| 1.
1.
“Aber wie kann mich eine Regel lehren[–| ,] was
ich an dieser Stelle zu tun habe? –
Was immer ich tue[–| ,] ist doch durch irgendeine
Deutung mit der Regel zu vereinbaren.” –
Nein, so sollte es nicht heissen; sondern
so: Jede Deutung hängt, mitsammt
dem Gedeuteten, in der Luft; sie kann ihm nicht als Stütze
dienen.
Die Deutungen allein bestimmen die Bedeutung nicht. |
| 2.
“Also ist, was immer ich tue, mit der Regel
vereinbar?” –
Lass mich so fragen: Was hat der Ausdruck
der Regel – sagen wir, der Wegweiser – mit meinen Handlungen zu
tun?
Welche Verbindung besteht da? –
Etwa die: ich bin zu einem bestimmten Reagieren auf dieses
Zeichen abgerichtet worden, und nun reagiere ich so. |
| 3. 3.
Aber nun hast du nur einen kausalen Zusammenhang angegeben.
Du hast nur erklärt, wie es dazu kam, dass wir uns
jetzt nach dem Wegweiser richten; nicht, worin dieses
dem-Zeichen-Folgen
eigentlich besteht.
Nein; ich habe mehr getan. Ich habe angedeutet, dass sich Menschen nur dann nach Wegweisern richten, wenn sie sich stäˇndig nach ihnen richten. |
| 4.
Ist, was wir “einer Regel folgen” nennen, etwas, was
nur ein Mensch, und nur einmal im Leben, tun könnte? –
Das ist natürlich eine Anmerkung zur Gramm
Grammatik des Ausdrucks ‘der Regel
folgen”. |
| 5.
Es könnte nicht einmal nur jemand einem Wegweiser
gefolgt sein.
Es könnte nicht einmal nur eine Mitteilung gemacht; ein
Befehl gegeben; oder verstanden worden sein. –
Einer Regel folgen, eine Mitteilung machen, einen Befehl geben, oder
verstehen, eine Schachpartie spielen, sind
Gepflogenheiten.
(Gebräuche, Institutionen.) |
| 6.
Einen Satz verstehen, heisst, eine Sprache
verstehen.
Eine Sprache verstehen, heisst eine Technik
beherrschen. 2. |
| 7.
Es ist freilich denkbar, dass in einem Volke,
welches Spiele nicht kennt, zwei Leute sich an ein Schachbrett setzen
und die Züge einer Schachpartie ausführen; ja auch mit allen seelischen
Begleiterscheinungen.
Und sähen wir dies, so würden wir sagen, sie spielten
Schach.
Aber nun denk dir eine Schachpartie nach gewissen Regeln in eine Reihe
von Handlungen übersetzt, die wir nicht gewöhnt sind, mit einem
Spiel zu assoziieren; etwa ein /das/ Ausstossen von Schreien und Stampfen
mit den Füssen.
Und jene Beiden sollen nun, statt die uns geläufige Form des Schach zu
spielen, schreien und stampfen; und zwar so, dass
dies sich nach geeigneten Regeln in eine Schachpartie übersetzen
liesse.
Wären wir nun noch geneigt, zu sagen, sie spielten ein Spiel; und mit
welchem Recht könnte man das sagen? |
| 8 8.
Ich kann, wie die Sachen stehen, ein Spiel erfinden, das nie von
jemandem gespielt wird. –
Wäre aber auch dies möglich: Die Menschheit habe nie Spiele
gespielt; einmal aber hat Einer ein Spiel erfunden, das dann
al⌊l⌋erdings nie gespielt wurde? |
| 9.
“Das ist ja das Merkwürdige an der Intention, am
seelischen Vorgang, das für ihn das Bestehen der Gepflogenheit, der
Technik, nicht nötig ist. (﹖)
Es ist ˇz.B. denkbar,
dass So ist es also denkbar, daß
…? zwei Menschen, in einer Welt, in der sonst nie
gespielt wird denn Anfang ein
einer Schachpartie spielen, und dann gestört
werden.”
Ist aber das Schachspiel nicht durch seine Regeln definiert? Und wie sind diese Regeln im Geist dessen vorhanden, der intendiert Schach zu spielen? |
| 10.
Einer Regel folgen ist analog dem: einen Befehl
befolgen.
Man wird dazu abgerichtet und nun reagiert man auf ihn in bestimmter
Weise. –
Aber wie, wenn nun der Eine so, der Andere
anders auf Befehl und Abrichtung reagiert?
Wer hat dann recht? 3 |
| 11.
Denke, du kämest als Forscher in ein unbekanntes Land mit einer dir
gänzlich fremden Sprache.
Unter welchen Umständen würdest du sagen, dass
die Leute dort Befehle geben, Befehle verstehen, befolgen, sich gegen
Befehle auflehnen, u.s.w.? |
| 12.
Die gemeinsame menschliche Handlungsweise ist das Bezugssystem,
mittels welches wir uns eine fremde Sprache deuten. |
| 13.
Denken wir uns, dass die Leute in jenem Land
gewöhnliche menschliche Tätigkeiten verrichten und sich dabei, wie
es scheint, einer artikulierten Sprache bedienen.
Sieht man ihrem Treiben zu, so ist es verständlich, erscheint uns
‘logisch’.
Versuchen wir aber, ihre Sprache zu erlernen, so finden wir,
dass es unmöglich ist.
Es besteht nämlich bei ihnen keine
regelmässige Zuordnung des Gesprochenen, der Laute,
und der Tätigkeiten; // mit den
Handlungen // dennoch aber ist ihr Sprechen
nicht überflüssig: wenn wir nämlich einen von ihnen knebeln, so hat
dies ähnliche Folgen, wie bei uns.
Ohne Laute geraten ihre Handlungen in Verwirrung (wie ich mich
ausdrücken will).
Sollen wir sagen, diese Leute hätten eine Sprache; Befehle, Mitteilungen, u.s.w.? Zudem, Zu dem, was wir “Sprache” nennen, fehlt die Regelmässigkeit. |
|
| 16.
“Aber erklärst du ihm wirklich, was du selber
verstehst?
Lässt du ihn das Wesentliche nicht
erraten?
Du gibst ihm Beispiele; er aber muss ihre Tendenz
erraten.
Also deine Absicht.” –
Jede Erklärung, die ich mir selbst geben kann, gebe ich auch
ihm.
“Er errät, was ich meine” würde heissen: ihm schweben verschiedene Interpretationen meiner Erklärung vor, und er rät auf eine von ihnen. Er könnte also in diesem Falle fragen. Und ich könnte, und würde, ihm antworten. ⇒24 |
| 17.
“Wie immer du ihn im Fortführen des Reihenornaments
unterrichtest – wie kann er wissen, wie er es
selbständig fortzusetzen hat?” –
Nun, wie weiss ich's? ‒ ‒ ‒
Wenn das heisst: habe ich Gründe? so
ist die Antwort: die Gründe werden mir bald ausgehen.
Und ich werde dann, ohne Gründe, handeln. 5. |
| 18.
“Wie kann ich einer Regel folgen?” –
Wenn das nicht eine Frage nach den Ursachen ist, so ist es eine
nach der Rechtfertigung, // nach der Begründung,
nach der Rechtfertigung, // die ich dafür angeben kann,
dass ich so nach der Regel
handele.
Habe ich die Begründung erschöpft, so bin ich nun auf dem harten Felsen angelangt; und mein Spaten biegt sich zurück. Ich bin dann geneigt, zu sagen: “So handele ich eben.” |
| 19.
Erinnere dich, dass wir manchmal Erklärungen
fordern, nicht ihres Gehalts wegen, sondern der Form der Erklärung
wegen.
Unsere Forderung ist eine [A|a]rchitektonische, und die
Erklärung eine Art Scheingesims. |
| 20.
Wenn jemand, den ich fürchte, mir den Befehl gibt, die Reihe
fortzusetzen, so werde ich schleunig, mit völliger
Si[v|c]herheit handeln, und das Fehlen der Gründe // von Gründen // stört mich nicht.
|
| 21.
“Aber dieser Reihenanfang konnte doch offenbar verschieden
gedeutet werden[,| (]durch algebraische Ausdrücke,
z.B.) und du musstest also
erst eine solche Deutung wählen.” –
Durchaus nicht!
Es war, unter Umständen, ein Zweifel möglich.
Aber das sagt nicht, dass ich gezweifelt habe, oder
auch nur Zweifeln zweifeln
konnte.
(Damit steht im Zusammenhang, was über die psychologische
‘Atmosphäre’ eines Vorgangs zu sagen ist.)
|
| 22.
Nur Intuition konnte diesen Zweifel heben? –
Wenn sie eine innere Stimme ist, – wie weiss
ich, wie ich ihr folgen soll?
Und wie weiss ich, dass sie mich
nicht irreleitet?
Denn kann sie mich richtig leiten, dann kann sie mich
auch irreleiten.
/Die Intuition eine unnötige Ausrede/ |
| 23.
“So sagst du also, dass die Übereinstimmung
der Menschen entscheide, was richtig und was falsch
ist?” –
Richtig und falsch ist, was wir sagen; und in der Sprache stimmen
die 6 Menschen überein. Das
ist keine Übereinstimmung der Meinungen, sondern der Lebensformen // Lebensform // .
24. “Aber reicht denn nicht das Verständnis weiter, als alle Beispiele?” – Ein sehr merkwürdiger Ausdruck, und ganz natürlich! 25. Aber ist das alles? Gibt es nicht eine noch tiefere Erklärung; oder muss nicht doch das Verständnis der Erklärung tiefer sein? – Ja, habe ich denn selbst ein tieferes Verständnis? Habe ich mehr, als ich in der Erklärung gebe? – Woher aber dann das Gefühl, ich hätte mehr? (﹖) Ist es, dass ich das nicht Begrenzte als Länge deute, die über jede Länge hinausreicht? (﹖) Gewisse Vergleiche in die Sprache // unsern Ausdruck // aufgenommen, erzeugen in uns einen geistigen Schwindel. 26. “Wenn ich sage ‘Ich habe Schmerzen’, bin ich jedenfalls vor mir selbst gerechtfertigt.” – Heisst das: “Wenn der Andere wissen könnte, was ich ‘Schmerz’ nenne, würde er zugeben, dass ich das Wort richtig verwende”? Das Wort ohne Rechtfertigung (zu) gebrauchen, heisst nicht, es zu [u|U]nrecht gebrauchen. 27. “Wenn ich mir etwas vorstelle // etwas empfinde // , so geschieht doch wohl etwas!” Nun, es geschieht etwas – und wozu mache ich dann einen Lärm? Wohl dazu, was geschieht, mitzuteilen. – Aber wie teilt man denn überhaupt etwas mit? Wann sagt man, etwas werde mitgeteilt? – Was ist das Sprachspiel des Mitteilens? Ich möchte sagen: Du siehst es für viel zu selbstverständlich an, dass man jemandem etwas mitteilen kann. Das heisst wir sind so sehr an die Mitteilung durch Sprechen, im Gespräch, gewöhnt, dass es uns scheint, es läge der ganze Witz der Mitteilung darin: dass ein Anderer den Sinn der Worte (ein ätherisches Ding) auffasst; sozusagen ins Gehirn aufnimmt. Wenn 6. Menschen
überein.
Das Ist keine Übereinstimmung der Meinungen,
sondern der Lebensformen. |
|
| 25.
Aber ist das alles?
Gibt es nicht eine noch tiefere Erklärung; oder
muss nicht doch das Verständnis der
Erklärung tiefer sein? –
Ja, habe ich denn selbst ein tieferes Verständnis?
Habe Habe ich mehr, als ich in der
Erklärung gebe? –
Woher aber dann das Gefühl, ich hätte mehr?
Ist es, dass ich das nicht Begrenzte als Länge deute, die über jede Länge hinausreicht? |
| 26.
Ein Unterricht, der bei den vorgeführten Beispielen stehenbleiben will,
und einer, der über sie ‘hinausweist’
unterscheiden sich ja von einander.
|
|
|
| 29.
Ein Maensch kann sich selbst ermutigen, sich
selbst
7.
Wäre aber auch eine Sprache denkbar, in der Einer seine inneren Erlebnisse – seine Gefühle, Stimmungen, e.t.c. – für den eigenen Gebrauch aufschreiben, oder aussprechen könnten? – Können wir denn das in unserer gewöhnlichen Sprache nicht tun? – Aber so meine ich's nicht. Die Wörter dieser Sprache sollen sich auf das beziehen, wovon nur der Sprechende wissen kann; auf seine unmittelbaren, privaten, Empfindungen. Ein Anderer kann diese Sprache natürlich nicht verstehen. |
| 30.
Wie beziehen sich Wörter auf Empfindungen? –
Darin scheint kein Problem zu liegen; denn reden wir nicht täglich von
Empfindungen, und benennen sie?
Aber wie wird|die
Verbindung des Namens mit dem Benannten hergestellt?
Die Frage ist die gleiche, wie die: Wie lernt ein
Mensch die Bedeutung der Namen von Empfindungen?
Z.B. des Wortes “Schmerz“.
Im Groben etwa so: Es werden Worte mit dem
ursprünglichen, natürlichen, Ausdruck der Empfindung verbunden und an
dessen Stelle gesetzt.
Ein Kind hat sich verletzt, es schreit; und nun sprechen ihm die
Erwachsenen zu und bringen ihm Ausrufe und später Sätze bei.
Sie lehren das Kind ein neues Schmerzbenehmen.
“So sagst du also, dass das Wort ‘Schmerz’ eigentlich das Schreien bedeute?” – Im Gegenteil; der Wortausdruck des Schmerzes ersetzt das Schreien und beschreibt es nicht. |
| 31.
In wiefern sind nun meine Empfindungen
privat? –
Nun, nur ich kann wissen, ob ich wirklich Schmerzen habe; der Andere
kann es nur vermuten. –
Das ist in einer Weise falsch, in einer andern unsinnig.
Wenn wir das Wort “wissen” gebrauchen, wie es
normalerweise gebraucht wird (und wie sollen wir es denn
gebrauchen!) dann wissen es Andere sehr häufig, wenn ich
Schmerzen habe. –
Ja, aber doch nicht mit der Sicherheit, mit der ich selbst es
weiss! –
Von mir kann man überhaupt nicht s[q|a]gen
(ausser etwa im Spass) ich
wisse, dass ich Schmerzen
habe.
Was soll es denn heissen?
ausser etwa, dass ich Schmerzen
habe?
Man kann nicht sagen, die Andern lernen meine Empfindung ‘nur’ durch mein Benehmen; denn von mir kann man nicht sagen, ich lernte sie. Ich habe sie. 8.
Das ist richtig: es hat Sinn, vo[m|n] Andern zu sagen, sie seien im Zweifel darüber, ob ich Schmerzen habe, aber nicht, es von mir selbst zu sagen. |
| 32.
“Der Andre kann nicht meine Schmerzen haben.”
–
Das ist Unsinn.
Welches sind meine Schmerzen?
Was gilt hier als Kr[e|i]terium der Identität?
Überlege, was es möglich macht im Fall physikalischer Gegenstände von
“zwei genau gleichen” zu
sprechen.
Z.B. zu sagen: “Dieser Sessel
ist nicht derselbe, den du gestern hier gesehen hast, aber er ist ein
genau gleicher”.
Soweit es Sinn hat, zu sagen, mein Schmerz sei der gleiche, wie seiner, soweit können wir auch beide den gleichen Schmerz haben. (Auch das wäre denkbar, dass zwei Leute an der gleichen – nicht nur homologen – Stelle Schmerz empfänden. Ob es bei siamesischen Zwillingen der Fall ist, weiss ich nicht.) Ich habe gesehen, wie jemand in einer Diskussion über die[s|]sen Gegenstand sich an die Brust schlug und sagte: “Aber er kann doch nicht diese Schmerzen haben!” – Die Antwort darauf ist, dass man durch das emphatische Betonen des Wortes “diese” kein Kriterium der Identität definiert. Die Emphase spiegelt uns vielmehr nur den Fall vor, dass ein solches Kriterium be[t|r]eits vorhanden ist und wir nur noch daran erinnern müssen. |
| 33.
Auch das Ersetzen des Wortes “gleich” durch
“identisch” (z.B.) ist ein
typisches Auskunftsmittel in der Philosophie.
Als redeten wir von Abscha[ff|tt]ungen der Bedeutung, und es
handele sich nur darum, mit unserm Worten die richtige Nuance zu
treffen.
Und darum handelt sich's beim Philosophieren nur dann, wenn
die Aufgabe ist, die Versuchung, das und das zu
sagen, psychologisch genau darzustellen.
Was wir so zu sagen versucht sind, ist natürlich nicht Philosophie;
sondern es ist ihr Rohmaterial.
Was also ein Mathematiker, z.B., über
Objektivität und Realität der mathematischen Tatsachen zu sagen geneigt
ist, ist nicht eine Philosophie der Mathematik, sondern etwas, was
Philosophie zu behandeln hätte
hätte. |
| 34.
Wie ist es nun mit der Sprache, die meine innern Erleb-9. nisse beschreibt, und nur ich
selbst verstehen kann?
Wie bezeichne ich meine Empfindungen mit
Worten? –
So wie wir's gewöhnlich tun?
Sind also meine Empfindungsworte mit meinen natürlichen
Empfindungsäusserungen verknüpft? –
In diesem Falle ist meine Sprache nicht
‘privat’.
Ein Anderer könnte sie verstehen, wie ich. –
Aber wie, wenn ich keine natürlichen Äusserungen der
Empfindung, sondern nur die Empfindung
besässe?
Und nun assoziiere ich einfach Namen mit den Empfindungen
und verwende diese Namen in einer Beschreibung. –
Stellen wir uns davon einen einfachen Fall vor. Ich will über das Wiederkehren einer gewissen Empfindung ein Tagebuch anlegen. Dazu assoziiere ich sie mit dem Zeichen “E” und schreibe in einem Kalender zu jedem Tag, an dem ich die Empfindung habe, dieses Zeichen. Ich will zuerst bemerken, dass ich eine Definition dieses Zeichens // des Zeichens // nicht aussprechen lässt. – Aber ich kann sie doch mir selbst als eine Art hinweisende Definition geben! – Wie? Dann ich auf die Empfindung zeigen? – Nicht im gewöhnlichen Sinne; aber ich spreche, oder schreibe das Zeichen und dabei konzentriere ich meine Aufmerksamkeit auf die Empfindung. Zeige also gleichsam im Innern auf sie. – Aber wozu diese Zeremonie? denn nur eine solche scheint es zu sein! Eine Definition dient doch dazu, die Bedeutung eines Zeichens festzulegen. – Nun, das geschieht eben durch das Konzentrieren der Aufmerksamkeit; denn dadurch rage präge ich mir die Verbindung des Zeichens mit der Empfindung ein. – “Ich präge sie mir ein” kann doch nur heissen: dieser Vorgang bewirkt, dass ich mich in Zukunft richtig an die Verbindung erinnere. Aber in unserm Falle habe ich ja kein Kriterium für die Richtigkeit. Man möchte hier sagen: richtig ist, was immer mir als richtig erscheinen wird ‒ ‒ ‒ und das heisst nur, dass hier von ‘richtig’ nicht geredet werden kann. ⇒50 |
| 35.
“Nun, ich glaube, dass dies
wieder die Empfindung E ist.” –
Du glaubst es wohl, zu glauben!
So hätte sich also, der das Zeichen in den Kalender eintrug, gar nich gar nichts notiert? – Sie's Sieh's nicht als selbstverständlich an, dass Einer sich etwas notiert, 10. wenn er Zeichen –
in einen K[l|a]lender z.B. –
einträgt.
Eine Notiz hat ja eine Funktion; und das “E”
hat, soweit, keine. |
| 36.
Welchen Grund haben wir, “E” das Zeichen für
eine Empfindung zu nennen?
“Empfindung” ist nämlich ein Wort unserer
allgemeinen, Allen verständlichen, Sprache.
Der Gebrauch dieses Worts bedarf also einer Rechtfertigung, die Alle
verstehen. –
Und es hülfe auch nichts, zu sagen: es müsse keine
Empfindung sein; wenn er “E”
schreibe, habe er Etwas – und mehr könnten wir nicht
sagen.
Aber “haben” und “etwas” gehören
auch zur allgemeinen Sprache. –
So gelangt der Philosoph am Ende dahin, nur noch einen unartikulierten
Laut ausstossen zu wollen. –
Und ein solcher ist nun unter gewissen Bedingungen ein Ausdruck.
|
| 37.
Denken wir uns nun eine Verwendung der Eintragung
“E”.
Ich mache folgende Erfahrung: Wenn immer ich eine bestimmte
Empfindung habe, sehe ich an einem Manometer, dass
mein Blutdruck steigt.
Dadurch werde ich in den Stand gesetzt, ein Steigen meines
Blutdrucks ohne Zuhilfenahme
Und welchen Grund haben wir hier, “E” die Bezeichnung für eine Empfindung zu nennen? Vielleicht die Art und Weise, wie es in diesem Sprachspiel verwendet wird. – Und warum eine “bestimmte Empfindung”, d.h., jedesmal die gleiche? Nur darum, weil ich jedesmal das gleiche Zeichen verwende. |
| 38.
“
11 Übereinstimmung mit de[n|m]
gewöhnlichen
|
| ⍈ 39.
“Wenn ich sage ‘Ich habe Schmerzen’, bin
ich jedenfalls vor mir selbst
gerechtfertigt.” –
Heisst das
|
|
| 41.
93.1
“Wenn ich mir etwas vorstelle // etwas empfinde // , so geschieht doch wohl
etwas!”
“Nun es geschieht etwas – und wozu mache ich
dann einen Lärm?
Wohl dazu, was geschieht, mitzuteileilen. –
Aber wie teilt man denn überhaupt etwas mit?
Wann sagt man, etwas werde mitgeteilt? –
Was ist das Sprachspiel des Mitteilens?
Ich möchte sagen: Du siehst es für viel zu selbstverständlich an, dass man
Man möchte sagen: “Die Mitteilung bew[o|i]rkt, dass ich weiss, dass der Andre Schmerz hat; sie bewirkt dies geistige Phänomen; alles andere ist der Mitteilung unwesentlich.” Was dieses merkwürdige Phänomen des Wissens ist–
(Ähnlich wäre es, zu sagen: “Die Uhr zeigt uns die Zeit an
|
| 42.
Wie ist es (nun)
z.B. mit dem Worte “rot” – soll
ich sagen, dies bezeichne etwas ‘uns Allen
Gegenüberstehendes’, und 12 Jeder sollte eigentlich
ausser diesem Wort noch eines haben zur
Bezeichnung seiner eigenen Empfindung von
Rot?
(Oder ist es so: das Wort “rot” bezeichnet
etwas uns gemeinsam Bekanntes; und für Jeden,
ausserdem, etwas nur ihm Bekanntes?
(Oder vielleicht besser: es bezieht sich auf
etwas nur ihm Bekanntes.) |
| 43.
Das Wesent[o|l]iche am privaten Erlebnis ist eigentlich
nicht, dass Jeder sein eigenes Exemplar besitzt,
sondern dass Keiner
weiss, ob der Andere auch dies hat,
oder etwas anderes.
Es wäre z.B. die Annahme möglich –
|
| 44.
Es hilft uns natürlich nichts zum Begreifen der Funktion des
Wortes “rot” // der Funktion von
“rot” // , zu sagen, es
“beziehe sich sich auf”, statt “es bezeichne” das
Private; aber es ist der psychologisch treffendere Ausdruck für ein
bestimmtes Erlebnis beim Philosophieren.
Es ist, als werfe ich beim Aussprechen des Worts einen Seitenblick
auf die eigene Empfindung, gleichsam um mir zu sagen, ich wisse schon,
was ich damit meine. |
| 45.
Schau auf das Blau des Himmels, und sag zu dir selbst:
“Wie blau der Himmel ist!” –
Wenn du es spontan tust – nicht mit philosophischen Absichten
– so kommt es dir nicht in den Sinn, dieser Farbeneindruck
gehöre nur dir.
Und du hast kein Bedenken, diesen Ausruf an einen Andern zu
richten.
Und wenn du bei den Worten auf etwas zeigst, so ist es der
Himmel.
Ich meine: Du hast nicht das Gefühl des
[i|I]n-dich-selber-Zeigens,
dases oft das Be “
‘Benennen der Empfindung’ begleitet, wenn man über die
‘private Sprache’ nachdenkt.
Du denkst auch nicht, du solltest eigentlich nicht mit der Hand,
sondern nur mit der Aufmerksamkeit auf die Farbe zeigen.
(Überlege, was es heisst, “mit der
Aufmerksamkeit auf etwas zeigen”.) |
| 46.
“Aber meinen wir denn nicht wenigstens etwas
ganz Bestimmtes, wenn wir auf eine Farbe hinschauen und den
Farbeindruck benennen?”
Es ist doch förmlich, als lösten wir den Farbeindruck,
13 wie ein Häu[f|t]chen, von dem
gesehnen Gegenstand ab.
[)|(]Dies sollte uunte unsern
Verdacht erregen.) |
| 47.
Aber wie ist es überhaupt möglich, dass man in
Versuchung ist, zu glauben, man meine einmal mit einem Wort
die Allen bekannte Farbe, einmal: denn visuellen
‘visuellen Eindruck’, den ich
jetzt jetzt erhalte?
Wie kann hier auch nur eine Versuchung sein // bestehen // ? –
Ich wende in diesen Fällen der Farbe nicht die
[G|g]leiche Art der Aufmerksamkeit zu.
Meine ich – (wie ich sagen möchte– ) den mir zu eigen
gehörenden
Farbeindruck: , so
vertiefe ich mich in die Farbe.
Ungefähr, wie wenn ich mich an einer Farbe ‘nicht satt sehen
kann’.
Daher ist es leichter,
dieses
Erlebnis zu erzeugen, wenn man auf eine leuchtende Farbe sieht,
ˇoder auf eine Farbenzusammenstellung die sich stark
einprägt. |
| 48.
“Ich weiss, wie mir die Farbe
Grün erscheint.” –
Nnun,
das hat doch Sinn! –
Gewiss; welche Verwendung des Satzes denkst du
dir? |
| 49.
Einer malt ein Bild, um zu zeigen, wie er sich etwas (sagen wir,
eine Szene auf dem Theater) vorstellt. –
Und nun sage ich: “Dies Bild hat eine doppelte
Fu[l|n]ktion: Es teilt Andern etwas mit, wie
Bilder, oder Worte eben etwas mitteilen.
Aber für den Mitteilenden ist es noch eine Darstellung (oder
Mitteilung?) anderer Art: für ihn ist es das Bild
seiner Vorstellung, wie es das für keinen Andern sein kann.
Sein privater Eindruck des Bildes sagt ihm, was er sich vorgestellt
hat, in einem Sinne, in welchem es das Bild für die Andern nicht
kann.” –
Und mit welchem Recht redest du in diesem zweiten Falle von
Darstellung, oder Mitteilung, – wenn diese Worte im
er ersten Falle richtig angewandt
waren? |
| 50.
34.1
Sind die Regeln der privaten Sprache
[e|E]indrück von Regeln?
Die Wage Waage, auf der man die Eindrücke wägt
– könnte man sagen – ist nicht der Eindruck von
einer Waage. – 14 |
| ⍈ 51.
Zu S 17
Was wir “Beschreibung]en” nennen, sind Instrumente für besondere Verwendungen. Denke dabei an eine Maschinenzeichnung, einen Schnitt, einen Aufriss mit den Maassen, den der Mechaniker vor sich hat. Wenn man an eine Beschreibung als ein Wortbild der Tatsachen denkt, so hat das etwas irreführendes; weil man dabei etwa an Bilder denkt, wie sie an unsern Wänden hängen; die schlechtweg abzubilden scheinen, wie ein Ding aussieht, wie es beschaffen ist. (Diese Bilder sind gleichsam müssig.) |
| 52.
“Aber kommt, was du sagst, nicht darauf hinaus, es
g[ä|e]be z.B. keinen Schmerz
ohne Schmerzbenehmen?” –
Es kommt darauf hinaus: man könne nur vom lebenden Menschen, und
was ihm ähnlich istn [)|(]sich ähnlich
benimmt) sagen, es habe Empfindungen; sehe; sei blind; höre; sei
taub; sei bei Bewusstsein, oder
bewusstlos. |
| 53.
“Aber im Märchen kann doch auch der Topf sehen und
hören!”
(Gewiss; aber er kann auch
sprechen.)
“Aber das Märchen erdichtet doch nur, was nicht der Fall ist; es spricht doch nicht Unsinn.” – Das ist so einfach nicht. Ist es Unwahrheit, oder Unsinn, zu sagen, ein Topf rede? Macht man sich ein klares Bild davon, unter welchen Umständen wir von einem Topf sagen würden, er rede? (Auch ein Unsinn-Gedicht ist nicht Unsinn in der Weise, wie das Lallen eines Kindes.) Ja; wir sagen von Leblosem, es habe Schmerzen: im Spiel mit Puppen, z.B.[,|.] Aber diese Verwendung des Schmerzbegriffs ist eine sekundäre. // Aber dies ist eine sekundäre Verwendung des Schmerzbegriffs. // Versuchen wir, uns den Fall vorzustellen, Leute sagten nur von Leblosem, es habe Schmerzen; bedauerten nur Puppen! (Wenn Kinder Eisenbahn spielen, hängt ihr Spiel mit ihrer Kenntnis der Eisenbahn zusammen. Es könnten aber Kinder eines Volksstammes, dem ˇdie Eisenbahnen nicht bekannt sind ist, dies Spiel von andern übernommen haben, und es spielen, ohne zu wissen, dass damit etwas nachgeahmt wird. Man könnte sagen, dies Spiel habe für sie nicht den gleichen Sinn –, wie für uns.) 15. |
| 54.
Woher kommt uns // mir // auch nur
der Gedanke, Wesen, Gegenstände, könnten ‘etwas
fühlen’??
Meine Erziehung hätte mich darauf geführt, indem sie mich auf die Gefühle in mir aufmerksam machte, und nun übertrage ich die Idee auf Objekte ausser mir? Ich erkenne, es ist da (in mir) etwas, was ich, ohne mit dem Wortgebrauch der Andern in Widerspruch zu geraten, “Schmerzen” nennen kann? – Auf Steine und Pflanzen, etc., übertrage ich meine Idee nicht. Könnte ich mir nicht denken, ich hätte fürchterliche Schmerzen und würde während sie andauern zu einem Stein? Ja, wie weiss ich, wenn ich die Augen schliesse, dass ich nicht zu einem Stein geworden bin? – Und wenn das nun geschehen ist, in wiefern wird der Stein Schmerzen haben? In wiefern wird man es vom Stein aussagen können? Ja warum soll der Schmerz hier überhaupt einen Träger haben?! Und kann man von dem Stein sagen, er habe eine Seele und die hat Schmerzen? Was hat eine Seele, was haben Schmerzen mit einem Stein zu tun? Nur von dem, was sich benimmt wie ein Mensch, kann man sagen, dass es Schmerzen hat. [W|D]enn man muss es von einem Körper sagen, oder, wenn du willst, von einer Seele, die ein Körper hat. Und wie kann ein Körper eine Seele haben? |
| ⍈ 55.
Anderswo
Wie bin ich von Mitleid für diesen Menschen erfüllt? Wie zeigt es sich, welches Objekt das Mitleid hat? (Da Mitleid, kann man sagen, ist eine Form
|
| ⍈ 55.
Anderswo
Wie bin ich von Mitleid für diesen Menschen erfüllt? Wie zeigt es sich, welches Objekt das Mitleid hat? (Da Mitleid, kann man sagen, ist eine Form
|
| 56.
Schau einen Stein an und denk dir, er hat // habe // Empfindungen!
Man sagt sich: Wie kommt konnte man auch nur
auf die Idee kommen, einem Ding eine
Empfindung zuzuschreiben?
Man könnte sie ebensogut einer Zahl zuschreiben. –
Und nun schau auf eine zappelnde Fliege und sofort ist diese
Schwierigkeit verschwunden und der Schmerz scheint hier angreifen zu
können, wo früher alles gegen ihn, sozusagen, glatt war.
Und so scheint uns auch ein Leichnam dem Schmerz gänzlich unzugänglich. – Unsre Einstellung zum Lebenden ist nicht die zum Toten. Alle unsre Reaktionen sind verschieden. – Sagt Einer: 16. “Das kann nicht
einfach daran liegen, dass das Lebendige sich so und
so bewegt und das Tote nicht” –, so will ich ihm bedeuten,
hier liege ein Fall des Übergangs ‘von der Quantität zur
Qualität’ vor. ¥55 ﹖ |
| 57.
Denke an das Erkennen des
Gesichtsausdrucks
|
| 58.
Aber ist es nicht absurd, von einem Körper zu sagen, er
habe Schmerzen? –
Und warum fü[l|h]lt man darin eine Absurdität?
In wiefern fühlt meine Hand nicht
Schmerzen; sondern ich in meiner Hand?
Was ist (denn) das für eine Streitfrage: Ist es
¥55 ﹖ |
| 59.
Ich erstarre zu Stein und meine Schmerzen dauern an. –
Und wenn ich mich nun irrte und es nicht mehr Schmerzen
wären! ‒ ‒ ‒
Aber ich kann mich doch hier nicht irren – es
heisst doch nichts, zu zweifeln, ob ich Schmerzen
habe! –
D.h.: wenn Einer sagte “Ich
weiss nicht, ist das ein Schmerz, was ich habe; oder
ist es etwas [a|A]nderes?” so dächten wir etwa,
er wisse nicht, was das deutsche Wort
“Schmerz” bedeute und würden's ihm
erklä[f|r]en. –
Wie? –
Vielleicht durch Gebärden, oder indem wir ihn stächen und sagen:
“Siehst du, das ist Schmerz”.
Er könnte diese Worterklärung wie jede andere, richtig, falsch, oder
gar nicht verstehen.
Und welches er tut, wird er im Gebrauch des Wortes zeigen, wie auch
sonst.
Wenn er nun z.B. sagte “Oh, ich weiss, was ‘Schmerz’ heisst, aber ob das Schmerzen sind, was ich jetzt hier habe, 17 das weiss ich
nicht” – da würden wir bloss die Köpfe
schütteln und müssten seine Worte für eine seltsame
Reaktion ansehen, mit der wir nichts anzufangen wissen.
(Es wäre etwa, wie wenn wir jemand im Ernste sagen hörten:
“Ich erinnere mich deutlich, gerade vor meiner Geburt
geglaubt zu haben, …”)
Jener Ausdruck des Zweifels gehört nicht zu dem Sprachspiel. Aber wenn nun der Ausdruck der Empfindung, das menschliche Benehmen, ausgeschlossen ist, dann scheint es, ich dürfe wieder zweifeln. Dass ich hier versucht bin, zu sagen, man könne die Empfindung für etwas andres halten, als was sie ist, kommt daher: Wenn ich das normale Sprachspiel mit dem Ausdruck der Empfindung abgeschafft denke, brauche ich nun ein Kriterium der Identität für sie; und dann bestünde auch die Möglichkeit des Irrtums. |
| 60.
Ich identifiziere meine Empfindung freilich nicht durch Kriterien,
sondern ich gebrauche den gleichen Ausdruck.
Aber damit endet ja das Sprachspiel nicht; damit fängt es
an.
Aber fängt es nicht mit der Empfindung an – die ich beschreibe? – Das Wort “beschreiben” hat uns da vielleicht zum besten. Ich sage “Ich beschreibe meinen Seelenzustand” und “Ich beschreibe meinen Tisch”. Man muss sich die Verschiedenheiten der Sprachspiele ins Gedächtnis rufen. ¥51 ﹖ |
| 61.
Wenn ich von mir selbst sage, ich wisse nur vom eigenen Falle, was das
Wort “Schmerz” bedeutet, muss ich
das nicht auch von den Andern sagen?
Und wie, kann ich denn den einen // den einen einzigen // Fall in so
unverantwortlicher Weise verallgemeinern? –
Nun, ein Jeder sagt es mitr von sich, er wisse nur von sich selbst, was Schmerzen seien! – Angenommen, es hätte Jeder eine Schachtel darin wäre etwas, was wir “Käfer” nennen. Niemand kann je in die Schachtel des Andern schauen; und Jeder sagt, er wisse nur vom Anblick seines Käfers, was ein Käfer ist. Da könnte es ja sein, dass Jeder ein anderes Ding in seiner Schachtel hätte. Ja, man könnte sich vorstellen, dass sich ein solches Ding fortwährend veränderte. – Aber wenn nun das Wort “Käfer” dieser Leute doch einen Gebrauch hätte? – so wäre er nicht der der Bezeichnung eines Dings. Das Din[d|g] in der Schachtel gehört überhaupt nicht 18 zum Sprachspiel, auch nicht einmal, als ein
Etwas
Das heisst: Wenn man die Grammatik des Ausdrucks der Empfindung nach dem Muster von ‘Gegenstand’ und Bezeichnung’ konstruiert, dann fällt der Gegenstand als irrelevant aus der Betrachtung heraus. |
| 62.
Und was soll “Ich weiss nur vom
eigenen Fall …” überhaupt für ein Satz
sein?
Ein Erfahrungssatz?
Nein. –
Ein grammatischer?
Ich denke mir also: Jder sage von sich selbst, er wisse nur vom eigenen Schmerz, was Schmerz sei. Nicht, dass die Menschen das wirklich sagen, oder auch nur bereit sind zu sagen. Aber wenn nun Jeder es sagte – nun, es könnte eine Art Ausruf sein. Und wenn er auch als Mitteilung nichtssagend ist, so ist er doch ein Bild; und warum sollten wir uns so ein Bild nicht vor die Seele rufen wollen? Denke dir statt der Worte ein gemaltes, allegorisches Bild. Ja, wenn wir beim Philosophieren in uns schauen, bekommen wir oft gerade so ein Bild zu sehen. Förmlich, eine bildliche Darstellung unsrer Grammatik. Nicht Fakten; sondern gleichsam illustrierte Redewendungen. ¥ ⋎ [möglicherweise] 39 & 40 |
| 63.
“Ja, aber es ist doch da ein Etwas, was meinen Ausruf
des Schmerzes begleitet!
Und um dessentwillen ich ihn mache.
Und dieses Etwas ist das, was wichtig ist,
– und schrecklich.” –
|
| 64.
Dass wir so gerne sagen möchten “Das
Wichtigste ist das”, indem wir für uns selbst auf
die Empfindung deuten – zeigt schon, wie sehr wir geneigt sind,
etwas zu sagen, was keine Mitteilung ist. |
| 65.
Wenn man sich den Schmerz des Andern nach dem Vorbild des eigenen
vorstellen muss, dann ist das keine so leichte
Sache: 19 da ich mir nach den Schmerzen, die
ich fühle, Schmerzen vorstellen soll, die ich
nicht fühle.
Ich habe nämlich in der Vorstellung nicht einfach einen Übergang von
einem Ort des Schmerzes zu einem andern zu machen.
Wie von Schmerzen in der Hand zu Schmerzen im Arm.
Denn ich soll mir nicht das vorstellen, dass ich
an einer Stelle seines Körpers Schmerz empfinde.
(Was auch möglich wäre.)
Das Schmerzbenehmen kann auf eine schmerzhafte Stelle deuten, aber die leidende Pers[p|o]n , i ist die, welche klagt. |
| 66.
“Ich kann nur glauben, dass
der Andre Schmerzen hat, aber ich
weiss es, wenn ich sie
habe.” –
Ja; man kann sich dazu entschliessen zu sagen
“Ich glaube, er hat Schmerzen“ statt
“Er hat Schmerzen”; und “Ich
weiss, ich habe Schmerzen” statt
“Ich habe Schmerzen”.
Aber das ist alles. –
Was hier wie eine Erklärung, oder Aussage über die seelischen
Vorgänge, ausschaut, ist in Wahrheit ein Vertauschen einer
Redeweise für eine andere, die, wärend wir philosophieren,
uns die treffendere erscheint.
Versuch einmal, in einem wirklichen Fall, die Angst, die Schmerzen des Andern zu bezweifeln! |
| 67.
“Aber du wirst doch zugeben, dass ein
Unterschied ist, zwischen Schmerzbenehmen mit Schmerzen und
Schmerzbenehmen ohne Schmerzen.” –
Zugeben?ch
Welcher Unterschied könnte grösser sein!
–
“Und doch gelangst du immer wieder zum Ergebnis, die
Empfindung selbst sei ein Nichts.” –
Nicht doch.
Sie ist kein Etwas, aber auch nicht ein Nichts!
Das Ergebnis war nur, dass ein Nichts die gleichen
Dienste täte, wie ein Etwas, worüber sich nichts aussagen
lässt.
Wir verwarfen nur die Grammatik, die sich uns aufdrängen will.
Das Paradox verschwindet nur dann, wenn wir radikal mit der Idee braechen, die Sprache funktioniere immer auf eine Weise, diene immer dem gleichen Zweck: – Gedanken zu übertragen, ‒ ‒ ‒ seien diese nun Gedanken über Häuser, Schmerzen, Gut und Böse, oder was immer. 20 |
| 68.
Ich sage jemandem, ich habe Schmerzen.
Seine Einstellung zu mir wird nun die des Glaubens sein; des
Unglaubens; des Misstrauens;
u.s.w..
Nehmen wir an, er sagt: “Es wird nicht so schlimm sein.” – Ist das nicht der Beweis dafür, dass er an etwas glaubt, das hinter der Schmerzäusserung steht? – Seine Einstellung ist ein Beweis seiner Einstellung. Denke dir nicht nur den Satz “Ich habe Schmerzen”, sondern auch die Antwort // sondern auch den, // “Es wird nicht so schlimm sein” durch Naturlaute und Gebärden ersetzt! |
| 69.
“Welcher Unterschied könnte grösser
sein!” –
Im Falle der Schmerzen glaube ich, ich könne mir diesen Unterschied
privat vorführen.
Den Unterschied aber zwischen einem abgebrochenen und einem nicht
abgebr[i|o]chenen Zahn kann ich Jedem
vorführen.
Aber zu der privaten Vorführung brauchst du dir gar nicht Schmerzen
hervorzurufen, sondern es genügt, wenn du dir sie
vorstell vorstellst,
z.B. ein wenig das Gesicht verziehst.
Und wie weisst du, dass, was
du dir sov vorführst, Schmerzen sind, und nicht
z.B. ein Gesichtsausdruck?
Wie weisst du auch, was du dir vorführen sollst,
ehe du dir's vorführst?
Diese private Vorführung ist eine Illusion.
|
| 70.
Aber sind die Fälle des Zahnes und der Schmerzen nicht doch wieder
ähnlich?
Denn dem Gesichtsbild // der
Gesichtsempfindung // im einen entspricht die
Schmerzempfindung im andern.
Die Gesichtsempfindung kann ich mir so wenig vorführen, oder so
gut, wie die Schmerzempfindung.
Denken wir uns diesen Fall: Die Oberflächen der Dinge un[d|s]erer Umgebung (Steine, Pflanzen, etc. etc.[und|)] hätten Flecken und Zonen, die unsrer Haut bei der Berührung Schmerz verursachten // gäben // (etwa durch die chemische Beschaffenheit dieser Oberflächen; aber das brauchen wir nicht zu wissen). Wir würden nun, so, wie heute von einem rotgefleckten Blatt einer bestimmten Pflanze, von einem Blatt mit Schmerzflecken reden. Ich denke mir, dass die Warnehmung dieser Flecken und ihrer Gestalt für uns von Nutzen wäre, dass wir aus ihr Schlüsse auf wichtige Eigenschaften 21 der Dinge ziehen könnten. |
| 71.
Ich kann Schmerzen vorführen, [d|w]ie ich Rot vorführe, und
wie ich gerade und krumm und Baum und Stein vorführe. –
Das nennen wir eben
“vorführen”. |
| 72.
Könnte der das Wort “Schmerz” verstehen, der
nie Schmerz gefühlt hat? –
Soll die Erfahrung mich lehren, ob es so ist, oder
nicht? –
Und wenn du sagst “Einer kann sich Schmerzen nicht vorstellen,
ausser er hat sie einmal gefühlt” –
woher weisst du das?
Wie lässt sich entscheiden, ob das wahr
ist? |
| 73.
Es zeigt ein fundamentales Missverständnis an, wenn
ich meinen gegenwärtigen Zustand der Kopfschmerzen zu betrachten
geneigt bin, um über das philosophische Problem der Empfindung ins
Klare zu kommen. |
| 74.
Um über die Bedeutung des Wortes “denken” klar zu
werden, schauen wir uns selbst beim Denken zu: Was wir da
beobachten, werde das sein, was das Wort bedeutet! –
Aber so wird
|
| 75.
Wenn wir sprechen, oder schreiben (ich meine, nicht
gedankenlos) // Wenn wir denkend
sprechen, oder auch schreiben – ich meine wie wir es gewöhnlich
tun[,| // ], so werden wir, im
allgemeinen, nicht sagen, wir dächten schneller, als wir sprechen;
sondern der Gedanke erscheint hier vom Ausdruck nicht
abgelöst.
Anderseits aber redet man von der Schnelle des Gedankens, wie ein
Gedanke uns blitzartig durch den Kopf geht, wie Probleme uns mit einem
Schlage klar werden, etc..
Da liegt es nahe, zu fragen // sich zu
fragen // : geschieht beim blitzartigen Denken das
gleiche, wie beim [D|d]enkenden // nicht
gedankenlosen // Sprechen, – nur
äusserst beschleunigt?
So dass also im ersten Fall das // dasselbe // Uhrwerk gleichsam mit einem Ruck
abschnurrt, das // welches // im zweiten, durch
die 22 Worte gehemmt, Schritt für
Schritt
|
| 76.
Ich kann in demselben Sinn blitzartig einen Gedankengang vor mir
sehen, oder verstehen, wie ich ihn mit wenigen Worten, oder Strichen
notieren kann.
Was macht diese Notiz zu einer Zusammenfassung dieses Gedankens? |
| 77.
Der bl[o|i]tzartige Gedanke kann sich zum ausgesprochenen
verhalten, wie die algebraische Formel zu einer Zahlenfolge, die ich aus
ihr entwickle.
Wird mir irgendeine algebraische Funktion gegeben, so bin ich sicher, ich werde ihre Werte für die ganzzahligen Argumente 1–10 berechnen können. Man wird diese Sicherheit ‘wohlbegründet’ nennen, denn ich habe gelernt, solche Funktionen zu berechnen, u.s.w.. In andern Fällen wird sie nicht begründet sein, aber durch den Erfolg dennoch gerechtfertigt. |
| 78.
“Jetzt weiss ich weiter!”
ist ein Ausruf.
Er entspricht einem Naturlaut; einem freudigen Aufzucken.
Aus meiner // dieser // Empfindung folgt natürlich nicht, dass ich auch wirklich weiter kann, und nicht stecken blei[,|]be, so⌊–⌋ wie ich versuche, weiter zu gehen. Es gibt ⌊(⌋da⌊)⌋ Fälle, in denen ich sagen werde: “Als ich sagte, ich wisse weiter, da war es so.” “Das wird man z.B. sagen, wenn eine unvorhergesehene Störung eingetreten ist[,|.] Aber das Unvorhergesehene durfte nicht einfach das sein, dass ich stecken blieb. Es wäre auch denkbar, dass Einer immer wieder Scheinerleuchtungen hätte und ausriefe “Jetzt hab ich's!” und es dann nie durch die Tat rechtfertigen könnte. Es könnte ihm scheinen, als vergässe er augenblicklich wieder die Bedeutung des Bildes, das ihm vorschwebte. |
| 79.
Jemand könnte sagen, es handle sich hier um Induktion und ich sei so
sicher, dass ich die Reihe werde fortsetzen können,
wie ich es bin, dass dieses Buch zur Erde fallen wird,
wenn ich es auslasse; und ich wäre nicht erstaunter, wenn ich plötzlich
oh-23. ne offenbare Ursache im
Entwickeln der Reihe steckenbliebe, als ich es wäre, wenn das Buch, statt
zu fallen, in der Luft schweben bliebe. –
Darauf will ich sagen, dass wir eben auch zu
dieser Sicherheit keiner Gründe bedürfen.
Was könnte die Sicherheit mehr rechtfertigen, als der
Erfolg? |
| 80.
“Kann man denken, ohne zu reden?” –
Und was ist “Denken? –
Nun, denkst du nie?
Kannst du dich nicht beobachten und sehen, was da
vorgeht? // , wie es
geschieht? //
Das sollte doch einfach sein.
Du musst ja darauf nicht, wie auf ein astronomisches
Ereignis warten und dann etwa in Eile deine Beobachtung // Beobachtungen // machen. |
| 81.
Nun, was nennt man noch “denken”?
Wofür hat man gelernt, das Wort zu benützen? –
Wenn ich sage, ich habe gedacht, – muss ich
da immer recht haben?
Welche Art von Irrtum ist da möglich? ¤
Gibt es Umstände, unter denen man fragen würde:
“War, was ich da getan habe, wirklich ein Denken; irre ich
mich nicht?”
¤ // – Welche
Art von Irrtum gibt es
da? //
Wenn jemand, in einem Gedankengang, eine Messung ausführt, hat er das
Denken unterbrochen, wenn er beim Messen nicht zu sich selbst
spricht? |
| 82.
Um zu zeigen, dass man denken kann, ohne zu
sprechen, zitiert James
die Erinnerungen eines Taubstummen,
Ballard, der schreibt, er habe schon als Knabe,
ohne sprechen zu können, über Gott und die
Welt philosophiert. –
Was das wohl heissen mag!
–“
“It was during those delightful rides, some
two or three years before my initiation into the rudiments of written
language, that I began to ask myself the question: How came
the world into being?” –
Are you sure that this is a correct translation from your
wordless thought into words? – möchte
|
| 83.
Wäre es denkbar, dass Menschen nie eine hörbare
Sprache 24 sprächen, wohl aber eine im
Innern // in der Vorstellung // zu sich
selber?
“Wenn die Menschen immer nur in ihrem Innern zu sich selbst sprächen, so täten sie bloss dasjenige beständig, was sie heute manchmal tun.” – Es ist also ganz leicht, sich dies vorzustellen; man // . Man // braucht nur den leichten Übergang von Einigen zu Allen zu machen. (Ähnlich: “Eine unendlich lange Baumreihe ist einfach eine, die nicht zu einem Ende kommt.”) Unser Kriterium dafür, dass Einer zu sich selbst spricht, ist das, was er uns sagt und sein übriges Verhalten; und wir sagen nur von dem, er spräche zu sich selbst, der, im gewöhnlichen Sinne, sprechen kann. Und wir sagen es auch nicht von einem Papagei; so wenig, wie von einem Grammophon. // ; und auch nicht von // |
| 84.
Aber könnten wir uns nicht vorstellen, dass
Gott einem Papagei plötzlich Verstand
schenkte, und dieser nun zu sich selbst redete? –
Aber hier ist es wichtig, dass ich, zu dieser
Vorstellung, die Vorstellung von Gott zu
Hilfe nahm. |
| 85.
“Aber ich weiss // kenne // doch von mir selbst, was es
heisst ‘zu sich sprechen’.
Und würde ich der Organe des lauten Sprechens beraubt, so könnte
ich dennoch in mir Selbstgespräche führen.
–”
Weiss ich's nur von mir selbst, dann weiss ich also nur, was ich so nenne, nicht, was ein Andrer so nennt. |
| 86.
“Was manchmal geschieht, könnte immer geschehen.”
–
Was wäre das für ein Satz?
Ein ähnlicher m, wie dieser: Wenn
“F(a)” Sinn hat, hat
“(x).F(x)”
Sinn.
“Wenn es vorkommen kann, dass Einer // jemand // in einem Spiel falsch zieht, so könnte es sein, dass die Menschen in allen Spielen nichts als falsche Züge machten.” – Das zeigt, dass wir die Logik dieser Ausdrücke, den Gebrauch unsrer Worte, nicht recht verstehen. |
| 87.
Befehle werden manchmal nicht befolgt.
Aber wie würde es aussehen, wenn Befehle nie befolgt würden?
Der Begriff “Befehl” würde seine
pointe verlieren. 25 |
| 88.
“Diese Taubstummen haben alle nur eine Gebärdensprache
gelernt, Jeder aber spricht zu sich selbst // spricht im
Innern // eine Lautsprache.” –
Nun, verstehst du das nicht? –
Wie weiss ich nur, ob ich's
verstehe?! –
Was kann ich mit dieser Mitteilung (wenn's eine
ist) // wenn ich's so nennen
soll // anfangen?
Die ganze Idee des Verstehens wird hier verdächtig // dubios // .
Ich weiss nicht, ob ich sagen soll, ich
versteh's, oder ich versteh's nicht.
Ich möchte antworten: “es ist ein deutscher Satz;
scheinbar ganz in Ordnung – ehe man nämlich mit ihm
arbeiten will; er steht mit andern Sätzen in einem Zusammenhang, der
es uns schwer macht, zu sagen, man wisse eigentlich nicht, was er uns
mitteilt; Jeder, der nicht philosophisch // durch's Philosophieren //
anästhesiert ist, merkt, dass hier etwas nicht
stimmt.” |
| 89.
Wir sagen nicht, ein Hund spreche möglicherweise zu sich
selber.
Ist das, weil wir seine Seele so genau kennen?
Nun, man könnte so sagen.
Wenn man das Benehmen des Lebewesens sieht, sieht man seine
Seele.
Aber sage ich auch von mir, ich spreche mit mir selber, weil ich mich
so und so benehme? –
Ich sage es nicht auf die Beobachtung meines Benehmens
hin; aber es hat nur Sinn, weil ich mich so benehme. –
So hat es also nicht darum Sinn, weil ich es
meine? |
| 90.
Ein Grammophon spricht ja; und könntest du nicht annehmen, es habe eine
Seele und meine mit ihr, was es spricht?
Ich verstehe wohl – es ist schwer, eine Seele mit einer Maschine
zur Deckung zu bringen.
Und nun gar das Denken dieser Seele mit dem Sprechen der
Maschine!
Es ist schwer; aber ist es unmöglich? // aber
ist es nicht möglich? // |
| 91.
Der Sessel spricht zu sich selber:
“ …”.
Wo spricht er es?
In einem seiner Teile?
Oder ausserhalb seiner selbst // seines Körpers // ; in der Luft um ihn?
Oder gar nicht irgendwo?
Aber was ist dann der Unterschied zwischen dem Sprechen dieses
Sessels und dem eines andern // eines andern
Dings // , der das neben ihm steht? –
Aber wie ist es dann mit dem Menschen: wo spricht
er zu sich selbst?
Wie kommt es, dass diese Frage sinnlos 26 scheint – und keine Ortsbestimmung
nötig ist, ausser der, dass
eben dieser Mensch zu sich selbst spricht – während die Frage,
wo der Sessel mit sich selbst spreche, eine Antwort zu
erheischen scheint?
Ich glaube, der Grund ist der: Wir wollen wissen,
wie der Sessel einem Menschen entsprechen soll.
Ob der Kopf z.B. am obern Ende der Lehne ist;
u.s.w.. |
| 92.
Wie ist das, wenn man im Innern zu sich selbst spricht; was geht da
vor? –
Wie soll ich's erklären?
Nun, nur so, wie du Einen // jemand //
die Bedeutung des Ausdrucks “zu sich selbst
sprechen” lehren kannst.
Und als Kinder lernen wir ja diese Bedeutung. –
Nur, dass niemand sagen
wird, wer sie uns lehrt, sage uns, ‘was da
vorgeht’. |
| 93.
Vielmehr scheint es uns, als ob der Lehrer in diesem Fall dem Schüler
die Bedeutung
beibringte;
ohne sie ihm direkt zu sagen; dass
aber der Schüler endlich dazu gebracht wird, sich selbst die richtige
hinweisende Erklärung zu geben. // hinweisende Definition zu
geben //
Und hierin liegt unsre Illusion. ⇒93.1, S⇒41⋎ |
| 94.
|
| 95.
Ist das Rechnen
27 |
| 96.
Spielen
|
| 97.
Ist das Rechnen im Kopf unwirklicher, als das Rechnen auf dem
Papier? –
Man ist vielleicht geneigt, so etwas zu sagen; kann sich aber auch zur
gegenteiligen Ansicht bringen, indem man sich sagt, Papier, Tinte,
etc. etc. seien nur logische Konstruktionen.
“Ich habe die Multiplikation … im Kopfe ausgeführt” – glaube ich etwa so eine Aussage nicht? ‒ ‒ ‒ Aber war es wirklich eine Multiplikation? – Es war nicht bloss ‘eine’ Multiplikation, sondern diese – im Kopfe. Dies ist der Punkt, an dem ich irregehe. Denn ich will jetzt sagen: “Es war irgendein, dem Multiplizieren auf dem Papier entsprechender, geistiger Vorgang. So dass es Sinn hätte, zu sagen: Dieser Vorgang im Geiste entspricht diesem Vorgang auf dem Papier.” Und es hätte dann Sinn von einer Methode der Abbildung zu reden, nach welcher die Vorstellung des Zeichens das Zeichen selbst darstellt. |
| 98.
Hier möchte man wieder fragen: “Wie ist das, –
was geht da vor, wenn Einer im Kopfe rechnet?”
Und im besondern Fall kann die Antwort sein: “Ich
addiere zuerst 17 und 18, dann subtrahiere ich 39 …”
Aber das ist nicht die Antwort auf unsre Frage.
Was es heisst, im Kopfe rechnen, wird auf
solche Weise nicht erklärt. |
| 99.
Nominalismus Wäre es denkbar,
dass Einer im Kopfe rechnen lernte, ohne je
schriftlich oder mündlich zu rechnen? –
“Es lernen” heisst wohl:
dazu gebracht werden, dass man's
kann.
Und es fragt sich nur, was als Kriterium dafür gelten wird,
dass Einer // jemand // es kann.
Ist aber auch dies möglich, dass einem Volke nur das Kopfrechnen bekannt ist und kein andres? Hier muss man sich 28 fragen: “Wie wird das
aussehen?” –
Man wird sich dies also, als einen Grenzfall, ausmalen müssen, und sich
dann fragen: ob wir hier noch den Begriff des
‘Kopfrechnens’ anwenden wollen, oder ob er unter
solchen Umständen seine Pojnte (für
uns) verloren hat. |
| 100.
“Aber warum traust du dir selbst so wenig?
Du weisst doch sonst immer, was
‘rechnen’ heisst.
Wenn du also sagst, du habest in der Vorstellung gerechnet, so wird es
eben auch so sein.
Hättest du nicht gerechnet, so würdest du's nicht
sagen.
Ebenso, – wenn du sagst, dass du
etwas Rotes in der Vorstellung siehst, so wird es eben rot
sein.
Du weisst ja sonst was “
‘rot’ ist. –
Und weiter: du verlässt dich ja nicht immer
auf die Übereinstimmung mit den Andern; denn oft berichtest du, du habest
etwas gesehen, was niemand
[a|A]ndrer
gesehen hat.” –
Aber ich traue mir ja
|
| 101.
Der tiefe Aspekt entschlüpft leicht. |
| 102.
“Ich bin nicht sicher, ob ich mir nicht vorstellen kann,
dass dieser Sesselfuss Schmerzen
hat.” –
Und wenn ich's nun kann – was
weiter?
In wiefern ist das interessant?
Welche Verbindungen hat es mit dem übrigen Leben? –
Ich kann mir vielleicht auch vorstellen (obwohl es nicht leicht
ist) jeder 29 der Leute, die ich auf der
Strasse sehe, habe Schmerzen; verberge sie aber
kunstvoll.
Und
103.
vieles dergleichen.
Ich spiele gleichsam eine Rolle, ‘tue’, als
hätten die Andern Schmerzen. // Ich spiele also
gleichsam eine Rolle; tue … //
Man unterweist z.B. einen in der Rolle eines Theaterstücks, und sagt ihm “Du musst dir vorstellen, dass dieser Mensch … ” – und man gibt ihm keine Anleitung // Anweisung // ; was er eigentlich |
| 103.
“Wenn ich mir vorstelle, er habe Schmerzen, geht …
vor”, oder “geht eigentlich nur … in mir
vor”.
Diese Analyse führt uns zu nichts.
Ein Andrer sagt dann: “Ich glaube, ich kann es mir
auch vorstellen, ohne dabei … zu
denken”.
Das ist alles ganz irrellevant.
Ein abortiver Versuch, um die philosophische Schwierigkeit
herumzukommen. |
| 104.
“Aber wenn ich mir vorstelle, dass Einer,
der lacht, in Wirklichkeit Schmerzen hat, so stelle ich mir doch kein
Schmerzbenehmen vor, denn ich sehe eben davon das Gegenteil.
Was stelle ich mir also vor?” –
Ich habe es schon gesagt; – und ich stelle mir dazu nicht
notwendigerweise vor, dass ich
Schmerzen fühle. ‒ ‒ ‒
“Aber wie geht es also vor sich, wenn ich mir das
vorstelle?” –
Wo, ich meine ausserhalb der Philosophie,
verwenden wir denn die Worte “Ich kann mir vorstellen,
dass er Schmerzen hat”, oder
“Ich stelle mir vor, … ”, oder
“Stell dir vor, …!” ‒ ‒ ‒
Man sagt z.B. dem der eine Theaterrolle zu
spielen hat: “Du musst dir hier
vorstellen, dass dieser Mensch … ”
– und dazu wird ihm nicht gesagt, // und er
erhielt keine Anweisung: // was er
eigentlich tun soll. // und dabei gibt
man (ihm) keine Anweisung: was er
eigentlich tun soll. //
Darum ist auch jene Analyse gar nicht zur 30. Sache. –
Wir beobachten nun den Schauspieler, der sich das Leiden des Andern
vorstellt. |
| 105.
Unter was für Umständen würden wir jemand fragen:
“Was ist da eigentlich in dir vorgegangen, wie du dir
das vorgestellt hast?”
Und was für eine Antwort erwarten wir uns da? |
| 106.
Man sagt z.B. dem, der eine Theaterrolle zu spielen
hat, “Du musst dir hier vorstellen,
dass dieser Mensch …” –
106.
Es besteht eine Unklarheit darüber, welche Rolle das Sich-vorstellen-können in unserer Untersuchung spielt. In wiefern es nämlich den Sinn eines Satzes sicherstellt. |
| 107.
“Ich kann mir sehr wohl vorstellen, dass
Einer so handelt und doch nichts Schandbares in der Handlung
sieht” – und nun folgt eine Beschreibung, wie man sich das
vorzustellen habe.
“Ich kann mir einen Volksstamm vorstellen, in dem es als unanständig gilt, zu rechnen, ausser zum Zeitvertreib.” Das heisst ungefähr so viel wie: ich könnte mir dies Bild leicht weiter ausmalen. “Es hat Sinn, von einer endlosen Baumreihe zu reden. Ich k[N|a]nn mir doch vorstellen, dass eine Baumreihe ohne ein Ende weiterläuft.” D.h. etwa: Wenn es Sinn hat, zu sagen, die Baumreihe komme hier zu einem Ende, muss es Sinn haben, zu sagen, sie komme hier nicht zu einem Ende; und also auch: sie komme nirgends zu einem Ende. Die visuelle Vorstellung ist etwa die einer Baumreihe, die ‘unabsehbar’ weiterläuft. Ein solches Bild verbiürgt natürlich den Sinn jenes // des // Wortausdrucks so wenig, wie es ihn erklärt. “Ich kann mir doch vorstellen, unsere Masstäbe zögen sich immer zusammen, wenn … ” heisst: Wenn sich unsre Masstäbe so benähmen, würden wir nicht anstehen, zu sagen …. Dies erklärt den Sinn einer bestimmten Ausdrucksweise. “Ich kann mir doch vorstellen wie der Andre in seinem Bauch Schmerzen hat!” (Ich könnte etwa dazusetzen: jetzt z.B. tue ich's grade.) Erklärt dies, was es heisse, der Andre habe Schmerzen? (Ich kann mir die Schmerzen des Andern 31 leichter // besser // vorstellen, wenn ich mich selbst nicht
ganz wohl fühle.) |
| 108.
Das Gefühl der [u|U]nüberbrückbarkeit der Kluft zwischen
Bewusstsein und Gehirnvorgang: Wie
kommt es, dass das in die
Betrachtungen
des gewöhnlichen Lebens nicht hineinspielt?
Die Idee dieser Artverschiedenheit ist mit einem leisen Schwindel
verbunden; der auftritt, wenn wir logische Kunststücke ausführen.
(Er ist ein Zeichen der Verwirrung, nicht der
Schwierigkeit des Gegenstandes.
Mengenlehre.)
Wann tritt dieses Gefühl auf?
Nun, wenn ich z.B. meine Aufmerksamkeit in
bestimmter Weise auf mein Bewusstsein lenke und mir
dabei sage: dies
dies solle durch einen Gehirnvorgang erzeugt
werden! indem ich mir gleichsam an die Stirne greife. –
Aber was kann das heissen “meine
Aufmerksamkeit auf mein Bewusstsein
lenken“?
Es ist doch nichts merkwürdiger, als dass es so
etwas gibt!
Was ich so nannte (denn diese Worte werden ja im gewöhnlichen Leben
nicht gebraucht) war ein Akt des Schauens.
Ich schaute steif vor mich hin, aber nicht auf
irgendeinen bestimmten Punkt, oder Gegenstand.
Meine Augen waren weit offen, meine Brauen
zusammengezoge nicht zusammengezogen – wie
sie es meistens sind, wenn ein bestimmtes Objekt mich
interessiert.
Kein solches Interesse war dem Schauen vorangegangen.
Mein Blick war ‘vacant’; oder
ähnlich dem eines Menschen, der die Beleuchtung des
Himmels bewundert und das Licht eintrinkt.
Bedenk nun, dass an dem Satz, den ich als Paradox aussprach – dies werde durch einen Gehirnvorgang erzeugt – gar nichts paradoxes war. Ich hätte ihn während eines Experiments aussprechen können, das angestellt wurde, zu zeigen, dass der Lichteffekt, den ich sehe, durch die Erregung einer bestimmten Gehirnpartie erzeugt werde. // aussprechen können, dessen Zweck es war, zu zeigen, der Beleuchtungseffekt, den ich sehe, werde durch die Erregung einer bestimmten Gehirnpartie erzeugt // . – Aber ich sprach den Satz nicht in der Umgebung aus, in welcher er einen alltäglichen und nicht-paradoxen Sinn gehabt hätte. Und meine Aufmerksamkeit war nicht von der Art, die dem Experiment gemäss war // gewesen wäre // . (Mein Blick wäre dann ‘intent’, nicht ‘vacant’ gewesen.) 32. |
| 109.
Hier haben wir einen Fall von Introspektion; nicht unähnlich
derjenigen, durch welche W. James herausbrachte, dass ‘Selbst’
bestehe hauptsächlich aus ‘peculiar motions in the head and
between the head and throat’.
Und was die Introspektion James's zeigte, war nicht die Bedeutung des Wortes
“Selbst”, “er selbst”, “ich
selbst”) noch eine Analyse eines solchen Wesens, sondern
den Aufmerksamkeitszustand eines Philosophen, der sich das Wort
“Selbst” vorspricht und seine Bedeutung analysieren
will.
(Und daraus liesse sich vieles lernen.) |
| 110.
“Die Menschen stimmen mit einander
überein, dass sie sehen, hören, fühlen,
etc. (wenn auch Mancher blind und Mancher
taub ist).
Sie bezeugen also von sich, sie haben
Bewusstsein.
“Aber wie merkwürdig! wem mache ich eigentlich eine
Mitteilung, wenn ich sage “Ich habe
Bewusstsein”?
Was ist der Zweck, mir das zu sagen, und wie kann der Andere mich
verstehen? –
Nun, Sätze, wie “Ich sehe”, “Ich
höre”, “Ich bin bei
Bewusstsein”, haben ja wirklich ihren
Gebrauch.
Dem Arzt sage ich “Jetzt höre ich wieder auf diesem
Ohr”; dem, der mich ohnmächtig glaubt, etwa:
“Ich bin wieder bei
Bewusstsein”,
u.s.w.. |
| 111.
Beobachte ich mich also und nehme wahr, dass ich
sehe, oder bei Bewusstsein bin?
Und wozu überhaupt von Beobachtung reden!
Warum nicht einfach sagen: “Ich nehme wahr,
dass ich bei Bewusstsein
bin”? –
Aber wozu hier die Worte “Ich nehme wahr”
– warum nicht sagen: “Ich bin bei
Bewusstsein”? –
Aber zeigen die Worte “Ich nehme wahr “hier
nicht an, dass ich auf mein
Bewusstsein aufmerksam bin?
(Was doch gewöhnlich nicht der Fall ist.) –
Wenn es so ist, dann sagt der Satz “Ich nehme wahr,
dass … ” nicht,
dass ich bei Bewusstsein bin,
sondern, dass meine Aufmerksamkeit so und so
eingestellt sei.
Aber ist es denn nicht eine bestimmte Erfahrung, die mich veranlasst, zu sagen “Ich bin wieder bei Bewusstsein”? – Welche Erfahrung? In welcher Situation sagen wir dies // es[)| // ]? 33. |
| 112.
Ist, dass ich Bewusstsein habe,
eine Erfahrungstatsache? –
Aber sagt man nicht vom Menschen, er habe Bewusstsein; vom Baum, oder Stein aber, sie haben keines? – Wie wäre es, wenn's anders wäre? – Wären die Menschen alle bewusstlos? – Nein; nicht im gewöhnlichen Sinne des Worts. Aber ich, z.B., hätte nicht Bewusstsein ‒ ‒ ‒ wie ich's jetzt tatsächlich habe. |
| 113.
Aber kann ich mir nicht denken, die Menschen um mich her seien
Automaten, haben kein Bewusstsein, wenn auch ihre
Handlungsweise die gleiche ist, wie immer? –
Wenn ich mir's jetzt – allein in meinem Zimmer –
vorstelle, sehe ich die Leute mit starrem Blick (etwa wie in
Trance) ihren Verrichtungen nachgehen – und die Idee ist
vielleicht ein wenig unheimlich. –
Aber nun versuch einmal, im gewöhnlichen Verkehr, oder auf der
Strasse, an dieser Idee festzuhalten!
Sag dir z.B.: “Diese Kinder
dort sind blosse Automaten; alle ihre Lebendigkeit
ist bloss Schein.”
Und diese Worte werden dir entweder gänzlich nichtssagend
werden; oder du wirst in dir etwa eine Art unheimliches Gefühl, oder
dergleichen, erzeugen.
Einen lebenden Menschen als Automaten sehen, ist ganz analog dem, irgend eine Figur als Grenzfall, oder Variation einer andern zu sehen, z.B. ein Fensterkreuz als Swastika. |
| 114.
Es scheint uns paradox, dass wir in
einem Bericht Körper- und
Bewusstseinszustände kunterbunt durch
einander mischen: “Er
litt/grosse Qualen und warf sich unruhig umher.”
Das ist ganz gewöhnlich; warum erscheint es uns also paradox?
Weil wir sagen wollen, der Satz handle vo[m|n]
[g|G]reifbarem und Ungreifbarem. ‒ ‒ ‒
Aber findest du etwas dabei, wenn ich sage: “Diese
3 Stützen geben dem Bau Festigkeit”?
Sind Drei und Festigkeit greifbar? ‒ ‒ ‒
Sieh den Satz als Instrument an, und seinen Sinn als seine
Verwendung! |
| 115. |
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