– 1 –
II.
Bemerkungen.


 
    
    
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13.
     Wenn Einer die Notenschrift lernt, so wird ihm eine Art Grammatik beigebracht. Es heißt da: Diese Note entspricht dieser Taste am Klavier, das Kreuz erhöht einen Ton, das Zeichen hebt die Wirkung des Kreuzes auf, etc.. Wenn der Schüler fragte, ob ein Unterschied sei zwischen
und
, oder was das Zeichen
bedeute, so würden wir ihm sagen, daß die Entfernung des Notenkopfes von den Linien nichts ausdrücke, u.s.f.. Diese Belehrungen kann man als einen Teil der Vorbereitung auffassen, die den Schüler zu einer Spielmaschine macht.
(541)

 
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14.
     Es ist klar, ich kann durch Erfahrung feststellen, daß ein Mensch, oder Tier, auf ein Zeichen so reagiert, wie ich es will, – auf ein anderes nicht. Daß z.B. ein Mensch auf das Zeichen “” hin nach rechts, auf das Zeichen “” nach links geht; daß er aber auf das Zeichen “” nicht so reagiert, wie auf “”, etc..
     Ja ich brauche gar keinen Fall zu erdichten, und nur den tatsächlichen betrachten: daß ich einen Menschen, der
– 5 –
nur Deutsch gelernt hat, nur mit der deutschen Sprache lenken kann. (Denn das Lernen der deutschen Sprache sehe ich als ein Einstellen, ein Empfänglichmachen des Mechanismus
für diese
auf eine gewisse
Art der
Einwirkung
Beeinflussung
an; und es macht hier keinen Unterschied, ob der Andre die Sprache gelernt hat, oder vielleicht schon von Geburt so eingerichtet ist, daß er auf die Sätze der deutschen Sprache reagiert, wie der gewöhnliche Mensch normalerweise nur
der
Einer
, der sie gelernt hat.)
(537)

 
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22.
     Wie geht so etwas vor sich: Ich sage “jetzt weiß ich zum ersten Mal, was die Worte ‘der blaue Äther’ bedeuten.”?
( )

 
    
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64.
     Es ist hier nützlich, sich zu überlegen, was man über ein Phänomen, wie das folgende, sagt: die Figur einmal als F, einmal als sein Spiegelbild sehen.
     Nun will ich fragen: Worin besteht es, die Figur einmal so, einmal anders sehen? – Sehe ich wirklich jedesmal etwas anderes? Oder deute ich nur, was ich sehe, auf verschiedene Weise? – Ich bin geneigt, das erste zu sagen. Aber warum Nun, Deuten ist eine Handlung. Es kann z.B. darin bestehen, daß Einer sagt: “Das soll ein F sein”; oder daß er's nicht sagt, aber das Zeichen beim Kopieren durch ein F ersetzt; oder sich überlegt: “Was mag das wohl sein? Es wird ein F sein, das dem Schreiber mißglückt ist.” – Sehen ist keine Handlung, sondern ein Zustand. Und wenn ich es ˇdas Zeichen nie für etwas anderes, als ein F gehalten, mir nie überlegt habe, was es wohl sein mag, so wird man sagen, ich sehe das Zeichen als ein F; wenn man nämlich weiß, daß es sich auch anders sehen läßt.
     Wie ist man denn überhaupt zu dem Begriff des ‘Etwas als Etwas sehen’ gekommen? Bei welchen Gelegenheiten war für ihn ein Bedürfnis? (Sehr häufig in ästhetischen Betrachtungen.) Dort überall, wo es sich um ein Phrasieren durchs Aug und Ohr handelt. Wir sagen “Du mußt diese Takte als Einleitung hören”, “Du mußt nach dieser Tonart hinhören”, “Wenn man diese Figur einmal als … gesehen hat, ist es schwer, sie anders zu sehen”, “Ich höre das franzö-
– 18 –
sische ‘ne … pas’ als zweiteilige Verneinung, aber nicht als in der Bedeutung ‘nicht ein Schritt’”, etc.. Ist es nun ein wirkliches Sehen oder Hören? Nun: so nennen wir es; mit diesen Worten reagieren wir in bestimmten Situationen. Und auf diese Worte reagieren wir wieder durch bestimmte Handlungen.
(268﹖)

 
    
    
    
    
   
69.
     Zu sagen, die Punkte, die dieses Experiment liefert, liegen durchschnittlich auf dieser Linie, z.B. einer Geraden,
– 20 –
sagt etwas ähnliches wie: “Aus dieser Entfernung gesehen, scheinen sie in einer Geraden zu liegen.”
     Ich kann von einer Strecke sagen, der allgemeine Eindruck ist der einer Geraden; aber nicht von einem Linienstück
; obwohl es möglich wäre,
es
sie
als Stück einer längern Linie zu sehen, in der sich die Abweichungen von der Geraden verlieren würden. Ich kann nicht sagen: “Dies Linienstück schaut gerade aus, denn es kann das Stück einer Linie sein, die mir als Ganzes den Eindruck der Geraden macht.” (Berge auf der Erde und auf dem Mond. Erde eine Kugel.)
(565﹖)

 
    
    
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89.
     Die Negation, könnte man sagen, ist eine ausschließende, abweisende, Gebärde. Aber eine solche verwenden wir in gar vielerlei Fällen!
(77)
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128.
     Man ist versucht, die Reg Regeln der Grammatik durch Sätze zu rechtfertigen von
dieser
der
Art: “Aber es gibt doch wirklich vier primäre Farben”. Und gegen die Möglichkeit dieser Rechtfertigung,die nach dem Modell analog der Rechtfertigung, eines Satzes durch den Hinweis auf die Tatsache, die ihn wahr macht, gebaut ist, – richtet sich das Wort, daß die Regeln der Grammatik ˇseien willkürlich sind.
     Kann man aber nicht doch, in irgendeinem, Sinne sagen,
– 34 –
daß die Grammatik der Farbwörter, z.B., die Welt, wie sie tatsächlich ist, charakterisiert? Kann ich nicht wirklich vergebens nach einer fünften primären Farbe suchen? Nimmt man nicht die primären Farben zusammen, weil sie eine Ähnlichkeit haben; oder zum mindesten die Farben, im Gegensatz z.B. zu den Formen, oder Tönen, weil sie eine Ähnlichkeit haben? Oder habe ich, wenn ich diese Einteilung der Welt als die richtige hinstelle, schon eine vorgefaßte Idee als Paradigma im Kopf? von der ich dann etwa nur sagen kann: “Ja, das ist die Art, wie wir die Dinge betrachten”, oder “Wir wollen ˇuns eben ein solches Bild machen”?
     Wenn ich nämlich sage “Die primären Farben haben doch eine bestimmte Ähnlichkeit miteinander” – woher nehme ich den Begriff dieser Ähnlichkeit? – Wie der Begriff ‘primäre Farbe’ nichts andres ist, als ‘blau, oder rot, oder grün, oder gelb’, – ist nicht auch der Begriff jener Ähnlichkeit nur durch die vier Farben gegeben? Ja, sind die Begriffe nicht die gleichen? – “Ja, könnte man denn auch ‘rot’, ‘grün’ und ‘kreisförmig’ zusammenfassen?” – Warum nicht?!
(
386)

 
    
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141.1.
     Denk dir eine Sprache mit zwei verschiedenen Worten für die Verneinung; [s|S]ie seien (“no” und “ne”). Das erste Ein doppeltes “no” gibt durch Wiederholung eine Bejahung, das zweite ein doppeltes “ne” aber eine verstärkte Verneinung. Im übrigen werden die beiden Wörter gleich verwendet.
     Haben nun “no” und “ne” die gleiche Bedeutung, wenn sie, ohne Wiederholung, in Sätzen stehen? – Darauf könnte mann Verschiedenes antworten.
     a) Die beiden Wörter haben über – überhaupt – verschiedenen Gebrauch. Also verschiedene Bedeutung. Sätze aber, in denen sie ohne Wiederholung stehen, und die im übrigen gleich lauten, haben gleichen Sinn.
     b) Die beiden Wörter haben die gleiche Funktion in Sprachspielen; bis auf die eine Verschiedenheit, die ˇeine bloße, M unwichtige Sache, Sache des Herkommens ist. Der Gebrauch beider Wörter
wird
würde
auf die gleiche Weise gelehrt, durch die gleichen Handlungen, Gebärden, Bilder etc.; und der Unterschied in ihrer Gebrauchsweise ◇◇◇ wird als etwas Nnebensächliches, als einer von den Kaprize ˇkapriziösen Zügen der Sprache, der Erklärung
beigefügt
hinzugefügt
. Darum werden wir sagen, “no” und “ne” haben die gleiche Bedeutung.
     c) Mit den beiden Verneinungen verbinden ˇwir verschiedene Vorstellungen. “No” dreht gleichsam den Sinn um 180 Grad. Und darum bringen zwei solche Verneinungen den Sinn in seine alte Lage zurück. “Ne” ist wie ein Kopfschütteln. Und wie man nicht ein Kopfschütteln durch ein zweites aufhebt, so auch nicht e ein “ne” durch ein zweites. Und wenn also auch Sätze mit den beiden Verneinungen praktisch auf's selbe hinauskommen, so drücken “ne” und “no” doch verschiedene Ideen aus.
– 37 –


 
   
im ersten Satz verbietet.
(498)

 
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161.
     Was bedeutet es, wenn wir sagen: “Ich kann mir das Gegenteil davon nicht vorstellen” – oder: “Wie wäre es denn, wenn's anders wäre?”– z.B., wenn jemand gesagt hat, daß meine Vorstellungen privat seien, oder, daß nur ich selbst wissen kann ob ich Schmerzen empfinde, und dergleichen.
     “Ich kann mir nicht vorstellen …” heißt hier natürlich nicht: meine Vorstellungskraft reicht nicht hin. Wir gebrauchen diese Entgegnung zur Abwehr gegen Es ist die Kritik einer Aussage, die inch Wirklichkeit zwar Wahrheit eine grammatische ist, ˇdie uns aber ˇdurch ihre Form einen Feststellung ˇErfahrungssatz vortäuscht,. das Faktische (der Schmerzen etwa) betreffend.
     Aber warum sage ich “Ich kann mir das Gegenteil nicht vorstellen.”, warum nicht: “Ich kann mir, was du
– 43 –
sagst
, nicht vorstellen”?
     Ein Beispiel: “Jeder Stab hat eine Länge.. Das heißt etwa: Wir nennen etwas (oder dies) ‘die Länge eines Stabes’ (aber nichts ‘die Länge eines Kugel’). Kann ich mir nun vorstellen, daß ‘jeder Stab eine Länge hat’? Nun, ich stelle mir eben einen Stab vor – und das ist alles. Nur spielt dieses Bild in Verbindung mit diesem Satz eine ganz andere Rolle, als ein Bild in Verbindung mit dem Satz: “Dieser Tisch hat die gleiche Länge, wie der dort.” Denn hier verstehe ich, was es heißt, sich ein Bild vom Gegenteil zu machen (und es muß kein Vorstellungsbild sein).
     Das Bild aber zum grammatikalischen Satz konnte nur etwa zeigen, was man “Länge eines Stabes” nennt.. Und was sollte davon das entgegengesetzte Bild sein?
     (Vergl. Bemerkung über die Verneinung eines Satzes a priori).
(
63)

 
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163.
     Man kann einen roten Gegenstand als Muster für das Malen eines rötlichen Weiß, oder eines rötlichen Gelb (etc.) verwenden. Aber kann man es auch als Muster für das Malen eines blaugrünen Farbtones, z.B., verwenden? – Wie, wenn ich jemand, mit allen äußern Zeichen des genauen Kopierens, einen roten Fleck blaugrün ‘wiedergeben’ sähe? – Ich würde sagen “Ich weiß nicht, wie er es macht”, oder auch “Ich weiß nicht, was er macht”. – Aber angenommen, er ‘kopierte’ nun diesen Ton von Rot bei verschiedenen Gelegenheiten in Blaugrün, und etwa andere Töne von Rot regelmäßig in anderen blaugrünen Tönen – soll ich nun sagen,
– 44 –
er kopiere, oder er kopiere nicht?
     Was heißt es aber, daß ich nicht weiß, ‘was er macht’? Sehe ich denn nicht, was er macht? – “Aber ich sehe nicht in ihn hinein.” – Nur dieses Gleichnis nicht! Wenn ich ihn etwas Rotes rot kopieren sehe, – weiß ich wie was weiß ich da? – ˇUnd [W|w]eiß ich, wie ich es mache? Freilich, man sagt: ich male eben die gleiche Farbe. – Aber wie, wenn er sagt “Und ich male die Quint zu dieser Farbe”? Sehe ich einen besondern Vorgang der Vermittlung, wenn ich die ‘gleiche’ Farbe male?
     Nimm an, ich kenne ihn als einen ehrlichen Menschen; er gibt, wie ich es beschrieben habe, ein Rot durch ein Blaugrün wieder – aber nun nicht den gleichen Ton immer durch den gleichen, sondern einmal durch einen, einmal durch einen andern Ton. – Soll ich sagen “Ich weiß nicht, was er macht”? – Er macht, was ich sehe – aber ich würde es nie tun; Iich weiß nicht, warum er es tut; seine Handlungsweise ‘ist mir unverständlich’.
(
41)



 
    
    
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№ 196
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206.
     Wenn ich den Vorgang der Intention beschreiben will, so fühle ich zuerst, daß sie noch am ehesten leisten kann, was sie soll, wenn sie ein äußerst getreues Bild von dem ist, was intendiert wird. Aber ferner, daß auch das nicht ausreicht, weil ja das Bild, was immer es ist, sich verschieden deuten läßt; daß also dieses Bild doch wieder isoliert dasteht. Wie man das Bild allein ins Auge faßt, ist es plötzlich tot, und es ist, als wäre ihm hier etwas genom-
– 57 –
men worden, was es zuvor belebt hatte. Es ist kein Gedanke, keine Intention; und wovon immer wir es uns begleitet denken, durch artikulierte
oder
wie
unartikulierte Vorgänge, und durch von welchen Empfindungen immer, – es bleibt isoliert, weiß weist nicht aus sich heraus auf eine Realität außer ihm.
     Nun sagt man: “Freilich intendiert das Bild nicht, sondern wir müßßen müssen mit ihm etwas intendieren”. Aber wenn dieses Intendieren, Meinen, wieder etwas ist, was mit dem Bild
vorgenommen wird,
geschieht,
so sehe ich nicht ein, warum
dieser
der
Vorgang an einen Menschen gebunden sein soll. Man kann ja auch den Vorgang der Verdauung als chemischen Prozeß studieren, unabhängig davon, ob er in einem Lebewesen stattfindet. Wir wollen sagen: “Das Meinen ist doch wesentlich ein geistiger Vorgang, ein Vorgang des bewußten Lebens, nicht der toten Materie.” Aber was soll einen ˇdas Wesen eines solchen ausmachen,
wenn nicht
als
die spezifische Art
desjenigen
dessen
, was vorgeht – solange wir eben an einen Vorgang denken. Und nun scheint es uns, als ob gar kein Vorgang, welcher Art immer, das Intendieren sein kann. – Wir sind eben hier mit der Grammatik des Vorgangs nicht zufrieden; und nicht ein spezifischer ˇder eine oder andere mit dem oder jenem Vorgang genügt uns nicht nicht unzufrieden mit einem spezifischen Vorgang. – Man könnte sagen: jeden Vorgang würden wir in diesem Sinne “tot” nennen!
(
553)

 
    
    
    
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360.
     Hier geschieht es nunch, daß uns unser Denken einen seltsamen Streich spielt. Wir wollen nämlich das Gesetz vom ausgeschlossenen Dritten zitieren und sagen: “Entweder es hat ihm ein solches Bild vorgeschwebt, oder nicht – ein Drittes gibt es nicht!” – Dieses seltsame Argument treffen wir auch in andern Gebieten der Philosophie. “In der unendlichen Entwicklung der Zahl Π kommt einmal die Gruppe “7777” vor, oder nicht – ein Drittes gibt es nicht”. (Siehe Weyl). D.h.: Gott sieht es – aber wir wissen es nicht. Was bedeutet das ˇaber? – Wir gebrauchen ein Bild; das Bild einer sichtbaren Reihe, die der Eine übersieht, der Andre nicht. Der A Satz vom ausgeschlossenen Dritten sagt hier: Es muß entweder so ausschaun, oder so. Er sagt also eigentlich – und das ist ja selbstverständlich – gar nichts
, –
;
sondern gibt uns ein Bild. Und das Problem soll
– 98 –
nun sein: ob die Wirklichkeit mit dem Bild übereinstimme, oder nicht. Und dies Bild scheint nun, was wir zu tun, wie und wonach wir zu suchen haben, zu bestimmten, – tut es aber nicht, weil wir eben nicht wissen, wie es zu applizieren ist. Wenn wir hier sagen “Es gibt kein Drittes”, oder “Es gibt doch kein Drittes!”– so drückt sich darin aus, daß wir den Blick von diesem Bild nicht wenden können, – das ausschaut, als müßte in ihm schon das Problem und seine Lösung liegen, während wir doch fühlen fühlen, daß es nicht der Fall ist.
     Ebenso, wenn man sagt “Entweder hat er diese Empfindung, oder er hat sie nicht!”– so schwebt uns dabei vor allem ein Bild vor, das schon den Sinn der Aussagen unmißverständlich zu bestimmen scheint. / “Du weißt jetzt, worum es sich handelt”– möchte man sagen. Und gerade das weiß er damit noch nicht. (
     (Überhaupt wäre der Satz vom ausgeschlossenen Dritten am ehesten so zu verwenden: Wir geben z.B. Einem eine Zeichnung und sagen “Geh und Schau nach, ob es dort so ausschaut oder nicht”. Der Zusatz “ein Drittes gibt es nicht” könnte dann heißen: Ich ich wünsche nur die Antwort “ja”, oder “nein”, und keine andere.)
(
121)

 
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362.
     Wir möchten doch immer sagen: “Erinnerungsbild ist Erinnerungsbild – ob er es hat, oder ich es habe; und wie immer ich erfahre, ob er eines hat oder nicht.” – Damit könnte ich mich einverstanden erklären. – Und wenn du mich fragst: “Weißt du denn nicht, was ich meine, wenn ich sage, er habe ein Erinnerungsbild?”– so kann ich antworten: Ich stelle mir bei diesen Worten
vielleicht
wohl
etwas vor – aber weiter geht ihr Nutzen in diesem Falle nicht. Und ich kann mir auch etwas bei den Worten vorstellen “Es war gerade 5 Uhr nachmittag auf der Sonne”– nämlich etwa eine Pendeluhr, die auf 5 zeigt. –
Oder nimm
Besser noch vielleicht wäre
das Beispiel vom ‘oben’ und ‘unten’ auf der Erdkugel. Hier haben wir alle eine ganz deutliche Vorstellung davon, was “oben” und “unten” bedeutet. Ich sehe doch, daß ich oben bin; die Erde ist doch unter mir! (Lächle ja nicht über dieses Beispiel. Es wird uns zwar schon in der Volksschule beigebracht, daß es dumm ist, so etwas zu sagen. Aber es ist eben viel leichter, ein Problem zuschütten, als es zu lösen.) Und erst eine Überlegung zeigt uns, daß wir das gewöhnlichen Spiel mit hier den gewohnten Gebrauch von “oben” und “unten” hier nicht spielen beibehalten können, daß wir es hier umändern müssen, wenn wir diese Worte anwenden wollen. auf die gewohnte Weise zu gebrauchen ist. (Daß wir also z.B. von den Antipoden als den Menschen ‘unter’ unserem Erdteil reden können, es aber nun für richtig anerkennen müssen, wenn sie auf uns den gleichen Ausdruck anwenden.)
(
120)
– 100 –


 
   
363.
      Hardy: “That ‘the finite cannot understand the infinite’ should surely be a theological and not a mathematical war-cry.” – Es ist wahr,
der
jener
Ausdruck ist ungeschickt. Aber was man
mit ihm
damit
sagen will, ist: “Es muß hier doch mit rechten Dingen zugehen! Woher dieser Sprung vom Endlichen zum Unendlichen?” – Und so ganz unsinnig ist die Ausdrucksweise
dennoch
auch
nicht – nur ist das ‘Endliche’,
welches
was
das unendliche nicht soll denken können, nicht ‘der Mensch’, oder ‘unser Verstand’, sondern der Kalkül. Und wie dieser das ‘Unendliche’ denkt, dies ist wohl einer Untersuchung wert. Diese Untersuchung ist vergleichbar der Untersuchung und Klärung der ˇeiner Geschäftsgebarung durch einen ‘Chartered Accountant’. Ihr Ziel ist eine übersichtliche vergleichende Darstellung der Anwendungen, Illustrationen, Auffassungen, des Kalküls. Die vollkommene Übersicht über alles, was Unklarheit schaffen kann. Und diese Übersicht muß sich auf ein weites Gebiet erstrecken, denn die Wurzeln unserer Ideen reichen weit. – “Das Endliche kann nicht das Unendliche verstehen” heißt hier: So kann es nicht zugehen, wie ihr es, in charakteristischer Oberflächlichkeit, darstellt.
     Es scheint: Dder Gedanke kann gleichsam fliegen; er braucht nicht zu gehen. Du verstehst, d.h. übersiehst, deine Transaktionen nicht, und projizierst, quasi, dein Unverständnis in die Idee eines Mediums, in dem das Erstaunlichste möglich ist.
(
45)

 
    
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377.
     “Aber wenn ich mir etwas vorstelle, oder auch wirkliche Gegenstände sähe // sehe // , so habe ich doch etwas, was mein Nachbar nicht hat.” – Ich verstehe dich: Du willst um dich schaun und sagen “Nur ich habe doch dieses dieses”. – Aber wozu diese Worte? Sie taugen zu nichts. – Ja, kannst duc du nicht auch sagen: “Es ist hier von einem ‘Sehen’ – und daher auch von einem ‘Haben’– und von einem Subjekt, also auch vom Ich, nicht die Rede”? Könnte ich dich nicht fragen: Das, wovon du redest und sagst, nur du habest es, – in wiefern hast du es denn? Besitzt du es? Du siehst es nicht einmal. Ja, müßtest du
– 104 –
nicht davon sagen: niemand habe es? Es ist ja auch klar: Wenn du logisch ausschließt, daß ein Andrer etwas hat, so verliert es nu auchch seinen Sinn, zu sagen, du habest es.
     Aber was ist dann das, wovon du redest? Ich sagte ja: ich wisse in meinem Innern, wovon du redest. Aber das hieß,: nicht, ich könne den Gegenstand zeigen, von dem du gesprochen hast. Aber ich weiß, wie du diesen Gegenstand aufzufassen, zu sehen, wie du ihn sozusagen durch Blick und Gesten zu bezeichnen meinsest. Ich weiß, in welcher Weise man in diesem Fall vor sich und um sich schaut, und anderesˇ mehr. – Ich glaube, man kann sagen: Du redest (wenn du z.B. im Zimmer sitzt) von dem ‘visuellen Zimmer’. Das, was keinen Besitzer hat, ist das ‘visuelle Zimmer’. Ich kann es so wenig besitzen, als ich darin umhergehen, oder es anschaun, oder darauf zeigen kann. Es gehört insofern nicht mir an, als es niemand anderm angehören kann. Oder: es gehört insofern nicht mir an, als ich ja darauf die gleiche Ausdrucksform verwenden will, wie auf das materielle Zimmer selbst, in dem ich sitze.
Seine
Die
Beschreibung des letztern braucht keinen Besitzer zu erwähnen, ja es muß auch keinen Besitzer haben. Dann aber kann das visuelle Zimmer keinen Besitzer haben. “Denn es hat keinen Herrn außer sich und keinen in sich” – könnte man sagen.
     Denk dir ein Landschaftsbild, eine Phantasielandschaft, und in ihr ein Haus – und jemand fragte “Wem gehört das Haus?” (Es könnte übrigens darauf die Antwort sein: “Dem Bauer, der auf der Bank davor sitzt”. Aber dieser kann sein Haus dann, z.B., nicht betreten.)
(
156)

 
    
    
    
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381.
     “Im visuellen Raum gehen keine Lichtstrahlen von einem Objekt zu einem Auge.” – Wenn ich das sage, so habe ich doch förmlich ein Bild von dieser Tatsache. Und ich habe ein Bild vom visuellen Raum, ein anderes vom physikalischen Raum. Die Bilder aber sind die, zweier verschiedener Räumlichkeiten. Im einen ist der leere Raum gleichsam von Konstruktionslinien durchzogen; im andern ist er im strengen Sinne leer – gleichsam dunkel. (Und diese Worte selbst beschreiben nicht sowohl die beiden Bilder, sondern gehören selbst zu diesen Bildern.) Erinnere dich nun daran
     Erinnere dich nun daran, daß wir in unsern Satz etwas über die ‘Natur’ des visuellen Raumes ausgesagt, aber dadurch von dem Ausdruck “der visuelle Raum” noch keinen praktischen Gebrauch gemacht haben. Wie wollen wir den Ausdruck nun anwenden? Wohl bei der Mitteilung des subjektiven Gesichtseindrucks: z.B. in einem psychologischen Experiment. Wir sagen etwa: “In meinem visuellen Raum stehen Gegenstände in der folgenden Anordnung …”
     Und statt “in meinem visuellen Raum” kann man einfach
– 106 –
“im visuellen Raum” sagen, und das besitzanzeigende Fürwort
ausschließen.
durch die Art der Anwendung des Ausdrucks ausscheiden.
Es ist leicht, sich die Regeln einer solchen
Ausdrucksweise
Anwendung
auszudenken. – Und wem sich diese Darstellungsart (aus irgend welchen Gründen) aufdrängt, der wird geneigt sein, zu sagen: es gibt nicht ‘meinen’ und ‘seinen’ Gesichtsraum; es gibt nur den Gesichtsraum.
     Denken wir an die Beschreibung eines Bildes. Zwei Formen der Beschreibung
können wir uns denken
sind möglich
. In der einen heißt es: Die Abendsonne beleuchtet die Gipfel der Berge … die Bäume werfen lange Schatten … im See spiegeln sich die Wolken etc. In der andern: Die Sonne ist knapp über dem Horizont … die Gipfel der Berge sind hell … die Bäume haben lange Schlagschatten … im See sieht man blauen Himmel und Wolken etc.
     (Vielleicht wird man sagen, die erste Art der Beschreibung sei nur dort anzuwenden, wo die Lichter und Schatten, etc. wirklich im Bild motiviert seien. So ist es aber nicht. Wäre z.B. an einer Stelle des Bildes eine unmotivierte Helligkeit, so könnten wir einfach sagen: “Von einer unsichtbaren Quelle fällt Licht auf …”)
     Wenn nun Einer sagte: “In dem Raum eines Bildes fällt kein Licht von einem Gegenstand auf einen andern” – was könnte er mit dieser Aussage wollen? Ist es nicht eine besondere Betrachtungsweise, die er uns vorhält? Der Satz ist zeitlos;
er
ich
will nicht sagen “Im Bildraum fällt nie Licht …” noch: “Die Erfahrung lehrt …” – sondern: es ist im Wesen des Bildraumes.
     Man könnte den Satz aber auch so verwenden: “Es nützt nichts, daß du die Sonne in diesem Bild noch heller malst, die Berge werden dadurch nicht heller.”
     Die Betrachtungsweise, die uns vorgehalten wurde, ist etwa die: auch im Bilde gibt es ein Rechts und Links, ein Vorn und Hinten, und räumliche Gegenstände;
– 107 –
sie sie sind hier hell, hier dunkel; aber es gibt nicht die (uns wohlbekannten) kausalen Zusammenhänge zwischen den Helligkeiten und Dunkelheiten. – Eine Analogie wird also hervorgehoben, eine andere unterdrückt. Der Ausdruck “im Bildraum fällt kein Licht etc.” zieht uns aber in anderer Richtung. Wir stellen uns eine physikalische Räumlichkeit vor, in der die Gegenstände eine magische Helligkeit besitzen, und nicht auf einander durch ihre Helligkeit wirken.
     Wenn Einer sagt “Im Gesichtsraum gehen keine Lichtstrahlen …”– so weiß ich zunächst noch nicht sicher, wie er diese Aussage verwenden will. Er könnte ja z.B. fortfahren: “Ich will damit sagen, daß nicht in allen Fällen, in denen gesehen wird, mit dem Auge gesehen wird.”
     Aber ich kann den Satz vielleicht am besten so erklären: “Im Gesichtsraum gehen Strahlen von da dorthin” heiße, es ziehen leuchtende Linien durch den Raum; wo solche nicht zu sehen sind, wo (wie man auch sagen kann) solche im Gesichtsraum nicht vorhanden sind, spreche man nicht von ‘Strahlen im Gesichtsraum’.
     Ich will zeigen, wie leicht es ist, durch natürlich sich uns darbietende Übergänge von einer Darstellungsweise zur andern, zu einem Satz zu gelangen, der ganz den Charakter einer Aussage über eine fremdartige Welt trägt; und der uns doch nur ein fremdartiges Bild vorhält zur Darstellung wohlvertrauter Dinge.
(
172)

 
    
    
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386.
     Wo sehe ich das Haus: hier in meinem Auge, oder dort, wo es steht? Angenommen, ich entschiede mich für eine der beiden Antworten, – welche Konsequenz hätte die Entscheidung?
     Aufgabe: Man sagt “ich sehe dort ein Haus”; wie wird dieser Satz angewendet? Und wie könnte man den anwenden: “Ich sehe das Haus hier” (wobei man auf ein Auge, oder auf beide Augen zeigt)? Vergleiche damit: “Wenn ich mit einem Stock diesen Gegenstand abtaste, habe ich die Tast-
– 109 –
empfindung in der Spitze des Stockes, nicht in der Hand, die ihn hält”. Wenn Einer sagt “Ich habe nicht hier in der Hand, sondern im Handgelenk Schmerzenxx”, so ist die Konsequenz, daß der Arzt das Handgelenk untersucht.
Welcher Art
Welchen
Unterschied macht esch aberˇ dann, ob ich sage, ich fühle die Härte des Gegenstands in der Stockspitze, oder ˇich fühle sie in der Hand? – Heißt, was ich sage: “Es ist, als hätte ich Nervenenden in der Stockspitze”? Inwiefern Inwiefern ist es so? – Nun, ich bin jedenfalls geneigt, zu sagen “Ich fühle die Härte, etc. in der Stockspitze”.; , [u|U]nd damit geht zusammen, daß ich beim Abtasten nicht auf meine Hand, sondern auf die Stockspitze sehe; daß ich, was ich fühle, mit den Worten beschreibe “Ich fühle dort etwas Hartes, Rundes,” – nicht mit den Worten indem ich sage “Ich fühle einen Druck gegen die Fingerspitzen des Daumens, Mittelfingers und Zeigefingers …” Wenn mich etwa jemand fragte “Was fühlst du jetzt in den Fingern, die die Sonde halten?”, so könnte ich ihm antworten: “Ich weiß nicht – ich fühle dort etwas Hartes, Rauhes.”
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173)

 
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
   
463a.
     “Ich erinnere mich, ich wäre damals gerne noch länger geblieben.” – Welches Bild dieses Verlangens tritt mir vor die Seele? Gar keins. Was ich in der Erinnerung vor mir sehe, läßt keinen Schluß auf meine Gefühle zu. Und doch erinnere ich mich ganz deutlich daran, daß sie vorhanden waren.

 
   
463b.
     Unser Fehler ist, dort nach einer Erklärung zu suchen, wo wir die Tatsachen als ‘Urphänomene’ sehen sollten. D.h., wo wir sagen sollten: dieses Sprachspiel wird gespielt.

 
   
463c.
     Nicht um die Erklärung eines Sprachspiels durch Gefühle // Erlebnisse // handelt sich's, sondern um die Feststellung des // eines // Sprachspiels.
– 129 –
tuition nennen).
(222)


 
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
   
536.
     Wie schätzt man: wieviel Uhr es ist? Ich meine aber nicht, nach äußeren Anhaltspunkten, dem Stand der Sonne, der Helligkeit im Zimmer, und dergleichen. – Man fragt sich etwa “Wieviel Uhr kann es sein?”

,
überlegt einen Augenblick, – d.h., man hält sich still, stellt sich vielleicht das Zifferblatt vor; und dann spricht man eine gewisse Zeit aus. Oder man überlegt sich mehrere Möglichkeiten: man denkt sich eine Zeit, dann eine andre, und bleibt endlich bei einer stehen. So, und ähnlich, geht es vor sich. ‒ ‒ Aber ist nicht der Einfall von einem Gefühl der Überzeugung begleitet; und heißt das nicht, daß er nun mit einer inneren Uhr übereinstimmt? – Nein, ich lese die Zeit von keiner Uhr ab; ein Gefühl der Überzeugung ist insofern da, als ich mir ohne Empfindung des Zweifels, mit Ruhe und Sicherheit, eine Zeit sage. – Aber schnappt nicht etwas bei dieser Zeitangabe ein? – Nichts, das ich wüte wüßte; wenn du nicht das Zur-Ruhe-Kommen der Überlegung, das Stehenbleiben bei einer Zahl, so nennst. Ich hätte auch hier nie von einem ‘Gefühl der Überzeugung’ geredet, sondern gesagt: ich habe eine Weile überlegt und mich dann dafür entschieden, daß es 6 Uhr se ist. – Wonach aber hab' ich mich entschieden? Ich hätte vielleicht gesagt: “Bbloß nach dem Gefühl”; Ddas heißt nur: ich habe es dem Einfall überlassen. ‒ ‒ Aber du mußtest dich doch wenigstens zum Schätzen der Zeit in einen bestimmten Zustand versetzen; und du nimmst doch nicht jede Vorstellung irgend einer Zeitangabe als Angabe der richtigen Zeit! – Wie gesagt: ich hatte mich gefragt
:
;
“Wieviel Uhr mag es sein?”– d.h., ich habe diese Frage nicht, z.B., in einer Erzählung gelesen, noch sie als Ausspruch eines Andern zitiert, noch mich im Aussprechen dieser Wörter geübt, u.s.f. Nicht unter diesen Umständen habe ich die Worte gesprochen. – Aber unter welchen also? – Ich dachte an mein Frühstück, und ob es heute spät damit würde. Aart waren die Umstände. – Aber siehst du denn
– 151 –
wirklich nicht, daß du doch in einem, wenn auch gleichsam ungreifbaren, für das Sc[ä|h]ätzen der Zeit charakteristischen Zustand, gleichsam in einer dafür charakteristischen Atmosphäre warst? – Ja, das Charakteristische war, daß ich mich fragte “Wieviel Uhr mag es sein?” – Und hat dieser Satz eine bestimmte Atmosphäre, wie soll ich sie von ihm selbst trennen können? Es wäre mir nie eingefallen, der Satz hätte einen solchen Dunstkreis, hätte ich nicht daran gedacht, wie man ihn auch anders – als Zitat, im Scherz, als Sprechübung, etc. – sagen könnte. Und da wollte ich auf einmal sagen, da erschien es mir auf einmal; , ich müßte die Worte doch irgendwie besonders gemeint haben;
sie mit einem andern geistigen Vorgang begleitet haben,
anders nämlich,
als in i jenen anderen Fällen. Es hatte sich mir das Bild von der besonderen Atmosphäre aufgedrängt; ich sehe sie förmlich vor mir – solange ich nämlich nicht auf das sehe, was, nach meiner Erinnerung nach, wirklich gesxhehen ist.
     Und was das Gefühl der Sicherheit anbelangt: so sage ich mir manchmal “Ich bin sicher, es ist 6 Uhr”; und in mehr oder weniger sicherem Tonfall, etc. Fragst du nach dem Grund für diese Sicherheit, so habe ich keinen.
     Wenn ich sage: ich lese es auf
einer
meiner
inneren Uhr ab, so ist das ein Bild, dem nur entspricht, daß ich diese Zeitangabe gemacht habe. Und der Zweck des Bildes ist, diesen Fall dem andern anzugleichen. Ich sträube mich, die beiden verschiedenen Fälle anzuerkennen.
(
366)

 
    
   
538.
     “Das Endungs-a klingt anders, wenn es die Endung eines männlichen Substantivs ist, als wenn es die eines weiblichen ist. Die Endungen von ‘agricola’ und ‘puella’ klingen
nicht gleich
verschieden
. Die erste ˇsozusagen schwunghaft, die zweite weich.” – Ich möchte sagen, ich kann das Schluß-a einmal weiblich, einmal männlich deuten’. Und doch ist der Klang der beiden “a” nicht in x charakteristischer Weise verschieden. – Wie aber kann ich Männlichkeit und Weiblichkeit in das “a” hineinlegen?
     Nun, die Tatsache ist, daß ich geneigt bin, diese Dinge zu sagen: obwohl das männliche und das weibliche “a” sich nicht durch den Klang unterscheiden.
     Wenn ich sage “Das ‘a’ in ‘puella’ klingt weiblich” – wie stellt man das fest? Oder: wie zeigt es sich sonst noch, außer dadurch, daß wir's
sagen möchten
behaupten
, daß dies “a” weiblich klingt? Man sagt z.B. nicht: “Hör genau hin, wenn ich's ausspreche.” Man leht lehrt ˇuns auch Einen nicht, das “a” weiblich und männlich aussprechen.
     Es geht etwa so zu: Wir lernen, daß das “a” die Endung des weiblichen Geschlechts ist; und das ist uns natürlich, weil es auch bei uns eine Menge weiblicher Namen endigt. Dann lernen wir männliche Substantive auf ‘a’ und das kommt uns zuerst seltsam vor; aber bald wird es uns ganz natürlich. Wir überlegen uns nicht mehr: dies klingt zwar weiblich, gilt aber doch als männliches S Hauptwort”. Wir finden es natürlich, ein Adjektiv auf “us” damit zu
verbinden
verwenden
. Wir behandeln es jetzt als männlich und finden dies selbstverständlich. – Wenn wir nun an diesen doppelt[n|e]n Gebrauch der Endung für Männliches und Weibliches denken, assoziieren wir auch mit ihr f Gesten, Vorstellungen, Arten des Aussprechens, die aber freilich den gewöhnlichen Gebrauch der Wörter auf “a” nicht begleiten. Außer vielleicht in gewissen Fällen: Wenn wir etwa ein Wort für den Namen einer Frau gehalten haben, und es sich
dann
nun
herausstellt, daß es ein männlicher Name
– 153 –
ist. In diesem Falle sagen wir manchmal, jetzt klinge die Endung anders. – Denn man macht nun wirklich, – indem man sich von den die früheren Vorstellungen freimacht, verlässt – eine besondere,
männliche
die Männlichkeit ausdrückende
Gebärde, oder dergleichen.
(
638)

 
    
    
    
    

Editorial notes

1) See facsimile; line connecting this remark with the following one.