| – 150 –
zu sagen ist.)
Nur Intuition konnte diesen Zweifel heben? – Wenn sie eine innere Stimme ist, – wie weiß ich, wie ich ihr folgen soll? Und wie weiß ich, daß sie mich nicht irreleitet? Denn, kann sie mich richtig leiten, dann kann sie mich auch irreleiten. /Die Intuition eine unnötige Ausrede/ |
| 211.
“Wie kann ich einer Regel folgen?”– wenn das
nicht eine Frage nach den Ursachen ist, so ist es eine nach der
Rechtfertigung dafür, daß ich so nach ihr
handle.
Habe ich die Begründung erschöpft, so bin ich nun auf dem harten Felsen angelangt, und mein Spaten biegt sich zurück. Ich bin dann geneigt, zu sagen: “So handle ich eben.” (Erinnere dich, daß wir manchmal Erklärungen fordern nicht ihres Inhalts wegen, sondern der Form der Erklärung wegen. Unsere Forderung ist eine architektonische; die Erklärung eine Art Scheingesims, das nichts trägt.) |
| 212.
“So sagst du also, daß die Übereinstimmung der Menschen
entscheide, was richtig und was falsch ist?” –
Richtig und falsch ist, was wir
sagen; , und in der
Sprache stimmen die Menschen überein.
Dies ist keine Übereinstimmung der Meinungen, sondern der
Lebensform. – 153 – |
|
sie seien im Zweifel darüber, m ob ich Schmerzen habe;
aber nicht, es von mir selbst zu sagen. |
| 25
“Der Andre kann nicht meine Schmerzen
haben.” –
Das ist Unsinn.
Welches sind meine Schmerzen?
Was gilt hier als Kriterium der Identität?
Überlege, was es möglich macht, im Fall physi der physikalischen
Gegenstände von “zwei genau gleichen” zu sprechen.
Z.B. zu sagen: “Dieser Sessel
ist nicht derselbe, den du gestern hier gesehen hast, aber er ist ein
genau gleicher.”
Soweit es Sinn hat, zu sagen, mein Schmerz sei der gleiche, wie seiner, soweit können wir auch beide den gleichen Schmerz haben. (Auch das wäre denkbar, daß zwei Leute an der gleichen – nicht nur homologen – Stelle Schmerz empfänden. Ob es bei siamesischen Zwillingen der Fall ist, weiß ich nicht.) Ich habe gesehen, wie Einer in einer Diskussion über diesen Gegenstand sich an die Brust schlug und sagte: “Aber er kann doch nicht diesen Schmerz haben!” – Die Antwort darauf ist, daß man durch ˇdas emphatische Betonen des Wortes “diesen” kein Kriterium der Identität definiert. Die Emphase spiegelt uns vielmehr nur den Fall vor, daß ein solches Kriterium bereits vorhanden ist // daß uns ein solches Kriterium bereits geläufig ist // und wir nur noch daran erinnern müssen. |
| 217.
Auch das Ersetzen des Wortes “gleich” durch
“iden-– 154
– tisch” (z.B.)
ist ein typisches Auskunftsmittel in der Philosophie.
Als redeten wir von Abschattungen der Bedeutung und es handle sich nur
darum, mit unsern Worten die richtige Nuance zu treffen.
Und darum handelt sich's beim Philosophieren nur dann, wenn
|
| 218.
Wie ist es nun mit der Sprache, die meine innern Erlebnisse
beschreibt und nur ich selbst verstehen kann?
Wie bezeichne ich meine Empfindungen mit
Worten? –
So wie wir's gewöhnlich tun?
Sind also meine Empfindungsworte mit meinen natürlichen
Empfindungsäußerungen verknüpft? –
In diesem Falle ist meine Sprache nicht
‘privat’.
Ein Anderer könnte sie verstehen, wie ich. –
Aber wie, wenn ich keine natürlichen Äußerungen der Empfindung, sondern
nur die Empfindung besäße?
Und nun assoziiere ich einfach Namen mit den Empfindungen
und verwende diese Namen in einer Beschreibung. –
Stellen wir uns davon einen einfachen Fall vor. Ich will über das wiederkehren einer gewissen Empfindung – 156 – |
|
eintrug, gar nichts notiert? –
Sieh's nicht als selbstverständlich an, daß Einer sich etwas
notiert, wenn er Zeichen – in einen Kalender
z.B. – einträgt.
Eine Notiz hat ja eine Funktion; und das “E” hat,
soweit, noch keine. |
| 220.
Welchen Grund haben wir, “E” das Zeichen für
eine Empfindung zu nennen?
“Empfindung” ist nämlich ein Wort unserer
allgemeinen, nicht mir allein verständlichen, Sprache.
Der Gebrauch dieses Worts bedarf also einer Rechtfertigung, die Alle
verstehen. –
Und es hülfe auch nichts, zu sagen: es müsse keine
Empfindung sein; wenn er “E”
schreibe, habe er Etwas – und mehr könnten wir
nicht sagen.
Aber “haben” und “etwas” gehören auch
zur allgemeinen Sprache. –
So gelangt der Philosoph am Ende dahin, wo er nur noch einen
unartikulierten Laut ausstoßen möchte. –
Aber ein solcher Laut ist ein Ausdruck nur unter gewissen
Bedingungen in einem bestimmten Sprachspiel, das nun zu beschreiben
ist. |
| 221.
Denken wir uns nun eine Verwendung des Eintragens von
“E”.
Ich mache folgende Erfahrung: Wenn immer ich eine
bestimmte Empfindung habe, zeigt mir ein Manometer, daß mein Blutdruck
steigt.
Dadurch werde ich in den Stand gesetzt, ein Steigen meines Blutdrucks
ohne Zuhilfenahme eines Apparats anzusagen.
Dies ist ein nützliches Ergebnis.
Und nun scheint es hier ganz gleichgültig zu sein,
– 166 – |
|
durch Kriterien, sondern ich
gebrauche den gleichen Ausdruck.
Aber damit endet ja das Sprachspiel nicht; damit fängt es
an.
Aber fängt es nicht mit der Empfindung an – die ich beschreibe? – Das Wort “beschreiben” hat uns da vielleicht zum Besten. Ich sage “Ich beschreibe meinen Seelenzustand” und “Ich beschreibe meinen Zimmer”. Man muß sich die Verschiedenheiten der Sprachspiele ins Gedächtnis rufen. |
| 241.
Was wir “Beschreibungen” nennen, sind
Instrumente für besondere Verwendungen.
Denke dabei an eine Maschinenzeichnung, einen Schnitt, einen Aufriß mit
den Maßen, den der Mechaniker vor sich hat.
Wenn man an eine Beschreibung als ein Wortbild der Tatsachen denkt, so
hat das etwas Irreführendes: man denkt etwa nur an Bilder, wie
sie an unsern Wänden hängen; die schlechtweg abzubilden scheinen, wie ein
Ding aussieht, wie es beschaffen ist.
(Diese Bilder sind gleichsam müßig.) |
| 242.
Wenn ich von mir selbst sage, ich wisse nur vom eigenen Falle, was
das Wort “Schmerz” bedeutet, muß ich das
nicht auch von den Andern sagen?
Und wie kann ich denn den einen Fall in so
unverantwortlicher Weise verallgemeinern?
Nun, ein Jeder sagt es
Nun, ein Jeder sagt es mir von sich, er wisse i nur von sich selbst, was Schmerzen seien! ‒ ‒ Angenommen, es hätte Jeder eine Schachtel, darin wäre etwas, was wir – 167 –
“Käfer” nennen.
Niemand kann je in die Schachtel des Andern schaun; und Jeder sagt, er
wisse nur vom Anblick seines Käfers, was ein Käfer
ist. –
Da könnte es ja sein, daß jeder ein anderes Ding in seiner Schachtel
hätte.
Ja, man könnte si sich vorstellen, daß sich ein solches Ding
fortwährend veränderte. –
Aber wenn nun das Wort “Käfer” dieser Leute doch
einen Gebrauch hätte? – so wäre er nicht der der Bezeichnung
eines Dings.
Das Ding in der Schachtel gehört überhaupt nicht zum Sprachspiel; auch
nicht einmal als ein Etwas: denn die Schachtel könnte
auch leer sein. –
Nein: , durch dieses Ding in der Schachtel
kann ‘gekürzt werden’; es hebt sich weg, was immer es
ist.
Das heißt: Wenn man die Grammatik des Ausdrucks der Empfindung nach dem Muster von ‘Gegenstand und Bezeichnung’ konstruiert, dann fällt der Gegenstand als irrelevant aus der Betrachtung heraus. |
| 243.
Und was soll “Ich weiß nur vom eigenen
Fall … ” überhaupt für ein Satz sein?
Ein Erfahrungssatz?
Nein. –
Ein grammatischer?
Ich denke mir also: Jeder sage von sich selbst, er wisse nur vom eigenen Schmerz, was Schmerz sei. – Nicht, daß die Menschen das wirklich sagen, oder auch nur bereit sind, zu sagen. Aber wenn nun Jeder es sagte ‒ ‒ dann es könnte es eine Art Ausruf sein. Und wenn – 168 – er
auch // es auch // als Mitteilung nichtssagend
ist, so ist
Ja, wenn wir beim Philosophieren in uns schauen, bekommen wir oft gerade so ein Bild zu sehen. Förmlich, eine bl bildliche Darstellung unsrer Grammatik. Nicht Fakten; sondern gleichsam illustrierte Redewendungen. |
| 244.
“Ja, aber es ist doch da ein Etwas, was meinen Ausruf des
Schmerzes begleitet!
Und um dessentwi[s|l]len ich ihn mache.
Und dieses Etwas ist das, was wichtig ist, – und
schrecklich.” – Wem sagen wir das nur? // Wem teilen wir das nur mit? //
Und bei welcher Gelegenheit? |
| 245.
Daß wir so gerne sagen möchten “Das Wichtigste ist
das”– indem wir für uns selbst auf die
Empfindung deuten, – zeigt schon, wie sehr wir geneigt sind, etwas zu
sagen, was keine Mitteilung ist. |
| 246.
Wenn man sich den Schmerz des Andern nach dem Vorbild des eigenen
vorstellen muß, dann ist das keine so leichte Sache: da ich mir
nach den Schmerzen, die ich fühle, Schmerzen vorstellen
soll, die ich nicht fühle.
Ich habe nämlich in der Vorstellung nicht einfach einen Übergang von
einem Ort des Schmerzes zu einem andern zu machen.
Wie von Schmerzen in der Hand zu Schmerzen im Arm.
Denn ich soll mir nicht das vorstellen, – 169
– daß ich an einer Stelle seines Körpers Schmerz
empfinde.
(Was auch möglich wäre.)
Das Schmerzbenehmen kann auf eine schmerzhafte Stelle deuten; aber die leidende Person ist die, welche Schmerz äußert. |
| 247.
“Ich kann nur glauben, daß der Andre
Schmerzen hat, aber ich weiß es, wenn ich sie
habe.” –
Ja; man kann sich dazu entschließen, zu sagen “Ich
glaube, er hat Schmerzen” statt “Er hat
Schmerzen”; und “Ich weiß, ich habe
Schmerzen” statt “Ich habe
Schmerzen”.
Aber das ist alles. ‒ ‒
Was hier wie eine Erklärung, oder Aussage über die seelischen Vorgänge
ausschaut, ist in Wahrheit ein Vertauschen einer Redeweise für eine
andere, die, während wir philosophieren, uns die treffendere
erscheint.
Versuch
|
| 248.
“Aber du wirst doch zugeben, daß ein Unterschied ist, zwischen
Schmerzbenehmen mit Schmerzen und Schmerzbenehmen ohne
Schmerzen.” –
Zugegeben Zugeben?
Welcher Unterschied könnte größer sein! –
“Und doch gelangst du immer wieder zum Ergebnis, die
Empfindung selbst sei ein Nichts.” –
Nicht doch.
Sie ist kein Etwas, aber auch nicht ein Nichts!
Das Ergebnis war nur, daß ein Nichts die gleichen Dienste täte, wie ein
Etwas, worüber sich nichts aussagen läßt. –
170 –
Wir verwarfen nur die Grammatik, die sich uns hier aufdrängen
will.
Das Paradox verschwindet nur dann, wenn wir radikal mit der Idee brechen, die Sprache funktioniere immer auf eine Weise, diene immer dem gleichen Zweck: Gedanken zu übertragen, – seien diese nun Gedanken über Häuser, Schmerzen, Gut und Böse, oder was immer. |
| 249.
Ich sage jemandem, ich habe Schmerzen.
Seine Einstellung zu mir wird nun die des Glaubens sein; des
Unglaubens; des Mistrauens;
u.s.w..
Nehmen wir an, er sagt: “Es wird nicht so schlimm sein.” – Ist das nicht der Beweis dafür, daß er an etwas glaubt, das hinter der Schmerzäußerung steht? – Seine Einstellung ist ein Beweis seiner Einstellung. Denke dir nicht nur den Satz “Ich habe Schmerzen”, sondern auch die Antwort “Es wird nicht so schlimm sein” durch Naturlaute und Gebärden ersetzt! |
| 250.
“Welcher Unterschied könnte größer
sein!” –
Im Falle der Schmerzen glaube ich, ich könnte mir diesen Unterschied
privatim vorführen.
Den Unterschied aber zwischen einem abgebrochenen und einem nicht
abgebrochenen Zahn kann ich Jedem vorführen. –
Aber zu der privaten Vorführung brauchst du dir garnicht Schmerzen hervorzurufen, sondern es genügt, wenn du dir sie
vorstellst, z.B. ein wenig das
Gesicht verziehst.
Und weißt du, daß, was du dir – 173 – |
|
fragen: geschieht beim blitzartigen Denken das gleiche,
wie beim nicht gedankenlosen Sprechen, – nur äußerst
beschleunigt?
So daß also im ersten Fall das Uhrwerk gleichsam mit einem Ruck
abschnurrt, welches im zweiten, durch die Worte gehemmt, Schritt für Schritt
zuende
|
| 257.
Ich kann in demselben Sinn blitzartig einen Gedanken ganz vor mir
sehen, oder verstehen, wie ich ihn mit wenigen Worten, oder Strichen
notieren kann.
Was macht diese Notiz zu einer Zusammenfassung dieses Gedankens? |
| 258.
Der blitzartige Gedanke kann sich zum ausgesprochenen verhalten, wie
die algebraische Formel zu einer Zahlenfolge, die ich aus ihr
entwickle.
Wird mir z.B. eine algebraische Funktion gegeben, so bin ich sicher, ich werde ihre Werte für die Argumente 1, 2, 3, bis 10 berechnen können. Man wird diese Sicherheit ‘wohlbegründet’ nennen, denn ich habe gelernt, solche Funktionen zu berechnen, u.s.w.. In andern Fällen wird sie nicht begründet sein, – aber durch den Erfolg dennoch gerechtfertigt. |
| 259.
“Jetzt weiß ich weiter!” ist ein Ausruf; er
entspricht einem Naturlaut, einem freudigen Aufzucken.
Aus meiner Empfindung folgt natürlich nicht, daß ich nicht stecken
bleibe, sowie ich versuche, weiter zu gehen. –
Es gibt da Fälle, in denen ich sagen werde: “Als
ich sagte, ich wisse – 176 – |
|
ist das, was denkendes Sprechen vom gedankenlosen Sprechen
unterscheidet. –
Und da scheint es eine Begleitung des Sprechens zu sein.
Ein Vorgang, der vielleicht auch etwas anderes begleiten, oder
selbständig ablaufen kann.
Spric – –Sprich die Zeile:
“Die Feder ist wohl stumpf.
Nu, nu, sie geht.” –
einmal denkend; dann gedankenlos; dann denk nur den Gedanken,
aber ohne die Worte. ‒ ‒
Nun, ich könnte, im Laufe einer Tätigkeit, die Spitze meiner Feder
prüfen, ein Gesicht machen, wie Einer, der sagt, sie sei nicht besonders
gut, – dann mit einer Gebärde der Resignation weiterschreiben.
Ich könnte auch, mit irgendwelchen Messungen beschäftigt, so handeln,
daß, wer mir zusieht, sagen würde, ich habe – ohne Worte –
gedacht: “Sind zwei Größen einer dritten
gleich, so sind sie untereinander gleich. –
Aber was da vor sich geht, ist nicht
|
| 265.
Denken ist kein unkörperlicher Vorgang, der dem Reden Leben und Sinn
leiht, und den man vom Reden ablösen könnte, wie der Böse den
Schatten Schlemiehls
vom Boden
Aber wie – “kein körperlicher Vorgang”? Gibt es also unkörperliche Vorgänge, und das Denken ist nicht einer von ihnen? Nein; das Wort “unkörperlicher Vorgang” nahm ich mir zu Hilfe, in meiner Verlegenheit, da ich dem – 177 – Wort
“denken”
Man könnte freilich sagen “Denken ist ein unkörperlicher Vorgang”, wenn man dadurch die Grammatik des Wortes “denken” von der, z.B., des Wortes “essen”, z.B., unterscheiden will. Der Fehler dieser Ausdrucksweise ist Nur erscheint der Unterschied der Bedeutungen dadurch zu gering. (Ähnlich ist es, wenn man sagt: die Zahlzeichen seien wirkliche, die Zahlen nicht wirkliche Gegenstände.) Eine unpassende Ausdrucksweise ist ein sicheres Mittel, in einer Verwirrung stecken zu bleiben. Sie verriegelt gleichsam den Ausweg aus ihr. |
| 266.
Gedankenloses und nicht gedankenloses Sprechen ist zu vergleichen
dem gedankenlosenm und nicht
gedankenlosenm Spielen
eines Musikstücks. |
| 267.
W. James, um zu
zeigen, daß man denken kann, ohne zu sprechen, zitiert die Erinnerung eines
Taubstummen, der schreibt, er habe in seiner frühen Jugend, ohne noch
sprechen zu können, über Gott und die Welt
philosophiert. –
Was das wohl heißen mag! –
Er schreibt: “It was during those delightful
rides, some two or three years before my initiation into the rudiments
of written language, that I began to ask myself the question:
How came the – 180 – |
|
// spricht zu sich selbst, in der Vorstellung eine
Lautsprache.”–
// .”–
Nun, verstehst du das nicht? –
Wie weiß ich nur, ob ich's verstehe?! –
Was kann ich mit dieser Mitteilung (wenn's eine ist)
anfangen? Die ganze Idee des Verstehens wird hier
verdächtig // anrüchig // . // Die Idee des Verstehens scheint sich hier zu
zersetzen. //
Ich weißt nicht, ob ich sagen soll, ich versteh's, oder ich
versteh's nicht.
Ich möchte antworten: “Es ist ein deutscher
Satz; scheinbar ganz in Ordnung; – ehe man nämlich mit
ihm arbeiten will; er steht mit andern Sätzen in einem Zusammenhang, der
es uns schwer macht, zu sagen, man wisse eigentlich nicht, was er uns
mitteilt; Jeder, der nicht durch Philosophie anästhesiert ist, merkt, daß
hier etwas nicht stimmt.” |
| 273.
Wir sagen nicht, ein Hund
|
| 274.
Ein Grammophon spricht doch; und könntest du nicht annehmen, es habe
eine Seele und meine mit ihr, was – 181 – es spricht?
Ich verstehe wohl: – es ist schwer, eine Seele mit einer
Maschine zur Deckung zu bringen.
Und nun gar das Denken dieser Seele mit dem Spraechen
der Maschine!
Es ist schwer; aber ist es unmöglich? – |
| 275.
Der Sessel denkt bei sich selber: das und das.
Wo?
In einem seiner Teile?
Oder außerhalb seines Körpers; in der Luft um ihn?
Oder garnicht
irgendwo?
Aber was ist dann der Unterschied zwischen dem innern Sprechen
dieses Sessels und dem eines andern, der daneben steht? –
Aber wie ist es dann mit dem Menschen: wo spricht
er zu sich selber?
Wie kommt es, daß diese Frage sinnloch sinnlos scheint; und
keine Ortsbestimmung nötig ist, außer der, daß eben dieser Mensch zu sich
selbst spricht? während die Frage, wo der Sessel mit
sich selbst spreche, eine Antwort zu verlangen scheint?
Der Grund ist: Wir wollen wissen, wie der
Sessel hier einem Menschen gleichen soll; ob der Kopf
z.B. am obern Ende der Lehne ist;
u.s.w.. |
| 276.
Wie ist das, wenn man im Innern zu sich selbst spricht: was geht
da vor? –
Wie soll ich's erklären?
Nun, nur so, wie du Einem die Bedeutung des Ausdrucks “zu sich
selbst sprechen” lehren kannst.
Und als Kinder lernen wir ja diese Bedeutung. –
Nur, daß niemand sagen wird, wer sie uns lehrt, sage uns, ‘was
da vorgeht’. – 183 – |
|
lich.” Was dieses merkwürdige Phänomen
des Wissens ist – damit läßt man sich Zeit.
Seelische Vorgänge sind eben merkwürdig. // des Wissens ist, – das zu sagen, eilt
nicht. //
(Ähnlich wäre dies: (Vergleiche damit diese
Sätze: “Die Uhr zeigt uns die Zeit an.
Was die Zeit ist, ist noch nicht entschieden.
Und wozu man die Zeit abliest – das gehört nicht
hierher.”) |
| 273.1.
Aber ist es nicht unser Meinen, das dem x Satz
Sinn gibt?
(Und dazu gehört natürlich: Sinnlose Wortreihen kann man
nicht meinen.)
Und das Meinen ist etwas im seelischen Bereich.
Aber es ist auch etwas Privates!
Es ist das ungreifbare Etwas; vergleichbar nur dem Bewußtsein
selbst.
Wie könnte man das lächerlich finden! es ist ja, gleichsam, ein Traum unserer Sprache. |
| 279.
Jemand macht eine Berechnung im Kopf.
Das Ergebnis verwendet er, sagen wir, beim Bauen einer Brücke, oder
Maschine. –
Willst du sagen, er habe diese Zahl eigentlich
ohne Berechnung // nicht durch Berechnung //
gefunden?
Sie sei ihm etwa, nach einer Art Träumerei, in den Schoß
gefallen?
Es mußte doch da gerechnet werden, und ist gerechnet worden.
Denn er weiß, daß und wie er gerechnet hat; und das
richtige Resultat wäre ohne Rechnung nicht erklärbar. ‒ ‒
Wie aber, wenn ich sagte: “Es kommt ihm
vor, er habe gerechnet.
Und warum soll sich das richtige Resultat erklären lassen?
Ist es – 185 – |
|
// möchte //
jetzt sagen: Es war irgendein, dem Multiplizieren auf dem
Papier entsprechender, geistiger Vorgang.
So daß es Sinn hätte, zu sagen: “Dieser
Vorgang im Geiste entspricht diesem Vorgang auf dem
Papier.”
Und es hätte dann Sinn, von einer Methode der Abbildung zu reden, nach
welcher die Vorstellung des Zeichens das Zeichen selbst
darstellt. |
| 283.
Hier möchte man wieder fragen: “Wie ist das –
was geht da vor – wenn Einer im Kopfe
rechnet?” –
Und im besondern Fall kann die Antwort sein “Ich
addiere zuerst 17
und 18, dann
subtrahiere ich
39 …”.
Aber das ist nicht die Antwort auf unsre Frage.
Was es heißt, im Kopfe rechnen // Was im Kopfe
rechnen heißt // wird auf solche Weise nicht
erklärt. |
| 284.
Wir analysieren nicht ein Phänomen (z.B. das
Denken), sondern einen Begriff, etwa den des
‘Denkens’, und also die Anwendung eines Wortes.
So kann es erscheinen, als wäre, was wir treiben, Nominalismus.
Nominalisten machen den Fehler, daß sie alle Wörter als
Namen deuten, also ihre Verwendung nicht wirklich
beschreiben, sondern sozusagen nur eine papierene Anweisung auf so
eine Beschreibung geben. |
| 285.
Frage dich: Wäre es denkbar, daß Einer im Kopfe rechnen
lernte, ohne je schriftlich oder mündlich zu rechnen? –
“Es lernen” heißt wohl: dazu gebracht werden,
– 187 – |
|
keine Schwierigkeit
macht, zu zeigen oder zu beschreiben, welche Farbe ich mir vorgestellt
habe, die Vorstellung in die Wirklichkeit abzubilden. //
Sondern dies: daß wir so ohne weiteres zeigen oder
beschreiben können, welche Farbe wir uns vorgestellt haben, daß uns das
Abbilden der Vorstellung in die Wirklichkeit gar keine Schwierigkeit
bereitet. //
Sehen sie sich denn zum Verwechseln ähnlich? –
Aber ich kann ja auch ohne [W|w]eiteres einen Menschen nach
einer Zeichnung erkennen. –
Aber kann ich denn fragen “Wie schaut eine richtige
Vorstellung dieser Farbe aus?” oder “Wie
ist sie beschaffen?”; kann ich dies
lernen? |
| 286.
Der tiefe Aspekt entschlüpft leicht. |
| 287.
“Ich bin nicht sicher, ob ich mir vorstellen kann, daß dieser
Sesselfuß Schmerzen hat.”
Und wenn ich's nun kann – was weiter?
In wiefern ist das interessant?
Welche Verbindung hat es mit meinem übrigen Leben? |
| 288.
Ich kann mir vielleicht auch vorstellen (obwohl es nicht leicht
ist), jeder der Leute, die ich auf der Straße sehe, habe Schmerzen,
verberge sie aber kunstvoll.
Und es ist wichtig, daß ich mir ein kunstvolles Verbergen vorstellen
muß // vorstelle // .
Daß ich mir also nicht einfach sage: “Nun,
seine Seele hat Schmerzen; aber was muß das mit seinem Leib zu tun
haben!” oder “das muß sich sch schließlich
am Leib nicht zeigen.” // “Nun,
seine Seele – 188 – hat Schmerzen;
aber was hat das mit seinem Leib zu tun!” oder
“das muß sich schließlich am Leib nicht
zeigen!”–
Und wenn ich mir
|
| 289.
“Wenn ich mir vorstelle, er habe Schmerzen, geht eigentlich
nur … in mir vor.”
Diese Art Analyse führt zu nichts.
Ein Andrer sagt dann: “Ich glaube, ich kann es mir
auch vorstellen, ohne dabei … zu
denken”.
Das ist ganz irrelevant. |
| 290.
“Aber wenn ich mir vorstelle, daß Einer, der lacht, in
Wirklichkeit Schmerzen hat, so stelle ich mir doch kein Schmerzbenehmen
vor, denn ich sehe eben das Gegenteil.
Was stelle ich mir also vor?” –
Ich habe es schon gesagt.
Und ich stelle mir dazu nicht notwendigerweise vor, daß
ich Schmerzen fühle. ‒ ‒
“Aber wie geht es also vor sich, wenn ich mir das
vorstelle?” –
Wo, (außerhalb der Philosophie) verwenden wir denn die
Worte “Ich kann mir vorstellen, daß er Schmerzen
hat”, oder “Ich stelle mir vor, daß
…”, oder “Stell dir vor, daß
…!”‒ ‒?
Man sagt z.B. dem, der eine Theaterrolle zu spielen hat “Du mußt die hier vorstellen, daß dieser Mensch …”– – 189 – und dazu erhält er keine
Anleitung: was er eigentlilich tun
soll. Darum ist auch jene Analyse gar nicht zur Sache. –
Wir beobachten nun den Schauspieler, der sich das Leiden des Andern
vorstellt. // Darum ist auch jene Analyse nicht zur
Sache. –
Wir schauen nun dem Schauspieler zu, der sich diese Situation
vorstellt. // |
| 291.
Unter was für Umständen würden wir jemand fragen:
“Was ist da eigentlich in dir vorgegangen, wie du dir dies
vorgestellt hast?” –
Und was für eine Antwort erwarten wir uns da? |
| 292.
Es besteht eine Unklarheit darüber, welche Rolle das
Vorstellbarkeit in unserer Untersuchung spielt.
Inwiefern sie nämlich den Sinn d eines Satzes
sicherstellt. |
| 293.
“Ich kann mir sehr wohl vorstellen, daß Einer so handelt und
doch nichts Schandbares in der Handlung sieht”– und nun
folgt eine Beschreibung, d wie man sich das vorzustellen
habe.
“Ich kann mir eine menschliche Gesellschaft vorstellen, in welcher es als unanständig gilt, zu rechnen, außer zum Zeitvertreib.” Das heißt ungefähr soviel wie: ich könnte mir dies Bild leicht weiter ausmalen. “Es hat Sinn, von einer endlosen Baumreihe zu reden; ich kann mir doch vorstellen, daß eine Baumreihe ohne Ende weiterläuft.” D.h. etwa: Wenn es Sinn hat, zu sagen, die Baumreihe komme hier zu einem Ende, hat es Sinn, zu sagen, – 190 – sie komme hier nicht zu einem
Ende, und also auch, sie komme nirgends zu einem Ende.
Die visuelle Vorstellung ist etwa die einer Baumreihe, die
‘unabsehbar’ weiterläuft.
Ein solches Bild verbürgt natürlich den Sinn des Wortausdrucks so
wenig, wie es ihn erklärt.
“Ich kann mir doch vorstellen, unsere Maßstäbe zögen sich immer zusammen, wenn …” heißt: Wenn sich unsre Maßstäbe so benähmen, würden wir nicht anstehen, zu sagen … Dies erklärt den Sinn einer bestimmten Ausdrucksweise. “Ich kann mir doch vorstellen, wie der Andre in seinem Bauch Schmerzen hat!” (Ich könnte etwa dazusetzen: “jetzt z.B. tue ich's gerade”.) Erklärt dies, was es heiße, der Andre habe Schmerzen? (Ich kann mir die Schmerzen des andern leichter vorstellen, wenn ich mich selbst nicht ganz wohl fühle.) |
| 294.
Das Gefühl der Unüberbrückbarkeit der Kluft zwischen Bewußtsein und
Gehirnvorgang: Wie kommt es, daß das in die Betrachtungen des
gewöhnlichen Lebens nicht hineinspielt?
Die Idee dieser Artverschiedenheit ist mit einem leisen Schwindel
verbunden; der auftritt, wenn wir logische Kunststücke ausführen.
(Er ist ein Zeichen
– 191
– unserm Fall, dieses Gefühl auf?
Nun, wenn ich z.B. meine Aufmerksamkeit in
bestimmter Weise auf meine Bewußtsein lenke und mir dabei
staunend sage: dies solle durch einen
Gehirnvorgang erzeugt werden! – indem ich mir gleichsam an die
Stirne greife.
Aber was kann das heißen: “meine Aufmerksamkeit auf mein
Bewußtsein lenken”?
Es ist doch nichts merkwürdiger, als daß es so etwas gibt!
Was ich so nannte (denn diese Worte werden ja im gewöhnlichen
Leben nicht gebraucht) war ein Akt des Schauens.
Ich schaute steif vor mich hin – aber nicht auf
irgend einen bestimmten Punkt, oder Gegenstand.
Meine Augen waren weit offen, meine Brauen nicht zusammengezogen
(wie sie es meistens sind, wenn ein bestimmtes Objekt mich
interessiert).
Kein solches Interesse war dem Schauen vorangegangen.
Mein Blick war ‘vacant’; oder
ähnlich dem eines Menschen, der die Beleuchtung des Himmels
bewundert und das Licht eintrinkt.
Bedenk nun, daß an dem Satz, den ich als Paradox aussprach (dies werde durch einen Gehirnvorgang erzeugt!) gar nichts paradoxes war: Ich hätte ihn während eines Experiments aussprechen können, das angestellt wurde, zu zeigen, daß der Lichteffekt, den ich sehe, durch die Erregung einer bestimmten Gehirnpartie erzeugt werde. // aussprechen können, dessen Zweck es war, zu zeigen, der Beleuchtungseffekt, den ich sehe, werde durch die – 192
– Erregung einer bestimmten Gehirnpartie
erzeugt. // –
Aber ich sprach den Satz nicht in der Umgebung aus, in welcher er
einen alltäglichen und nicht paradoxen Sinn gehabt hätte.
Und meine Aufmerksamkeit war nicht von der Art, die-
dem Experiment gemäß gewesen wäre.
(Mein Blick wäre dann ‘intent’, nicht
‘vacant’ gewesen.) |
| 295.
Hier haben wir einen Fall von Introspektion; nicht unähnlich
derjenigen, durch welche James
herausbrachte, das ‘Selbst’ bestehe hauptsächlich aus
‘peculiar motions in the head and between the head and
throat’.
Und was die Introspektion
James'ss zeigte,
war nicht die Bedeutung des Wortes “Selbst”
(sofern dies etwas ähnliches bedeutet, wie
“Person”, “Mensch”, “er
selbst”, “ich selbst”) noch eine Analyse
eines solchen Wesens, sondern den
Aufmerksamkeitszustand eines Philosophen, der sich selbst das
Wort “Selbst” vorspricht und seine Bedeutung
analysieren will.
(Und daraus ließe sich vieles lernen.) |
| 296.
“Die Menschen stimmen miteinander überein, daß sie sehen,
hören, fühlen, etc. (d wenn auch
Mancher blind und Mancher taub ist).
Sie bezeugen also von sich, sie haben
Bewußtsein.” –
Aber wie merkwürdig! wem mache ich eigentlich eine
Mitteilung, wenn ich sage “Ich habe
Bewußtsein”?
Was ist der Zweck, mir das zu sagen, und wie kann der Andre mich
verstehen? –
Nun, Sätze wie “Ich sehe”, “Ich
höre”, “Ich bin bei Bewußtsein” haben ja
– 195 – |
|
etwas dabei, wenn ich sage: “Diese
3 Stützen geben dem
Bau Festigkeit”?
Sind Drei und Festigkeit greifbar? ‒ ‒
Sieh den Satz als Instrument an, und seinen Sinn als seine
Verwendung! |
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BOXVIEW: http://wittgensteinsource.com/BTE/Ts-242a_d