1
Aber kann
man nicht sagen: “Wenn es nur eine
Substanz gäbe, so hätte man keinen Gebrauch für das
Wort ‘Substanz’”? Aber das
heißt doch: Der Begriff
‘Substanz’ setzt den Begriff
‘Unterschied der Substanz’ voraus.
(Wie der des Schachkönigs den des Schachzuges, oder wie
der der Farbe den der Farben.) |
423 Aber entspricht dieser also
nichts Physikalisches? Das leugne ich nicht.
(Und wenn es bloß unsre Gewöhnung an
diese Begriffe, an diese Sprachspiele wäre.
Aber ich sage nicht, daß es so
ist.) Wenn wir einem
Menschen die und die Technik durch Exempel beibringen,–
daß er dann mit einem bestimmten
neuen Fall so und nicht
so geht, oder daß er dann
stockt, daß für ihn also dies
und nicht jenes die
‘natürliche’ Fortsetzung ist, ist allein
schon ein höchst wichtiges Naturfaktum. |
424 “Aber wenn
ich mit ‘bläulichgelb’ grün meine, so
fasse ich eben diesen Ausdruck anders als nach der
ursprünglichen Weise auf. Die ursprüngliche
Auffassung bezeichnet einen andern und eben nicht
gangbaren Weg.” Was ist aber hier das richtige Gleichnis? das vom physische nicht gangbaren Weg, oder vom nicht-Existieren des Weges? Also das Gleichnis der physikalischen, oder der mathematischen Unmöglichkeit? |
425 Wir haben ein System der Farben
wie ein System der Zahlen. Liegen die Systeme in
unserer Natur, oder in der Natur der Dinge?
Wie soll man's sagen? – Nicht
in der Natur der Zahlen oder Farben. |
426 Hat denn dieses System etwas
willkürliches? Ja und nein. Es ist mit
Willkürlichem verwandt und mit
nicht-Willkürlichem. |
427 Das ist klar, daß
ich nichts || Es leuchtet aus den ersten
Blick ein, daß man nichts als
2
Zwischenfarben von rot und grün anerkenne will.
(Und ob es dem Menschen || mir immer so
eingeleuchtet, oder erst nach Erfahrung und Erziehung, ist
gleichgültig.) |
428 Diese Leute kenne
ein Rötlichgrün. – “Aber
es gibt doch gar
keins!”– Welcher sonderbare
Satz. – (Wie weißt
du's nur?) |
430 Sagen wir's doch
einmal so: Müssen denn diese Leute die
Diskrepanz merken? Vielleicht sind sie zu stumpf
dazu. Und dann wieder: vielleicht auch
nicht. – |
431
Ja aber hat denn die Natur hier gar nichts
mitzureden?! Doch – nur macht sie sich auf
andere Weise hörbar. “Irgendwo wirst du doch an Existenz und nicht-Existenz anrennen!” Das heißt aber doch an Tatsachen, nicht an Begriffe. |
432 Es ist eine Tatsache
von der höchsten Wichtigkeit,
daß eine Farbe, die wir
(z.B.)
“rötlichgelb” zu nennen geneigt sind, sich
wirklich durch Mischung (auf verschiedene Weise) von
Rot und Gelb erzeugen läßt.
Und daß wir nicht im Stande sind, eine
Farbe, die durch Mischen von Rot und Grün entstanden ist, ohne
Weiteres als eine zu erkennen, die sich so erzeugen
läßt. (Was aber bedeutet
“ohne Weiteres” hier?) |
347 Verwirrung der
Geschmäcke: Ich sage “Das ist
süß”, der Andere
“Das ist sauer”,
u.s.f. Einer kommt daher und
sagt: “ “Ihr habt Alle keine
Ahnung, wovon ihr sprecht. Ihr wißt
gar 3
nicht mehr, was ihr einmal einen Geschmack genannt
habt.” Was wäre das Zeichen dafür,
daß wir's noch wissen?
[Hängt mit einer Frage über eine
Verwirrung im Rechnen zusammen.] |
348 Aber könnten wir nicht
auch in dieser ‘Verwirrung’ ein Sprachspiel
spielen? – Aber ist es noch das
Frühere? –
(Bezieht sich auf das, was Frege, und gelegentlich Ramsey, vom Wiedererkennen als einer Bedingung des Symbolisierens sagten. Was ist das Kriterium dafür, daß ich die Farbe richtig wiedererkannt habe? Etwa so etwas wie das Erlebnis der Freude beim Wiedererkennen?) Denken wir uns Menschen, die eine Zwischenfarbe, von Rot und Gelb z.B., durch eine Art binären Dezimalbruch so ausdrücken: R,LLRL u. dergl., wo auf der rechten Seite z.B. Gelb steht, auf der linken Rot. – Diese Leute lernen schon im Kindergarten, Farbtöne in dieser Weise beschreiben, nach solchen Beschreibungen Farben auszuwählen, zu mischen, etc. Sie verhielten sich zu uns ungefähr, wie Leute mit absolutem Gehör zu Leuten, denen dies fehlt. Sie können tun, was wir nicht können. Fraglich |
692
Andere, obgleich den unsern verwandte Begriffe könnten uns
sehr seltsam erscheinen, nämlich eine Abweichung vom || Abweichungen
nämlich vom Gewohnten
in ungewohnter
Richtung. |
682
Festbegrenzte Begriffe würden eine
Gleichförmigkeit des Verhaltens
fordern. Aber wo ich
sicher bin, ist der Andere unsicher. Und das ist eine Naturtatsache.
|
678
Dies sind die festen Schienen, auf denen all unser Denken
verläuft, und also nach ihnen auch unser Urteilen und
Handeln. |
679
Muß der Begriff der Bescheidenheit,
oder der Prahlerei überall bekannt sein, wo es
bescheidene und prahlerische Menschen gibt?
Es liegt ihnen vielleicht dort nichts an dieser
Unterscheidung. Uns sind ja auch manche Unterschiede unwichtig, und könnten uns wichtig sein. |
680 Und Andere
haben Begriffe, die unsere Begriffe durchschneiden.
|
Dort z.B., wo
es einen Typus nur selten gibt, wird der Begriff dieses Typus nicht
gebildet. Den Leuten fällt dieses
Syndrom nicht als eine Einheit auf. || Die Leute berührt dies
nicht als eine Einheit. || als
eine Einheit, als ein bestimmtes Gesicht.
Sie machen davon nicht ein Bild & erkennen es von Fall zu Fall wieder. |
637 Ein Stamm hat zwei Begriffe,
verwandt unserm ‘Schmerz’. Der Eine
wird bei sichtbaren Verletzungen angewandt und ist mit Pflege,
Mitleid, etc., verknüpft. Den anderen
wenden sie bei Magenschmerzen, z.B., an
und er verbindet sich mit Belustigung über den
Klagenden. “Aber merken sie denn wirklich nicht
die Ähnlichkeit?” –
Haben wir denn überall einen Begriff, wo eine
Ähnlichkeit besteht? Die Frage
ist: Ist die Ähnlichkeit
wichtig? Und muß
sie's ihnen sein? Und warum sollte nicht ihr
Begriff unsern Begriff ‘Schmerz’
schneiden? |
639 Aber übersieht dieser
dann nicht etwas, was da ist? – Er nimmt davon
keine Notiz; und warum sollte er? – Aber
dann ist ja eben sein Begriff grundverschieden von dem unsern. – Grundverschieden? |
¤ |
¤ |
Verschieden. – Aber es ist dann doch, als ob sein
Wort nicht dasselbe
bezeichnen könnte wie
unseres. Oder nur einen Teil davon. –
Aber so muß es ja auch ausschauen, wenn sein
Begriff verschieden ist. Denn die Unbestimmtheit unseres
Begriffs kann sich ja für uns in den Gegenstand
projizieren, den das Wort bezeichnet. || dasjenige projizieren, ‘wofür das Wort
steht’. So
daß, fehlte die Unbestimmtheit, auch nicht
‘dasselbe gemeint’ wäre. Das
Bild, das wir verwenden, versinnbildlicht die Unbestimmtheit.
|
640 In
der Philosophie darf man keine Denkkrankheit
abschneiden. Sie muß
ihren natürlichen Lauf gehen, und die langsame
Heilung ist das Wichtigste. (Daher die
Mathematiker so schlechte Philosophen sind.) |
705 Denk dir, es würden die
Leute eines Stammes von früher Jugend dazu erzogen,
keinerlei Gemütsausdruck zu zeigen. Er ist
für sie etwas Kindisches, das abzutun sei. Die
Abrichtung sei streng. Man redet von
‘Schmerzen’ nicht; schon erst recht nicht in der
Form ein einer Vermutung “Vielleicht hat er
doch …”. Klagt jemand, so wird er
verlacht, oder gestraft. Den Verdacht der
Verstellung gibt es gar nicht. Abrichtung zum
ausdruckslosen, monotonen Reden, zu Regel Klagen ist sozusagen schon
Verstellung. |
709 “Verstellen”,
könnten jene Leute sagen, “was für ein
lächerlicher Begriff!” (Als
unterschiede man einen Mord mit einer Kugel von
einem mit drei Kugeln.) |
706 Ich will
sagen: eine ganz andere Erziehung als die unsere könnte
auch die Grundlage ganz anderer Begriffe sein. |
707 Denn es würde
hier das Leben anders verlaufen. – Was uns
interessiert, würde sie nicht
interessieren. Andere Begriffe wären da nicht mehr
unvorstellbar. Ja, wesentlich
andere Begriffe sind nur so || da vorstellbar.
|
630 Man könnte ihn doch
einfach lehren, den Schmerz (z.B. zu
mimen) (nicht in der Absicht zu betrügen).
Aber wäre es Jedem beizubringen? Ich
meine: Er könnte ja wohl erlernen, gewisse rohe
Schmerzzeichen von sich zu geben, ohne aber je aus eigenem, aus
seiner eigenen Einsicht eine feinere Nachahmung zu geben,
(Sprachtalent.) (Man könnte vielleicht
einem gescheiten Hund eine Art Schmerzgeheul
6
lehren || beibringen; aber es käme doch nie
seinerseits || bei ihm zu
einer
bewußten Nachahmung || einem
bewußten Nachahmen.)
|
699
‘Diese Menschen hätten nichts
Menschenähnliches.’ Warum? –
Wir könnten uns unmöglich mit ihnen
verständigen. Nicht einmal so, wie
wir's mit einem Hund können. Wir
könnten uns nicht in sie finden. Und doch könnte es ja solche im übrigen menschenähnliche Wesen geben. |
631 Ich will
(eigentlich) sagen,
daß die gedanklichen Skrupel im Instinkt
anfangen (ihre Wurzeln haben). Oder auch so:
das Sprachspiel hat seinen Ursprung nicht in der
Überlegung.
Überlegung || Die
Überlegung ist ein Teil des
Sprachspiels. Und der Begriff ist daher im Sprachspiel zu Hause. ‘Sandhaufen’ ist ein unscharf begrenzter Begriff – – aber warum verwendet man statt seiner nicht einen scharf begrenzten? – Liegt der Grund in der Natur der Haufen || dieser Sandhaufen? Welche Erscheinung ist es, deren Natur unsern Begriff? bestimmt? || für unsern Begriff maßgebend ist? |
604 Man kann sich leicht
Ereignisse vorstellen und in alle Einzelheiten ausmalen, die,
wenn wir sie eintreten sähen, uns an allem Urteilen irre
werden ließen. Sähe ich einmal vor meinem Fenster statt der altgewohnten eine ganz neue Umgebung, benähmen sich die Dinge Menschen und Tiere, wie sie sich nie benommen haben, so würde ich etwa die Worte äußern “Ich bin wahnsinnig geworden”; aber das wäre nur ein Ausdruck dafür, daß ich es aufgebe, mich auszukennen. Und das Gleiche könnte mir auch in der Mathematik zustoßen. Es könnte mir z.B. scheinen, als machte ich immer wieder Rechenfehler, so daß keine Lösung mir verläßlich erschiene. Das Wichtige aber für mich daran ist, daß es zwischen einem solchen Zustand und dem normalen keine scharfe || klare Grenze gibt. Hängt mit dem Begriff des ‘Wissens’ zusammen. |
¤ |
1599.
Wie
wäre es, wenn mir jemand allen Ernstes sagte,
er wisse (wirklich) nicht, ob er
träume oder wache? –
Kann es diese Situation geben: Einer sagt “Ich glaube, ich träume jetzt”; wirklich wacht er bald darauf || danach auf, erinnert sich an jene Äußerung im Traum und sagt “So hatte ich wirklich || also recht!” – – Diese Erzählung kann doch nur heißen || besagen: Einer habe geträumt, er hätte gesagt, er träume. Denke, ein Bewußtloser sagte (etwa in der Narkose) “Ich bin bei Bewußtsein“– würden wir sagen “Er muß es wissen”? Und wenn Einer im Schlaf spräche “Ich schlafe”, – würden wir sagen “Er hat ganz recht”? Spricht Einer die Unwahrheit, der mir sagt: “Ich bin nicht bei Bewußtsein”? (Und die Wahrheit, wenn er's bewußtlos sagt? Und wie, wenn ein Papagei sagte “Ich verstehe kein Wort”, oder ein Grammophon “Ich bin bloß eine Maschine”?) |
1600.
Denke, in einem Tagtraum
ließe ich mich sprechen “Ich
phantasiere bloß”,
wäre das wahr?
Denke, ich schreibe so eine Phantasie, oder
Erzählung, einen phantasierten Dialog, und
in ihm sage ich “Ich phantasiere” – – aber, wenn ich es aufschreibe, – wie zeigt
sich's daß diese Worte Worte der Phantasie sind und
daß ich nicht aus der Phantasie herausgetreten bin?
Wäre es nicht wirklich möglich, daß der Träumende, sozusagen aus dem Traum heraustretend, im Schlaf spräche “Ich träume”? Es wäre wohl denkbar, daß so ein Sprachspiel existierte. Dies hängt mit dem Problem des ‘Meinens’ zusammen. Denn ich kann im Dialog eines Stücks schreiben “Ich bin gesund” und es also nicht meinen, obwohl es auch wahr ist. Die Worte gehören zu diesem und nicht zu jenem Sprachspiel. |
1605.
“‘Ich habe Bewußtsein’, das ist eine
Aussage, an der kein Zweifel möglich ist.”
Warum soll das nicht das Gleiche sagen, wie dies:
“‘Ich habe Bewußtsein’ ist kein
Satz”? Man könnte auch so sagen: Was schadet es, daß Einer sagt, “Ich habe Bewußtsein” sei eine Aussage, die keinen Zweifel zulasse? Wie komme ich mit ihm in Widerspruch? Nimm an, jemand sagte mir dies, – warum soll ich mich nicht gewöhnen, ihm nichts darauf zu antworten, statt etwa einen Streit anzufangen? Warum soll ich seine Worte nicht behandeln, wie sein Pfeifen oder Summen? |
1597. Was
hieße es, mich darin irren, daß er eine
Seele, Bewußtsein, habe? und was
hieße es, daß ich mich irre und selbst
keines habe? Was hieße
es, zu sagen “Ich bin nicht bei
Bewußtsein.”‒ ‒
Aber weiß ich nicht doch, daß
Bewußtsein in mir ist? – So
weiß ich's also, und doch hat die
Aussage, es sei so, keinen Zweck? Und wie merkwürdig, daß man lernen kann, sich in dieser Sache mit andern Leuten zu verständigen! |
644
Erinnere dich: die Meisten sagen, man
spüre in der Narkose nichts. Manche aber sagen
doch: Man könnte ja doch
etwas fühlen und es nur völlig
vergessen. Wenn es also hier solche gibt, die zweifeln und solche, denen kein Zweifel kommt, so könnte die Zweifellosigkeit doch auch viel allgemeiner bestehen. |
645
Oder der Zweifel könnte doch andere, und viel weniger
unbestimmte Form haben, als in unserer Gedankenwelt.
|
736
Niemand außer ein Philosoph,
würde sagen “Ich weiß,
daß ich zwei Hände habe”; wohl
aber kann man sagen: Ich bin nicht im Stande, zu
bezweifeln, daß ich zwei Hände
habe”.
“Wissen” aber wird gewöhnlich nicht in diesem Sinn gebraucht. also sagen: “Ich weiß, wieviel 97 × 78 ist” “Ich weiß, daß 97 × 78 432 ist.” Im ersten Falle teile ich jemand mit, ich könne etwas habe einen gewissen Besitz || besitze etwas; im zweiten versichere ich den andern einfach, 97 × 78 sei 432. Heißt || Sagt denn “97 × 78 ist ganz bestimmt 432!” nicht, ich wisse, es sei so? Der erste Satz ist sicher kein arithmetischer, noch kann ihn ein solcher irgendwie ersetzen; statt des zweiten aber könnte man einen arithmetischen Satz verwenden. |
Kann
jemand glauben, daß
25 × 25 = 625
ist? Was heißt es, das zu
glauben.? Wie zeigt es sich, daß er das
glaubt? |
¤ |
¤ |
302 Aber gibt es nicht ein
Phänomen des Wissens, so zu sagen, ganz abgesehen vom Sinn der
Worte “Ich
weiß”? Ist es nicht
merkwürdig, daß ein Mensch etwas
wissen kann, die Tatsache gleichsam in sich
selbst haben kann? – Aber das ist eben
ein falsches Bild. – Denn,
sagt man, Wissen
ist es nur, wenn es sich wirklich verhält, wie er
sagt. Aber das ist nicht
genug. Es darf sich nicht nur zufällig so
verhalten. Er muß nämlich
wissen, daß er weiß;
das Wissen ist ja sein eigener Seelenzustand; er kann
darüber,– außer durch eine
besondere Verblendung,
– nicht im Zweifel, oder Unrecht
sein. Wenn also das Wissen,
daß es so ist, nur ein Wissen ist,
wenn es wirklich so ist; || sich wirklich so verhält; und wenn
das Wissen in ihm ist, so daß er
darüber || sich darin,
daß || ob es
ein Wissen ist unfehlbar ist || nicht irren kann; dann ist er
(also) auch
unfehlbar darin, daß es ist, wie
es das Wissen weiß; und also
muß die Tatsache, die er
weiß, so wie das Wissen, in ihm sein.
Und das deutet allerdings auf eine bestimmte || mögliche Art der Verwendung von “Ich
weiß”. “Ich
weiß, daß es so ist” heißt
dann: “Es ist so, oder ich bin
verrückt || geistesgestört. Also: wenn ich, ohne zu lügen, sage; “Ich weiß, daß es so ist”, so kann ich nur durch eine besondere Verblendung im Unrecht sein. |
a Wie kommt es,
daß der Zweifel nicht der Willkür
untersteht? – Und wenn es so ist, –
könnte nicht ein Kind durch seine merkwürdige
Veranlagung an Allem zweifeln? |
342 b Man kann erst zweifeln, wenn man
Gewisses gelernt hat; wie man sich erst verrechnen kann, wenn man
rechnen gelernt hat. Dann ist es allerdings
unwillkürlich. |
335 Denke, ein Kind wäre ganz
besonders gescheit, so gescheit, daß man ihm
gleich die Zweifelhaftigkeit der Existenz aller Dinge beibringen
kann. Es lernt also vom Anfang: “Das
ist wahrscheinlich ein Sessel.” Und wie lernt es nun die Frage || Worte: “Ist das auch wirklich ein Sessel?” – |
336
Betreibe ich Kinderpsychologie? – Ich bringe
den Begriff des Lehrens mit dem Begriff der Bedeutung in
Verbindung. |
337
Einer sei ein überzeugter Realist, der Andere ein
überzeugter 10
Idealist und
lehrt seine Kinder dementsprechend. In einer
so wichtigen Sache wie der Existenz, oder Nichtexistenz der
äußern
Welt wollen sie ihren
Kindern nichts Falsches beibringen. Was wird man sie nun lehren? Auch dies, zu sagen “Es gibt physikalische Gegenstände”, beziehungsweise das Gegenteil? Wenn Einer an Feen nicht glaubt, so braucht || muß er seine Kinder nicht lehren “Es gibt keine Feen”, sondern er kann es unterlassen, ◇◇◇ || sie das Wort “Fee” zu lehren. Bei welcher Gelegenheit sollen sie sagen “Es gibt … ” oder “Es gibt nicht …”? Nur wenn sie Leute treffen, die entgegengesetzten Glaubens sind. |
338 Aber der Idealist wird den
Kindern doch das Wort “Sessel” beibringen, denn
er will sie ja lehren, gewisses || dies &
jenes zu tun, z.B. einen Sessel zu
holen. Wo wird sich also, was die idealistisch erzogenen
Kinder sagen, von dem, was die realistischen
sagen, unterscheiden? Wird der Unterschied nicht nur
der der Schlachtrufe sein? |
339 Fängt denn nicht das
Spiel “Das ist wahrscheinlich ein … ”
mit der Enttäuschung an? Und kann die erste
Einstellung auf die mögliche
Enttäuschung sein?
Das Sprachspiel “Was ist das?” – “Ein Sessel.” – ist nicht das Gleiche wie: “Wofür hältst du das?” – “Es dürfte ein Sessel sein.” |
340 “So
muß man ihm also zuerst eine falsche Sicherheit
beibringen?” Es ist bei ihrem Sprachspiel
von Sicherheit oder von Unsicherheit noch nicht die
Rede. Erinnere dich: sie lernen ja etwas
tun. |
325 Einen im Anfang lehren
“Das scheint rot” hat ja gar keinen
Sinn. Das muß er ja spontan sagen,
wenn er einmal gelernt hat, was “rot”
heißt, d.i. die Technik
der Wortverwendung. |
326 Die Grundlage jeder
Erklärung ist die Abrichtung. (Das
sollten Erzieher bedenken.) |
“Es scheint mir rot.” –
“Und wie ist rot.” –
“So.” Dabei
muß auf das richtige Paradigma
gezeigt werden. 11 |
311 Wenn er zuerst die Farbnamen
lernt, – was wird ihm beigebracht?
Nun, er lernt z.B. beim Anblick von etwas
Rotem “Rot” ausrufen. – Ist das
eine || aber die richtige Beschreibung, oder
hätte es heißen sollen:
“Er lernt ‘rot nennen’,
was auch wir ‘rot’
nennen”? – Beide Beschreibungen sind
richtig. Wie unterscheidet sich davon das Sprachspiel “Wie kommt es dir vor?”? Man könnte Einem doch die Farbwörter beibringen, indem man ihn auf weiße Gegenstände durch farbige Brillen schauen läßt. Was ich ihn aber lehre, muß ein Können sein. Er kann also jetzt auf Befehle etwas Rotes bringen; oder Gegenstände nach ihren Farben ordnen. Aber was ist denn etwas Rotes? “Nun |
314 Warum lehrt man das Kind nicht
zuerst gleich das Sprachspiel “Es scheint mir
rot”? Weil es noch nicht im Stande ist den
feineren Unterschied zwischen Schein und Sein zu verstehen?
|
315
Die rote Gesichtsempfindung ist ein neuer
Begriff. |
316 Das Sprachspiel, was wir ihm
dann beibringen, ist: “Mir scheint es
… , dir scheint es …” Im ersten Sprachspiel
kommt eine Person als wahrnehmendes Subjekt nicht vor.
|
317 Du
gibst dem Sprachspiel ein neues Gelenk. Was aber nicht
heißt, daß nun davon immer
Gebrauch gemacht wird. |
149. Das innere
Hinblicken auf die Empfindung – welche Verbindung soll es denn
zwischen Wort und Empfindung herstellen; wozu soll
denn diese Verbindung dienen?
Wurde || Hat
man mich das gelehrt, als ich
diesen Satz gebrauchen, diesen Gedanken denken
lernte? (Der Gedanke || Ihn zu denken ist ja etwas, was ich
lernen müßte || was ich
lernte.) || Der
Gedanke ist ja eine Handlung, die ich
lernte. Wir lernen allerdings auch dies, unsre Aufmerksamkeit auf Dinge, und auf Empfindungen, richten. Wir lernen beobachten und die Beobachtung beschreiben. Aber wie lehrt man mich dies; wie wird in diesem Falle meine ‘innere Tätigkeit’ kontrolliert? Wonach wird beurteilt, ob ich wirklich Acht gegeben habe? |
1753.
“Der Sessel ist
der gleiche, ob ich ihn betrachte oder nicht”– das
müßte
nicht wahr sein. Menschen werden oft verlegen,
wenn man sie anschaut. “Der Sessel
fährt fort zu existieren, ob ich ihn
anschaue oder nicht.” Das
könnte ein
Erfahrungssatz || als Erfahrungssatz behandelt werden,
oder es könnte grammatisch aufzufassen
sein. Man kann aber auch einfach an dem begrifflichen
Unterschied zwischen Sinneseindruck und Objekt dabei
denken. 12 |
Ist aber
nicht die Übereinstimmung der Menschen dem Spiel
wesentlich? Muß, wer es lernt, also nicht zuerst die
Bedeutung von “gleich” lernen || kennen, & setzt die nicht wieder || auch Übereinstimmung voraus?
u.s.f. |
Du sagst “Das ist rot”, aber wie
wird entscheiden, ob Du recht hast? Entscheidet es nicht
die Übereinstimmung der Menschen? – Aber berufe
ich mich denn auf diese Übereinstimmung in meinen
Farburteilen? Geht es denn so vor sich:
Ich lasse eine Anzahl Leute einen Gegenstand anschauen; jedem
von ihnen fällt dabei eines einer gewissen Gruppe von
Wörtern (der sogenannten Farbwörter) ein; ist der
Mehrzahl der Betrachter das Wort “rot”,
z.B., eingefallen (zu dieser Mehrzahl muß
ich selbst nicht gehören), so gebührt dem Gegenstand das
Prädikat “rot”. So eine Technik
könnte ja ihre Wichtigkeit haben. |
Die Farbwörter werden so
gelehrt: “Das ist rot”
z.B.– Unser Sprachspiel kommt
freilich nur zustande, wenn eine gewisse Übereinstimmung
herrscht, aber der Begriff der Übereinstimmung tritt
ins Sprachspiel nicht ein. Wäre die
Übereinstimmung vollkommen, so könnte ihr Begriff ganz
unbekannt sein. |
Entscheidet die Übereinstimmung der Menschen, was
rot ist? Wird das durch den Appell an die Mehrheit
entschieden? Wurde uns beigebracht, die Farbe
so zu bestimmen? |
312 Ich beschreibe eben das
Sprachspiel “Bring etwas Rotes” dem, der es
schon selbst spielen kann. Den Andern könnt'
ich's nur lehren. (Relativität.)
|
2012. “Was ich
wahrnehme, ist dies – “und nun
folgt eine Form der Beschreibung.
Dies || Das Wort
“Dies”
könnte man auch so
erklären: Denken wir uns eine
direkte Übertragung des
Erlebnisses! – Aber was ist nun unser
Kriterium dafür, daß das
13
Erlebnis wirklich
übertragen wurde? “Nun,
er hat einfach || eben dann
das, was ich habe”. – Aber wie
‘hat’ er es? |
659. Was heißt es
“eine Empfindung mit einem Wort bezeichnen,
benennen”? Gibt es da nichts zu
untersuchen? Denk dir, du kämest von einem Sprachspiel mit räumlichen Gegenständen || mit physikalischen Gegenständen– und nun hieße es, es werden jetzt auch Empfindungen benannt. Wäre das nicht, als würde zuerst von einer Übertragung des Besitzes, und dann auch || auf einmal von einer Übertragung der Freude am Besitz, oder des Stolzes auf den Besitz gesprochen. Müssen wir da nicht etwas Neues lernen? Etwas Neues, was wir auch “übertragen” nennen. |
516
“Verifying by inspection” ist ein
gänzlich irreführender Ausdruck. Er sagt
nämlich, daß zuerst ein Vorgang, die
Inspektion, geschieht, und die wäre mit dem Schauen durch ein
Mikroskop vergleichbar, oder mit dem Vorgang des Umwendens des
Kopfes um etwas zu sehen. Und,
daß dann das Sehen notwendig
erfolge || erfolgen
müsse. Man könnte von
“sehen durch umwenden” oder “sehen durch
schauen” reden. Aber dann ist eben das Umwenden
(oder Schauen) ein dem Sehen externer Vorgang, der uns
(daher) nur praktisch interessiert. Was man
sagen möchte ist: “sehen durch
sehen”. |
454. Nicht darum handelt
es sich, daß unsre Sinneseindrücke uns belügen
können, sondern, daß wir ihre Sprache verstehen.
(Und diese Sprache beruht, wie jede andere, auf
Übereinkunft.) |
455. Man ist geneigt zu
sagen: “Es regnet, oder es regnet nicht; wie
ich das weiß, wie mich die Kunde davon erreicht hat, ist eine
andere Sache.” Aber stellen wir also die Frage
so: “ Was nenne ich “eine Kunde
davon, daß es regnet”? (Oder habe ich
auch von dieser Kunde nur Kunde erhalten?) –
Und was kennzeichnet denn diese
‘Kunde’ als Kunde von etwas? Leitet
uns da nicht die Form unseres 14
Ausdrucks irre?
Ist das eben nicht eine irreführende Metapher:
“mein Auge gibt mir Kunde davon, daß dort ein Sessel
stehe”? |
457. Die
Ursachen, warum wir einen Satz glauben, sind für die Frage,
was es denn ist, das wir glauben, allerdings irrelevant; aber nicht
die Gründe, die ja mit dem Satz grammatisch verwandt sind und
uns sagen, wer er ist. |
452. Es ist nichts
gewöhnlicher, als daß die Bedeutung eines Ausdrucks in der
Weise schwankt, daß ein Phänomen bald als Symptom, bald als
Kriterium einer Tatsache || Sachverhalts
angesehen wird. Und meisten wird dann in einem solchen
Fall der Wechsel der Bedeutung nicht gemerkt. In der
Wissenschaft ist es üblich, Phänomene, die genaue
Messungen zulassen, zu definierenden Kriterien eines
Ausdrucks zu machen; und man ist dann geneigt zu meinen, nun sei
die eigentliche Bedeutung gefunden
worden. Eine Unmenge von Verwirrungen ist auf diese
Weise zu Stande gekommen || entstanden. Es gibt z.B. Grade des Vergnügens, aber es ist unsinnig || dumm, von einer Messung des Vergnügens zu reden. Es ist wahr, daß in gewissen Fällen ein meßbares Phänomen, den Platz einnimmt, den vor ihm ein nicht meßbares hatte. Das Wort, das diesen Platz bezeichnet, wechselt dann seine Bedeutung, und seine alte Bedeutung ist mehr oder weniger obsolet geworden. Man beruhigt sich dann damit, der eine Begriff sei der genauere, der andere der ungenauere; und beachtet nicht, daß hier in jedem besondern Fall ein anderes Verhältnis zwischen dem ‘genauen’ und dem ‘ungenauen’ vorliegt. Es ist der alte Fehler, die besondern Fälle nicht zu prüfen. |
613 Die zureichende Evidenz geht,
ohne bestimmte Grenzen zu haben, in die unzureichende
über. Soll ich sagen, eine natürliche
Grundlage dieser Begriffsbildung || dieses
besondern Begriffs sei das
komplizierte Wesen und die
Mannigfaltigkeit der menschlichen Fälle?
(crossed out) So müßte also bei einer weit geringeren Mannigfaltigkeit eine scharf begrenzte Begriffsbildung natürlich erscheinen. Und warum scheint es so schwer, sich den vereinfachten Fall vorzustellen? Wie hätten wir uns ein komplettes Regelverzeichnis für die Verwendung eines Worts zu denken? – Was versteht man unter einem kompletten Regelverzeichnis für die Verwendung einer Figur im Schachspiel? Könnten wir uns nicht immer Zweifelsfälle konstruieren, in denen das 15 normale
Regelverzeichnis nicht entscheidet?
Denke etwas an so eine Frage: wie ist es festzustellen,
wer zuletzt gezogen hat, wenn die Zuverlässigkeit des
Gedächtnisses der Spieler angezweifelt wird?
Die Verkehrsregelung in den Straßen erlaubt und verbietet gewisse Handlungen der Fahrer und Fußgänger; aber sie versucht nicht, ihre sämtlichen Bewegungen durch Vorschriften zu leiten. Und es wäre sinnlos, von einer ‘idealen’ Verkehrsordnung zu reden, die das täte; wir wüßten zunächst gar nicht, was wir uns unter diesem Ideal zu denken hätten. Wünscht Einer die Verkehrsordnung in irgendwelchen Punkten strenger zu gestalten, so bedeutet das nicht, er wünsche sie so einem Ideal anzunähern. Betrachte auch diesen Satz: “Die Regeln eines Spiels können wohl eine gewisse Freiheit lassen, aber sie müssen doch ganz bestimmte Regeln sein.” Das ist, als sagte “Du kannst zwar einem Menschen durch vier Wände eine gewisse Bewegungsfreiheit lassen, aber die Wände müssen vollkommen starr sein” – und das ist nicht wahr. Sagst Du aber: “Nun die Wände können wohl elastisch sein, aber dann haben sie eine ganz bestimmte Elastizität.” – Was sagt das nun doch? Es scheint zu sagen, daß man diese Elastizität muß angeben können, aber das ist wieder nicht wahr. “Das Ding || Die Wand hat immer eine bestimmte Länge || Elastizität – ob ich sie weiß || kenne, oder nicht –”: das ist eigentlich das Bekenntnis zu einer bestimmten besonderen Ausdrucksform. Derjenigen nämlich, die sich der Form eines Ideals der Genauigkeit bedient. Gleichsam als eines Parameters der Darstellung. 16 |
104 Das Bekenntnis zu einer
Ausdrucksform, wenn es ausgesprochen wird in der Verkleidung als
ein Satz der von den
Gegenständen handelt (statt von dem
Zeichen) handelt muß
‘a priori’ sein.
Denn sein Gegenteil wird wirklich undenkbar, insofern ihm
eine Denkform, Ausdrucksform, entspricht, die wir
ausgeschlossen haben. |
134 Denke dir, die
Menschen pflegten auf Gegenstände immer in der
Weise zu zeigen, daß sie mit dem Finger in
der Luft gleichsam einen Kreis um den Gegenstand
beschrieben. Man könnte
sich dann denken || , dann könnte man
sich denken, daß ein Philosoph
sagen
möchte || sagte: || man möchte an den
Philosophen denken, der sagte:
“Jedes Ding ist doch kreisrund || Alle
Dinge sind kreisrund; denn der Tisch sieht so
aus, der Ofen so, die Lampe so”
etc., indem er jedesmal einen
Kreis um das Ding
schlägt || schlüge.
|
93109
Wir
haben nun eine Theorie;
( eine ‘dynamische’
Theorie* des Satzes,
etc. || der Sprache, aber sie erscheint uns nicht
als Theorie. Es ist ja das
Charakteristische einer solchen Theorie,
daß sie einen besonderen, klar
anschaulichen, Fall ansieht, und sagt:
“Das zeigt, wie es sich überhaupt
verhält; dieser Fall ist das Urbild aller
Fälle.”‒ ‒
“Natürlich: so muß es
sein”, sagen wir , und sind zufrieden.
Wir sind auf eine Form der Darstellung gekommen, die uns
einleuchtet. Aber es ist, als haben wir
nun etwas gesehen, was unter der Oberfläche
liegt. Freud spricht von einer ‘dynamischen’ Theorie des Traumes. Die Tendenz nun, den klaren Fall zu verallgemeinern, scheint in der Logik ihre strenge Berechtigung zu haben: man scheint hier mit voller 17
Berechtigung zu
schließen: “Wenn
ein Satz ein Bild ist, so muß
jeder Satz ein Bild sein, denn sie müssen alle wesensgleich
sein.” Denn wir sind ja in der Täuschung,
das Sublime, Wesentliche unserer Untersuchung bestehe darin,
daß sie ein allumfassendes
Wesen erfasse. |
108 Wie kann ich den
Satz jetzt verstehen, wenn die Analyse soll
zeigen können, was ich eigentlich
verstehe? – Hier spielt die Idee des
Verstehens als eines sonderbaren geistigen Vorgangs
hinein.
Denk' doch einmal gar nicht an das Verstehen als ‘seelischen Vorgang’:– Denn das ist die Redeweise, die dich verwirrt. Sondern frage dich: in was für einem Fall, unter was für Umständen, sagen wir denn, “jetzt weiß ich weiter” – wenn mir || uns die Formel eingefallen ist? |
Es ist jene Redeweise, die Dich || uns hindert, die Tatsachen unparteiisch zu
sehen. (Betrachte die
Aussprache eines Worts durch die Darstellungsform der
Schreibung: Wie leicht kann man sich da
überreden, daß zwei Worte –
( z.B.
“für” und “führ”( – im täglichen
Gebrauche doch
verschieden klingen || verschiedenen
Klang haben – weil man sie verschieden ausspricht,
wenn man sein Augenmerk
gerade auf den Unterschied ihrer Schreibung richtet.
Damit zu vergleichen ist die Meinung, ein
Violinspieler mit feinem Gehör greife f immer etwas
höher als eis. Überlege dir
solche Fälle! – So kann es
geschehen daß das Darstellungsmittel
eine Einbildung
erzeugt. Also
denk: || Denken wir also nicht,
Du || wir
müßten
einen spezifischen seelischen Vorgang finden, weil das
Tätigkeitswert || Verbum
“verstehen” dasteht und weil man sagt:
Verstehen sei eine seelische Tätigkeit. 18 |
Die
Unruhe in der Philosophie, könnte man sagen, kommt daher,
daß wir die Philosophie falsch ansehen,
falsch sehen, nämlich gleichsam in (endlose)
Längsstreifen zerlegt, statt in (begrenzte)
Querstreifen. Die || Diese
Umstellung der Auffassung macht die
größte
Schwierigkeit. Wir wollen also gleichsam den
unbegrenzten Streifen erfassen, und klagen,
daß es nicht Stück für Stück
möglich ist. Freilich nicht, wenn man unter einem
Stück einen endlosen Längsstreifen versteht.
Wohl aber, wenn man einen Querstreifen darunter
versteht. – Aber dann kommen wir ja mit unserer
Arbeit wieder nicht zu Ende! – Freilich nicht,
denn sie hat keins. (Statt der turbulenten Mutmaßungen und Erklärungen wollen wir ruhige Erwägung sprachlicher Tatsachen setzen.) |
Und sagt man denn vom Satz “Es
regnet”, er sage: es verhält sich so und
so? Wie gebraucht man denn diesen Ausdruck in
Wirklichkeit? || Welches ist denn der
alltägliche Gebrauch dieses in der gewöhnlichen
Sprache? Denn von diesem Gebrauch
hast ja Du
ihn gelernt.
Verwendest Du ihn nun gegen seinen
ursprünglichen Gebrauch und denkst || meinst, Du spieltest noch das
alte Spiel mit ihm, so ist das || es, als wenn Du mit
Schachfiguren
Dame spieltest und sagst || sagtest es hafte den Figuren nun doch noch || immer noch etwas vom Schachspiel an. || sagst || sagtest Du spieltest eine Art von
Schach || Schachfiguren Dame
spieltest und dir einbildetest, es hafte
den Figuren nun doch noch etwas vom Schachspiel an. || das
Spiel habe noch etwas vom Geist des Schach.
|
89 Ausdehnung
eines Begriffs in einer Theorie
(z.B.
‘Wunschtraum’). |
495. Wie kommt es,
daß, die Philosophie ein so komplizierter Bau
ist? Sie sollte doch gänzlich einfach sein, wenn
sie jenes Letzte, von aller Erfahrung Unabhängige ist,
wofür du sie ausgibst. – Die Philosophie
löst Knoten auf in unserm Denken; daher muß ihr
Resultat einfach sein, ihre Tätigkeit aber so kompliziert, wie
die Knoten, welche sie auflöst. || in
unserm Denken: daher muß ihr Resultat einfach sein, das
Philosophieren aber so kompliziert wie die Knoten, welche es
auflöst. |
(Wie man manchmal eine Musik nur im inneren Ohr reproduzieren
kann, aber sie nicht pfeifen, weil das Pfeifen schon die innere
Stimme übertönt, so ist manchmal die Stimme eines
philosophischen Gedankens so leise, daß sie
vom Lärm des gesprochenen Wortes schon
übertönt wird und nicht mehr gehört werden kann, wenn
man gefragt wird und reden soll.) |
Plato:
“–Wie? sagte er, die sollte nicht
nutzen? Denn wenn doch einmal die Besonnenheit die
Erkenntnis der Erkenntnisse ist und den andern Erkenntnissen
vorsteht, so muß sie ja auch dieser sich auf
das Gute beziehenden Erkenntnis vorstehen und uns so doch
nutzen. – Macht auch sie uns, sprach ich, etwa gesund
und nicht die Heilkunde? Und so auch mit den andern
Künsten; verrichtet sie die Geschäfte derselben und nicht
vielmehr jede von ihnen das Ihrige? Oder haben wir
nicht lange schon eingestanden, daß sie nur der
Erkenntnisse und Unkenntnisse Erkenntnis wäre und keiner
anderen Sache? – Allerdings wohl.
–Sie also wird uns nicht die Gesundheit
bewirken? – Wohl nicht. – Weil
nämlich die Gesundheit für eine andere Kunst
gehört? – Ja. – Also auch
nicht den Nutzen, Freund, wird sie uns bewirken. Denn
auch dieses Geschäft haben wir jetzt einer andern Kunst
beigelegt. – Freilich. – Wie kann
also die Besonnenheit nützlich sein, wenn sie uns gar keinen
Nutzen bringt?”
(Der Philosoph ist nicht Bürger einer Denkgemeinde. Das ist was ihn zum Philosophen macht.) |
593 Manche Philosophen
(oder wie man sie nennen soll) leiden an dem, was man
“loss of problems”,
“Problemverlust” nennen kann. Es
scheint ihnen dann alles ganz einfach und es scheinen keine tiefen
Probleme mehr zu existieren, die Welt wird weit und flach und
verliert jede Tiefe; und was sie schreiben wird unendlich seicht
und trivial. Russell und H.G. Wells haben dieses Leiden. 20 |
13 | |||||||
(Vorwort﹖)
311 … quia plus
loquitur inquisitio quam inventio …
(Augustinus)
|
1616.
Philosophische
Untersuchungen: begriffliche Untersuchungen.
Das Wesentliche der Metaphysik: daß ihr der Unterschied
zwischen sachlichen und begrifflichen Untersuchungen nicht
klar ist || sie den Unterschied zwischen
sachlichen und begrifflichen Untersuchungen
verwischt.
Das Fundamentale grammatisch ausgedrückt: Wie ist es mit dem Satz “man kann nicht zweimal durch || in den gleichen Fluß steigen”? Man kann in gewissem Sinn mit philosophischen Irrtümern nicht vorsichtig genug umgehn, sie enthalten so viel Wahrheit. “Doch solcherlei Verdrüsse pflegen die Denkungskräfte anzuregen. Wie hilft der Gedanke einem Verdruß ab? |
Ich
möchte doch, daß du
sagst: “Ja, es ist wahr, das könnte man
sich auch denken, das konnte auch
geschehen!” Aber wollte ich
dich darauf aufmerksam machen,
daß du imstande bist,
◇◇◇ dir dies
vorzustellen? ‒ ‒ Ich wollte
dies Bild vor deine Augen stellen, und
deine Anerkennung dieses
Bildes besteht darin, daß
du nun geneigt bist, einen gegebenen Fall
anders zu betrachten: nämlich ihn mit
dieser Bilderreihe zu vergleichen. Ich
habe deine Anschauungsweise
geändert. (Ich habe irgendwo gelesen,
daß gewissen indischen
Mathematikern zum Beweis eines Satzes eine geometrische Figur
dient mit den Worten: “Sieh' dies
an!” Auch dies Ansehen bewirkt eine
Änderung der
Anschauungsweise.) |
Zur Mathematik 44.
“Du hast einen falschen Begriff. – Aber
aufklären läßt sich die Sache nicht dadurch, daß ich
gegen deine Worte wettere; sondern nur dadurch, daß ich versuche,
deine Aufmerksamkeit von gewissen Ausdrücken, Illustrationen,
Vorstellungen weg und auf die Verwendung der Wörter hin zu
lenken.” |
696 (Die
Klassifikationen der Philosophen und Psychologen: sie
klassifizieren Wolken nach ihrer Gestalt.) |
310 Die Behandlung aller dieser Erscheinungen des Seelenlebens ist mir nicht darum wichtig, weil's mir auf Vollständigkeit ankommt. Sondern, weil jede für mich auf die richtige Behandlung aller ein Licht wirft. Und nicht um Symptome handelt sich's hier, sondern um logische Kriterien. Daß diese nicht immer scharf getrennt sind, hindert nicht, daß sie getrennt sind. |
¤ |
430. Unsere
Untersuchung brachte || trachtet nicht, die
eigentliche, exakte Bedeutung der Wörter zu
finden; wohl aber geben wir den
Wörtern im Verlauf unsrer Untersuchung oft exakte
Bedeutungen. |
019
“Der Mensch denkt, fürchtet sich,
etc. etc.”: das
könnte man etwa Einem antworten, der gefragt hat, welche
Kapitel ein Buch über Psychologie enthalten soll.
|
3/ | Denke jemand
sagt: “Der Mensch hofft.” Wie
hätte man das || dies allgemeine
naturgeschichtliche Phänomen zu beschreiben? –
Man könnte ein Kind beobachten und warten, bis es eines
Tages Hoffnung äußert; und man könnte dann
sagen: “Heute hat es zum ersten Mal
gehofft”. Aber das klingt doch
seltsam! Obwohl es ganz natürlich wäre, zu
sagen
“Heut hat
es zum erstem Mal gesagt ‘ich
hoffe’”. Und warum
seltsam? – Man sagt doch nicht von einem
Säugling, er hoffe … noch auch, er hoffe nicht
… , und man sagt es doch vom Erwachsenen. –
Nun, das tägliche Leben wird nach und nach
zu dem, worin für Hoffnung Raum || Platz
ist.
Aber nun sagt
man: Man kann eben nicht sicher sein, wann das Kind
wirklich anfängt zu hoffen, denn Hoffen ist ein innerer
Vorgang. Welcher Unsinn! Wie weiß man denn
dann überhaupt, wovon man redet? |
Oder könnte er so
exemplifizieren: “Ich,
z.B., sehe, bin nicht blind”?
Auch das klingt sonderbar. Es wäre richtig zu
sagen: “Und auch an mir kannst du
die Erscheinung des Denkens, Hoffens, Sehens etc.
beobachten.” |
Die psychologischen Verben sehen,
glauben, denken, wünschen bezeichnen nicht
Erscheinungen. Aber die Psychologie beobachtet die
Erscheinungen des Sehens, Glaubens, Denkens, Wünschens.
|
063 Plan zur Behandlung der
psychologischen Begriffe. Psychologische Verben charakterisiert dadurch, daß die dritte Person des Präsens durch Beobachtung zu verifizieren ist, die erste Person nicht. Satz in der dritten Person Präsens: Mitteilung. In der ersten Person Präsens Äußerung. ((Stimmt nicht ganz.)) Die erste Person des Präsens der Äußerung verwandt. Sinnesempfindungen: ihre inneren Zusammenhänge und Analogien. Alle haben echte Dauer. Möglichkeit der Angabe des Anfangs und Endes. Möglichkeit der Gleichzeitigkeit, des zeitlichen Zusammenfallens. Alle haben Grade und qualitative Mischungen. Grad: kaum merkbar – nicht auszuhalten – 22
In diesem Sinne gibt es nicht Lage- oder Bewegungsempfindung. Ort der Empfindung am Leib: unterscheidet Sehen und Hören von Druck-, Temperatur-, Geschmacks-, und Schmerzempfindung. |
058 Man
muß daran denken, daß es
einen Zustand der Sprache geben kann (und wohl gegeben hat)
in welchem sie den allgemeinen Begriff der Sinnesempfindung nicht
besitzt, aber doch Wörter entsprechend || die unseren “sehen”,
“hören”, “schmecken”,
entsprechen. |
059
Sinneswahrnehmungen nennen wir “Sehen,
Hören, … Zwischen diesen Begriffen bestehen
Analogien und Zusammenhänge; sie sind unsere Rechtfertigung
für diese Zusammenfassung. |
060
Man kann also fragen: Was
für Zusammenhänge und Analogien bestehen zwischen Sehen
und Hören? Zwischen Sehen und Greifen?
Zwischen Sehen und Riechen?
etc. |
061 Und
fragt man das, so rücken die Sinne es zu
sagen || für uns gleich weiter
auseinander, als sie auf den ersten Blick zu liegen
schienen. |
1452.
Ich
fühle meinen Arm und, seltsamerweise,
möchte ich nun sagen: ich
fühle ihn im Raum in bestimmter Lage; als
wäre nämlich das
Körpergefühl in einem
Raum in der Form des Arms verteilt, so daß
ich, um es darzustellen, den Arm, etwa in Gips || Wachs, in seiner richtigen Lage darstellen
müßte. 23 |
1454.
Ja, es ist
seltsam. Mein Unterarm liegt jetzt horizontal
und ich möchte sagen,
daß ich das fühle; aber
nicht so, als hätte ich ein
Gefühl, das immer mit dieser Lage
zusammengeht (als fühlte man etwa
Blutleere, oder Plethora) – sondern, als
wäre eben das
‘Körpergefühl’
des Arms horizontal angeordnet, oder verteilt, wie etwa ein
Dunst, oder Staubteilchen, an der
Oberfläche meines Armes so im Raume
verteilt sind. Es ist also nicht wirklich,
als fühlte ich die Lage meines Arms, sondern
als fühlte ich meinen Arm,
und das Gefühl hätte
die und die Lage.
D.h. aber nur: ich
weiß einfach, wie er
liegt– ohne es zu wissen, weil …
Wie ich auch weiß, wo ich den Schmerz
empfinde – es aber nicht weise, weil …
|
1363.
Es ist uns
förmlich, als hätte
der Schmerz einen Körper, als
wäre er ein Ding, ein
Körper mit Form und Farbe.
Warum? Hat er die Form des schmerzenden
Körperteils? Man
möchte z.B.
sagen: “Ich könnte den
Schmerz beschreiben, wenn ich nur die
nötigen Worte und Elementarbedeutungen dazu
hätte.” Man
fühlt: es fehlt einem nur die notwendige
Nomenklatur. (James) Als könnte man
die Empfindung sogar malen, wenn nur der Andere diese
Ausdrucksweise || Sprache
verstünde. – Und man kann den
Schmerz ja wirklich räumlich und zeitlich
beschreiben. |
063 (Wenn
Empfindungen die Lage der Glieder und die Bewegungen
charakterisieren, so ist ihr Ort jedenfalls nicht das
Gelenk.) Die Lage der Glieder und ihre Bewegungen weiß man. Man kann sie z.B. angeben, wenn man gefragt wird. So wie man auch den Ort einer Empfindung (Schmerz) am Leibe weiß. Reaktion des Berührens der schmerzhaften Stelle. Kein lokales Merkmal an der Empfindung. So wenig wie ein zeitliches am Erinnerungsbild. (Zeitliche Merkmale an der Photographie.) Schmerz von andern Sinnesempfindungen unterschieden durch charakteristischen Ausdruck. Dadurch verwandt der Freude (die keine Sinnesempfindung). 24 |
497 Ist es || das Wortklauberei: – Freude,
Genuß, Entzücken seien nicht
Empfindungen? – Fragen wir uns einmal:
Wieviel Analogie besteht denn zwischen dem Entzücken und
dem, was wir z.B.
“Sinnesempfindungen nennen?1 |
498 Das
Bindeglied zwischen ihnen wäre der
Schmerz. Denn sein Begriff ähnelt dem der
Tastempfindung, und zugleich dem der
Gemütsbewegungen |
643.
“Ich fühle große
Freude“.“ –Wo? –
Das klingt unsinnig. Und doch sagt man
auch “Ich fühle eine freudige Erregung in
meiner Brust.” – Warum aber ist Freude nicht
lokalisiert? Ist es, weil sie über den ganzen
Körper verteilt ist? Auch dann ich sie nicht
lokalisiert, wenn etwa das Gefühl, das sie hervorruft, dies
ist; wenn wir uns etwa am Geruch einer Blume freuen. –
Die Freude äußert sich im Gesichtsausdruck, im
Benehmen. (Aber wir sagen nicht, wir freuten uns im
Gesicht.) |
644. “Aber ich
habe doch ein wirkliches Gefühl der
Freude!” Ja, wenn du dich freust, so
freust du dich wirklich. Und freilich ist Freude nicht
freudiges Benehmen, noch auch ein Gefühl um die Mundwinkel und
Augen. “Aber ‘Freude’ bezeichnet doch etwas Inneres.” Nein. “Freude” bezeichnet gar nichts. Weder Inneres noch Äußeres. || bezeichnet weder Inneres noch Äußeres. |
147
Fortsetzung der Klassifizierung der psychologischen
Begriffe. Gemütsbewegungen. Ihnen
gemeinsam echte Dauer, ein Verlauf. (Zorn
flammt auf, läßt nach, verschwindet;
ebenso: Freude, Depression, Furcht.)
Unterschied von den Empfindungen: sie sind nicht lokalisiert (auch nicht diffus!). Gemeinsam: sie haben ein charakteristisches Ausdrucksbenehmen. (Gesichtsausdruck.) Und daraus folgt schon: auch charakteristische Empfindungen. So geht die Trauer oft mit dem Weinen einher, und mit ihm || diesen charakteristische Empfindungen. (Die tränenschwere Stimme.) Aber die Empfindungen sind nicht die Gemütsbewegungen). 25
(In dem Sinne, wie die Ziffer 2 nicht die Zahl 2
ist.) Unter den Gemütsbewegungen könnte man gerichtete von ungerichteten unterscheiden. Furcht vor etwas, Freude über etwas. Dies Etwas ist das Objekt, nicht die Ursache der Gemütsbewegung. |
Das Sprachspiel
“Ich fürchte mich” enthält schon das
Objekt. Angst könnte man ungerichtete
Furcht nennen, insofern ihre Äußerungen ähnlich oder
gleich denen der Furcht sind. Der Inhalt einer Gemütsbewegung – darunter stellt man sich so etwas vor wie ein Bild, oder etwas, wovon ein Bild gemacht werden kann. (Die Finsternis der Depression, die sich auf Einen herniedersenkt, die Flammen des Zornes.) |
Man könnte auch das menschliche Gesicht
ein solches Bild nennen und den
Verlauf der Leidenschaft durch seine
Veränderungen darstellen.
Zum Unterschied von den Empfindungen: sie unterrichten uns nicht über die Außenwelt. (Grammatische Bemerkung.) Liebe und Haß könnte man Gemütsdispositionen nennen: auch Furcht in einem bestimmten Sinne. |
Es ist Eines, akute Furcht empfinden, und ein
anderes, jemand ‘chronisch’
fürchten. Aber Furcht ist keine
Empfindung.
‘Schreckliche
Furcht’: sind es die Empfindungen, die so
schrecklich sind? Typische Ursachen des
Schmerzes einerseits, der Depression.
Trauer, Freude anderseits. Ursache dieser zugleich ihr Objekt. Das Benehmen des Schmerzes und das Benehmen der Traurigkeit. – Man kann diese nur mit ihren äußeren Anlässen beschreiben. (Wenn die Mutter das Kind allein läßt, mag es vor Trauer weinen; wenn es hinfällt, vor Schmerz.) Benehmen und Art des Anlasses gehören zusammen. |
Es gibt
furchtvolle Gedanken, hoffnungsvolle, freudige, zornige,
etc.
Kann man sagen, Gemütsbewegungen
drücken sich in Gedanken aus?. Eine
zornige Rede, eine furchtsame Rede, eine freudige Rede
etc. || Einer redet zornig, furchtsam,
traurig, freudig, etc.; nicht
kreuzschmerzlich. Ein Gedanke flößt mir
Gemütsbewegungen Furcht, Trauer etc. ein,
nicht Körperschmerz. |
324 Fast möchte ich
sagen: Man fühlt die Trauer so wenig im
Körper, wie das Sehen im Auge. |
171
Das Schreckliche an der Furcht sind nicht die
Furchtempfindungen. Diese Sache erinnert auch an das
Hören eines Geräusches aus einer bestimmten
Richtung. Es ist beinahe, als fühlte man
26
die
Beschwerde in der Magengegend || Beklemmung des Atems aus der Richtung der Furcht.
D.h. eigentlich,
daß “Mir ist schlecht vor
Furcht” nicht eine Ursache der Furcht
angibt. |
2007. “Wo spürst Du den Kummer?” – In der Seele. – – – – Was für Konsequenzen ziehen wir aus dieser || Ortsangabe? Eine ist, daß wir nicht von einem körperlichen Ort des Kummers reden. Aber wir deuten doch auf unsern Leib, als wäre der Kummer in ihm. Ist das, weil wir ein körperliches Unbehagen spüren? Ich weiß die Ursache nicht. Aber warum soll ich annehmen, sie sei ein leibliches Unbehagen? |
2008. Denke Dir folgende Frage: Kann man sich einen Schmerz, etwa || sagen wir von der Qualität des rheumatischen Schmerzes, denken, aber ohne Örtlichkeit || einen Ort? Kann man sich ihn vorstellen? Wenn Du anfängst, darüber nachzudenken, so siehst Du wie sehr Du das Wissen um den Ort des Schmerzes in ein Merkmal des Gefühlten verwandeln möchtest, in ein Merkmal eines Sinnesdatums, des privaten Objekts, das vor meiner Seele steht. |
157 Warum
verwendet man aber das Wort “leiden”
für die Furcht und auch für den Schmerz?
Nun, es sind ja Verbindungen genug. – |
160 Auf
die
Äußerung
“Ich kann nicht ohne Furcht daran
denken … ” antwortet man etwa:
“Es ist kein Grund zur Furcht,
denn …” Das ist jedenfalls ein
Mittel, Furcht zu beseitigen. in
Gegensatz zum Schmerz. |
173
Daß es ein Furchtkonglomerat von
Empfindungen, Gedanken etc.
(z.B.) gibt,
heißt nicht, daß Furcht
ein Konglomerat || Syndrom ist. |
1593.
Ein Zusammenhang zwischen
den Stimmungen in || und
Sinneseindrücken ist, daß wir die
Stimmungsbegriffe zur Beschreibung von
Sinneseindrücken und Vorstellungen
benützen. Wir sagen von einem
Thema, einer Landschaft, sie seien traurig,
fröhlich, etc. Aber
viel wichtiger ist es natürlich, daß wir
das menschliche Gesicht, die Handlung, das Benehmen, durch alle
Stimmungsbegriffe beschreiben. |
420. Ein freundlicher
Mund, ein freundliches Auge. Wie denkt man sich eine
freundliche Hand? – Wahrscheinlich
geöffnet und nicht als Faust. – Und
könnte man sich die Haarfarbe des Menschen als Ausdruck
der Freundlichkeit, oder des Gegenteils, denken? –
Aber so gestellt, scheint dies die Frage zu sein, ob uns das
gelingen kann. Die Frage sollte
lauten: Wollen wir etwas eine freundliche, oder
un-freundliche Haarfarbe nennen? Wollen wir solchen
Worten Sinn geben, so würden wir uns etwa einen Menschen
denken, dessen Haare dunkel werden, wenn er zornig wird.
Das Hineinlesen des bösen Ausdrucks in die dunkeln Haare
aber geschähe mittels einer schon früher fertigen
Idee. Man kann sagen: Das freundliche Auge, der freundliche Mund, das Wedeln des Hundes, sind, unter andern, primäre und von einander unabhängige Symbole der Freundlichkeit; ich meine: sie sind Teile der Phänomene, die man Freundlichkeit nennt. Will man sich andere Erscheinungen als Ausdruck der Freundlichkeit denken, so sieht man jene Symbole in sie hinein. Wir sagen “Er macht ein finsteres Gesicht,”; vielleicht, weil die Augen durch die Augenbrauen stärker beschattet werden; und nun übertragen wir die Idee der Finsternis auf die Haarfarbe. |
1471.
Aber der Gedanke ist
hier: “Du
fühlst doch die Trauer-
also mußt Du sie irgendwo
fühlen; sonst wäre
sie eine Chimäre.” Aber
wenn du das || so denken willst, rufe Dir
nur die Verschiedenheit von Sehen und Schmerz ins
Gedächtnis. Ich
fühle den Schmerz in der Hand || Wunde – – und || aber die Farbe im Auge? So wie
wir hier ein Schema verwenden wollen, statt bloß
das wirklich Gemeinsame zu notieren, sehen wir alles falsch
vereinfacht.
Wollte man aber ein
Analogon zum Ort des Schmerzes finden ( surely finden, so wäre es
natürlich nicht die Seele (wie ja der Ort des
Körperschmerzes nicht der Körper ist), sondern der
Gegenstand der Reue. |
158 Denke, man sagte:
Fröhlichkeit wäre ein Gefühl, und Traurigkeit
bestünde darin, daß man nicht
fröhlich ist. – Ist denn die Abwesenheit eines
Gefühls ein Gefühl? |
319 Man spricht von einem
Gefühl der Überzeugung, weil es einen
Ton der Überzeugung
gibt. Ja, das Charakteristikum aller
‘Gefühle’ ist, daß
sie || es einen Ausdruck,
d.i. eine Miene, Gebärde des
Gefühls gibt. |
251. Nun könnte
man aber sagen: Das Gesicht eines Menschen ist durchaus
nicht immer dieselbe Gestalt. Es ändert sich von
Minute zu Minute; manchmal wenig, manchmal bis zur
Unkenntlichkeit. Dennoch ist es möglich, das Bild
seiner Physiognomie zu zeichnen. Freilich, ein Bild, auf
dem das Gesicht lächelt, zeigt nicht, wie es weinend
aussieht. Aber es läßt darauf immerhin
Schlüsse ziehen || zu. –
Und so wäre es auch möglich, eine Art ungefähre
Physiognomie des Glaubens (z.B.) zu
beschreiben. |
497 Ich gebe Zeichen des
Entzückens und es Verständnisses. |
720 Kann man das ‘sich
auskennen’ ein Erlebnis nennen? Nicht
doch. Aber es gibt Erlebnisse charakteristisch für
den Zustand des Sichauskennens und des
Sich-nicht-auskennens. (Sich nicht
auskennen und lügen.) 29 |
307 Warum kann der Hund
Furcht, aber nicht Reue empfinden? Wäre es
richtig zu sagen “Weil er nicht sprechen
kann”? |
308
Nur wer über der Vergangenheit
nachdenken kann, kann bereuen. Das heißt aber nicht,
daß nur so einer erfahrungsgemäß des Gefühls der
Reue fähig ist. |
309
Es ist ja auch nichts Erstaunliches, daß ein gewisser
Begriff || gewisse Begriffe nur auf ein
Wesen anwendbar sein sollte || sollten das
z.B. eine Sprache
besitzt. |
189. “Der Hund
meint etwas mit seinem Wedeln.” –
Wie würde man das begründen? – Sagt
man auch: “Die Pflanze, wenn sie ihre
Blätter hängen läßt, meint damit, daß sie
Wasser braucht”? – |
190. Wir würden
kaum fragen, ob das Krokodil etwas damit meint, wenn es mit offenem
Rachen auf einen Menschen zukommt. Und wir würden
erklären: das Krokodil könne nicht denken, und
darum sei eigentlich hier von einem Meinen keine Rede.
|
165
Vergessen wir doch einmal ganz, daß und der
Seelenzustand des Fürchtenden interessiert.
Gewiß ist, daß uns auch
sein
Benehmen unter gewissen
Umständen als Anzeichen für künftiges Verhalten
interessieren kann. Warum sollten wir also
nicht dafür ein Wort haben. Es kann dies ein
Verbum oder Adjektiv sein. Man könnte nun fragen, ob dies Wort sich wirklich einfach auf das Benehmen, einfach auf die Veränderungen des Körpers bezöge. Und das wollen || können wir verneinen. Es liegt uns ja nichts daran, den Gebrauch dieses Worts derart || so zu vereinfachen. Es bezieht sich auf das Benehmen unter gewissen äußeren Umständen. Wenn wir diese Umstände & jenes Benehmen beobachten, sagen wir, Einer sei … , oder habe … |
691 Es könnte einen
Furchtbegriff geben, der nur auf Tiere, also ein das
Benehmen betreffend || also nur durch
Beobachtung, Anwendung
fände. – Du willst doch nicht sagen,
daß so ein Begriff keinen Nutzen
hätte. Das Verbum, das beiläufig dem Worte
“fürchten” entspräche, hätte dann
keine erste Person, & keine seiner Formen wäre
Äußerung der Furcht. 30 |
166 Ich
will nun sagen, daß Menschen, welche einen
solchen Begriff gebrauchen || verwenden, seinen
Gebrauch nicht müßten
beschreiben können. Und sollten sie's
versuchen, so könnten || würden sie
vielleicht eine || , so wäre es möglich, sie
gäben eine ganz unzulängliche Beschreibung geben,
(Wie die meisten, wenn sie versuchen
wollten, die Verwendung des
Geldes richtig zu
beschreiben.) (Sie sind auf so eine Aufgabe
nicht gefaßt.) |
323 Wer
sich unter den und den Umständen so und so benimmt, von dem
sagen wir, er sei traurig. (Auch vom Hund)
Insofern kann man nicht sagen, das Benehmen sei die
Ursache der Trauer; sie ist ihr
Anzeichen. Sie die Wirkung der Trauer zu nennen,
wäre auch nicht einwandfrei. – Sagt er's
von sich (er sei traurig), so wird er im
Allgemeinen dafür als Grund nicht sein trauriges Gesicht
u.s.w. || u. dergl. angeben. Wie
aber wäre || es
damit: “Erfahrung hat mich gelehrt,
daß ich traurig werde, sobald ich anfange,
traurig dazusitzen, etc.? Das
könnte zweierlei heißen || besagen. Erstens: “Sobald
ich, etwa einer leichten Neigung folgend, es mir gestatte, mich so
und so zu halten und zu benehmen, gerate ich in den Zustand, in
diesem Benehmen verharren zu müssen.”
Es könnte ja sein, daß Zahnschmerzen
durch Stöhnen ärger würden. –
Zweitens aber, könnte jener Satz eine Spekulation enthalten
über die Ursache der menschlichen Trauer; Etwa
des Inhalts, daß, wer im Stande
wäre auf irgend eine Weise gewisse Körperzustände
hervorzurufen, den Menschen traurig machen
würde. Hier ist aber die Schwierigkeit,
daß wir einen Menschen, der unter allen
Umständen traurig aussähe und sich
benähme, nicht traurig nennen
würden. Ja, wenn wir einem solchen den Ausdruck
“Ich bin traurig” beibrächten und er
sagte das die ganze Zeit || stets
& ständig mit dem Ausdruck der Trauer, so
hätten diese Worte, so wie die übrigen
Zeichen ihren normalen Sinn verloren. |
Ist es nicht so, als wollte man sich einen
Gesichtsausdruck vorstellen, der nicht allmählicher,
zarter || schwer faßbarer Veränderungen
fähig wäre, sondern, sagen wir || z.B. nur
fünf || fünferlei Stellungen
hätte; bei einer Veränderung ginge die eine || .
Verändert er sich, so geht eine Stellung mit einem
Ruck in die || eine andere über.
Wäre nun aber
dies || das starre || so ein starres Lächeln
z.B. wirklich ein Lächeln?
Und warum nicht? –
“Lächeln” nennen wir eine Miene in
einem normalen Mienenspiel. – Ich könnte
mich (vielleicht) nicht so dazu
verhalten, wie zu einem Lächeln. Es würde mich
etwa || vielleicht || z.B. nicht selber zum
Lächeln bringen. “Kein
Wunder” will man sagen, “daß wir diesen Begriff
haben unter diesen Umständen.”
|
¤ 31 |
Stamme keine Seelen haben; man
könne sie also ohne
Skrupel zu jedem beliebigen Zweck
gebrauchen. Natürlich
interessiert uns dennoch ihre Sprache; denn wir
müssen || wollen ihnen ja z.B. Befehle
geben und Berichte von ihnen erhalten. Auch wollen wir
wissen, was sie unter einander sprechen || reden, da dies mit ihrem
übrigen Verhalten
zusammenhängt. Aber auch, was
bei ihnen unsern ‘psychologischen
Äußerungen’
entspricht, muß uns interessieren; denn
wir wollen sie arbeitsfähig erhalten; darum
sind uns ihre
Äußerungen des
Schmerzes, des Unwohlseins, der Depression || Niedergeschlagenheit der Lebenslust,
etc. etc. von Wichtigkeit.
Ja, wir haben auch gefunden, daß man diese Leute mit gutem
Erfolg als Versuchsobjekte in physiologischen
und psychologischen Laboratorien verwenden kann, da ihre
Reaktionen – auch die Sprachreaktionen – ganz die der
seelenbegabten
Menschen sind.
Ich nehme an Man habe auch
gefunden, daß man diesen Automaten || Wesen,
durch eine Methode, die sehr ähnlich unserm
‘Unterricht’ ist, unsere Sprache statt der
ihrigen || ihren beibringen kann.
|
766.
Diese Wesen lernen nun
z.B. rechnen, schriftlich oder
mündlich rechnen. Wir bringen sie
aber, irgendwie || auf irgend eine Weise, dahin,
daß sie uns das Ergebnis einer Multiplikation sagen
können, nachdem sie, ohne zu schreiben oder
zu sprechen, sich eine Weile stille
gesessen sind || in ‘nachdenkender’
Haltung verhalten haben. Dabei liegt das
Bild nahe, der Prozeß des Rechnens sei
gleichsam untergetaucht und gehe nun unter dem Wasserspiegel || Spiegel des
Wassers || der
Wasserfläche || dem
Wasserspiegel vor (sich). (Denke an den Sinn, in welchem Wasser aus H
und O ‘besteht’) || Wenn man dabei die Art und Weise
betrachtet, wie sie dies ‘Kopfrechnen’ lernen und
die Erscheinungen die es umgeben, so liegt das Bild nahe,
… Wir müssen natürlich für verschiedene Zwecke einen Befehl haben der Art || des Sinnes : “Rechne dies im Kopf!”; eine Frage “Hast Du es gerechnet?”; ja auch: “Wie weit bist Du gekommen?”; eine Aussage des Automaten “Ich habe … gerechnet”: etc.etc.. Kurz: alles, was wir, unter uns, über das Kopfrechnen sagen, hat auch Interesse für uns, wenn sie's sagen. Und was für's Kopfrechnen gilt, gilt auch für andere || alle anderen Formen des Denkens. – –Äußert etwas jemand bei || Einer von uns die Meinung, diese Wesen müßten doch irgendeine Art von Seele haben, in der dies und jenes vor sich ginge, so lachen wir ihn also aus. 32 |
770.
Die Sklaven sagen
auch: “Als ich das Wort “Bank”
hörte, bedeutete es
für mich …”.
Frage: Auf dem Hintergrund welcher
Sprachtechnik sagen sie das? Denn darauf kommt alles
an. Was hatten wir sie gelehrt, welche Benutzung des
Wortes “bedeuten”? Und was, wenn
überhaupt irgendetwas, entnehmen wir ihrer
Äußerung?
Denn wenn wir gar nichts mit ihr anfangen
können, so könnte sie
uns als Kuriosität
interessieren. – Denken wir uns nur
einen Stamm von Menschen, die keine
Träume kennen, und die unsere
Traumerzählungen
hören. Denk Dir, Einer
von uns käme zu diesen
nicht-träumenden
Stamm || Leuten und lernte nach
und nach, sich mit den Leuten || ihnen verständigen.
Vielleicht denkt Du || man, sie würden nun das Wort
“träumen” nie
verstehen. Aber sie
fänden bald eine Verwendung
dafür. || Aber
sie würden bald
eine Verwendung dafür
finden. Und die || ihre Ärzte des
Stammes könnten sich sehr wohl
für unser
Träumen || das
Phänomen interessieren und wichtige
Schlüsse aus den
Träume des Fremden
ziehen. ‒ ‒ Auch kann man nicht
sagen, daß für diese Leute das Verbum
“träumen” nichts anderes
bedeuten könnte, als: einen
Traum erzählen. Denn der Fremde
würde ja beide
Ausdrücke gebrauchen:
“träumen” und
“einen Traum erzählen”,
und die Leute unseres || jenes
Stammes dürften nicht “ich
träumte …” mit “ich
erzählte den Traum … ”
verwechseln. |
117.
“Ich nehme an, es schwebe ihm ein Bild
vor.” – Könnte ich auch annehmen, es
schwebe diesem Ofen ein Bild vor? – Und warum
scheint dies unmöglich? Ist denn also die
menschliche Gestalt dazu nötig? |
150 Nur inmitten gewisser
normaler Lebensäußerungen gibt es
eine Schmerzäußerung. Nur
inmitten von noch viel weitgehender bestimmten
Lebensäußerung
und || den Ausdruck der Trauer, oder
der Zuneigung. U.s.f.
|
142 Wenn ich mir, und wenn ein
Andrer sich, einen Schmerz vorstellen kann, oder mir doch sagen,
daß wir's können, – wie kann man
herausfinden, ob wir ihn uns richtig vorstellen, und wie
genau? |
Ich mag wissen, daß er Schmerzen hat,
aber ich weiß || kenne nie den genauen Grad
seiner Schmerzen. Hier ist also etwas, was er
weiß || kennt & die Schmerzäußerung
mir nicht mitteilt. Etwas rein Privates.
|
Schmerz liegt so in unserem Leben drin, hat solche Zusammenhänge. (D.h.: nur was so im Leben drinliegt, solche Zusammenhänge hat, nennen wir “Schmerz.”) |
33 Er weiß
genau, wie stark seine Schmerzen sind? (Ist das nicht
ähnlich, als sagte man, er || Einer wisse immer
genau, wo er sich befinde? Nämlich hier.)
Ist denn der Begriff des Grades mit den Schmerzen
gegeben? |
718
Du sagst, du pflegst den Stöhnenden, weil Erfahrung dich
gelehrt hat, daß du selbst stöhnst, wenn
du das und das fühlst. Aber da du ja doch keinen
solchen Schluß ziehst, so können wir die
Begründung durch Analogie weglassen. |
Es hat auch keinen Sinn zu sagen:
“Ich kümmere mich nicht um mein
eigenes Stöhnen, weil ich
weiß, daß ich Schmerzen
habe”– oder “weil ich meine Schmerzen
fühle.”
Wohl aber ist es || das wahr:–
“Ich kümmere mich nicht um
mein Stöhnen.” |
1584.
“Falsch aufgezäumt”
kann man von einer Erklärung sagen, wie
dieser: wir pflegten den Andern, weil wir nach Analogie des
eigenen Falles glaubten, auch er habe ein
Schmerzerlebnis. – Statt zu sagen:
Lerne also aus diesem besondern Kapitel
unseres || menschlichen
Betragens || Benehmens –
aus diesem Sprachspiel || aus dieser
Sprachverwendung – welche Funktion
in ihm || hier
“Analogie” und “glauben”
haben. || eine neue Seite. |
616 Zu meinem Begriff gehört
hier mein Verhältnis zur Erscheinung.
34 |
Wenn wir dem Arzt mitteilen, wir hätten Schmerzen
– in welchen Fällen ist es nützlich, daß er sich
einen Schmerz vorstelle? – Und geschieht dies
nicht auf sehr mannigfache Weise? (So mannigfach,
wie “: sich an einen Schmerz
erinnern.) (Wissen, wie ein Mensch
ausschaut.) |
Angenommen, es erklärt Einer, wie ein Kind den Gebrauch des
Wortes “Schmerz” lernt, in dieser Weise:
Wenn das Kind sich bei bestimmten Anlässen so & so
benimmt, denke ich, es fühle, was ich in solchen
Fällen fühle; & wenn es so ist, so assoziiert das
Kind das Wort mit seinem Gefühl & gebraucht das Wort,
wenn das Gefühl wieder auftritt. – Was
erklärt diese Erklärung?
Oder || Frage dich: Welche
Art der Unwissenheit behebt sie? –
Glauben || Sicher sein, daß der Andre Schmerzen hat, zweifeln,
ob er sie hat, usf., sind alles || soviele natürliche instinktive Arten des
Verhaltens zu den andern Menschen, & unsre Sprache ist nur ein
Hilfsmittel & weiterer Ausbau dies Verhalten. Unser
Sprachspiel ist ein Ausbau des primitiven Benehmens.
(Denn unser Sprachspiel ist Benehmen.)
(Instinkt) |
“Ich bin nicht sicher, ob er Schmerzen
hat.” – Wenn sich nun Einer immer, wenn er
dieses || es sagt, mit einer Nadel
stäche, um die Bedeutung des Wortes “Schmerz”
lebhaft vor der Seele zu haben, (um sich nicht mit
der Vorstellung begnügen zu müssen,) & zu
wissen, worüber er beim Andern im Zweifel
ist! – Wäre nun der Sinn seiner
35
Aussage
gesichert? |
Er hat also
den wahren Schmerz; & der Besitz dieses
ist's, war er beim Andern bezweifelt. – Aber
wie macht er das nur? – Es ist, als sagte man
Einem || mir: “Hier
hast du einen Sessel. Siehst du ihn genau? –
Gut;– nun übertrage ihn ins
Französische!” |
Er hat also den wirklichen || echten Schmerz; & nun weiß er, was er beim
Andern bezweifeln soll. Er hat den Gegenstand vor sich,
& es ist kein ‘Benehmen’, oder
dergleichen. (Aber jetzt!) Zum
Bezweifeln, ob der Andre Schmerzen hat, braucht er den
Begriff ‘Schmerz’, nicht
Schmerzen.
|
135.
Die Äußerung der Empfindung eine
Behauptung zu nennen, ist dadurch irreführend,
daß mit dem Wort “Behauptung” die
‘Prüfung’, die
‘Begründung’, die
‘Bestätigung’, die
‘Entkräftung’ der Behauptung im
Sprachspiel verbunden ist. |
136. Wozu dient etwa
die Aussage: “Ich habe doch
etwas, wenn ich Schmerzen habe”? |
1477.
“Der Geruch ist
herrlich!” Ist ein Zweifel
darüber, daß der
Geruch es ist, der herrlich ist? So ist es eine Eigenschaft des Geruches? – Warum nicht? Es ist eine Eigenschaft der Zehn durch Zwei teilbar zu sein, und auch, die Zahl meiner Finger zu sein. Es könnte aber eine Sprache geben, in der die Leute nur die Augen schließen und sagen “Oh, dieser Geruch!” und es keinen Subjekt-Prädikat-Satz gibt, der dem äquivalent ist. || der dem Ausruf äquivalent ist Das ist eben eine ‘spezifische’ Reaktion. 36 |
650. Zu dem Sprachspiel
mit den Worten “er hat Schmerzen”
gehört– möchte man sagen – nicht nur das Bild
des Benehmens, sondern auch das Bild des
Schmerzes. – Aber hier muß man sich
in Acht nehmen: Denke an mein Beispiel von den privaten
Tabellen, die nicht zum Spiel
gehören. – Es entsteht der Eindruck der
‘privaten Tabelle’ im Spiel durch die
Abwesenheit einer Tabelle und durch die
Ähnlichkeit des Spiels mit einem solchen, das mit
einer Tabelle gespielt wird. || mit einem,
welches mit einer Tabelle gespielt wird.
|
646
Bedenke: Wir gebrauchen das Wort “Ich
weiß nicht” oft in seltsamer
Weise; wenn wir z.B. sagen; wir wissen, ob
Dieser wirklich mehr fühlt als der
Andere, oder es nur stärker zum Ausdruck bringt. Es
ist dann nicht klar, welche Art der Untersuchung die Frage
entscheiden würde || könnte.
Natürlich ist die
Äußerung nicht ganz
müßig: Wir wollen sagen,
daß wir wohl die Gefühle des A und
B miteinander vergleichen können, aber uns die
Umstände an einem Vergleich des A mit dem C irre
werden lassen. |
708 Nicht || Aber nicht … darauf sehen wir, daß || darauf richten wir unseren Blick, daß || Nicht das zieht unseren Blick auf sich, daß || macht uns einen Eindruck, was die Evidenz das Gefühl [also das Innere] des Andern nur wahrscheinlich macht, sondern darauf, daß wir dies || so etwas als Evidenz für irgend etwas wichtiges betrachten, daß wir auf diese verwickelte Art der Evidenz || Sachlagen eine Aussage bauen || ein Urteil gründen, daß sie (also) in unserm Leben eine besondere Wichtigkeit hat und durch einen Begriff herausgehoben wird. [Das ‘Innere’ und ‘Äußere’, ein Bild.] |
681 Die
‘Unsicherheit’ bezieht sich eben nicht auf den
besondern Fall, sondern auf die Methode auf die Regeln der
Evidenz. |
620
Die Unsicherheit hat ihren Grund nicht darin,
daß er seine Schmerzen nicht
außen am Rock trägt. Und es ist
auch gar keine Unsicherheit im || in
jedem besondern Fall. Wenn die Grenze
zwischen zwei Ländern strittig wäre, würde daraus
folgen, daß die Landesangehörigkeit
jedes einzelnen Bewohners fraglich wäre? |
701 Denke, Leute könnten das
Funktionieren des Nervensystems im Andern beobachten.
Sie unterschieden dann || auf diese Weise echte
und geheuchelte 37
Empfindung in sicherer
Weise. – Oder könnten sie doch wieder daran
zweifeln, daß der Andere bei diesen Zeichen etwas
spürt? – Man könnte sich jedenfalls
leicht vorstellen, daß, was sie da sehen, ihr Verhalten
ohne alle Skrupel bestimmt. Und nun kann man dies doch auf das äußere Benehmen übertragen. Diese Beobachtung bestimmt ihr Verhalten gegen den Andern vollkommen und ein Zweifel kommt nicht auf. |
702 Es gibt wohl den
Fall, daß Einer mir später sein
Innerstes durch ein Geständnis
aufschließt: aber,
daß es so ist, kann mir nicht das Wesen von
Außen und Innen erklären, denn
ich muß ja dem Geständnis doch
Glauben schenken. |
Besieh dir Leute die auch unter diesen Umständen zweifeln;
und solche die nicht zweifeln. |
647 Nur
Gott sieht die geheimsten
Gedanken. Aber warum sollen diese so wichtig
sein? Manche sind wichtig, nicht alle.
Und müssen alle Menschen sie für wichtig
halten? |
668
Eine Art der Unsicherheit wäre die, die wir auch
einem uns unbekannten Mechanismus entgegenbringen
könnten. Bei der andern würden wir uns
möglicherweise an eine Begebenheit in unserm Leben
erinnern. Es könnte z.B. sein,
daß Einer, der gerade der Todesangst
entronnen ist, sich davor scheuen
würde, eine Fliege zu erschlagen,
und es sonst ohne Bedenken täte. Oder,
anderseits, daß er mit diesem
Erlebnis vor Augen, das zögernd tut, was er sonst
ohne Zögern täte.
|
669
Auch wenn ich ‘nicht sicher in meinem Mitleid
ruhe’, muß ich nicht an die
Ungewißheit seines spätern Benehmens
denken. |
670
Die eine Unsicherheit geht so zu sagen von dir aus, die andere
von ihm. Von der einen könnte man also doch sagen, sie hinge mit einer Analogie zusammen; von der Andern nicht. Aber nicht, als ob ich aus der Analogie einen Schluß zöge! |
666 Wenn ich aber zweifle, ob
eine Spinne wohl Schmerz empfindet, dann ist es nicht weil ich
nicht weiß, was ich mir zu erwarten
habe. |
667
Wir können aber nicht umhin, uns das Bild vom seelischen
Vorgang zu machen. Und nicht, weil wir ihn
von uns her kennen! |
711 Könnte nicht das
Verhalten, Benehmen, des Vertrauens ganz allgemein unter einer
Gruppe von Menschen bestehen? So
daß ihnen ein Zweifel an
Gefühlsäußerungen ganz fremd
ist? |
629 Wie könntest du
erklären, was es heißt , “Schmerzen
heucheln”, “sich stellen, als habe man
Schmerzen”. ¤ 38 |
628 Wie könnte man die
menschliche Handlungsweise beschreiben? Doch nur,
insofern man die Handlungen der verschiedenen Menschen, wie sie
durcheinanderwimmeln, zeigte || schilderte. Nicht,
was Einer jetzt tut, eine einzelne Handlung, sondern das
ganze Gewimmel der menschlichen Handlungen, der Hintergrund, worauf
wir eine || jede Handlung
sehen, bestimmt unser Urteil, unsere Begriffe und Reaktionen.
|
671
Wenn das Leben ein Teppich wäre, so ist dies Muster (der
Verstellung z.B.) nicht immer
vollständig, und vielfach variiert. Aber wir, in
unserer Begriffswelt, sehen immer wieder das Gleiche mit
Variationen wiederkehren. So fassen's unsere
Begriffe auf. Die Begriffe sind ja nicht für
einmaligen Gebrauch. |
672 Und das || ein Muster ist im Teppich mit
vielen andern Mustern verwoben || hängt im Teppich mit vielen
andern Mustern zusammen || ist mit vielen andern Mustern im
Zusammenhang. |
608 “So
kann man sich nicht verstellen.” – Und
das kann eine Erfahrung sein, – daß
nämlich niemand, der sich so benimmt, sich
später so und so benehmen werde; aber auch eine begriffliche
Feststellung || Begriffsbestimmung;
(“Das wäre nicht mehr
Verstellung”) || Das kann man nicht mehr
‘Verstellung’ nennen. und die
beiden können zusammen hängen.
(Denn man hätte nicht gesagt, die Planeten müssen sich in Kreisen bewegen, wenn es nie || nicht geschienen hätte, daß sie sich in Kreisen bewegen.) Vergleiche: “So kann man nicht reden ohne zu denken”, “So kann man nicht unwillkürlich handeln.” |
632 “Könntest du
dir keine || nicht eine weitere
Umgebung denken, in der auch das noch als Verstellung zu deuten
wäre?” Muß nicht jedes Benehmen
sich so deuten lassen? Aber was heißt es: daß es noch || alles Benehmen immer Verstellung sein könnte? Hat denn Erfahrung uns das gelehrt? Und wie können wir anders über Verstellung unterrichtet sein? Nein, es ist eine Bemerkung über den Begriff ‘Verstellung’. Aber da wäre ja dieser Begriff unbrauchbar, denn die Verstellung hätte keine Kriterien im Benehmen. |
633 Liegt hier nicht etwas
Ähnliches vor, wie das
Verhältnis der euklidischen
Geometrie zu Gesichtserfahrung || Sinneserfahrung? (Ich meine: es
sei eine tiefgehende Ähnlichkeit
vorhanden.) Denn auch die
euklidische Geometrie entspricht ja
der Erfahrung nur in sehr eigentümlicher Weise, || in einer durchaus nicht leicht verständlichen Weise,
und nicht etwa nur ‘bloß
annähernd’ || wie das Exaktere dem
Unexakteren. ¤
|
661 Es gibt doch im Benehmen
Vertrauen und Mißtrauen!
Klagt einer z.B., so kann ich mit völliger Sicherheit, vertrauensvoll regieren, oder unsicher und wie Einer, der Verdacht hat. Es braucht dazu keine Worte noch Gedanken. 39 |
1373.
Warum
schließe ich nie von meinen Worten auf meine
wahrscheinlichen Handlungen? Aus demselben Grunde,
aus welchem || dem ich nicht von meinem
Gesichtsausdruck auf mein wahrscheinliches Benehmen
schließe. –Denn
nicht das ist das Interessante, daß ich nicht
aus meinem Ausdruck der Gemütsbewegung auf
meine Gemütsbewegung
schließe, sondern, daß ich
aus jenem Ausdruck auch nicht auf mein
späteres Verhalten
schließe, wie dies doch die Andern tun, die
mich beobachten. |
656. Die
Erfahrung: neue Erfahrungen kennen zu lernen.
Etwa beim Schreiben. Wann sagt man, man habe eine
neue Erfahrung kennen gelernt? Wie gebraucht man so
einen Satz?
Das Schreiben ist gewiß eine willkürliche Bewegung, und doch eine automatische. Und von einem Fühlen der jeder Schreibbewegung ist natürlich nicht die Rede. D.h. man fühlt etwas || die Bewegung einer Hand, aber könnte das Gefühl unmöglich zergliedern. Die Hand schreibt; sie schreibt nicht, weil man will, sondern man will, daß || was sie schreibt. Man sieht ihr nicht erstaunt oder mit Interesse beim Schreiben zu; denkt nicht “Was wird sie nun schreiben?”. Aber nicht, weil man eben wünschte, sie solle das schreiben. Denn, daß sie schreibt, was ich wünsche, könnte mich ja erst recht in Erstaunen versetzen. |
268
Das Kind lernt gehen, kriechen, spielen. Es
lernt nicht, willkürlich und unwillkürlich
spielen. Aber was macht die Bewegungen des Spiels zu
willkürlichen Bewegungen? Nun
wie || – Wie wäre es denn, wenn sie
unwillkürlich wären? – Ich könnte
auch || ebensowohl fragen was macht
denn diese Bewegungen zu einem Spielen? –
Ihr Charakter und
ihre Umgebung. |
1566.
“Wenn ich mich
anstrenge, tue ich doch etwas, habe doch nicht
bloß eine Empfindung.” Und
so ist es auch; denn man befiehlt41
Einem: “Streng dich an!” und
er kann die Absicht
äußern
“Ich werde mich jetzt anstrengen”.
Und wenn er sagt “Ich kann nicht
mehr!” – so heißt das nicht
“Ich kann das Gefühl in
meinen Gliedern – den Schmerz, z.B., –
nicht länger ertragen”. –
Andererseits aber leidet man unter der
Anstrengung, wie unter Schmerzen. “Ich bin
gänzlich
erschöpft” – wer das sagte,
sich aber so frisch bewegte, wie je, den würde
man nicht verstehen. |
480. Mein Ausdruck kam
daher, daß ich mir das Wollen als ein Herbeiführen
dachte, – aber nicht als ein Verursachen, sondern – ich
möchte sagen – als ein direktes, nicht-kausales
Herbeiführen. Und dieser Idee liegt die Vorstellung
zu Grunde, daß der kausale Nexus die Verbindung zweier
Maschinenteile durch einen Mechanismus, etwa eine Reihe von
Zahnrädern ist. |
Die Verbindung unseres Hauptproblems mit dem
epistemologischen Problem des Wollens ist mir schon früher
einmal aufgefallen. Wenn in der Psychologie ein solches
hartnäckiges Problem auftritt, so ist es nie eine Frage nach
der tatsächlichen Erfahrung (eine solche ist
immer viel gutmütiger), sondern ein logisches, also
eigentlich grammatisches Problem. |
1506.
Mein Benehmen ist eben
manchmal Gegenstand meiner Beobachtung aber doch
selten. Und das hängt
damit zusammen, daß ich mein Benehmen beabsichtige.
Selbst wenn der Schauspieler im Spiegel seine eigenen Mienen
beobachtet, oder der Musiker genau auf jeden Ton seines Spiels
merkt und ihn beurteilt, so geschieht es doch, um seine Handlung
danach zu richten || lenken. |
1508.
Wenn ein Kind im Zorn mit
den Füßen stampft und
heult, – wer würde sagen, es
täte dies
unwillkürlich? Und
warum? Warum nimmt man an, es
täte dies nicht
unwillkürlich? Was sind die
Zeichen des willkürlichen
Handelns? Gibt 42
es solche Zeichen? – Was sind denn die Zeichen der
unwillkürlichen Bewegung?
Sie folgt befehlen nicht, wie die
willkürliche Handlung. Es gibt
ein “Komm her!”, “Geh
dort hin!”, “Mach diese
Armbewegung!”; aber nicht
“Laß Dein Herz
schnell gehen || klopfen |
1509.
Es gibt ein bestimmtes
Zusammenspiel von Bewegungen, Worten, Mienen, wie den
Äußerungen des
Unwillens, oder der Bereitschaft, die die
willkürlichen Bewegungen des normalen
Menschen charakterisieren. Wenn man das Kind ruft, so kommt
es nicht automatisch: Es gibt da,
z.B. die Gebärde
“Ich will nicht!” Oder das
freudige Kommen, den Entschluß zu kommen, das
Fortlaufen mit dem Zeichen der Furcht, die Wirkungen des Zuredens,
alle die Reaktionen des Spiels, die Zeichen des
Überlegens und seine Wirkungen.
|
1511.
Wie
könnte ich mir beweisen, daß ich meinen Arm
willkürlich bewegen kann?
Etwa, indem ich mir sage “Ich werde ihn jetzt
bewegen” und er sich nun bewegt? Oder soll ich
sagen “Einfach, indem ich ihn
bewege”? Aber wie weiß
ich, daß ich's getan habe und er sich nicht nur durch Zufall
bewegt hat? Fühle ich's am
Ende doch? Und wie, wenn mich meine Erinnerung an
frühere Gefühle
täuschte, und es also gar nicht die
richtigen || maßgebenden
Gefühle waren?! (Und
welches sind die richtigen?) Und wie
weiß denn der Andere, ob ich den
Arm willkürlich bewegt habe?
Ich werde ihm vielleicht sagen “Befiehl mir,
welche Bewegung Du willst, und ich werde sie machen, um Dich zu
überzeugen”. –
Und was fühlst Du denn in Deinem
Arm? “Nun, das
Gewöhnliche.” Es ist
nichts Ungewöhnliches an den
Gefühlen, der Arm ist
z.B. nicht gefühllos
(wie wenn er ‘eingeschlafen’
wäre). |
1512.
Eine Bewegung meines
Körpers, von der ich nicht
weiß, daß sie stattfindet, oder
stattgefunden hat, wird man
unwillkürlich
nennen. – Wie ist es aber, wenn ich
bloß versuche ein Gewicht zu
heben, eine Bewegung also nicht stattfindet? Wie
wäre es, wenn Einer sich
unwillkürlich anstrengte ein Gesicht zu
heben? Unter welchen Umständen
würde man dies Verhalten
‘unwillkürlich nennen?
|
1517.
Was
für ein merkwürdiger
Begriff ‘versuchen’, ‘trachten’
ist; was man alles ‘zu tun trachten’ kann!
(Sich erinnern; ein Gewicht heben, aufmerken, an nicht
denken.) Aber dann könnte man
auch sagen: Was für ein
merkwürdiger Begriff
‘tun’ ist! Welches sind die
Verwandtschaftsbeziehungen zwischen ‘Reden’ und
‘Denken’, zwischen ‘Reden’ und
‘zu sich selbst reden’. (Vergleiche
die Verwandtschaftsbeziehungen zwischen den
Zahlenarten.) |
1520.
“Ich ziehe so
stark, als ich kann.” Wie
weiß ich das? Sagt es mir mein
Muskelgefühl? Die Worte sind ein
Signal; und sie haben eine Funktion.
Aber erlebe ich denn nichts? Erlebe ich denn nicht etwas || Etwas? etwas Spezifisches? Ein spezifisches Gefühl der Anstrengung und des Nicht-weiter-könnens, des Anlangens an der Grenze? Freilich, aber diese Ausdrücke sagen nicht mehr, als “Ich ziehe so stark, als ich kann.” |
Vergleiche damit diesen Fall:
Jemand soll sagen, was er fühlt, wenn ihm ein Gewicht
auf der flachen Hand ruht. Ich kann mir nun vorstellen,
daß hier ein Zwiespalt entsteht:
Einerseits sagt er sich, was er fühle sei eine Pressung
gegen die Handfläche und ein Spannung in den Muskeln seines
Arms; anderseits will er sagen: “aber das ist doch
nicht alles; ich empfinde doch einen Zug, ein Streben des Gewichts
nach unten!” – Empfindet er denn ein solches
‘Streben’? Ja: wenn er
nämlich an das ‘Streben’ denkt.
Mit dem Wort “Streben” geht hier ein
bestimmtes Bild, ein Gesichtsausdruck || eine Geist, ein
Tonfall; und in diesem siehst Du das Erlebnis des Strebens.
(Denke auch daran: Manche Leute sagen, 44
von dem und dem
‘gehe ein Fluidum aus’. – Daher fiel
uns auch das Wort “Einfluß”
ein.) |
662 Die Unvorhersehbarkeit des
menschlichen Benehmens. Wäre sie nicht
vorhanden, – würde man dann auch sagen, man könne nie
wissen, was im Andern vorgeht? |
663 Aber wie
wär's, wenn das menschliche Benehmen nicht
unvorhersehbar wäre? Wie hat man sich das
vorzustellen? (D.h.: wie
auszumalen, welche Verbindungen anzunehmen?) |
373. Eine der
philosophisch gefährlichsten Ideen ist,
merkwürdigerweise, daß wir mit dem Kopf, oder im Kopf
denken. |
374. Die Idee vom
Denken als einem Vorgang im Kopf, in dem gänzlich
abgeschlossenen Raum, gibt ihm etwas Okkultes. |
372. Ist das Denken,
sozusagen, ein spezifisch organischer Vorgang der
Seele – gleichsam ein Kauen und Verdauen in der
Seele? Kann man ihn dann durch einen anorganischen
Vorgang ersetzen, der den gleichen Zweck erfüllt, sozusagen
mit einer Prothese das Denken besorgen? Wie
müßte man sich eine Denkprothese vorstellen?
|
1571.
Keine Annahme scheint mir
natürlicher, als daß dem
Assoziieren, oder Denken, kein Prozeß im
Gehirn zugeordnet ist; so || so zwar
daß es also unmöglich
wäre || ist, aus
Gehirnprozessen Denkprozesse abzulesen. Ich meine das
so: Wenn ich rede, oder schreibe, so geht, nehme ich
an, ein meinem gesprochenen oder geschriebenen Gedanken
zugeordnetes System von Impulsen von meinem Gehirn aus.
Aber warum sollte das System sich weiter in
zentraler Richtung fortsetzen? Warum soll nicht,
sozusagen, diese Ordnung aus dem Chaos entspringen?
Der Fall wäre
ähnlich dem –
daß sich gewisse Pflanzenarten durch Samen
vermehrten, so daß ein Same immer dieselbe
Pflanzenart erzeugt, von der er erzeugt wurde, –
daß aber nichts in dem Samen der
Pflanze, die aus ihm wird,
entspricht; so
daß es unmöglich ist,
aus den Eigenschaften, oder der Struktur des Samens auf die der
Pflanze, die aus ihm wird, zu schließen,
– daß man dies nur aus seiner
Geschichte tun kann. So
könnte also auch aus etwas ganz
Amorphem ein Organismus, sozusagen ursachelos, werden; und es ist
kein 45
Grund, warum sich dies
nicht mit unserem Gedanken, also mit unserem Reden oder Schreiben
etc. wirklich so verhalten sollte.
|
1573.
Ich habe diesen Mann vor
Jahren gesehen; nun sehe ich ihn wieder, erkennen ihn, erinnere
mich seines Namens. Und warum muß
es nun für dies Erinnern eine Ursache in
meinem Nervensystem geben? Warum
muß irgendetwas, was immer, in
irgendeiner Form dort aufgespeichert worden sein?
Warum muß er eine Spur
hinterlassen haben? Warum soll, es keine
psychologische
Gesetzmäßigkeit geben,
der keine physiologische
entspricht? Wenn das unsere Begriffe von der
Kausalität
umstößt, dann ist es Zeit,
daß sie umgestoßen
werden. |
1574.
Das Vorurteil für den psycho-physischen Parallelismus ist auch eine Frucht der primitiven Auffassung der Grammatik. Denn wenn || Wenn man Kausalität zwischen psychologischen Erscheinungen zuläßt, die nicht physiologisch vermittelt ist, so denkt man damit das Eingeständnis eines nebelhaften Seelenwesens zu machen. |
1576.
Denk Dir diese
Erscheinung: Wenn ich will, daß
jemand sich einen Text merkt, den ich ihm vorspreche, so
daß jemand mir später
wiederholen kann, muß ich ihm ein Papier und
einen Bleistift geben; und während ich
spreche, schreibt er Striche, Zeichen auf das Papier; soll er
später den Text reproduzieren, so folgt er
jenen Strichen mit den Augen und sagt den Text her. Ich
nehme aber an, seine Aufzeichnung sei keine Schrift,
sie hänge nicht durch Regeln mit den Worten
des Textes zusammen;
und doch kann er ohne diese Aufzeichnung
den Text nicht reproduzieren; und wird an ihr etwas
¤
verändert || geändert, wird sie zum
Teil zerstört, so bleibt er beim
‘Lesen’ stecken, oder spricht den Text unsicher,
oder unzuverlässig, oder kann die Worte
überhaupt nicht finden. – Das
ließe sich doch denken! –
Was ich die ‘Aufzeichnung’ nannte, wäre dann
keine Wiedergabe des Textes, nicht eine
Übersetzung sozusagen in einem anderen
Symbolismus. Der Text wäre nicht in
der Aufzeichnung 46
niedergelegt. Und warum sollte er in unserem
Nervensystem niedergelegt sein? |
1576. Warum soll nicht
ein Naturgesetz einen Anfangs- und einen Endzustand eines
Systems verbinden, den Zustand zwischen beiden aber
übergehen? (Nur denke man
nicht an Wirkung!) |
1585.
“Wie kommt es,
daß ich den Baum aufrecht sehe, auch wenn ich meinen Kopf zur
Seite neige, und also das Netzhautbild das eines schiefstehenden
Baums ist?” Wie kommt es also, daß ich den
Baum auch unter Umständen als einen
aufrechten anspreche? – “Nun, ich bin
mir der Neigung meines Kopfes bewußt, und
bringe also die nötige Korrektur an der
Auffassung meiner Gesichtseindrücke
an.” –Aber heißt das
nicht, Primäres mit
Sekundärem verwechseln? Denk Dir,
wir wüßten
gar
nichts von der inneren
Beschaffenheit des Auges, – würde
dies Problem überhaupt
auftauchen? || könnte sich diese Frage
überhaupt erheben?
Wir bringen ja hier, in Wahrheit keine Korrekturen an,
dies ist ja bloß eine
Erklärung. Wohl – – aber da nun die Struktur des Auges einmal bekannt ist, – wie kommt es, daß wir so handeln, so reagieren? Aber muß es hier eine physiologische Erklärung geben? Wie, wenn wir sie auf sich beruhen lassen würden || ließen? – Aber so würdest Du doch nicht sprechen, wenn Du das Verhalten einer Maschine prüftest! – Nun, wer sagt, daß in diesem Sinne das Lebewesen, der tierische Leib, eine Maschine ist? – Das Vorurteil zugunsten des psycho-physischen Parallelismus ist eine Frucht primitiver Auffassungen || primitiven Denkens der Grammatik || unserer Begriffe. Denn wenn man Kausalität zwischen psychologischen Erscheinungen zuläßt, die nicht physiologisch vermittelt ist, so meint man damit die Existenz einer Seele neben dem Körper einzugestehen. || damit ein Zugestehen, es existiere eine Seele neben dem Körper, ein geisterhaftes Seelenwesen. |
422 (Ich habe noch
nie eine Bemerkung darüber gelesen, daß,
wenn man eine Auge schließt und “nur
mit einem Auge sieht”, man
die Finsternis (Schwärze) nicht zugleich mit dem
geschlossenen sieht.)
¤ Die Grenzenlosigkeit des Gesichtsraumes ist am klarsten, wenn wir nichts sehen, bei vollständiger Dunkelheit. Wie verhält es sich mit dem Blinden; kann ihm ein Teil der Sprache nicht erklärt werden? Oder vielmehr, nicht beschrieben werden? 47
|
Ein Blinder kann sagen, er
sei blind und die Leute um ihn seien sehend.
“Ja, aber meint er nicht doch etwas anderes mit den
Worten ‘blind’ und ‘sehend’, als
der Sehende?” Worauf beruht es,
daß man das || so was sagen
will? Nun, wenn Einer nicht
wüßte wie ein Leopard ausschaut, so
könnte er doch sagen und verstehen “Dieser Ort
ist sehr gefährlich, es gibt Leoparden dort”.
Man
würde aber doch vielleicht sagen, er
weiß nicht, was ein Leopard ist, also nicht,
oder nur unvollständig, was das Wort “Leopard”
bedeutet, bis man ihm einmal ein solches Tier zeigt.
Nun kommt es uns mit dem Blinden ähnlich vor.
Sie wissen, so zu sagen, nicht, wie sehen
ist. – Ist nun ‘Furcht nicht kennen’
analog dem ‘nie einen Leoparden gesehen
haben’? Das will ich natürlich
verneinen. |
234 Könnte man
denn nicht z.B. annehmen,
daß er etwas Rotes sieht, wenn ich ihm auf
den Kopf schlage? Es könnte das ja bei
Sehenden einer Erfahrung entsprechen. Das angenommen, so ist er doch für das praktische Leben blind. D.h., er reagiert nicht wie der normale Mensch. Wenn aber jemand mit den Augen blind wäre, dagegen sich so benähme, daß wir sagen müßten, er sieht mit den Handflächen (dieses Benehmen ist leicht auszumalen), so würden wir ihm als Sehenden behandeln und auch die Erklärung des Wortes ‘rot’ mit dem Täfelchen würden wir hier für möglich halten. |
260.
Du gibst jemanden ein Signal, wenn du dir etwas
vorstellst; du benützt verschiedene Signale für
verschiedene Vorstellungen. – Wie vereinbart
ihr, was jedes Signal bedeuten soll?
Gehörsvorstellung, Gesichtsvorstellung, wie unterscheiden sie sich von den Empfindungen? Nicht durch “Lebhaftigkeit”. Vorstellungen ◇◇◇ belehren uns nicht über die Außenwelt, weder richtig noch falsch. (Vorstellungen sind nicht Halluzinationen, auch nicht Einbildungen.) Während ich einen Gegenstand sehe, kann ich mir ihn mir nicht vorstellen. Verschiedenheit der Sprachspiele: “Schau die Figur an!” und “Stell dir die Figur vor!” Vorstellung dem Willen unterworfen. 48
Vorstellung nicht Bild. Welchen Gegenstand ich mir vorstelle, ersehe ich nicht aus der Ähnlichkeit des Vorstellungsbildes mit ihm. Auf die Frage “Was stellst du dir vor” kann man mit einem Bild antworten |
064 Man
möchte sagen: Der vorgestellte Klang sei in einem
andern Raum als der gehörte.
Das Gesehene in einem andern Raum, als das Vorgestellte.
(Frage: Warum?)
Hören ist mit Hinhorchen verbunden; einen Klang sich
vorstellen, nicht. Darum ist der gehörte Klang in
einem andern Raum als der vorgestellte. |
065 Ich
lese ein Buch || eine Geschichte
und Stelle mir während des Lesens, also während des
aufmerksamen Schauens || also deutlichen Sehens
alles mögliche vor. || allerlei vor. |
066 Es
könnte Leute geben, die nie den Ausdruck gebrauchen
“etwas vor dem inneren Auge sehen”, oder einen
ähnlichen; und diese könnten doch im Stande sein,
‘aus der Vorstellung’, oder nach der
Erinnerung zu zeichnen, zu modellieren, das charakteristische Benehmen Anderer || andere
Leute nachzuahmen, etc. Sie
mögen auch, ehe sie etwas aus der Erinnerung zeichnen || Ein solcher möge auch, ehe er etwas aus der
Erinnerung zeichnet die Augen schließen,
oder wie blind vor sich hinstarren. Und doch
könnten sie leugnen, daß sie dann
vor sich sehen, was sie später zeichnen || könnte er leugnen, daß er dann vor
sich sieht, was er später zeichnet.
Aber wieviel müßte ich auf diese Äußerung
geben? Ist nach ihr zu beurteilen, ob er eine
Gesichtsvorstellung hat? Nicht nur
danach. Denk an den Ausdruck:
“Jetzt seh ich's vor mir –
jetzt nicht mehr.” “Es gibt da eine echte
Dauer. |
070
Ich hätte früher auch sagen
können: Der Zusammenhang
zwischen Vorstellen und Sehen ist eng; eine
Ähnlichkeit aber gibt es
nicht. |
071 Die
Sprachspiele mit den beiden Begriffen sind || die diese
Begriffe verwenden sind grundverschieden, –
hängen zusammen. || haben keine
Ähnlichkeit, aber engen Zusammenhang.
|
072
Unterschied: zwischen ‘trachten, etwas
zu sehen’ – und
‘trachten, sich etwas
vorzustellen’. Im ersten Fall sagt man etwa
“Schau genau hin!”, im zweiten
“Schließ die
Augen!” |
080 Weil
die Vorstellung || das Vorstellen dem
Willen untertan || eine
Willenshandlung ist unterrichtet sie || er uns eben nicht über die
Außenwelt || Welt. |
Das
Vorgestellte nicht im gleichen Raum wie das
Gesehene. Sehen ist mit Schauen verbunden.
49 |
077
“Sehen und Verstehen sind verschiedene
Phänomene.” –Die Wörter
“sehen” und
“vorstellen haben verschiedene
Bedeutung! Ihre Bedeutungen beziehen
sich auf eine Menge wichtiger Arten und Weisen menschlichen
Verhaltens || Und sie beziehen sich auf typische
Erscheinungen des menschlichen Verhaltens, auf
Phänomene des menschlichen Lebens. || und Bezug auf typische Erscheinungen des
menschlichen Lebens |
086 Sag
dir wieder, wenn Einer darauf besteht, was er
“Gesichtsvorstellung” nennt, sei ähnlich
dem Gesichtseindruck: daß er sich
vielleicht irrt! Oder:
Wie, wenn er sich darin irrte? Das
heißt:
Was weißt du
von der Ähnlichkeit seines
Gesichtseindrucks und seiner
Gesichtsvorstellung?! (Ich rede vom Andern,
weil, was von ihm gilt,
auch von mir gilt.) Was weißt du also von dieser Ähnlichkeit? Sie äußert sich nur in den Ausdrücken, die er zu gebrauchen geneigt ist; nicht in dem, was er mit diesen Ausdrücken sagt. “Es ist gar kein Zweifel: die Gesichtsvorstellung und der Gesichtseindruck sind von derselben Art!” Das mußt du aus deiner eigenen Erfahrung wissen; und dann ist es also etwas, was für dich stimmen mag und für Andere nicht. (Und das gilt natürlich auch für mich, wenn ich es sage.) |
087
Wenn wir uns etwas vorstellen,
beobachten wir nicht. Daß die
Bilder kommen und vergehen geschieht uns nicht.
Wir sind nicht überrascht von diesen Bildern und sagen
“Sieh da …”
(Gegensatz z.B. zu den
Nachbildern.) |
088 Wir
‘verscheuchen’ nicht Gesichtseindrücke, aber
Vorstellungen. Und wir sagen von jenen auch
nicht, wir könnten sie nicht
verscheuchen. |
097 Wenn
Einer wirklich sagte “Ich weiß
nicht, sehe ich jetzt einen Baum, oder stelle ich mir einen
vor”, so würde ich zunächst glauben, er
meine: “oder bilde ich mir nur ein, es stehe dort
einer”. Meint er das nicht, so könnte ich
ihn überhaupt nicht verstehen – wollte mir aber jemand
diesen Fall erklären und sagte “Er hat
eben so außergewöhnlich lebhafte
Vorstellungen, daß er sie für
Sinneseindrücke halten kann” – verstünde
ich's jetzt? 50 |
099 Muß man
aber hier nicht unterscheiden: a) sich || mich sagen wir, das Gesicht eines
Freundes || Menschen
z.B. vorstellen, aber nicht
im || in dem Raum der mich umgibt
– und andrerseits || b): sich || mir an
dieser Wand dort ein Bild etwa vorstellen?
Man könnte z.B. auf die Aufforderung “Stell dir dort drüben einen runden Fleck vor” sich einbilden, wirklich einen dort zu sehen. |
109 Das
‘Vorstellungsbild” tritt nicht dort ins
Sprachspiel ein, wo man es vermuten möchte. |
110
Ich lerne den Begriff ‘sehen’ mit dem
Beschreiben dessen, was ich sehe. Ich lerne beobachten
und das Beobachtete beschreiben. Ich lerne den
Begriff ‘vorstellen’ in einer
gänzlich andern Verbindung. Die
Beschreibung des Gesehenen und des Vorgestellte sind allerdings von
der selben Art, und eine Beschreibung könnte sowohl das eine,
wie auch das Andere sein; aber sonst sind die Begriffe
durchaus verschieden. Der Begriff des
Vorstellens ist eher wie der eines Tuns, als eines
Empfangens. Das Vorstellen könnte man
einen schöpferischen Akt nennen. (Und nennt es
ja auch so) |
111
“Ja, aber die Vorstellung selbst, so wie der
Gesichtseindruck, ist doch das innere
Bild || das Bild vor dem inneren
Auge
und du
redest nur von den Verschiedenheiten der Erzeugung, Entstehung,
Behandlung des Bildes.” Die Vorstellung ist
nicht ein Bild, noch ist der Gesichtseindruck eines.
Weder ‘Vorstellung’ noch
‘Eindruck’ ist ein Bildbegriff, obwohl in beiden
Fällen ein Zusammenhang mit einem Bild statt hat, und jedes
Mal ein Anderer. |
Was nennst du “Erlebnisinhalt” des
Sehens, was “Erlebnisinhalt” der
Verstellung? |
112
“Aber könnte ich mir nicht einen
Erlebnisinhalt denken von der Art der visuellen Vorstellung || des Gesichtseindrucks, aber dem Willen nicht
unterworfen || Willen unterworfen, in dieser
Beziehung also wie der Gesichtseindruck || die
visuelle Vorstellung”? Was
nennst Du “Erlebnisinhalt” des Sehens, was
“Erlebnisinhalt” der Vorstellung?
51 |
122
(Daß man nämlich die
‘Willkürlichkeit’ der
Vorstellung || Willenshandlung des Vorstellens
nicht mit der Bewegung von Körpern || des
Körpers vergleichen kann, ist klar; denn, ob die
Bewegung stattgefunden hat, das zu beurteilen sind auch Andere
befähigt; während es bei der Bewegung meiner
Vorstellungen immer nur darauf ankäme, was
ich zu sehen behaupte, – was immer
irgend ein Anderer sieht. Es würden also die sich
bewegenden wirklichen Gegenstände aus der Betrachtung
herausfallen, da es auf sie gar nicht ankäme.)
|
123 Sagte
man also: “Vorstellungen sind innere Bilder,
ähnlich, oder ganz so, wie meine
Gesichtsempfindungen || Gesichtseindrücke nur meinem Willen
untertan” – so hätte das bis auf
weiteres || vorerst noch keinen
Sinn. || so wäre das bis auf
weiteres || vorerst noch ohne
Sinn.
Denn wenn Einer zu berichten gelernt hat, was er dort sieht, oder was ihm dort zu sein scheint, so ist es doch nicht klar, was der Befehl bedeute, er solle jetzt das dort sehen, oder es solle ihm jetzt das dort zu sein scheinen. “Durch den bloßen Willen bewegen” was heißt es? Etwa, daß die Vorstellungsbilder meinem Willen immer genau folgen, während meine zeichnende Hand, mein Bleistift, das nicht tut? Immerhin wäre es ja dann doch möglich zu sagen: “Für gewöhnlich stelle ich mir ganz genau vor, was ich will; heute ist es anders ausgefallen.” Gibt es denn ein ‘Mißlingen der Vorstellung’? |
136 Ein Sprachspiel
umfaßt ja doch den Gebrauch
mehrerer Wörter. |
137 Nichts kann || könnte falscher sein, als zu sagen, Sehen und
Vorstellen seien verschiedene Tätigkeiten.
Das ist, als sagte man, im Schach ziehen und verlieren seien
verschiedene Tätigkeiten. |
138 Wenn wir als Kinder
¤ die Worte “sehen”,
“schauen”, “vorstellen”
gebrauchen lernen, so spielen dabei || bei dieser
Abrichtung Willenshandlungen Befehle
hinein || eine Rolle.
Aber in anderer
Weise für jedes der drei Wörter || für jedes
der drei Wörter eine andere.
52
Das Sprachspiel
mit dem Befehl “Schau!” und
mit dem Befehl “Stell dir …
vor!” – wie soll ich sie nur
vergleichen? – Wenn wir jemand abrichten wollen,
daß er auf den Befehl “schau
… !” reagiert und wenn wir ihn dazu
abrichten wollen, daß er den
Befehl
“Stell dir … dir!” versteht, so
müssen wir ihn doch offenbar ganz Anderes lehren.
Reaktionen, die zu diesem Sprachspiel gehören,
gehören zu jenen nicht. Ja, ein enger Zusammenhang
der Sprachspiele ist natürlich da, aber eine
Ähnlichkeit? –
Stücke des Einen sind Stücken des Andern
ähnlich, aber die ähnlichen Stücke sind nicht
homolog. |
139 Ich
könnte mir etwas Ähnliches
für wirkliche Spiele denken. |
185. Denken wir uns eine
Variante des Tennisspiels: es wird in die Regeln dieses Spiels
die aufgenommen, der Spieler habe sich bei gewissen Spielhandlungen
das und das vorzustellen!
(Der Zweck dieser Regel sei, das Spiel zu
erschweren.) Der erste Einwand ist: man
könne in diesem Spiel zu leicht schwindeln. Aber
dem
wird mit der Annahme
begegnet, das Spiel werde nur vom von ehrlichen und
zuverlässigen Menschen gespielt. Hier haben wir
also ein Spiel mit innern Spielhandlungen. –
Welcher Art ist nun die innere Spielhandlung, worin besteht sie? Darin, daß er – der Spielregel gemäß – sich … vorstellt. –Könnte man aber nicht auch sagen: Wir wissen nicht, welcher Art die innere Spielhandlung ist, die er der Regel gemäß ausführt; wir kennen nur ihr Äußerungen? Die innere Spielhandlung sei ein X, dessen Natur wir nicht kennen. Oder: Es gäbe || gebe auch hier nur äußere Spielhandlungen: die Mitteilung der Spielregel und das, was man die ‘Äußerung des inneren Vorgangs’ nennt. – –Nun, kann man das Spiel nicht auf alle drei Arten beschreiben? Auch das mit dem ‘unbekannten’ X ist eine ganz mögliche Beschreibungsart. Der eine sagt, die sogenannte ‘innere’ Spielhandlung sei mit einer Spielhandlung im gewöhnlichen Sinne nicht vergleichbar – der Andre sagt, sie sei mit einer solchen vergleichbar – der Dritte: sie sei vergleichbar nur mit einer Handlung, die im Geheimen geschieht und die niemand kennt, als der Handelnde. 53
Wichtig ist für uns, daß wir die Gefahren des Ausdrucks “innere Spielhandlung” sehen. Er ist gefährlich, weil er Verwirrung hervorruft || anrichtet. |
1798.
Erinnerung:
“Ich sehe uns noch an jenem Tisch
sitzen”. – Aber habe ich wirklich das
gleiche Gesichtsbild – oder eines von denen, welche ich damals
hatte? Sehe ich auch gewiß den
Tisch und meinen Freund vom gleichen Gesichtspunkt wie damals also
mich selbst nicht? – –Mein Erinnerungsbild ist
nicht Evidenz jener vergangenen Situationen; wie eine
Photographie es wäre die, damals
aufgenommen, mir jetzt bezeugt, daß es damals so war.
Das Erinnerungsbild und die Erinnerungsworte stehen auf
gleicher Stufe. |
186. Das Achselzucken,
Kopfschütteln, Nicken, u.s.f.,
nennen wir Zeichen vor allem darum, weil sie in dem Gebrauch
unsrer Wortsprache eingebettet sind. |
54. Wenn man es
für selbstverständlich hält, daß der Mensch sich
an seiner Phantasie vergnügt, so bedenke man, daß die
Phantasie nicht einem gemalten Bild, einer Plastik, oder einem
Film entspricht, sondern einem komplexen Gebilde aus heterogenen
Bestandteilen – Zeichen und Bildern. |
425. Manche Menschen
erinnern sich an ein musikalisches Thema in der Weise, daß das
Notenbild vor ihnen auftaucht und sie es herunterlesen.
Es wäre denkbar, daß, was wir “Erinnern” bei einem Menschen nennen, darin bestünde, daß er sich im Geiste ein Buch nachschlagen sähe, und daß, was er in diesem Buch liest, eben das Erinnerte wäre. (Wie reagiere ich auf eine Erinnerung?) |
648. Kann man ein
Erinnerungserlebnis beschreiben? –
Gewiß. – Aber kann man das Erinnerungshafte
an diesem Erlebnis beschreiben? Was
heißt das? |
1394.
“Ein Bild (Vorstellungsbild, Erinnerungsbild)
der Sehnsucht”. Man denkt, man habe schon
alles damit getan, daß man von einem
‘Bild’ redet; denn die Sehnsucht ist eben ein
Bewußtseinsinhalt, und dessen Bild ist etwas,
was ihm (sehr) ähnlich ist, wenn
auch undeutlicher als das Original.
Und man könnte ja wohl von Einem, der die Sehnsucht auf dem 54
Theater spielt, sagen, er
erlebe, oder habe, ein Bild der Sehnsucht:
nämlich nicht als
Erklärung seines Handelns,
sondern zu seiner || dessen Beschreibung.
|
350 “Es schmeckt genau
wie Zucker”. Wie kommt es,
daß ich dessen so sicher sein kann?
Aber auch || Und zwar auch, wenn es sich
dann als falsch herausstellt. – Und was erstaunt
mich daran? Daß ich den Begriff
Zucker in eine so feste Verbindung mit der
Geschmacksempfindung bringe.
Daß ich die Substanz Zucker direkt im
Geschmack zu erkennen scheine. Aber statt des Ausdrucks “Es schmeckt genau … ” könnte ich ja primitiver den Ausruf “Zucker!” verwenden || “Zucker!” ausrufen. Und kann man denn sagen, bei dem Wort ‘schwebe mir die Substanz Zucker vor’? wie tut || täte sie das? |
351
Kann ich sagen, dieser Geschmack brächte
gebieterisch den Namen
“Zucker” mit sich; oder aber das Bild eines
Stücks Zucker? Keines von beiden scheint
richtig. Ja, gebieterisch ist das Verlangen nach dem
Begriff ‘rot’, wenn wir ihn zur Beschreibung des
Gesehenen verwenden. |
352 Ich
erinnere mich, daß Zucker so geschmeckt
hat. Es kommt mir das Erlebnis zurück ins
Bewußtsein. Aber
natürlich || freilich:
wie weiß ich, daß es
das frühere Erlebnis ist? Das
Gedächtnis hilft mir da nicht mehr. Nein, diese
Worte, || – das Erlebnis komme
zurück … , || – sind nur eine
Umschreibung, keine Erklärung || Beschreibung
des Erinnerns. Aber wenn ich sage “Es scheint || schmeckt genau wie Zucker”, so findet in einem wichtigen Sinne gar kein Erinnern statt. Ich begründe 55
also mein Urteil, oder meinen Ausruf, nicht. Wer
mich fragt, “Was meinst du mit
‘Zucker’?” – dem werde ich
allerdings ein Stück Zucker zu zeigen trachten. Und
wer fragt “Wie weißt du,
daß Zucker so schmeckt”, werde ich
allerdings antworten “ich habe tausende Male Zucker
gegessen” – aber das ist nicht eine Rechtfertigung,
die ich mir selbst gebe. |
345
“Es schmeckt wie Zucker.” Man erinnert
sich genau und mit Sicherheit wie Zucker schmeckt. Ich
sage nicht “Ich glaube, so schmeckt
Zucker.” Welch merkwürdiges
Phänomen. Eben das Phänomen des
Gedächtnisses. – Aber ist es richtig, es ein
merkwürdiges Phänomen zu nennen?
Es ist ja nichts weniger als merkwürdig. Jene Sicherheit ist ja nicht (um ein Haar) merkwürdiger, als es die Unsicherheit wäre. Was ist denn merkwürdig? Das, daß ich mit Sicherheit sage “Das schmeckt wie Zucker”? oder, daß es dann wirklich Zucker ist? Oder, daß Andere dasselbe finden? Wenn das sichere Erkennen des Zuckers merkwürdig ist, so wäre es also das Nichterkennen weniger. |
582 “Welcher seltsame
und furchtbare Laut. Ich werde ihn nie
vergessen.” Und warum sollte man das nicht vom
Erinnern sagen können (“Welche seltsame
… Erfahrung … ”), wenn man zum ersten Mal
in die Vergangenheit gesehen hat? – |
591 Erinnern: ein
Sehen in die Vergangenheit.
Träumen könnte man so nennen, wenn es uns
Vergangenes vorführt. Nicht aber
Erinnern¤; denn auch wenn es uns Szenen mit
halluzinatorischer Klarheit zeigte, so lehrt es uns
doch || nun erst, daß dies das
Vergangene sei. |
592 Aber wenn uns nun das
Gedächtnis die Vergangenheit zeigt, wie zeigt es uns,
daß es die Vergangenheit ist?
Es zeigt uns eben nicht die Vergangenheit. So wenig, wie unsere Sinne die Gegenwart. 56 |
593 Man kann auch nicht sagen,
sie teile uns die Vergangenheit mit. Denn selbst,
wäre das Gedächtnis eine hörbare Stimme, die zu uns
spräche, – wie könnten wir sie verstehen?
Sagt sie uns z.B. “Gestern
war schönes Wetter”, wie kann ich lernen, was
“gestern” bedeutet? |
594 Ich führe mir selbst nur
so etwas vor, wie ich es auch den Andern
vorführe. |
595 Ich kann dem Andern mein gutes
Gedächtnis vorführen, und auch mir selbst
vorführen. Ich kann mich selbst ausfragen.
(Vokabeln, Daten.) |
596 Aber wie führe ich mir
das Erinnern vor? Nun, ich frage mich
“Wie verbrachte ich den heutigen
Morgen?” und antworte mir
darauf. – Aber was habe ich mir nun eigentlich
vorgeführt? War es das Erinnern?
nämlich, wie das ist, sich an etwas erinnern? –
Hätte ich denn damit || so einem
Andern das Erinnern vorgeführt? |
98. Die Bedeutung eines
Wortes vergessen – sich wieder an sie erinnern. Was
für Vorgänge gibt es da? An was erinnert
man sich, was fällt einem da ein, wenn man sich wieder
daran erinnert, was das englische Wort
“perhaps”
bedeutet. |
Wenn
man Dich || Dich jemand fragt:
“Weißt du das
ABC?” und Du jetzt eben im Geist das ABC
durchgehst, oder in einem besondern Gemütszustand
bist || man mich || mich jemand fragt:
“Weißt du das
ABC?” und ich jetzt im Geist das ABC durchgehe, oder
in einem besondern Gemütszustand bin, der irgendwie dem
Hersagen des ABC äquivalent ist. |
269. Wie lehrt man
jemand, leise für sich selbst lesen? Wie weiß
man, wenn er's kann? Wie weiß er selbst,
daß er tut, was man von ihm verlangt? |
167. Man kann
doch einen Spiegel besitzen; besitzt man dann auch das Spiegelbild,
das sich in ihm zeigt? |
Etwas sagen ist eine Tätigkeit. Geneigt sein, etwas
zu sagen, ein Zustand. “Aber worin
besteht der?” –Überlege
Dir || Gib Dir darüber Rechenschaft,
wie der Ausdruck verwendet wird! 57 |
85. “Solange
die Temperatur des Stabes nicht unter … herabsinkt, kann man
ihn schmieden”. Es hat also Sinn zu
sagen: “ich kann ihn von 5 bis 6 Uhr
schmieden”. Oder: “Ich
kann von 5 bis 6 Schach spielen”, d.h.
ich habe von 5 bis 6 Zeit. – “Solange
mein Puls nicht unter …
herabsinkt, kann ich die Rechnung
ausführen.” Diese Rechnung braucht 1
1/2 Minuten; wielange braucht es aber: sie
ausführen können? Und wenn du sie eine
Stunde lang rechnen kannst, fängst du da immer
wieder von Frischen an? |
511 Die Aufmerksamkeit ist
dynamisch, nicht statisch – möchte man
sagen. Ich vergleiche das Aufmerken zuerst mit einem
Hinstarren || Hinglotzen: das ist es aber
nicht, was ich Aufmerksamkeit nenne; und will nun sagen, ich finde,
man könne nicht statisch aufmerken.
|
519 Wenn ich in einem
bestimmten Falle sage: die Aufmerksamkeit besteht
in der Bereitschaft, jeder kleinsten Bewegung, die sich zeigen mag,
zu folgen, – so siehst du schon, daß die
Aufmerksamkeit nicht das starre Hinschauen ist, sondern ein
Begriff anderer Art. |
81.
Zustände: ‘Einen Berg ersteigen
können’ kann man einen Zustand meines Körpers
nennen. Ich sage: “Ich kann
hinaufsteigen – ich meine,: ich bin stark genug
dazu”. Vergleiche damit diesen Zustand des
Könnens: “Ja, ich kann dorthin gehen
– ich meine: ich habe Zeit dazu.” 58 |
60
Welche Rolle spielen falsche Satze
in einem Sprachspiel? Ich glaube, es gibt
verschiedene Fälle. 1.) Einer hat die
Signallaternen an einer Straßenkreuzung
zu beobachten und einem Andern zu sagen, welche Farben sie
zeigen. Er verspricht sich dabei und sagt die falsche
Farbe. 2.) Es werden meteorologische Beobachtung gemacht || angestellt und nach gewissen Regeln aus ihnen das Wetter für den nächsten Tag vorhergesagt. Die Vorhersage trifft ein, oder nicht. Im ersten Fall kann man sagen, er spielt falsch; im zweiten nicht – wie ich seinerzeit glaubte. Man wird hier (nämlich) von einer Frage geplagt, die etwa so lautet: Gehört die Verifikation noch (mit)﹖ zum Sprachspiel? |
104
Ich behaupte: “Wenn
dies eintrifft, so wird das
eintreffen. Habe ich darin Recht, so zahlst
du mir
einen Schilling, habe ich Unrecht,
so zahle ich dir einen || ...., habe ich Unrecht,
so zahle ich dir ...., bleibt es
unentschieden, (so) zahlt
keiner.” Das könnte man auch so
ausdrücken: Der Fall, in welchem die Prämisse
nicht eintrifft, interessiert uns nicht, wir reden
nicht von ihm. Oder auch: es ist
uns hier nicht natürlich, die Wörter
“ja” und “nein” so zu
gebrauchen, wie in dem Falle (und solche
Fälle || diesen gibt es) in welchem
uns die materielle Implikation interessiert.
Mit “Nein” wollen wir hier sagen
“p & nicht q”,
mit “Ja” nur
“p &
q.” Es gibt keinen Satz vom
ausgeschlossenen Dritten, der so lautet: Du
gewinnst die Wette, oder verlierst sie – ein Drittes gibt es
nicht. |
1608.
Sagst Du nun
“Die Verwendung des Konjunktivs beruht auf dem
Glauben an ein Naturgesetz”– so kann man
entgegnen: “Sie
beruhen nicht auf diesem Glauben; sie und dieser Glaube
stehen auf gleicher Stufe.” (Ich
hörte im Film einen Vater zu seiner Tochter sagen, er hätte
eine Andre zur Frau nehmen sollen: “Sie
hätte deine Mutter sein sollen”! (Warum
ist das unrichtig?) 59 |
730
“Wenn p eintritt, so trifft
q ein” könnte man
eine bedingte Vorhersage nennen.
D.h.: für den Fall
nicht-p mache ich
keine Vorhersage. Aber darum wird, was ich
sage, durch “nicht-p &
nicht-q” auch nicht
wahrgemacht. Oder auch so: es gibt bedingte Vorhersagen, und “p impliziert q” ist keine solche. ((Zu Bd.Q. S.14)). |
731 Den Satz
“Wenn p eintrifft, so trifft
q ein”. Will ich “S”
nennen. –“S oder
nicht-S” ist eine Tautologie:
(aber) ist es auch der Satz vom
ausgeschlossenen Dritten? – Oder auch so:
Wenn ich sagen will, daß die Vorhersage
“S” richtig, falsch,
oder unentschieden sein kann, wird das durch den Satz
ausgedrückt “nicht (S oder
nicht-S)”? |
73. Ist die Verneigung
eines Satzes identisch mit der Disjunktion der nicht
ausgeschlossenen Fälle? Sie ist es in manchen
Fällen. (Z.B. in
diesem: “Die Permutation der Elemente
A. B. C. die er
anschrieb, war nicht ACB.”) |
23.
Der wichtige Sinn
des Fregeschen
Behauptungszeichens wird vielleicht am besten dadurch
gefaßt, daß wir sagen;
es bezeichnet deutlich den Anfang des Satzes.
Das ist wichtig: denn unsere
philosophischen Schwierigkeiten, das Wesen der
‘Negation’ und das ‘Denkens’
betreffend, rühren im gewissen
Sinn, daher, daß wir nicht sehen || hängen damit Zusammen daß
ein Satz “⊢ nicht
p”, oder “⊢ ich glaube
p”, mit dem Satz “⊢p”
wohl “p” gemeinsam
hat || wohl den Satz “p”
enthält, aber nicht “⊢p”.
(Denn wenn ich jemand sagen höre: “es
regnet”, so weiß ich nicht, was er
gesagt hat, wenn ich nicht weiß, ob ich den
Anfang des Satzes gehört habe.)60 |
575. Ein Widerspruch
verhindert mich, im Sprachspiel zur Tat zu kommen. |
576. Nehmen
wir aber an, das Sprachspiel bestünde eben darin, mich
fortwährend von einem Entschluß in den
entgegengesetzten zu werfen! |
577. Der Widerspruch
ist nicht als Katastrophe aufzufassen, sondern als eine Mauer, die
uns anzeigt, daß wir hier nicht weiter können.
|
579.
Ich möchte nicht so sehr fragen
“Was
müssen wir tun, um einen Widerspruch zu
vermeiden?”, als “Was sollen wir tun,
wenn wir zu einem Widerspruch gelangt sind?”
|
580.
Warum ist ein Widerspruch mehr zu fürchten, als eine
Tautologie? |
581. Unser Motto
könnte sein: “Lassen wir uns nicht
behexen!” |
“Der Kretische Lügner”. Statt zu
sagen “ich lüge”, könnte er auch
hinschreiben “dieser Satz ist falsch”.
Die Antwort darauf wäre: “Wohl, aber
welchen Satz meinst Du?” – “Nun,
diesen Satz.” –
“Ich verstehe, aber von welchem Satz ist in
ihm die Rede?” –
“Von diesem.” –
“Gut, und auf welchen Satz spielt dieser
an?” u.s.w..
Er könnte uns so nicht erklären, was er meint, ehe er zu
einem kompletten Satz übergeht. – Man kann
auch sagen: Der fundamentale Fehler liegt darin,
daß man denkt || glaubt, ein Wort, z.B.
“dieser Satz”, könne auf seinen Gegenstand
gleichsam anspielen (aus der Entfernung hindeuten), ohne ihn
vertreten zu müssen. |
572. Stellen wir, uns
die Frage: Welchem praktischen Zweck kann
Russell's Theorie
der Typen dienen? – R. macht uns drauf aufmerksam, daß wir
manchmal den Ausdruck der Allgemeinheit einschränken
müssen, um zu vermeiden, daß unerwünschte
Konsequenzen aus ihm gezogen werden. |
470. Das Raisonnement,
das zu einem endlosen Regreß führt ist
nicht darum aufzugeben, ‘weil wir so nie das Ziel
erreichen können’, sondern, weil es hier ein Ziel
nicht gibt; sodaß er gar keinen Sinn hat, zu sagen “wir
können es nicht erreichen”.
61
Wir meinen leicht, wir müßten den Regreß ein paar Stufen weit durchlaufen und ihn dann sozusagen in Verzweiflung aufgeben. Während seine Ziellosigkeit (das Fehlen des Zieles im Kalkül) aus der Anfangsposition zu entnehmen ist. |
1764.
Eine Variante des
Cantor'schen
Diagonalbeweises: N = F
(k,n) sei die Form der Gesetze
für die Entwicklung von
Dezimalbrüchen. N
ist die n-te Dezimalstelle der k-ten Entwicklung.
Das Gesetz der Diagonale ist dann:
N =
F (n,n) ≝ F'(n).
Zu beweisen ist, daß F'n nicht eine der Regeln F(k,n) sein kann. Angenommen, es sei die 100ste. Dann lautet die Regel zur Bildung von F'(1) F(1,1) von F'(2) F(2,2) etc. aber die Regel zur Bildung der 100sten Stelle von F'(n) wird || lautet F(100,100); D.h., sie sagt uns nur, daß die 100ste Stelle sich selber gleich sein soll, ist also für n = 100 keine Regel. Die Spielregel lautet “Tu das Gleiche, wie … !” – und im besondern Fall wird sie nun “Tu das Gleiche, wie das, was Du tust!” |
665. Das
Verstehen der mathematischen Frage. Wie
wissen wir, ob wir eine mathematische Frage verstehen?
Eine Frage – kann man sagen – ist ein Auftrag. Und einen Auftrag verstehen, heißt: wissen, was man zu tun hat. Ein Auftrag kann natürlich ganz vage sein – z.B., wenn ich sage: “Bring ihm etwas, was ihm gut tut!” Aber dies kann heißen: denk an ihn, seinen Zustand, etc. in freundlicher Weise und dann bring ihm etwas, was deiner Gesinnung gegen ihn entspricht. |
668.
Die mathematische Frage ist eine Herausforderung.
Und man könnte sagen: sie hat Sinn, wenn sie uns zu
einer mathematischen Tätigkeit
anspornt. |
669. Man könnte
dann auch sagen, eine Frage in der Mathematik habe Sinn, wenn
sie || die mathematische Phantasie anregt. 62 |
1446.
Übersetzen von einer Sprache in die andere
ist eine mathematische Aufgabe und das
Übersetzen eines lyrischen Gedichts
z.B. in eine fremde Sprache ist ganz analog
einem mathematischen
Problem. Denn man kann wohl das Problem
stellen “Wie ist dieser Witz
(z.B.) durch einen Witz in der andern
Sprache zu übersetzen,
¤d.h. zu ersetzen”; und das Problem
kann || kann auch
gelöst sein; aber eine Methode, ein System, zu
seiner Lösung gab es nicht.
|
996.
Denk dir Menschen, die mit
‘äußerst
komplizierten’ Zahlzeichen rechnen. Diese
stellen sich aber dar als Figuren, welche entstehen, wenn man
unsere Zahlzeichen aufeinander schreibt. Sie schreiben
z.B. π
bis zur fünften Stelle so:
Wer ihnen
zusähe, fände es
schwer, zu erraten, was sie tun. Und sie
könnten es vielleicht selbst nicht
erklären. Es kann ja dieses
Zahlzeichen, in etwas anderer Schrift geschrieben, seine
Erscheinung (für
uns) zur Unkenntlichkeit
ändern. Und was die Leute
täten, erschiene uns rein
intuitiv. |
1618.
Warum
zählen wir? Hat es sich als
praktisch erwiesen? Haben wir unsere Begriffe,
z.B. die psychologischen, weil es
vorteilhaft ist? – || weil es sich als
vorteilhaft erwiesen hat? – Und
doch haben wir gewisse || manche
unsrer Begriffe eben deswegen, haben sie deswegen
eingeführt.
Übrigens tritt der Unterschied zwischen dem, was man Sätze der Mathematik nennt und Erfahrungssätzen zu Tage, wenn man bedenkt, ob es Sinn hat zu sagen: “ich wünschte 2 × 2 wäre 5!” Wenn man bedenkt, daß die Gleichung 2 + 2 = 4 ein Beweis des Satzes ist “es gibt gerade Zahlen”, so sieht man wie lose hier das Wort “Beweis” gebraucht ist. Aus der Gleichung 2 + 2 = 4 soll der Satz “es gibt gerade Zahlen” hervorgehen?! – Und was ist der Beweis der Existenz von Primzahlen? – Die Methode der Zerlegung in Primfaktoren. Aber in dieser Methode wird ja überhaupt nicht geredet, auch nicht von “Primzahlen”. “Die Kinder müßten, um das Rechnen der Volksschule zu verstehen, bedeutende Philosophen sein, in Ermanglung dessen brauchen sie die Übung.” 63
Wenn wir eine Erklärung, etwa des logischen Folgens, lesen, so halten wir uns an das, was Er schreibt. Wir halten uns an die Worte; an die Zeichen || ¤ an den Kalkül |
140
Russell und
Frege fassen den Begriff
gleichsam als Eigenschaft eines Dings auf. Aber es ist
sehr unnatürlich, die Worte Mensch, Raum, Baum, Abhandlung,
Kreis, als Eigenschaften eines Substrats aufzufassen.
|
20
Die Dirichlet'sche Auffassung der Funktion der Funktion ist nur dort
möglich, wo sie nicht ein unendliches Gesetz durch eine Liste
ausdrücken will, denn eine unendliche Liste gibt es
nicht. |
552 Die Zahlen sind
der Mathematik nicht fundamental. |
1765.
Der Begriff des ‘Ordnens’ der Rationalzahlen
z.B. und der
‘Unmöglichkeit’,
die Irrationalzahlen so zu ordnen. Vergleiche das mit
dem, was man ‘Ordnen’ von Ziffern nennt.
Gleichermaßen der Unterschied zwischen dem
‘Zuordnen’ einer Ziffer (oder
Nuß) zu einer andern und dem
‘Zuordnen’ aller ganzer Zahlen zu den
geraden Zahlen; etc.
Überall
Begriffsverschiebungen. |
157 Es gibt offenbar
eine Methode, ein gerades Lineal anzufertigen. Diese
Methode schließt ein Ideal ein, ich meine,
ein Näherungsverfahren mit unbegrenzter
Möglichkeit, denn eben dieses Verfahren
ist das Ideal Oder vielmehr: Nur, wenn es ein Näherungsverfahren mit unbegrenzter Möglichkeit ist, kann (nicht muß) die Geometrie dieses Verfahrens die euklidische sein. |
103 Die Rechnung als
Ornament zu betrachten, daß ist auch
Formalismus, aber einer guten Art. |
102 Man kann die
Rechnung als Ornament betrachten. Eine Figur in der
Ebene kann an eine andere passen oder nicht, mit anderen in
verschiedener Weise zusammengefaßt
werden. Wenn die Figur noch gefärbt ist, so gibt es
dann noch ein Passen in Bezug auf die Farbe || der
Farbe nach. (Die Farbe ist nur eine
weitere Dimension.)
Es gibt eine Betrachtungsweise der elektrischen Maschinen und Apparate (Dynamos, Radiostationen, etc. etc.), die sozusagen ohne vorgefaßtes Verständnis diese Gegenstände als eine Verteilung von Kupfer, Eisen, Gummi, etc. im Raum ansieht. Und diese Betrachtungsweise könnte zu manchem interessanten Resultat führen. Sie ist ganz analog || ähnlich der eines mathematischen Satzes als Ornament. – Es ist natürlich eine durchaus strenge und korrekte Auffassung; und das Charakteristische und Schwierige an ihr ist, daß sie den Gegenstand ohne jede vorgefaßte Idee betrachtet (sozusagen 64
von einem Marsstandpunkt), oder vielleicht richtiger: die
normale vorgefaßte Idee,
Erklärung, zerstört (durchkreuzt).
|
421
Der Stil meiner
Sätze ist außerordentlich stark von
Frege
beeinflußt. Und wenn ich wollte, so
könnte ich wohl diesen Einfluß
feststellen, wo ihn auf den ersten Blick Keiner
sähe.) 65 |
1260.
Es
könnte von Zeichen ein Gebrauch gemacht werden
solcher Art, daß die Zeichen nutzlos
würden (daß man sie
vielleicht vernichtete), sobald der
Träger aufhörte zu
existieren. In diesem Sprachspiel müßte || hat sozusagen der Name den Gegenstand an einer Schnur || Leine haben; und hört der Gegenstand auf zu existieren, so kann man den Namen, der mit ihm zusammen gearbeitet hat, wegwerfen. (Das Wort “handle” für den Eigennamen.) |
Wie
ist es mit den beiden Sätzen: “dieses Blatt ist
rot” und “dieses Blatt hat die Farbe, die auf
Deutsch ‘rot’
heißt”? Sagen beide
dasselbe?
Hängt das nicht davon ab, was das Kriterium dafür ist, daß eine Farbe auf Deutsch ‘rot’ heißt? 66 |
213. Erinnere
mich daran, daß ich das und das für |
– 26 – dasselbe Bedürfnis nach Erklärung – wie bei den Worten? |
568.
“Gott kannst du nicht mit
einem Anderen reden hören, sondern nur, wenn du der Angeredete
bist.“ Das ist eine grammatische
Bemerkung. |
darauf
an: Wie ist es zu diesen Worten gekommen?
|
– 85 –
1603. Ein
Sprachspiel analog einem Fragment || Teil eines
andern. Ein Raum in begrenzte Stücke eines Raums
projiziert. Ein
‘löchriger’ Raum.
[Zu: Innen & Außen] |
505 Wie hängt das Sehen eines Aspekts
zusammen mit der Fähigkeit zu operieren
(z.B. in der Mathematik)?
Denk an das räumliche Sehen in der
darstellenden Geometrie und an das Operieren in der |
– 85 – recht schön, aber es
gibt doch Stilleben, Porträts, Landschaftsbilder,
Diagramme etc. etc.. |
296 Der
Verstand || Geist, sage ich, ergreift
den eine Gegenstand; und dann reden wir von
ihm, und seinen Eigenschaften, seiner
Natur, gemäß.
[Das “und” hieße: “und
zwar.“]
|
1) See facsimile; line connecting this remark with the following one.
To cite this element you can use the following URL:
BOXVIEW: http://wittgensteinsource.com/BTE/Ts-233b_n