt offenbar dem
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andern zu Grunde.

 
   
  Wir sagen “Ich bin sicher “Ohne
allen
jeden
Zweifel Selbstverständlich ist es so”, & wissen nicht, wie sehr diese Sicherheit unsre Begriffe bestimmt.
  Wir würden auf die Frage “[H|h]at die Erde wirklich schon vor [d|D]einer Geburt existiert” halb ärgerlich & halb verlegen antworten “Ja selbstverständlich!” & uns dabei bewußt sein daß wir einerseits gar nicht im Stande sind Gründe dafür anzugeben, weil es scheinbar zuviele dafür gibt, & anderseits, daß ein Zweifel unmöglich ist,
& ˇman dem der Fragenden kann gar nicht durch eine besondere Belehrung, Erklärung, lernen antworten kann sondern indem er man ihm nach & nach ein Bild unsrer Welt beibringt. 1
 

Editorial notes

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