| 670.
Ist es Introspektion, was mich lehrt, ob ich's mit einem
ächten Sehen zu tun habe, oder doch mit einem
Deuten?
Zuerst einmal muß ich mir klar w darüber werden, was
ich denn ein Deuten nennen würde; woran sich erkennen läßt, ob etwas
ein Deuten oder ein Sehen sei.
(Einer Deutung entsprechend sehen.) |
| 671.
Ich möchte sagen: “Ich sehe die Figur als das
Spiegelbild eines F” sei nur eine indirekte
Beschreibung meiner Erfahrung.
Es gebe eine direkte; nämlich: Ich sehe die Figur
so (wobei ich für mich auf meinen Gesichtseindruck
deute).
Woher hier diese Versuchung? –
Es gibt da ein wichtiges Faktum, nämlich dies, daß wir bereit sind,
eine Anzahl verschiedener Beschreibungen unsres Gesichtseindrucks gelten
zu lassen; z.B.: “Die Figur
schaut jetzt nach rechts, jetzt nach
links.” |
| 672.
Denke, wir fragten jemand: Welche Ähnlichkeit besteht
zwischen dieser Figur und einem F?
Nun antwortet Einer “Die Figur ist ein umgekehrtes
F”, ein Andrer “Sie ist ein
Fm F mit zu langen Anstrichen”.
Wir würden sagen Sollen wir sagen
“Die beiden sehen die Figur
verschieden”? |
| 673.
Sehe ich die Figur nicht einmal so, einmal anders, auch wenn ich nicht
mit Worten oder durch andere Zeichen reagiere?
Aber “einmal so”, “einmal anders” sind ja Worte, und mit welchem Recht gebrauche ich sie hier? Kann ich dir, oder – 188
– mir selbst, mein Recht erweisen?
(Es sei denn durch eine
Aber ich weiß doch, daß es zwei Eindrücke sind, auch wenn ich's nicht sage! Aber wie weiß ich, daß, was ich dann sage, das ist, was ich wußte? |
| 674.
Das vertraute Gesicht eines Wortes; die Empfindung, es // ein Wort // sei gleichsam ein Bild seiner
Bedeutung; es habe seine Bedeutung gleichsam in sich aufgenommen –
es kann eine Sprache geben, der das alles fremd ist. Und
wie drücken sich diese Empfindungen bei uns aus? Darin, wie
wir Worte wählen und schätzen. // – es ist
wichtig, daß wir uns eine Sprache denken können, der ˇdas
alles das fremd ist. Die mit ihren Worten
|
| 675.
Die Fälle, in denen wir mit Recht sagen, wir deuten,
was wir sehen, als das und das, sind leicht zu
charakterisieren. // leicht zu
beschreiben // . |
| 676.
Wenn wir deuten, stellen wir eine Vermutung an, sprechen eine Hypothese
aus, die sich nachträglich als falsch erweisen kann.
Sagen wir “Ich sehe diese Figur als ein
F”, so kann das so wenig verifiziert oder falsifiziert
werden, wie der Satz “Ich sehe ein leuchtendes
Rot”. Hier besteht also eine Ähnlichkeit der
Verwendungen des Wortes “sehen” im einen und im
andern Zusammenhang. (Nicht eine Ähnlichkeit, die
Introspektion uns zeigt.) // Sagen wir gibt es dafür, so wie für den Satz “Ich sehe ein leuchtendes Rot”, nicht Verifikation oder Falsifikation. Diese Art Ähnlichkeit ist es, nach der wir ausschauen müssen, um den Gebrauch des Wortes “sehen” in jenem Zusammenhang zu rechtfertigen. Sagt Einer, er erkenne, daß es ein ‘Sehen’ sei, durch Introspektion, so ist die Antwort: “Und wie weiß ich, was du Introspektion nennst? Du erklärst mir ein Geheimnis – 189 – durch ein
anderes.” // |
| 677.
An verschieden Stellen eines Buches, eines Lehrbuchs der Physik
etwa, sehen wir die Illustration
[i|I]m dazugehörigen Text wird einmal von einem
Glaswürfel geredet, einmal von einem Drahtgestell, einmal von
einer umgestülpten offenen Kiste, einmal von drei Brettchen, die ein
räumliches Eck bilden.
Der Text deutet jedesmal die Illustration.
Aber wir können auch sagen, daß wir die Illustration einmal als das eine, einmal als das andere Ding sehen. – Wie merkwürdig nun, daß wir die Worte der Deutung auch zur Beschreibung des unmittelbar Wahrgenommenen verwenden können! Da möchten wir zuerst so antworten: Jene Beschreibung der unmittelbaren Erfahrung mittels einer Deutung ist nur eine indirekte Beschreibung. Die Wahrheit
|
| 678.
Aber was heißt es, die Erfahrung A' sei der Deutung A
günstig?
Welches ist die Erfahrung A'?
Wie identi[g|f]iziert man sie denn? |
| 679.
Nehmen wir an, jemand mache die folgende Entdeckung.
Er untersucht die Vorgänge in der Retina der Menschen, die die Figur
einmal als Glaswürfel, einmal als Drahtgestell sehen,
etc. und er findet, daß diese Vorgänge ähnlich
denjenigen sind, welche er beobachtet, wenn das Subjekt einmal
einen Glaswürfel anschaut, einmal ein Drahtgestell
u.s.f..
⇒
|
| – 190
–
So eine Entdeckung würde man geneigt sein, als Beweis dafür zu betrachten, daß wir die Figur wirklich jedesmal anders sehen. Aber mit welchem Recht? Wie kann denn das Experiment etwas über die Natur der unmittelbaren Erfahrung aussagen? – Es reiht sie in eine bestimmte Klasse von Phänomenen ein. |
| 680.
Wie identifiziert man die Erfahrung A'?
Wie kommt es, daß ich überhaupt von dieser Erfahrung weiß?
Wie lehrt man jemand den Ausdruck dieser Erfahrung “Ich sehe die Figur jetzt als Drahtgestell”? Viele haben das Wort “sehen” gelernt und nie einen derartigen Gebrauch von ihm gemacht. Wenn ich nun so einenm unsre Figur zeige und ihm sage “Jetzt versuch einmal, sie als Drahtgestell zu sehen!” –muß er mich verstehen? Wie, wenn er sagt: “Meinst du etwas anderes als, ich soll dem Text des Buchs, der von einem Drahtgestell redet, an der Hand der Figur folgen?” Und wenn er mich nun nicht versteht, was kann ich machen? Und wenn er mich versteht, wie äußert sich das? Nicht eben dadurch, daß auch er sagt, er sehe jetzt die Figur als Drahtgestell? |
| 681.
Es ist also die Neigung, jenen Wortausdruck zu gebrauchen, eine
charakteristische Äußerung des Erlebnisses.
(Und eine Äußerung ist kein
Symptom.) |
| 682.
Gibt es noch andere Äußerungen dieses Erlebnisses?
Wäre nicht dieser Vorgang denkbar: Ich lege Einem
ein Drahtgestell, einen Glaswürfel, eine Kiste, etc. vor
und frage ihn “Welches dieser Dinge stellt die Figur
dar?”
Er antwortet “Das Drahtgestell”.
|
| 683.
Sollen wir nun sagen, er habe die Figur als Drahtgestell gesehen,
– obwohl er die Erfahrung, sie einmal als – 191
– das, einmal als etwas andres zu sehen, nicht
hatte? |
| 684.
Denken wir, es fragte jemand: “Sehen wir alle ein
Druck-F auf die gleiche Weise?”
Nun, man könnte folgenden Versuch machen: Wir zeigen
verschiedenen Leuten ein F und stellen die Frage
“Wohin schaut ein F, nach rechts oder nach
links?”
Oder wir fragen: “Wenn du ein F mit einem Gesicht im Profil vergleichen solltest, wo wäre vorne, wor hinten?” Mancher aber würde diese Frage⌊n⌋ vielleicht nicht verstehen. Sie sind analog Fragen der Art: “Welche Farbe hat für dich der Laut a?” oder “Kommt dir a gelb oder weiß vor?” etc. Wenn Einer diese Frage nicht verstünde, wenn er erklärte, sie sei Unsinn, – könnten wir sagen, er verstehe nicht [d|D]eutsch, oder nicht die Bedeutungen der Wörter “Farbe”, “Laut”, etc.? Im Gegenteil: Wenn er diese Worte verstehen gelernt hat, dann kann er auf jene Fragen ‘mit Verständnis’ oder ‘ohne Verständnis’ reagieren. |
| 685.
“Sehen wir aAlle ein F auf die gleiche
Weise?”
– Das heißt noch gar nichts, solange nicht festgestellt ist,
wie wir erfahren, ‘auf welche Weise’ Einer es
sieht.
Aber wenn ich nun z.B. auch sage
“Für mich schaut ein F nach rechts und ein J
nach links”, – darf ich sagen: wenn immer ich ein
F sehe, schaue es in dieser, oder in irgend einer Richtung?
Welchen Grund hätte ich, so etwas zu sagen?! |
| 686.
Nehmen wir an, die Frage wäre nie gestellt worden “In
welcher Richtung schaut ein F?” – sondern nur
die: “Wenn du einem F und einem J ein
Aug und eine Nase malen solltest, würde es nach rechts oder nach links
schaun?”
Dies wäre doch auch eine psychologische Frage.
Und in ihr – 192
– wäre von einem ‘so, oder anders,
sehen’ nicht die Rede.
Wohl aber von einer Neigung, das eine, oder andere zu
tun. |
| 687.
Eine Verwendung des Begriffs ‘in dieser Richtung
schauen’ ist z.B. die: Man sagt
etwa einem Architekten “Mit dieser Ve⌊r⌋teilung der
Fenster schaut die Fassade
dorthin”.
Ähnlich verwendet man den Ausdruck: “Dieser Arm
unterbricht die Bewegung der Skulptur” oder
“Die Bewegung sollte so verlaufen”
(dabei macht man etwa eine Geste). |
|
| 689.
Warum aber sehen wir das nicht sogleich, sondern denken, es müßte hier
einen unmittelbaren Ausdruck geben, und das Phänomen sei nur zu
ungreifbar, nicht recht zu beschreiben, und wir müssen jedenfalls zur
Verständigung mit Andern zur indirekten Darstellung greifen?
Wir sagen uns: Es ist unmöglich, daß wir, ohne in der Phantasie der Figu[t|r] hinzuzufügen, ein Erlebnis haben, das wesentlich mit Dingen zusammenhängt, die ganz außerhalb der Sphäre der unmittelbaren Wahrnehmung sind. Man könnte z.B. sagen: “Du behauptest, du siehst die Figur als Drahtgestell. Weißt du vielleicht auch, ob es Kupferdraht oder Eisendraht ist? Und warum soll es dann Draht sein? – Das zeigt, daß das Wort “Draht” wirklich nicht unbedingt // wesentlich // zur Beschreibung des Erlebnisses gehört. |
| 690.
Denken wir uns aber nun diese Art von Erklärung: Wenn man
beim Essen die Nase zuhält, verlieren die – 193
– Speisen jeden Geschmack, außer den der Süße,
Bitterkeit, Salzigkeit und Säure.
Also, wollen wir einmal sagen, besteht der besondere
Geschmack, des Brotes z.B., aus diesem
‘Geschmack’ im engern Sinne und dem Aroma, das eben
verloren geht, wenn wir nicht durch die
Nase atmen.
Warum soll es nun beim Sehen von etwas als etwas nicht ähnlich
zugehen.
Etwa so: Das Auge unterscheidet nicht die Figur
als Drahtgestell von der Figur als Kiste,
u.s.w.
Das ist sozusagen das Aroma, welches das Gehirn dem Gesehenen
hinzufügt.
Dagegen unterscheidet auch das Auge verschiedene Aspekte: es
phrasiert quasi das Gesichtsbild; und eine
Phra eine Phrasierung ist
einer Deutung, die andre der andern gemäßer.
(Erfahrungsmäßig gemäßer.)
Denk z.B. an gewissen unwillkürliche Deutungen, die wir der einen oder andern Stelle eines Musikstücks geben. Wir sagen: diese Deutung drängt sich uns auf. (Das ist doch ein Erlebnis.) Und die Deutung kann aus gewissen rein musikalischen Beziehungen erklärt werden. – Wohl, aber wir wollen ja nicht erklären, sondern beschreiben. |
| 691.
Sieh das Dreieck so, da[s|ß] c die Basis und C die
Spitze ist; und jetzt so, daß [c|b] die Basis und
B die Spitze ist. –
Was tust du? –
Vor allem: – Weißt du, was du tust?
Nein.
“Nun, vielleicht ist es der Blick, der erst auf der ‘Basis’ haftet, dann zur ‘Spitze’ geht.” Aber kannst du sagen, daß in einem anderen Zusammenhang der Blick nicht ganz ebenso wandern könnte, ohne daß du das Dreieck in dieser Weise gesehen hast? Mach auch diesen Versuch. Sieh das Dreieck so, daß es [)| (]wie eine Pfeilspitze) einmal in der Richtung A, einmal in der Richtung B zeigt. |
| 692.
Von wem sagt man, er sehe das Dreieck als Pfeil, der – 194 – nach rechts zeigt?
Von dem, der es einfach als einen solchen Pfeil zu gebrauchen
gelernt und es immer so gebraucht hat?
Nein.
Daß heißt natürlich nicht, man sage von so einem, er sehe es
anders, oder wir wüsten nicht, wie er
es sehe.
Es ist hier von einem so oder anders se
sehen noch nicht die Rede. –
Wie ist es aber in einem Fall, in welchem ich den Andern korrigiere und
sage “Was dort steht, ist nicht ein Pfeil, der nach rechts
zeigt, sondern einer, der nach oben zeigt”, und nun setze ich
ihm eine praktische Folge dieser Deutung auseinander.
Er sagt nun: “Ich habe das Dreieck immer als Pfeil
nach rechts aufgefaßt.”
– Ist hier von einem Sehen die Rede?
Nein; denn es kann ja heißen “Ich bin, wenn ich diesem
Zeichen begegnet bin, ihm immer so
gefolgt.”
Wer das sagt, müßte die Frage “Aber hast du es als Pfeil
nach rechts gesehen?” gar nicht
verstehen. |
| 693.
Wir sagen von dem, er sehe das Dreieck einmal so, einmal so,
der dies von sich aussagt, der diese Worte mit dem Zeichen des
Verständnisses ausspricht, oder hört; aber auch von dem, der etwa sagt
“Jetzt zeigt das Dreieck in dieser Richtung, früher
hat es in der andern gezeigt”, und der nun auf die Frage, ob das
Dreieck seine Form oder Lage geändert habe, antwortet: so sei
es nicht.
U.s.w. |
| 694.
Betrachten wir den Fall des Bildes der
gegen|einander
rotierenden Räder.
Erstens kann ich die Bewegung im Bild wieder als eine
oder die andere sehen.
Zweitens kann ich sie auch für die eine oder die andere
halten. |
| 695.
Das etwas seltsame Phänomen des so oder anders Sehens
erscheint doch erst, wenn Einer erkennt, daß das Gesichtsbild in
einem Sinne gleichbleibt, und etwas
anderes, was man “Auffassung” nennen möchte,
sich ändern kann. // wechseln
kann // .
Halte ich das – 195
– [s|d]as Bild für dies oder das, sagen
wir für zwei ei gegen einander
laufende Räder, so ist doch damit von der Teilung des Eindrucks in
Gesichtsbild und Auffassung noch keine Rede. –
Soll ich also sagen, die Trennung ist das Phänomen, das mich
interessiert?
Oder fragen wir so: Welche Reaktion interessiert mich? Die, welche zeigt, daß Einer eine Schale für eine Schale hält (also auch die, daß er eine Schale für etwas anderes hält?)? Oder die, daß er einen Wechsel beobachtet und zugleich
|
| 696.
Es ist auch möglich, daß ich sage: “Ich habe das
immer für eine Schale gehalten; jetzt sehe ich, daß es keine
ist” – ohne daß ich mir eines Wechsels des
‘Aspekts’ bewußt bin.
Ich meine einfach: ich sehe jetzt etwas anderes, habe jetzt einen
anderen Gesichtseindruck.
Nehmen wir an, Einer zeigte mir etwas und fragt, was das sei. Ich sage “Es ist ein Würfel”. Darauf er: “Also so siehst du es.” – Müßte ich dieses Worte anders verstehen als d so: “Also dafür hälst du es”? |
|
| 698.
“Ich sehe diese Figur als räumliches Eck”
– 196 – |
| 699.
Die Äußerung des Erlebnisses ist: “Ich sehe das
jetzt als Pyramide; jetzt als Quadrat mit den
Diagonalen.”
– Was ist nun das ‘das’, welches ich einmal so,
einmal so sehe?
Ist es die Zeichnung?
Und wie weiß ich, daß es beidemale
dieselbe Zeichnung ist?
Weiß ich es nur, oder sehe ich's auch? –
Wie wäre es, wenn nachgewiesen würde, die Zeichnung habe sich immer ein
wenig geändert, wenn man sie als etwas anderes sieht; oder das
Gesichtsbild sei dann ein wenig anders.
Es sehe, z.B., dann eine Linie und ein weniges
stär[l|k]er, oder dünner aus, als früher. |
| 700.
Soll ich sagen, die verschiedenen Aspekte der Figur seien
Assoziationen?
Und was hilft es mir? |
| 701.
Es scheint sich hier etwas am Gesichtsbild der Figur zu ändern; und
ändert sich doch wieder nichts.
Und ich kann nicht sagen “Es fällt mir immer wieder eine
neue Deutung ein”.
Ja, es ist wohl das, aber sie verkörpert sich auch gleich im
Gesehenen.
Es fällt mir immer wieder ein neuer Aspekt der Zeichnung ein – die
ich gleichbleiben sehe.
Es ist, als ob ihr immer wieder ein neues Kleid angezogen würde, und
als ob doch jedes Kleid wieder gleich sei dem andern.
Man könnte auch sagen: “Ich deute die Figur nicht nur, sondern ich ziehe ihr auch die Deutung an.” – 197
– |
| 702.
Ich sage mir: “Was ist das?
Was sagt nur diese Phrase?
Was drueckt s[u|i]e nur
aus?”
– Es ist mir, als
muesste es noch ein viel
klareres Verstehen von ihr geben, als das, was ich
habe.
Und dieses Verstehen wuerde dadurch erreicht,
dass man eine Menge ueber
d[e|i]e Umgebung der Phrase sagt.
So als wollte man eine ausdrucksvolle Geste in einer Zeremonie
verstehen.
Und zur Erklaerung
muesste ich die
Zerem[l|o]nie gleichsam analysieren.
.B. sie abaendern und zeigen,
wie das die Rolle jener Geste beeinflussen
wuerde. |
| 703.
Ich koennte auch sagen: Mir ist, als
muesste es zu diesem
musikalischen Ausdruck Parallele auf anderen Gebieten
geben. |
| 704.
Die Frage ist eigentlich: Sind diese
Toene nicht der beste Ausdruck
fuer das, was hier
ausgedrueckst ist?
Wohl.
Aber das heisst nicht, dass sie
nicht durch ein Bearbeiten ihrer Umgebung zu
erklaeren sind. |
| 705.
Ist es ein Widerspruch, wenn ich sage: “Dies ist
schoen und dies ist nicht
schoen” (wobei ich auf verschiedene
Gegenstaende zeige)?
Und soll man sagen, es sei kein Widerspruch, weil die beiden
Woerter “dies” verschiedenes
bedeuten?
Nein; die beiden “dies” haben die
gleiche Bedeutung. “heute” hat heute
die gleiche Bedeutung, wie es gestern hatte, “hier” die
gleiche Bedeutung hier und dort.
Es ist hier nicht wie im Satz “Herr Weiss
wurde weiss”.
“Dies ist schoen und dies ist nicht schoen” ist ein Widerspruch, aber er hat eine Verwendung. |
| 706.
Das Grunduebel der
Russelschen Logik
sowie auch der meinen in der
L. Ph. Abh. ist,
dass, was ein Satz ist, mit ein paar
gemeinplaetzigen Beispielen illustriert, und dann
als allgemein verstanden vorausgesetzt wird. – 198 – |
| 707.
Aber ist es nicht klar, dass die beiden
“dies” verschiedene Bedeutungen haben, da ich sie
doch durch verschiedene Eigennamen ersetzen kann? –
Ersetzen?
“Dies” heisst ja nicht einmal
A, das andere mal B. –
Freilich nicht allein; aber zusammen mit der zeigenden
Gebaerde. –
Wohl; aber das sagt nur, dass ein Zeichen,
bestehend aus dem Wort “dies” und einer
Gebaerde, eine andere Bedeutung hat, als ein
Zeichen, bestehend aus “dies” und einer anderen
Gebaerde.
Aber das ist ja blosse Wortklauberei: Du sagst
ja also, dass Dein Satz “Dies ist
schoen und dies ist nicht
schoen” kein
vollstaendiger Satz ist, weil zu den Worten hier
noch Gebaerden gehoeren. –
Aber warum ist es dann kein vollstaendiger
Satz?
Es ist ein Satz einer andern Art als etwa “Die Sonne
geht auf”, die Art seiner Verwendung ist sehr
verschieden.
Aber solche Verschiedenheiten gibt es eben die
Huelle und Fuelle im Reich der
Saetze. |
| 708.
“A. Schweizer ist kein Schweizer.”
Wenn ich das sage, meine ich das erste S. als Eigenname,
das zweite als Gattungsname.
So geht [v|V]erschiedenes in meinem Geiste vor, wenn ich die
beiden Woerter
“S.”
ausspreche? –
Das Wort funktioniert im Satz beide Male in verschiedener
Weise.
Das hiesse, das Wort mit einem Maschinenteil
vergleichen und den Satz mit der // einer // Maschine.
Ganz unzutreffend.
Eher koennte man sagen: die Sprache ist die
Maschine, der Satz der Maschinenteil.
Das waere dann etwa so:
Diese Kurbel hat zwei Loecher von gleicher
Groesse.
Mit dem einen sitzt sie auf der Welle, in dem anderen steckt der
Kurbelzapfen. |
| 709.
Versuche, das erste
“S.” als
Gattungsnamen, das zweite als Eigennamen zu meinen!
Wie machst Du den Versuch? – 199 – |
| 710.
“Der Begriff S. ist kein
S.”
Ist das Unsinn?
Nun, ich weiss nicht, was jemand, der das sagt,
damit sagen will: d.h. wie er diesen Satz
verwenden will // zu verwenden beachbsichtigt.
Ich kann mir manche naheliegende Verwendung fuer ihn
ausdenken. –
“Aber du kannst ihn eben nicht so verwenden, oder
auch nur so denken, dass mit den Worten
“der Begriff S.” und mit dem zweiten
“S.” das Gleiche gemeint ist,
was Du gewoehnlich mit diesen
Worten meinst.” // was Du sonst immer, also
fuer gewoehnlich mit diesen Worten
meinst.” //
Hier steckt der Irrtum. Man denkt hier, als schwebte einem dieser Vergleich vor: Die Worte im Satz passen zusammen, d.h. man kann die sinnlose Wortfolge hinschreiben, aber die Bedeutung jedes Worts ist ein unsichtbarer Koerper, und diese Bedeutungskoerper passen nicht zusammen. ((“Das Meinen gibt dem Satz eine weitere Dimension.”)) |
| 711.
Daher die Idee, man kann den Satz nicht denken; denn im Gedanken
muesste ich nun die Bedeutungen
der Worte zu einem Sinn zusammenstellen, und das geht
nicht. (jigsaw puzzle). |
| 712.
Aber ist der Widerspruch nicht durch das Gesetz vom Widerspruch
verboten? –
“non (p & non
p)” verbietet jedenfalls nichts.
Es ist eine Tautologie.
Verbieten wir aber einen Widerspruch, so
schliessen wir Widerspruchsformen aus unserer
Sprache aus.
Wir beseitigen diese Formen. |
| 713.
Man kann denken: “Wie
merkwuerdig, dass die
eine Bedeutung des Wortes “empfinden”
(und der anderen psychologischen Verben) zusammengesetzt ist
aus den heterogenen Bestandteilen, den Bedeutungen der
ersten und der dritten
Person.” // der Bedeutung der ersten Person
und der dritten Person. // – 200
–
Aber was kann verschiedener sein, als das Profil und das en face eines Gesichts; und doch sind die Begriffe unserer Sprache so [b|g]ebildet, dass das eine nur als Variation des anderen erscheint. Und es ist natuerlich leicht, Gründe dieser Begriffsbildung aufzuzeigen. // Und es ist natuerlich leicht, diese Begriffsbildung aus Naturtatsachen zu begruenden. // // Und es ist natuerlich leicht, diese Begriffsbildung zu begruenden. // (Heterogene: der Pfeifenkopf und das Pfeifenrohr.) |
| 714.
Wenn die Begriffsbildung ˇsich aus Naturtatsachen
(psychologischen und physikalischen)
begruenden
laesst, ist dann die
Beschreibung unserer Begriffsbildungen nicht eigentlich eine
verkapte Naturwissenschaft; sollten wir uns dann nicht,
statt fuer die Grammatik, fuer das
interessieren, was sie in der Natur
rechtfertigt? // , was ihr in der Natur zu
Grunde liegt. //
Uns interessiert allerdings auch die Entsprechung unserer Grammatik und allgemeiner // unserer Begriffsbildung mit allgemeinen (selten ausgesprochenern) Naturtatsachen. Aber unser Interesse faellt nun nicht auf diese [M|m]oeglichen Ursachen zurueck. Wir betreiben keine Naturwissenschaft: unser Ziel ist nicht, etwas vorher zu sagen. Ja wir betreiben auch nicht Naturgeschichte, da wir naturgeschichtliche Tatsachen fuer andere Zwecke auch erdichten. // Auch nicht Naturgeschichte: denn wir erdichten fuer unsere Zwecke naturgeschichtliche Tatsachen. // |
| 715.
Es interessiert uns etwa, festzustellen, dass in
unserer Umgebung gewisse Formen nicht an gewisse Farben gebunden
sind.
Das wir z.B. nicht
gruen immer in Verbindung mit der Kreisform, rot mit
der Quadratform sehen.
Stellt man sich eine Welt vor, in der Formen und Farben immer in
solcher Weise mit einander
verknuepft sind // verbunden
waeren // , so
faende man ein Begriffssystem
verstaendlich, in welchen – 201
– die grundlegende Einteilung – Form und Farbe
– nicht bestuenden.
Noch einige Beispiele: Es ist z.B. wichtig, dass wir gewohnt sind, mit Stift, Feder, oder dergleichen zu zeichnen, und dass daher die Elemente unserer Darstellung Striche und Punkte (im Sinne von “Puenktchen”) sind. Haetten die Menschen nicht gezeichnet, sondern immer gemalt (spielte also der Begriff der Kontour der Fo[t|r]men keine grosse Rolle), gebe es ein gebraeuchliches Wort, sagen wir “Linie”, bei dem niemand an Strich, also an etwas sehr duennes daechte, sondern immer nur an die Grenze zweier Farben, und daechte man bei “Punkt” nie an etwas winziges, sondern nur an den Schnitt zweier Farbgrenzen, so waere vielleicht manche Entwicklung der Geometrie unterblieben. Saehen wir eine unserer primaeren Farben[m|,] sagen wir rot, nur aeusserst selten, nur in winzigen Ausmassen, koennten wir Malfarben nicht herstellen, kaeme keine rot nur in bestimmten Verbindungen mit andern Farben vor, etwa nur an der Spitzen der Blaetter gewisser Baeume die sich im Herbst nach und nach aus gruen in rot verwandeln, so waere nichts natuerlicher als Rot ein degen[i|e]riertes Gruen zu nennen. Denke an die Umstaende, unter denen uns Weiss und Schwarz als Farben und anderseits als das Fehlen einer Farbe erscheinen. Denke es liessen sich alle Farben wegwaschen und der Grund waere dann immer weiss, und es gaebe keine weisse Malfarbe. Es ist uns leichter ein reines Rot, Gruen, etc. aus dem Gedaechtnis zu reproduzieren und wiederzuerkennen, als einen Ton von Braunrot etwa. |
| 716.
Ich sage aber nicht: Waeren die
Naturtatsachen anders, so haetten wir andere
Begriffe.
Dies ist eine Hypothese.
Ich habe fuer sie keine Verwendung und sie
interessiert mich nicht. – 202
–
Ich sage nur: Wenn Du glaubst, unsere Begriffe seien die richtigen, die intelligenten Menschen gemaessen, wer andere haette, saehe eben etwas nicht ein was wir einsehen, dann stelle Dir gewisse allgemeine Naturtatsachen anders vor, als sie sind, und andere Begriffsbildungen als die unseren werden Dir natuerlich scheinen. |
| 717.
‘Natuerlich’, nicht
‘notwendig’.
Ist denn alles was wir tuen
zweckmaessig?
Ist alles, was nicht // gewiss
nicht //
zweckmaessig genannt werden kann,
zweckwidrig?! |
| 718.
Das vertraute Gesicht eines Wortes; die Empfindung, ein Wort sei so
gleichsam ein Bild seiner Bedeutung; es habe seine Bedeutung gleichsam in
sich aufgenommen – es kann eine Sprache geben, der das alles
fremd ist. Und wie druecken sich diese
Empfindungen bei uns aus? Darin, wie wir Worte
waehlen und schaetzen.
((Goethe
ueber Personennamen.
If-Feeling.)) // es ist
wichtig, dass wir uns eine Sprache denken
koennen, der alles das fremd ist. Die mit
ihren Worten kalkuliert, in der das Wort keine Seele
hat. // |
| 719.
Die Faelle, in denen wir mit Recht sagen, wir
deuten, was wir sehen als das und das, sind leicht zu
charakterisieren // beschreiben // . |
| 720.
((Zu Nummer 701)) Wenn man
erklaert “Ich assoziere
diesen Gegenstand mit der Figur”, so wird dadurch nichts
deutlicher. |
| 721.
Wie wird “wollen” wirklich
[b|g]e[g|b]raucht?
Man ist sich in der Philosophie nicht dessen
bewusst, dass man einen ganz
neuen Gebrauch des Wortes fuer sie erfunden hat,
indem man ihn dem das Wort des
“Wuenschen”,
z.B., angeglichen hat.
Es ist interessant, dass man
fuer die Philosophie eigens Wortverwendungen
konstruiert, indem man Worten[d|,] die
– 203 – uns wichtig
erscheinen, einen weiter ausgebauten Gebrauch vindizieren will, als sie
haben.
“Wollen” wird manchmal in der Bedeutung von “[v|V]ersuchen” verwendet. “Ich wollte aufstehen, war aber zu schwach.” Anderseits will man sagen, dass, wo immer eine willkuerliche Bewegung gemacht wird, gewollt werde. Wenn ich also gehe, spreche, esse, etc. etc., so soll ich nun eben das tun wollen. Und hier kann es nun nicht versuchen heissen. Denn wenn ich gehe, so heisst das nicht, ich versuche zu gehen und es gelinge. Vielmehr gehe ich fuer gewoehnlich, ohne es zu versuchen. Man kann natuerlich auch sagen “Ich gehe weil ich gehen will”, wenn das dem gewoehnlichen Fall des Gehens von dem unterscheidet, in welchem ich geschoben werde, oder elektrische Stroeme meine Beinmuskeln bewegen. |
| 722.
Die Philosophie hat sich einen Gebrauch des Wortes zurecht
gelegt, // versucht sich einen Gebrauch des Wortes
zurecht zu legen // der gleichsam eine konsequentere
Durchfuehrung gewisser
Zuege des gewoehnlichen Gebrauchs
darstellt. |
| 723.
“Das Wort ‘x’ hat zwei
Bedeutungen” heisst: es hat zwei
Arten der Verwendung.
Soll ich sagen: “Wenn Du die Verwendung dieses Wortes
in [i|u]nserer Sprache beschreibst, wirst Du sehen,
dass es zwei Verwendungen und nicht nur
eine hat”? |
| 724.
Koennten wir uns nicht denken,
dass Leute erklaerten,
dass Wort “Bank” habe immer dieselbe
Bedeutung.
Eine Bank sei immer soetwas:
Da[s|ß] sie aber das Wort dennoch ˇauch fuer ein Geldinstitut verwende[n|ten]; davon aber sagen, weil es eine Bank sei, so sei es eben doch etwas von der Art unserer Abbildung. |
| 725.
Haben die Worte “gehen” und “ging” die
gleiche Bedeutung? – 204
–
Haben die Worte “gehen” und “gehst” die gleiche Bedeutung? Hat das Wort “go” in “I go” und in “you go” die gleiche Bedeutung? |
| 726.
Soll ich sagen: “Zu zwei verschiedenen Bedeutungen
ge[j|h]oeren zwei verschiedene
Erklaerungen der Bedeutung”? |
| 727.
Denke Dir in einer Sprache eine Gruppe von
Saetzen von je drei Zeichen.
Die Saetze beschreiben die Arbeit, die ein
bestimmter Mensch ausfuehrt.
Das erste Zeichen (von links nach rechts) ist der Name des
Menschen, das zweite bezeichnet eine Taetigkeit
(wie saegen, bohren, feilen) das dritte
bezeichnet das Werkstueck.
So ein Satz koennte nun lauten “a a a”. Wenn naemlich “a” der Name einer Person, eines Werkstuecks und einer Taetigkeit ist. |
| 728.
Was heisst es nun: “Das Zeichen
‘a’ hat eine andere Bedeutung in
‘x a y’ und in ‘a x
y’”?
Man koennte auch sagen, es habe verschiedene
Bedeutung je nach seiner Stelle.
(Wie eine Ziffer im Dezimalsystem.)
Denk Dir das Schachspiel mit lauter gleichgestalteten Steinen gespielt. Man muesste sich dann immer erinnern, wo ein bestimmter Stein am Anfang des Spiels gestanden hatte. Und man koennte sagen: “Dieser Stein und jener haben verschiedenen Bedeutungen”; ich kann mit dem einen nicht so ziehen wie mit dem andern. Ebenso entnehme ich dem “a” an der ersten Stelle, das von diesem Menschen (ich zeige etwa auf ihn) die Rede ist,
|
| 729.
Was heisst es: “untersuchen ob
‘f(f)’ Sinn hat, wenn
‘f’ an beiden Stellen die gleiche Bedeutung
hat”? – 205 – |
| 730.
Man sucht, hat noch nicht gefunden, aber man
weiss, was man sucht. –
Aber es kann auch sein, daß man suchend um sich schaut und nicht sagen
kann, was man sucht; endlich ergreift man etwas und sagt
“Das wollte ich haben”.
Man kann das “suchen” nennen “ohne zu
wissen, was man sucht”. |
| 7[1|3]1.
Man koennte von “funktionalen
Zustaenden” reden.
(Z.B.: Ich bin heute sehr
reizbar.
Wenn man mir heute das und das sagt, reagiere ich immer so und
so.
Dem entgegengesetzt: Ich habe den ganzen Tag
Kopfschmerzen.) |
| 732.
Wie ist man je dazu gekommen, einHYie “ich glaube
.... ” zu gebrauchen?
Ist man etwa ploetzlich auf ein
Phaenomen, das des Glaubens, aufmerksam
geworden? // Wurde man etwa auf ein
Phänomen, das des Glaubens,
aufmerksam? // |
| 733.
Hatte man sich beobachtet und fand so dies
Phaenomen? |
| 734.
Hatte man sich selbst und die andern Menschen beobachtet und fand so
die Erscheinung des Glaubens? |
| 735.
Es koennte in der Sprache eines Stammes ein
Pronomen geben, wie wir es nicht besitzen, und
wofuer wir keine praktische Verwendung haben, ein
Pronomen, das sich auf das Satzzeichen ‘bezieht’, worin
es steht.
Ich will es so schreiben:
.
Der Satz
“
bin 10 centimeter lang” kann
wird also auf seine Wahrheit geprueft, indem man
das Satzzeichen misst.
Der Satz
“
enthalte vier Woerter”
z.B. ist wahr, der Satz
“
enthalte nicht vier Woerter” auch.
“ich bin falsch” entspricht dem Paradox des
vom kret[t|i]schen
Luegner. –
Die Frage ist: Wozu verwenden die Leute dies
Fuerwort?
Nun, der Satz
“
bin 10 cm. lang”
koennte als Masstab dienen; der
Satz
“bin schoen geschrieben” als Paradigma
der schoenen Schrift.
// Was uns interessiert ist:
Wie wird das Wort
“”
in einem Sprachspiel verwendet. Denn
paradox ist der Satz nur, wenn wir von seiner Verwendung
absehen. So koennte ich mir denken, daß
der Satz
“
bin falsch” in der Kinderstube verwendet wird. Wenn
Kinder ihn lesen, fangen sie an zu schliessen:
– 206 –
“Wenn das falsch ist, so ist so ist es wahr, also ist es
falsch, etc. etc.”.
Die Menschen haben vielleicht gefunden, daß dies
Schliessen eine zutraegliche
Uebung fuer Kinder ist. // Was uns interessiert ist: Wie wird
dieses Fuerwort in einem Sprachspiel
verwendet. Es i[t|s]t
moeglich, obwohl nicht ganz leicht, sich ein
S[rp|pr]achspiel mit diesem Wort
auszumahlen. Ein Satz wie
“
enthalte vier Woerter”
koennte z.B. als Paradigma der
Zahl 4 dienen, und in anderem Sinne auch der Satz
“
enthalte nicht vier Woerter”.
Paradox ist ein Satz nur, wenn wir von seiner Verwendung
absehen. |
| 736.
Wie wuerden sich Menschen, die ein Dreieck
nicht, wie wir einmal so, einmal so sehen
koennten, von uns unterscheiden? –
Wenn wir zu einem Stamm kaemen, der diese
Erlebnisse nicht hat, wie wuerden wir es
merken?
Wie wuerden wir es merken, wenn die Leute Tiefe nicht sehen koennten? Wenn sie also so waeren, wie Berkeley glaubte, daß wir seien. |
|
| 738.
“Der Ausdruck aehnlich dem
Gefuehl” – die bittere Speise
aehnlich dem bittern Gram.
“Zum Verwechseln aehnlich” –
wie waere es wenn sie nicht nur
aehnlich, sondern gleich
waeren? |
| 7[4|3]9.
“Gram und Sorge sind aehnliche
Gefuehle”: ist das eine
Erfahrungstatsache? |
| 740.
Soll ich sagen: “Ein Hase kann ausschauen wie eine
Ente”?
Waere es denkbar, daß jemand, der einen Hasen, aber keine Ente kennt, sagte: “Ich kann die Zeichnung als Hasen sehen und auch noch anders, obwohl ich fuer den zweiten – 207
– Aspe[c|k]t kein Wort
habe”?
Spaeter lernt er eine Ente kennen und sagt:
“Als das habe ich damals die Zeichnung
gesehen!”
– Warum ist das nicht moeglich? |
| 741.
Oder denk, jemand sagte “Dieser Hase hat einen
selbstgefaelligen Ausdruck”. –
Wenn nun Einer von einem selbstgefaelligen
Ausdruck nicht wuesste, –
koennte ihm da etwas
au[s|f]fällen, und er
spaeter, wenn er
Selbstgefaelligkeit kennen gelernt hat, sagen, ihr Ausdruck sei
es gewesen, der ihm damals aufgefallen war? |
| 742.
Das treffende Wort.
Wie wird es gefunden?
Beschreibe
|
| 743.
Ich sehe, daß das Wort treffend ist, noch ehe ich
weiss, und auch wenn ich niemals
weiss, warum es treffend ist.
|
| 744.
Ich wuerde den nicht verstehen, der
sagte: er haette das Bild als das eines Hasen
gesehen, dies ˇaber nicht sagen koennen, da
er damals von der Existenz eines solchen Wesens nichts
gewusst habe. |
| 745.
Soll ich also sagen: “Der Bildhase und die
Bildente schauen ganz gleich aus”?! –
Dagegen straeubt sich etwas. –
Aber kann ich denn nicht sagen: Sie schauen ganz gleich aus,
naemlich so – – und nun mache ich die
doppeldeutige Zeichnung? (der Mueller mahlt,
der Maler malt auch).
Wenn ich aber nun Gruende gegen diese
Ausdrucksweise angeben wollte, – was
muesste ich sagen?
Daß man das Bild jedesmal anders sieht, wenn es einmal eine Ente und
einmal eine Hase ist – oder, daß bei der Ente das der
Schnabel ist, was beim Hasen die Ohren sind, etc.?
|
| 746.
Denk Dir das doppeldeutige Bild in einer Bildergeschichte
verwendet: Dann ist es, z.B., nicht
moeglich, daß ein anderes Tier der Ente begegnet
und sie fuer einen Hasen haelt;
aber das waere moeglich, daß Einer
die Ente im Profil im Halbdunkel fuer einen Hasen
haelt. – 208 – |
| 747.
“Ich kann so wenig zugleich
demˇn Hasen und
die Ente sehen, wie zugleich die Worte ‘Weiche
Wotan weiche!’ in ihren
zwei beiden Bedeutungen meinen.”
– Aber das waere nicht richtig; wohl aber,
daß es uns nicht natuerlich ist, diese Worte
auszusprechen um Wotan zu sagen, er solle weichen, und ihm
dabei mitzuteilen, daß wir weiche Eier vorziehen.
Und doch koennte man sich eine solche
Verwendung von Worten vorstellen. |
| 748.
Die Fakten der menschlichen Naturgeschichte, die auf
unser Problem Licht werfen, sind uns schwer zu finden, denn
unsere Sprache // Rede // geht an
ihnen vorbei,– sie ist mit andern Dingen
beschaeftigt.
(So sagen wir Einem “Geh ins
Geschaeft und kauf ....”
–nicht: “Setz den linken
Fuss von den rechten Fuss
etc. etc., dann leg Geld auf den
Schalter, etc. etc.) |
| 749.
Glaube ich nicht an einen inneren Zustand des Sehens und der Andere
sagt “Ich sehe ....”, so glaube ich, daß er nicht
Deutsch kann, oder luegt. |
| 750.
Was hat der gesagt, der behauptet, wer die Zeichnung einmal als Hasen
und einmal als Ente sieht, habe ganz verschiedene visuelle
Erlebnisse?
Die Neigung, das zu sagen, wird sehr gross, wenn
man z.B. einen Strich in der Zeichnung macht, der
etwa dem Mund des Hasen betont, und dann sieht, wie dieser Strich nun
eine ganz andere Rolle im Entenbild spielt. –
– Oder denk an das Sehen des Gesichtsausdrucks des
Hasen, der im andern Bild gaenzlich
verschwindet.
Ich sehe z.B. zuerst ein hochmuetiges Gesicht und dann sehe ich kein hochmuetiges Gesicht. Und was tut der, der zugibt, daß ich jedesmal etwas ganz verschiedenes sehe? |
| 751.
“Wie weiss ich, daß ich
ueber diesen Gesichtsausdruck
laechle?” |
| 752.
Ich
– 209 – den der Ente
nenne.”
Lass mich ihn einmal bloss
A und den andern B nennen: Wie
koennte ich nun, ohne auf einen Hasen und eine Ente
Bezug zu nehmen, Einem die Bedeutung [f|v]on A und
B erklaeren?
Es waere z.B. so moeglich: Ich sagte ihm “A” und ahme dabei mit meinem Gesicht das Gesicht eines Hasen nach, etc. |
| 753.
“‘Das sehen’
heisst nicht: so reagieren, –
denn ich kann sehen, ohne zu reagieren.”
Natuerlich.
Denn weder heisst “ich
sehe”: ich reagiere, noch “er
sieht”: er reagiert, noch “ich
sah”: ich reagierte, etc.
Und wenn ich auch immer, wenn ich sehe, sagte ich sehe”, so wuerden diese Worte doch nicht sagen: “ich sage ‘ich sehe’”. |
| 754.
Ich deute auf einen bestimmten Fleck des Bildes und sage “das
ist das Auge des Hasen oder der Ente”.
Wie kann denn etwas in dieser Zeichnung ein Auge
sein? |
| 755.
“Kann man Tiefe wirklich sehen?”
– “Warum soll man nicht Tiefe sehen
koennen, wenn man Farben und Formen
sieht?!
Daß das Netzhautbild zweidimensional ist ist kein Grund
fuer das Gegenteil.”
– – Gewiss nicht; aber die Antwort trifft das
Problem nicht.
Das Problem entsteht dadurch, dass die
Beschreibung des Gesehenen, das, was wir die “Beschreibung des
Gesehenen” nennen, von anderer Art ist, wenn ich einmal Farbe
und Form, etwa durch ein Transparent, beschreibe, einmal die
Tiefendimension durch eine Gebaerde, oder eine
Seitenansicht darstelle. |
| 756.
Eine Bemerkung, daßs die Anordnung in der Tiefendimension eine
Eigenschaft des ‘Gesehenen’ ist, wie jede andere, hilft
nicht. |
| 757.
Was heisst es, daß die Hoehlung
des Zahns die der Zahnarzt untersucht, sich dem Patienten viel
groesser
anfuehlt, als sie ist[,| .]
Ich zeige z.B. mit den Fingern und sage, ich
haette geglaubt, sie sei so
gross.
Wonach – 210
– bemesse ich die Distanz der Finger?
– Bemesse ich sie ueberhaupt?
Kann man sagen: “Ich weiss
zuerst, wie gross mir die
Hoehlung vorkommt, dann zeige ich es mit den
Fingern”?
Nun, in manchen Faellen koennte
man es sagen; wenn ich mir z.B. denke, die
Hoehlung sei 5 mm weit und dies
Einem durch ein Zeigen der Entfernung erklaere. –
Wie, wenn man mich fragte:”
Wusstest Du, ehe Du's zeigtest, wie
gross Dir der Durchmesser
vorkam?”
– Da koennte ich antworten:
“Ja.
Denn haettest Du mich frueher
gefragt, so haette ich Dir auch diese Antwort
gegeben.”
– Etwas wissen ist eben nicht: einen Gedanken
denken. // – Wissen ist eben nicht
Denken. // |
| 757.
Wenn ich sage, was ich weiss, – wie sage ich
das, was ich weiss // wusste // ? |
| 758.
Was ist die Beschreibung dessen, was ich sehe?
(Das heisst nicht nur: Mit welchen
Worten
|
| 759.
Das eingentuemliche
Gefuehl, welches uns das Wiederkehren eines Refrains
gibt.
Ich moechte eine Geste machen.
Aber die Geste ist eigentlich garnicht
charakteristisch fuer gerade das Wiederkehren eines
Refrains.
Vielleicht koennte ich ein Wort
finden, das die Situation besser charakterisier; aber es
wuerde auch nicht erklaeren, warum
der Refrain mir wie ein Witz vorkommt, warum seine Wiederkehr ein
Lachen, oder Grinsen, bei mir hervorruft.
Wenn ich zu Der Musik tanzen koennte, so
koennte ich am allerbesten
ausdruecken, gerade wie mich der Refrain
beruehrt.
Ja, einen besseren Ausdruck koennte es
gewiss nicht geben.
Ich koennte z.B. vor den Refrain die Worte “wie gesagt” setzen. Und das waere gewiss treffend; aber es erklaert nicht, warum der Refrain mir einen stark komischen Eindruck macht. Denn ich lache doch nicht immer, wenn ein “wie gesagt” am Platze ist. – 211 – |
| 760.
Der ‘Inhalt’ der Erfahrung, des Erlebnisses:
– Ich weiss, wie
Zahnschmerzen sind, ich kenne Zahnschmerzen, I
know what it's like to see red, green, blue, yellow, I know
what it's like to feel sorrow, hope, fear, joy, affection, to
wish to do something, to remember having done something to intend doing
something, to see a drawing alternately as the head of a rabbit and of a
duck, to take a word in one meaning and not in
another, etc.
Ich weiss, wie es ist, wenn es Laut
a grau zu sehen und den Laut ü
dunkelviolet. –
Ich weiss auch, was es heisst,
sich diese Erlebnisse vorfuehren.
Wenn ich sie mir vorfuehre, so
fuehre ich mir nicht Arten des Benehmens, oder
Situationen vor. – –
So weiss ich also, was es
heisst, sich diese Erlebnisse
vorfuehren?
Und was heisst es?
Wie kann ich's einem Andern, oder mir selbst,
erklaeren? |
| 761.
Der Begriff ‘Wort’ in der Linguistik.
Wie gebraucht man “dasselbe Wort”?
/ ‘“habe” und “hatte” sind dasselbe Wort.’ ‘Er sagte zweimal dasselbe Wort, einmal laut, [i|e]inmal leise.’ ‘Sind “Bank” (“die Banken”) und “Bank” (“die Baenke”) das gleiche Wort?’ ‘Sie sind etomologisch das gleiche Wort.’ ‘Ist es beidemal das gleiche Wort “habe”, wenn man sagt “ich habe ein Haus” und “ich habe ein Haus gebaut”?’ |
| 762.
Betrachtung: Ein Stamm, den wir unterjocht haben, den
wir etwa zu einem Sklavenstamm machen wollen.
Das Benehmen, Verhalten, dieser Leute ist uns eben deshalb
interessant.
Wir wol[e|l]en es beschreiben, verschiedene
Aspekte dieses Benehmens beschreiben.
Wir betrachten und beobachten z.B.
Schmerzbenehmen, Freudebenehmen, etc.
Zu ihrem Benehmen gehoert auch der Gebrauch einer
Sprache.
Und ueberhaupt auch solches Benehmen, welches erlernt
ist, nicht minder, als das, welches nicht erlernt ist, wie das
Schreien eines Kindes.
Ja, sie haben nicht nur eine Sprache, sondern auch, in ihr,
psychologische Ausdrucksformen. – – 212
–
Frage Dich: Wie werden diese den Kindern dieses Stammes
beig[r|e]bracht? –
Ich nehme nun an, daß die Leute Ausdruecke besitzen wie die folgenden: “Ich habe schwarzes Haar”, “Er hat schwarzes Haar”, “Ich habe Geld”, “Er hat Geld”, “Ich habe eine Wunde”, “Er hat eine Wunde”. Und nun benuetzen sie diese grammatische Konstruktion in psychologischen Aussagen. |
| 763.
“Als ich ‘Bank’ hoerte,
schwebte mir die Bedeutung Geldbank vor.”
Es ist, als waere ein Keim der Bedeutung erlebt,
und dann interpretiert worden.
Nun, ist das ein Erlebni[ß|s]?
Man koennte geradezu sagen: “Ich hatte ein Erlebnis, das der Keim zu dieser Verwendung war”. Das koennte die uns natuerliche Ausdrucksweise sein. |
| 764.
Vorlieb nehmen ist auch etwas, was man lernen kann. // Vorlieb nehmen ist auch eine Denkbewegung, die man
lernen kann. // |
| 765[–| .]
Ein Stamm, den wir versklaven wollen.
Die Regierung und die Wissenschaftler geben aus, daß die Leute
dieses Stammes keine Seelen haben; man
koennte sich also ohne Skrupel zu jedem beliebigen Zweck
gebrauchen.
Natuerlich interessiert uns dennoch ihre Sprache;
denn wir muessen ihnen ja z.B.
Befehle geben und Berichte von ihnen erhalten.
Auch wollen wir wissen, was sie unter einander sprechen, da dies mit ihrem
uebrigen Verhalten
zusammenhaengt.
Aber auch, was bei ihnen unsern
‘psychologischen
Aeusserungen’
entspricht, muss uns interessieren, denn wir
wollen sie arbeitsfaehig erhalten, darum sind uns
ihre Aeusserungen des Schmerzes,
des Unwohlseins, er Depression, der Lebenslust, etc.
etc. von Wichtigkeit.
Ja, wir haben auch gefunden, daß man diese Leute mit gutem Erfolg als
Versuchsobjekte in phsyiologischen und
psychologischen Laboratorien verwenden kann, da ihre Reaktionen
– auch die Sprachreaktionen – ganz die der seelenbegabten
– 213 – Menschen
sind.
Ich nehme an, man habe auch gefunden, daß man diesen
Automaten, durch eine Methode, die sehr aehnlich
unserm ‘Unterricht’ ist, unsere Sprache statt der
ihrigen beibringen kann. |
| 766.
Diese Wesen lernen nun z.B. rechnen, schriftlich
oder muendlich rechnen.
Wir bringen sie aber, irgendwie, dahin, daß sie uns das Ergebnis einer
Multiplikation sagen koennen, nachdem sie, ohne zu
schreiben oder zu sprechen, eine Weile stille gesessen sind.
Dabei liegt das Bild nahe, der Prozess des
Rechnens sei gleichsam untergetaucht und gehe nun unter dem
Wir muessen natuerlich fuer verschiedene Zwecke einen Befehl haben der Art: “Rechne dies im Kopf!”; eine Frage “Hast Du es gerechnet?”; ja auch “Wie weit bist Du gekommen?”; Eine Aussage des Automaten “Ich habe .... gerechnet”; etc. etc. Kurz: alles, was wir, unter uns, ueber das Kopfrechnen sagen, hat auch Interesse fuer uns, wenn sie's sagen. Und was fuer's Kopfrechnen gilt, gilt auch fuer andere Formen des Denkens. – – Aeussert etwa jemand bei uns die Meinung, diese Wesen muessten doch irgendeine Art von Seele haben, in der dies und jenes vor sich ginge, so lachen wir ihn aus. // Aeussert etwa jemand bei uns die Ansicht, in diesen Wesen muesste doch dabei etwas vorgehen, und zwar etwas seelisches, so wird darueber wie ueber einen dummen Aberglauben gelacht. Und wenn es gar vorkommt, daß die Sklaven spontan den Ausdruck bilden, in ihnen sei dies oder [h|j]enes vorgegangen, so kommt uns das besonders komisch vor. |
| 767.
Wir spielen auch mit
diesemn
Wesen das Spiel “Denk Dir eine Zahl! –
Multiplizier sie mit 5! – .....” –
Beweist das, daß doch etwas in ihnen
vorgegangen ist? – – 214 – |
| 768.
Und nun beobachten wir ein Phaenomen, – das wir
als den Ausdruck des Erlebnisses interpretieren
koennten; eine Figur einmal als das, einmal als
jenes sehen.
Wir zeigen ihnen nun z.B. ein
Fixierbild.
Sie finden die Loesung; und dann sagen sie etwas,
zeigen auf etwas, zeichnen etwas, etc., und wir
koennen ihnen unsern Ausdruck beibringen
“Ich sehe das Bild nun immer so”.
Oder sie haben unsere Sprache und den
gewoehnlichen Gebrauch des Wortes
“sehen” gelernt und bilden jene Form nun
spontan. |
| 769.
Welches Interesse, welche Wichtigkeit hat dieses
Phaenomen, diese Reaktion?
Sie mag ganz unwichtig, ganz uninteressant sein, oder auch wichtig
und interessant.
Manche Leute assozieren mit unserm
Vokalen gewisse Farben; [m|M]anche
koennen die Frage beantworten, welche Wochentage
fett und welche mager sind.
Diese Erfahrungen spielen in unserm Leben eine sehr untergeordnete
Rolle; ich kann mir aber leicht Umstaende
ausdenken, in denen, was uns unwichtig ist,
grosse Wichtigkeit erhielte. |
| 770.
Die Sklaeven sagen auch: “Als ich das Wort
‘Bank’ hoerte, bedeutete es
fuer mich .....”.
Frage: Auf dem Hintergrund welcher
Sprachtechnik sagen sie das?
Denn darauf kommt alles an.
Was haetten wir sie gelehrt, welche
Benuetzung des Wortes
“bedeuten”?
Und was, wenn ueberhaupt
irgendetwas, entnehmen wir ihrer
Aeusserung?
Denn wenn wir garnichts mit ihr anfangen
koennen, so koennte sie uns als
Kuriositaet interessieren.
Denken wir uns nur Menschen, die keine Traeume
kennen, und die unsere Traumerzaehlungen
hoeren.
Denk Dir, Einer von uns kaeme zu diesem
nicht-traeumenden Stamm und lernte nach und nach
sich mit den Leuten verstaendigen. –
Vielleicht denkst Du, sie wuerden nun das Wort
“traeumen” nie verstehen.
Aber sie faenden bald eine Verwendung
dafuer. // Aber sie
wuerden bald … finden // .
Und die Aerzte des Stammes
koennten sich sehr wohl fuer
unser Tr[ae|äu]men interessieren und wichtige
Schluesse aus de[m|n]
Tr[ae|äu]men des Fremden ziehen. –
– Auch kann man nicht sagen, daß fuer diese
Leute das Verbum “traeumen” nichts
anderes – 215
– bedeuten koennte, als:
einen Traum erzaehlen.
Denn der Fremde wuerde ja beide
Ausdruecke gebrauchen:
“traeumen” und “einen
Traum erzaehlen”, und die Leute unseres
Stammes duerften nicht “ich
traeumte ....” mit “ich
erzaehlte den Traum .....”
verwechseln. |
| 771.
Wir fragen uns: “Was interessiert uns an
den psychologischen
Aeusserungen der
Menschen?”
– Sieh's nicht als so
selbstverstaendlich an, daß uns diese Wortreaktionen
interessieren. |
| 772.
Warum interessiert uns die chemische Formel
|
| 773.
“Du wirst doch nicht leugnen, daß Rost und Wasser
und Zucker eine innere Natur haben!”
“Wenn man's nicht schon
wuesste, so
haette es doch die Wissenschaft unwiderleglich
gezeigt.” |
| 774.
Ist nun das Hoeren oder Denken eines Worts in der
ueber der Bedeutung eine echte
Erfahrung? –
Wie ist das zu beurteilen? –
– Was spricht dagegen?
Nun, daß man keinen Inhalt dieser Erfahrung entdecken
kann.
Es ist, als aeusserte man eine
Erfahrung, koenne sich dann aber nicht
besinnen, was die Erfahrung eigentlich war.
Als koennte man sich zwar manchmal auf eine
Erfahrung besinnen, die mit der, die wir suchen, gleichzeitig ist, aber
was wir zu sehen k[ir|ri]egen ist nur (wie)
ein Gewand, und wo das Bekleidete sein sollte, sehen wir eine
Leere. // Als koenne man
sich zwar oft einer Erfahrung entsinnen, die mit der, welche wir
suchen, gleichzeitig war; aber die wir zu fassen kriegen, ist wie ein
Kleid, und was sie bekleidete ist uns
entschluepft. // … und
statt des Bekleideten sehen wir eine
Leere. // //
Und dann ist man geneigt zu sagen: “Du
darf[ts|st] eben nicht nach einem andern Inhalt
ausschauen.
Der Inhalt der Erfahrung ist eben nur durch den spezifischen
Ausdruck – 216
– (der Eerfahrung) zu
beschreiben.
Aber auch das befriedigt nicht.
Denn warum fuehlen wir dennoch, daß eben
kein Inhalt da ist?
Und ist es so nur mit der Erfahrung des Meinens? Nicht auch, z.B., mit der des Erinnerns? Wenn man mich fragt, was ich in den letzten zwei Stunden getan habe, so antwortete ich geradewegs und lese die Antwort nicht von Einer Erfahrung ab. Und doch sagt man, ich habe mich erinnert, und dies sei ein seelischer Vorgang. // … so antworte ich auf die Frage geradezu und … // |
| 775.
Es koennte einem fast Wunder nehmen, daß man die Frage “Was hast
Du heute morgens getan” beantworten kann – ohne
historische Spuren meiner Taetigkeit aufzusuchen,
oder dergleichen.
Ja, ich antworte, und wuesste
nicht einmal, daß dies nur durch einen besonderen seelischen Vorgang, das
Erinnern, moeglich ist, wenn es mir nicht gesagt
wuerde. |
| 776.
Aber es gibt natuerlich ein “Ich
glaube mich daran zu erinnern”, ob nun richtig oder
falsch, – und hier kommt das
Subjektive des [p|P]sychologischen zum
Vorschein. |
| 777.
Sage ich nun, das Erlebniss des Erinnerns und das
Erlebniss der Schmerzen, z.B., sind von
verschiedener Art, so ist das irreleitend, da man bei
“Erlebnissen verschiedener Art” vielleicht an eine
Verschiedenheit wie der eines Schmerzes, eines Kitzels, und eines
Gefuehls der Uebligkeit
denkt.
Waehrend die Verschiedenheit, von der wir
reden, eher vergleichbar ist der der Zahlen 1 und
i. |
| 778.
Woher nimmt man nun den Begriff des ‘Inhalts’
eines Erlebnisses // einer
Erfahrung // .
Nun, der Inhalt des Erlebnisses ist das private Objekt, das
Sinnesdatum, der ‘Gegenstand’, den ich unmittelbar
mit dem geistigen Auge, Ohr, etc. etc.
erfasse.
Das innere Bild. –
Aber wo hat man diesen Begriff noetig?
|
| 779.
Warum, wenn ich meine subjektive Erinnerung mitteile, bin ich nicht
geneigt, zu sagen, ich haette den Inhalt meines
Erlebnisses
gbeschrieben?
– 217 – |
| 780.
Ja, wenn ich sage “Erinnerungen an jene Tage tauchten in mir
auf”, so scheint es anders.
Da bin ich geneigt von einem Inhalt der Erfahrung zu reden, und denke
mit etwas wie Worte und Bilder, die vor meiner Seele
auftauchen. |
| 781.
Ich kann Einem zeigen, wie ein bestimmter Schmerz, ein Jucken, ein
Bremseln, etc. ist, indem das
Gefuehl bei ihm hervorrufe und seine Reaktion, die
Beschreibung, die er davon gibt, etc.
beobachte.
Aber kann ich so etwas im Fall des Erinnerungserlebnisses tun? –
So naemlich, daß er nun sagen kann:
“Ja, jetzt weiss ich, wie es ist
‘sich an etwas erinnern’.”
Ja ich kann ihm natuerlich beibringen, was wir
“sich an etwas erinnern” nennen
|
| 782.
Wenn Einer sagt “Jetzt weiss ich, was
Bremseln ist”, so wissen wir, daß
er's weiss, durch den ‘Ausdruck der
Empfindung’: er zuckt z[s|u]sammen, bringt
einen bestimmten Laut hervor, sagt, was wir auch in diesem Fall sage,
findet die gleiche Beschreibung treffend, wie wir.
|
| 783.
Und so koennte man auch wirklich von einem
Gefuehl “Lang, lang ist's
her!” sprechen, und diese Worte sind ein Ausdruck der
Empfindung, aber nicht die: “ich erinnere mich daran, ihn
oft begegnet zu haben”. |
| 784.
“Wenn sie vergeht, dann war es nicht die rechte
Liebe.”
Warum war sie es dann nicht?
Ist es unsere Erfahrung, daß nur dieses Gefuehl
und nicht jenes von Dauer ist?
Oder gebrauchen wir ein Bild: wir pruefen
die Liebe auf ihre innere Beschaffenheit, die das
unmittelbare Gefuehl nicht offenbart.
Aber dieses Bild ist uns wichtig.
Die Liebe, also das Wichtige, ist nicht ein
Gefuehl, sondern etwas tieferes, das nur in dem
Gefuehl sich
aeussert.
Wir haben das Wort “Liebe” und geben diesen Titel nun dem Wichtigsten. (Wie wir den Titel “Philosophie” einer bestimmten geistigen Taetigkeit verleihen.) – 218 – |
| [2|7]85.
Wir verleihen Woe[t|r]ter, wie wir,
bereits vorhandene, Titel verleihen. |
| 786.
“Ein neugeborenes Kind hat keine
Zaehne.”
– “Eine Gans hat keine
Zaehne.”
– “Eine Rose hat keine
Zaehne.”
Das Letztere ist doch offenbar wahr!
Sicherer sogar, als daß eine Gans keine hat.
Und doch ist es nicht so klar.
Denn wo sollte eine Rose Zaehne haben?
Die Gans hat keine in hrem
Kiefern.
Und sie hat natuerlich auch keine in den
Fluegeln, aber das meint niemand, der sagt, sie habe
keine Zaehne.
Ja wie, wenn man sagte: Die Kuh kaut Gras mit ihren
Zaehnen und
duenkt dann die Rose damit,
also hat die Rose Zaehne im Mund eines Tiers.
Das ist darum nicht absurd, weil man von vornherein
garnicht
wuesste, wo man nach
Zaehnen bei der Rose zu suchen hat.
((Dies haengt irgendwie mit dem Problem
zusammen, daß der Satz “Die Erde hat mehr als 100.000
Jahre existiert” einen klareren Sinn hat als die
der “die Erde hat in den letzten 5 Minuten
existiert”.
Denn, wer dies sagte, den wuerde ich
fragen: “[a|A]uf welche Beobachtungen
beziehst Du Dich?
Was fuer Beobachtungen
wuerden Deinem Satz
entgegenstehen?”
Waehrend ich wohl
w[ie|ei]ss, zu welchem Gedankenkreis, zu
welchen Beobachtungen der erste Satz
gehoert.)) |
| 787.
“Siehst Du, so ist das, wenn man sich an etwas
erinnert.”
So So?
Wie? –
– Kann man sich denken, daß [e|E]iner sagte:
“Ich werde diese Erfahrung (naemlich
das Erinnern) nie vergessen!”? |
| 785.
Ist die Erinnerung eine Erfahrung?
Was erfahre ich?
Und ist es eine Erfahrung, wenn das Wort “Bank” das
eine, oder andere fuer mich bedeutet?
Wieder: Was erfahre ich? – Man ist geneigt zu antworten: Ich habe das und das vor mir gesehen, mir vorgestellt. So sag ich es also nur – daß das Wort dies fuer mich bedeutet hat – und es ist nichts geschehen? Es waren blosse Worte? – Blosse Worte nicht; und man kann auch sagen, daß etwas geschehen ist, was ihnen entsprach – aber man kann, daß es nicht blosse Worte waren, nicht damit erklaeren, daß etwas vor sich ging was ihnen entsprach. – 219
–
Denn die beiden Ausdruecke bedeuten einfach
dasselbe. |
| 786.
Aber diese Worte waren doch Das
Gefuehl, man sei schon frueher
einmal in eben derselben Situation gewesen.
Ich habe dieses Gefuehl nie gehabt.
Wenn ich einen guten Bekannten sehe, so ist mir sein Gesicht wohl bekannt; es ist mir viel vertrauter, als wenn es mir bloss ‘bekannt vorkommt’. Aber worin besteht die Wohlvertrautheit? Habe ich, waehrend ich ihn sehe die ganze Zeit das Gefuehl der Wohlvertrautheit? Und warum will man das nicht sagen? Man moechte sagen: “Ich habe garkein besonderes Gefuehl der Vertrautheit, kein Gefuehl, das meiner Vertrautheit mit ihm entspricht.” Wenn ich sage, er sei mir aeusserst wohl bekannt, da ich ihn unzaehlige Male gesehen und mit ihm gesprochen habe, so solle das kein Gefuehl beschreiben. Und worin liegt es, daß dies kein Gefuehl beschreibt? – Wenn etwa Einer behauptete, er habe so ein Gefuehl die ganze Zeit, waehrend er den ih[n|m] wohlvertrauten Gegenstand sieht – oder wenn er sagt, er glaube, er habe so ein Gefuehl, [.| –] soll ich einfach sagen,
Ich sehe einen guten Bekannten, und jemand fragt mich, ob mir sein Gesicht bekannt vorkommt. Ich werde sagen: nein. Das Gesicht sei das eines Menschen, den ich tausendmal gesehen habe. “Und da hast du nicht das Erlebniss der Bekanntheit – wenn Du es sogar bei einem Dir kaum bekannten Gesicht hast?! Wie zeigt es sich, daß ich kein Gefuehl ausdruecke, wenn ich sage: freilich sei mir das Gesicht bekannt, ja so wohlbekannt wie nur moeglich? |
| 787.
Warum ist es laecherlich, hier von einem
[v|f]ortwaehrendem
Gefuehl der Wohlvertrautheit zu reden? –
“Nun, weil Du keines
sp[a|u]erst.”
Aber ist das die Antwort? |
| 788.
Ein Gefuehl der Wohlvertrautheit, das
waere so etwas aehnliches, wie
ein Gefuehl des Wohlbehagens.
Warum scheint es richtig, hier von einem Gefuehl
zu reden, und nicht dort? –
Da faellt mir der besondere Ausdruck des Wohlbehagens
ein.
Das Schnurren der Katze etwa. – 220 – |
| 789.
Und kann ich mir nicht auch einen Fall vorstellen, in dem ich sagen
wuerde, es hat Einer ein
staendiges Gefuehl der
Wohlvertrautheit mit einem Objekt // eines
Ob[k|j]ekts // ?
Denke, es geht Einer in dem Zimmer umher worin er lange nicht war,
und freut sich der Wohlvertrautheit aller
Gegenstaende. // und
geniesst die Wohlvertrautheit aller der alten
Gegenstaende. //
Koennte man hier nicht von einem
Gefuehl der Wohlvertrautheit reden?
Und warm? –
Erkenne ich in mir dieses
Gefuehl?
Finde ich darum daß es hier Sinn hat von dem
Gefuehl zu reden? |
| 790.
Ich denke mir, daß alle seine Handlungen einen vertrauten Ton
haben. –
Aber wie werde ich das wissen? –
Nun dadurch, daß er mir es sagt.
Er muss also gewisse Worte gebrauchen,
z.B. sagen “Alles
fuehlt sich so vertraut an”, oder einen
anderen,
|
| 791.
Gefuehl der Unwirklichkeit.
der Umgebung.
Dies Gefuehl habe ich einmal gehabt, und
Viele [a|h]aben es vor dem Ausbruch von
Geisteskrankheiten.
Alles scheint irgendwie nicht real; aber nicht, als
saehe man die Dinge unklar, oder
verschwommen; es sieht alles ganz so aus wie
gewoehnlich.
Und wie weiss ich, daß ein Andrer
gefuehlt hat, was ich
gefuehlt habe?
Weil er die gleichen Worte gebraucht, die auch ich treffend
finde.
Aber warum waehle ich gerade das Wort “Unwirklichkeit” zum Ausdruck? Wegen seines Klangs doch nicht. (Ein Wort mit sehr aehnlichem Klang aber anderer Bedeutung wuerde es nicht tun.) Ich waehle es wegen seiner Bedeutung. Aber ich habe doch nicht gelernt, dies Wort in der Bedeutung eines Gefuehls zu gebrauchen! Nein; aber ich habe es in einer bestimmten Bedeutung gelernt und nun verwende ich es spontan so. Man koennte sagen – obwohl das irrefuehren kann –: Wenn ich das Wort in seiner gewoehnlichen Bedeutung gelernt habe, so waehle ich sie nun zum Gleichniss fuer mein Gefuehl // Erlebniss // . Aber es handelt sich hier natuerlich nicht um ein Gleichniss, um einen Vergleich des Gefuehls mit etwas anderem. |
| 792.
Die Tatsache ist einfach, daß ich ein Wort, in einer
be- – 221
– den Traeger einer
|
| 793.
Zorn.
“Ich hasse ....” ist offenbar der Ausdruck des
Hasses, “Ich bin zornig” selten der Ausdruck des
Zorns.
Ist Zorn ein Gefuehl?
Und warum ist es keins? –
Vor allem: Was tut Einer, wenn er zornig ist?
Wie benimmt er sich?
Mit andern Worten: Wann sagt man, Einer sei zornig?
Nun und in solchen Faellen lernt er den Ausdruck
gebrauchen: “Ich bin zornig”.
Ist es der Ausdruck eines Gefuehls? –
Und warum sollte es der Ausdruck eines
Gefuehls, oder von Gefuehlen,
sein? |
| 794.
So ist also der Zorn kein Erlebnis? –
Ist es eins, wenn ich, sagen wir, meine Faust balle, oder einen Satz
ausspreche, oder niederschreibe? |
| 795.
Nimm die verschiedenen psychologischen
Phaenomene: Denken, Schmerz, Zorn, Freude,
Wunsch, Furcht, Absicht, Erinnerung, etc. – und
vergleich das Benehmen, das jedem entspricht[,| .] –
Aber was gehoert hier zum Benehmen?
Nur das Spiel des Gesichtsausdrucks und die
Gebaerden? oder auch die Umgebung, sozusagen
der Anlass deses Ausdrucks?
Und wenn man nun auch die Umgebung einbezieht, – wie ist dann das
Verhalten beim Zorn und beim Erinnern, z.B.,
miteinander zu vergleichen? |
| 796.
Ist das nicht, als sagte man: “Vergleiche
verschiedene Zustaende des Wassers” –
und meint damit seine Temperatur, die Geschwindigkeit, mit der es
fliesst, die Farbe etc.?
|
| 797.
Zu dem Benehmen der Menschen gehoert
natuerlich nicht nur, was sie tun, ohne je ein
Benehmen gelernt haben, sondern auch, was sie tun (also
z.B. sagen) nachdem sie eine
Abrichtung erhalten haben.
Und dies Benehmen hat seine Wichtigkeit im Bezug auf die besondere
Abrichtung. –
Hat z.B. Einer gelernt – die Worte
“ich freue mich” zu verwenden, wie ein Anderer die
– 222 – Worte
“ich fuerchte mich”, so werden wir
hier aus dem gleichen Benehmen ungleiche Schluesse
ziehen. |
| 798.
“Aber kann er sich nicht fuerchten, auch
wenn er's nie
aeussert?”
– Was bedeutet dieses “kann”?
Soll es heissen: “Kommt es
vor, daß Einer sich fuerchtet, ohne es je zu
sagen?” –
Nein.
Eher: “Hat es Sinn, z.B. diese
Frage zu stellen?”
Oder: hat es Sinn, wenn uns ein Novellist
erzaehlt, jemand habe sich
gefuerchtet, es aber nie
geaeussert?
Nun, es hat Sinn.
Aber welchen?
Ich meine: – Wo und wie wird so ein Satz
verwendet?
Wenn ich frage “Welchen Sinn hat es?”
– so will ich nicht, daß mir mit einem Bild, oder einer Reihe von
Bildern geantwortet wird – sondern mit der Beschreibung von
Situationen. |
| 799.
“Aber Depression ist doch ein
Gefuehl; Du willst doch nicht sagen,
daßn Du bedrueckt bist und es nicht
spuerst?
Und wo spuerst du es?”
Da kommt es drauf an, was man
“spueren” nennt.
Richte ich meine Aufmerksamkeit // meinen
Blick // auf meine
Koerpergefuehle, so merke ich
einen sehr leichten Kopfschmerz, ein leichtes Unbehagen in der
Magengegend; vielleicht eine gewisse
Muedigkeit.
Aber meine ich das, wenn ich sage, ich sei schwer
bedrueckt? –
Und doch sage ich wieder: “Ich
fuehle ein Gewicht auf meiner Seele
lasten”.
“Nun, ich kann es nicht anders
ausdruecken!”
– Aber wie merkwuerdig, daß ich es so sage
und nicht anders ausdruecken kann! |
| 800.
Meine Schwierigkeit ist ganz aehnlich der eines
Menschen, der einen neuen Kalkuel erfindet (die
Differentialrechnung etwa) und einen Symbolismus sucht. |
| 801.
Die Depression ist kein
Koerpergefuehl: Denn
wir lernen den Ausdruck “ich
fuehle mich bedrueckt”
nicht unter den Umstaenden, die ein
bestimmtes Koerpergefuehl
kennzeichnen. |
| 802.
“Aber die Bedrueckung, der Zorn, ist doch
ein bestimmtes Gefuehl!”
– Was fuer ein Satz ist das?
Wo wird er verwendet? |
| 803.
Die Unsicherheit: ob ein Mensch wirklich dies
Gefuehl hat, oder sich nur so stellt.
Aber natuerlich ist es auch unsicher, ob er sich
nicht nur so stellt, als verstelle er sich.
Nur ist diese Verstellung seltener und hat nicht so leicht
verstaendliche Gruende. –
Worin besteht aber diese Unsicherheit?
Bin ich wirklich immer im Ungewissen darueber, ob
Einer wirklich – 223
– zornig, traurig, froh etc.
etc. ist?
Nein.
So wenig, wie darueber, daß ich ein Schreibbuch
vor mir und eine Feder in der Hand habe, oder
darrber, daß das Buch fallen wird,
wenn ich es auslasse, oder darueber, daß ich mich
nicht verrechnet habe wenn ich sage 25 × 25 sei 125.
Aber das ist wahr: Ich kann nicht Kriterien angeben, die
das Vorhandensein der Empfindung ausser Zweifel
setzen; und das heisst: es gibt solche
Kri⌊t⌋erien nicht. –
Was ist das aber fuer
eine Tatsache?
Ist es eine psychologische, die
Empfii Empfindungen betreffend?
Man wird sagen wollen, es liege im Wesen der Empfindung, oder des
Ausdrucks der Empfindung.
Ich koennte sagen: es ist eine
Eigentuemlichkeit unseres Sprachspiels. –
Aber wenn das auch wahr ist, so uebergeht es doch
eine Hauptsache: In gewissen
Faellen bin ich in Unsicherheit
darueber, ob der Andere Schmerzen hat oder nicht, ich
ruhe z.B. nicht sicher in meinem Mitleid mit ihm,
und keine
Aeusserung kann diese Unsicherheit
beheben. –
Ich sage dann etwa: “Er
koennte sich ja doch auch jetzt
verstellen”.
Aber warum soll es notwendig sein, daß er sich verstellt; denn
[v|V]erstellung ist ja nur ein ganz spezieller Fall davon,
daß Einer Schmerz aeussert und
nicht fuehlt.
Ein bestimmtes Gift koennte ihn in einen Zustand
versetzen, in welchem er ‘als [a|A]utomat
handelt’, sich nicht verstellt, aber nichts
fuehlt, obgleich er Gefuehle
aeussert.
Ich denke mir etwa, dies Gift bewirk[t|e] es, daß
er einige Zeit nach einer wirklichen Krankheit alle Handlungen seiner
Krankheitszeit genau, der Reihe nach, wiederholt,
waehrend die objektive Krankheit, die
Schmerzursachen z.B.,
aufgehoert haben zu existieren.
Wir haben dann mit ihm so wenig Mitleid, wie mit Einem unter
Narkose.
Wir sagen, er wiederhole alle
Aeusserungen des Schmerzes
etc. rein automatisch, verstelle sich dabei
natuerlich nicht. |
| 804.
“Ich kann nie wissen, was in ihm vorgeht;
er weiss es immer.”
Ja, wenn man philosophisch denkt, moechte man das
sagen.
Aber welcher Sachlage entspricht diese Aussage? ¤
Wir hoeren taeglich, daß der
Eine vom Andern sagt, er habe Schmerzen, sei traurig, lustig,
etc., ohne die Spur des Zweifels; und
verhaeltnismaessig
selten, daß man nicht wisse, was in ihm vorgeht.
So ist es also nicht so schlimm mit der
Ungewissheit.
Und es kommt auch vor, daß man sagt: “Ich
weiss, daß Du damals so
gefuehlt hast, auch wenn Du's jetzt
nicht wahr haben willst.”
– 224
– ¤
// Aber welcher Sachlage entspricht so eine
|
| 805.
Das Bild “Er weiss es,
– ich
weiss es nicht” ist eins, das die // unsere // Unwissenheit in einem besonders
iritierenden Licht erscheinen
laesst.
Es ist aehnlich, wie wenn man einen Gegenstand in
verschiedenen Laden sucht, und sich dabei sagt,
Gott wisse die ganze Zeit, wo er
wirklich ist, und daß wir ganz vergebens diese Lade durchsuchen.
|
| 806.
“Jeder Mensch weiss, daß er Schmerzen
hat” – und weiss er auch ganz genau,
wie stark seine Schmerzen sind? |
| 807.
Die Unsicherheit der Aussage “Er hat
Schmerzen” koennte man eine
konstitutionelle nennen. |
| 808.
Das Kind, das sprechen lernt, lernt den Gebrauch der Worte
“Schmerzen haben” und lernt auch, daß man
◇◇◇ Schmerzen heucheln kann. // und lernt
auch Schmerzen heucheln. //
Dies gehoert zu dem Sprachspiel, daß es
lernt.
Oder auch: Es lernt nicht nur den Gebrauch von “Er hat Schmerzen”, sondern auch von “Ich habe glaube, er hat Schmerzen”. (Aber natuerlich nicht von “Ich glaube, ich habe Schmerzen”.) |
| 809.
“Er kann auch Schmerzen heucheln” – das
heisst doch: er kann sich benehmen, als
haette er sie; ohne sie zu haben.
Gewiss; und so ein Satz unterstreicht
natuerlich ein bestimmtes Bild; aber wird dadurch
die Verwendung von “Er hat Schmerzen”
beeinflusst // geaendert // ?
|
| 810.
Wie aber, wenn Einer sagen wuerde:
“Schmerzen haben und Schmerzen heucheln sind von
einander sehr verschiedene
Zustaende der Seele // Seelenzustaende // , die den
gleichen Ausdruck im Benehmen haben
koennen”? |
| 811.
So hat also geheuchelter Schmerz und wahrer Schmerz den gleichen
Ausdruck?
Und wie unterscheidet man sie also?
Wie weiss ich, daß das Kind,
welches ich den Gebrauch des Wortes
“Schmerz” lehre, mich nicht mi[ss|ßs]versteht und also immer das “Schmerz” nennt, was ich
“geheuch⌊e⌋lter Schmerz” nenne? |
| 812.
Angenommen, es erklaert Einer das Lehren des
Gebrauchs des Wortes “Schmerz” in dieser Weise:
Wenn das Kind sich – 225
– bei bestimmten Anlaessen so
und so benimmt, denke ich, es fuehle, was ich in
solchen Faellen fuehle; und enn
ich mich darin nicht irre, so assoziert das Kind das Wort
mit seinem Gefuehl und gebraucht das Wort, wenn das
Gefuehl wieder auftritt. –
Diese Erklaerung ist wohl richtig; aber was erklaert sie? Oder: Welche Art der Unwissenheit behebt sie? – Sie sagt uns z.B., daß der Mensch dies Wort nicht mit einem Benehmen, oder einem ‘Anlass’ assoz⌊i⌋iert. Wer also nicht wuesste, ob das Wort “Sc⌊h⌋merz” ein Gefuehl oder ein Benehmen bezeichnet, den wuerde die Erklaerung belehren. Sie sagt auch, daß das Wort nicht einmal fuer das eine, einmal fuer das andere Gefuehl verwendet wird, – wie es ja auch sein koennte. |
| 813.
Die Erklaerung sagt, daß ich das Wort
falsch gebrauche, wenn ich es spaeter
fuer ein anderes
Gefuehl gebrauche.
Eine ganze Wolke von Philosophie kondensiert zu einem
Troepfchen symbolischer
Pra[i|x]is. |
| 814.
Warum sollten die Worte “Ich glaube, er hat
Schmerzen” nicht blosser Wahnsinn
sein?
Etwa als sagte Einer “Ich glaube meine
Zaehne sind in seinem Mund”. |
| 815.
Ein Stamm: Die Leute verstellen sich oft, liegen
auf einem Weg anscheinend krank und in Schmerzen; kommt man ihnen zu
Hilfe, so fallen sie den Helfenden an.
Fuer dies Verhalten hat der Stamm ein bestimmtes
Wort. |
| 816.
Statt “Es ist unsicher, ob er Schmerzen hat”
koennte man auch sagen: “Sei
gegen seine Schmerzaeusserungen
misstrauisch!”
– Und wie macht man das? |
| 817.
Glauben, daß der Andere Schmerzen hat, zweifeln, ob er sie hat, sind so
viele natuerliche Arten des Verhaltens zu den andern
Menschen; und unsere Sprache ist nur ein Hilfsmittel und ein weiterer
Ausbau dieses Verhaltens.
Ich meine: unser Sprachspiel ist ein Ausbau des primitiveren
Benehmens.
(Denn unser Sprachspiel ist Benehmen.)
|
| 818.
“Ich bin nicht sicher, ob er Schmerzen hat.”
– Wenn sich nun Einer immer, wenn er dies sagt, mit einer Nadel
staeche, um die Bedeutung des Wortes Schmerz lebhaft
vor der Seele zu – 226
– haben und zu wissen,
worueber er beim Andern im Zweifel
ist!
Waere nun der Sinn seiner Aussage gesichert,
dadurch daß er sich Schmerz
[s|z]ufuegt // Sc[g|h]merz
fuehlt // ,
waehrend er sie macht?
Er wuesste doch jetzt,
was er beim Andern bezweifelt! –
Aber wie wird er, was er nun fuehlt, beim Andern
bezweifeln?
Wie wird er den Zweifel an sein Gefuehl
ankn[ue|ü]pfen?
Ja, was ist der Weg von seinem Schmerz zum Andern?
Ja, kann er wirklich den Schmerz des Andern besser bezweifeln, wenn er
selbst dabei Schmerz fuehlt?
Muss ich, um Zweifeln zu
koennen, ob Einer eine Kuh hat, selbst
eine haben? |
| 819.
Er hat also den wahren Schmerz; und der Besitz
dessen // dieses
dieses // ist es, was er beim Andern
bezweifelt. –
Aber wie macht er das nur? –
Es ist, als sagte ich Einem: “Hier hast Du einen
Sessel; siehst Du ihn?
Und nun uebersetze ihn ins
Franzoesische!”. |
| 820.
Er hat also den wahren // echten //
Schmerz – und nun weiss er, was er beim Andern
bezweifeln soll.
Er hat den Gegenstand vor sich; und es ist kein
‘Benehmen’, oder dergleichen.
(Aber jetzt!)
Zum Bezweifeln, ob der Andere jetzt Schmerz
fuehlt, muss ich
den Beegriff des Schmerzes haben; nicht
Schmerzen.
Und es ist wohl wahr, daß man mir diesen Begriff mitteilen
koennte, indem man mir Schmerz
zufuegt. |
| 821.
Es waere eben so unrichtig, den Begriff des
Verstehens der Bedeutung durch ein Erlebniß der
Bedeutung zu erklaeren, wie den der Wirklichkeit und
Unwirklichkeit durch das Erlebnis der Unwirklichkeit; oder den
Begriff der Gegenwart eines Mensche[i|n] durch
das Gefuehl einer Gegenwart.
Eben so gut
koennte man, was Schach ist, durch ein
Schachgefuehl erklaeren
wollen. |
| 822.
“Aber man kann doch die Figur als Pfeil und als
Vogelfuss sehen, auch wenn man es nie jemandem
mitteilt.”
Und das wieder heisst: es hat
Sinn, zu sagen: jemand saehe die
Figur einmal so, einmal so, ohne es je jemandem mitzuteilen. –
Ich will nicht sagen, es habe keineen Sinn, aber der
Sinn ist nicht so ohne weiteres klar. –
Ich weiss z.B., daß Leute
von einem Gefuehl der Unwirklichkeit reden,
sie sagen es scheine ihnen alles unwirklich; und nun sagt man: es
koennte den Menschen alles unwirklich vorkommen,
auch wenn sie's nie jemand mitgeteilt
haetten.
Wie weiss man so ohne weiteres, daß es Sinn hat zu
– 227 – sagen “es
kommt diesem Menschen vielleicht alles unwirklich vor, obwohl er nie
davon spricht”.
Ich habe hier natuerlich mit Absicht ein sehr
seltenes Erlebnis gewaehlt.
Denn weil es nicht eins von den
al[t|l]taeglichen Erlebnissen ist, sieht
man schaerfer auf den Gebrauch der Worte. –
Ich moechte sagen: Es hat mit knapper
Not Sinn, auszurufen “Es ist alles
unwirklich!” – und schon weiss
man, daß auch jene andere Aussage Sinn hat! –
Oder auch so: Es sagt mir Einer
“M[o|i]r sch erscheint alles
unwirklich”.
Ich weiss kaum, was das heisst
– und doch w[ie|ei]ss ich schon, daß
es Sinn haette, zu sagen, etc.
etc.
Nun, das liegt natuerlich daran, daß er ein
Erlebnis mit dem Satz beschreibt; d.h., daß es eine
psychologische Aussage ist. |
| 823.
D.h.: wenn Einer einen Seelenzustand
aeussert, so kann er ihn auch
gehabt haben, ohne ihn zu
aeussern.
Das ist eine Rede.
Aber was ist der Zweck eines Satzes, der sagt, N. habe
vielleicht das Erlebnis E. gehabt, aber es nie
geaeussert?
Nun, eine Anwendung des Satzes kann man sich jedenfalls denken.
Angenommen z.B. man faende eine
Spur des Erlebnisses im Gehirn und sagt nun, es zeige sich, er habe vor
seinem Tode noch das und das gedacht, oder gesehen,
etc.
Man koennte eine solche Anwendung
fuer kuenstlich und weithergeholt
halten; es ist aber wichtig, daßs sie
moeglich ist. |
| 824.
Wenn es eine Versuchung gibt, die Differentialrechnung als
Kalkuel mit unendlich kleinen
Groessen anzusehen, so ist es
begreiflich, daß in einem andern Fall eine analoge // aehnliche //
Versuchung noch viel maechtiger sein kann, – wenn
sie naemlich von unsern Sprachformen rund
herum genaehrt wird; und man kann
sich denken, daß sie unwiderstehlich w[o|i]rd. |
| 825.
“Ich habe Zahnschmerzen gehabt” – wenn ich das
aga,e sage, so erinnere ich mich nicht an mein
Benehmen, sondern an meinen Schmerz.
Und wie geschieht das?
Es schwebt einem wohl ein mattes Bild des Schmerzes vor? –
Ist es also, als haette man sehr
schwache Schmerzen?
“Nein; es ist eine andere Art von Bild; etwas
Spezifisches.”
Ist es also so, als haette Einer nie ein gemaltes
Bild gesehen, sondern immer nur Buesten, und man
sagte ihm “Nein, ein Gemaelde ist
◇◇◇ ganz anders als eine Bueste, es ist
eine ganz andere Art von Bild.”
Es waere etwa moeglich, daß man
es weit schwieriger – 228
– faende einem Blinden
begreiflich zu machen, was ein Gemaelde, als was
eine Bueste ist. |
| 826.
Aber das Wort “spezifisch” (oder ein analoges),
das man hier gern verwenden moechte, hilft
nicht.
Es ist so wenig ein Auskunftsmittel, wie das Wort
“undefinierbar”, wenn Einer sagt, die Eigenschaft
“gut” sei undefinierbar.
Was wir wissen, ueberse[s|h]en wollen, ist der Gebrauch des Wortes “gut”, und ebenso der des Wortes “erinnern”. Denn man kann nicht sagen: “Du kennst doch das spezifische Erinnerungsbild”. Ich kenne es nicht. – Ich kann freilich sagen: “Ich kann Herrn N. nicht beschreiben, aber ich kenne ihn”; aber das heisst, daß ich ihn wiedererkenne, nicht, daß ich ihn wieder zu erkennen glaube. |
| 827.
Daß es Sinn hat, zu sagen, Einer habe ein Gefuehl
gehabt, ohne es je mitzuteilen, haengt damit
zusammen, daß es Sinn hat, zu sagen: “Ich habe
damals das gefuehlt; ich erinnere mich
daran”.
Den Zusammenhang koennte man so erklaeren: Man wird doch nicht sagen: “Wenn ich nie gesagt haette, daß ich damals Schmerzen hatte, so haette ich auch keine gehabt”. |
| 828.
“Ich weiss doch, was es
heisst ‘Er hat
Schmerzen’.”
Heisst das, daß ich mir's
vorstellen kann?
Und worin laege die [A|W]ichtigkeit des
Vorstellens?
Daß ich zur Erklaerung dieses Satzes jeder Zeit zur Erinnerung an meine eigenen Schmerzen, oder dazu uebergehen kann, in mir jetzt Schmerzen hervorzurufen, etc., ist allerdings wichtig. |
| 829.
Wie lernt Einer, ein Stueck Zucker
“Zucker” benennen?
Wi[,|e], der Aufforderung “Gib mir ein
Stueck Zucker” folgen?
Wie, die Worte “Bitte um ein Stueck
Zucker” – also den Ausdruck des
Wunsches?!
Wie, den Befehl “Wirf!” verstehen;
[U|u]nd wie den Ausdruck der Absicht
“Ich werde jetzt werfen”?
Wohl, – die Erwachsenen moegen es
Dem Kind vormachen, das Wort aussprechen und
gleich dara[fu|uf] werden, – aber nun
muss das Kind das nachmachen.
(“Aber das ist doch nur der Ausdruck der Absicht, wenn das
Kind wirklich die Absicht im Geiste hat.”
– Aber wann sagt man denn, dies sei der Fall?)
– 229 –
Und wie lernt es, den Ausdruck gebrauchen “Ich war damals im Begriffe zu werfen”? Und wie weiss man, daßs es damals wirklich in jenem Seelenzustand war, den ich “im Begriffe sein ....” nenne? Nachdem ihm die und die Sprachspiele beigebracht wurden, gebraucht es bei den und den Anlaessen die Worte, die die Erwachsenen in solchen Faellen ausgesprochen haben, oder es gebraucht eine primitivere // spontane // Ausdrucksweise, die die wesentlichen Beziehungen auf das frueher [g|G]elernte enthaelt, und die Erwachsenen ⌊er⌋setzen die primitivere durch die regelrechte Ausdrucksweise. |
| 830.
Das Neue Neue (Spontane,
‘Spezifische’) ist ein Sprachspiel.
|
| 831.
“Aber hat es denn alle diese Erscheinungen – des
Schmerzes, des Wunsches, der Absicht, der Erinnerung,
usf. – nicht gegeben, ehe es eine Sprache
gab?”
– Welches ist die Erscheinung des
Sch[e|m]erzes? –
“Was ist ein Tisch?” –
“Nun das
z.B.!”
Und das ist freilich eine Erklaerung; aber was sie
lehrt ist die Technik des Gebrauchs des Wortes
“Tisch”.
Und nun ist die Frage: Welche Erklaerung
entspricht ihr im Falle einer ‘Erscheinung’ des
Seelenlebens?
Nun es gibt hier keine Erklaerung, die man ohne
weiteres als die homologe anerkennen kann. |
| 832[–| .]
Man kann fragen: Schwebt mir denn immer, wenn ich ein Wort
verstehe, etwas bei dem Wort vor?!
(Aehnlich ist:
“Findet stets, wenn ich einen wohlbekannten Gegenstand
ansehe // ein wohlbekanntes Wort
hoere // , ein Wiedererkennen
statt?”) |
| 833[–| .]
Es gibt aber das Phaenomen, daß ein
ausser jedem Zusammenhang
gehoertes Wort – z.B. –
fuer ein fluechtigen Augenblick
die eine, gleich darauf aber die andere Bedeutung hat; daß, wenn man das
Wort ein paar mal nacheinander ausspricht, es
jede ‘Bedeutung’ verliert; und dergleichen.
Und hier handelt s[t|i]ch's um ein
Vorschweeben. |
| 834.
Was wuerden wir vom Menschen sagen, die die Worte
“Ich sehe diese Figur jetzt als ...., jetzt als
....[?| ”] nicht
verstuenden?
Wuerde ihnen ein wichtiger Sinn fehlen; ist es
aehnlich, als waeren sie blind;
oder farbenblind[“| ;] oder ohne absolutes
Gehoer? – 230 – |
| 835.
Nun, es ist leicht sich Menschen zu denken, die Zeichnungen // Figuren // nicht so und so
‘frasphrasieren’
koennen; aber wuerden
sie nicht dennoch eine Zeichnung einmal fuer
das, einmal fuer etwas anderes
haalten?
Oder soll ich annehmen, daß sie in diesem Falle nicht sagen
wuerden, das Gesichtsbild sei sich in einem
wesentlichen Sinne gleich geblieben?
Wuerden sie also, wenn ihnen die schematische
Darstellung eines Wuerfels einmal so, einmal so
erscheint, glauben, die Striche haetten ihre Lage
veraendert? |
| 836. Denk Dir jemanden, der eine Zeichnung, oder Photographie ungerne saehe, weil er sagt, daß ein farbloser Mensch haesslich sei. Oder es koennte jemand finden, daß winzige Menschen, Haeuser, etc., wie sie auf Bildern sind, unheimlich oder laecherlich, etc. seien. Dies waere gewiss ein sehr seltsames Verhalten. (‘Du sollst Dir kein Bild machen.’) Denk an unsere Reaktion gegen eine gute Photografie, gegen den Gesichtsausdruck der Photographie. Es koennte Menschen geben, die in einer Photographie hoechstens eine Art von Diagram saehen, wie wir etwa eine Landkarte betrachten; wir koennen daraus verschiedenes ueber die Landschaft entnehmen, aber nicht, z.B., die Landschaft beim Ansehen der Karte b⌊e⌋wundern, oder ausrufen “Welche herrliche Aussicht!” Der ‘Gestaltblinde’ muss abnorm in dieser Art sein. |
| 837.
Wie kann das Ausbleiben eines Erlebnisses beim
Hoeren des Wortes das Rechnen mit
Worten hindern, oder beeinflussen? |
| 838.
Denk Dir Leute, die nur laut denken und nur zeichnend
vorstellen.
Oder vielleicht waere es richtiger, zu
sagen: die dort zeichnen, wo wir uns etwas vorstellen.
Der Fall, wo ich mir meinen Freund N vorstelle und
⌊ent⌋spricht dann nicht dem, daß der Andere ihn zeichnet; sondern
er muss ihn zeichnen und dazu sagen, oder schreiben,
daß das sein Freund N ist. –
Wenn er aber zwei Freunde hat, die einander aehnlich
sind und den gleichen Namen haben? und ich frage ihn
“Welchen hast Du gemeint; den gescheiten, oder den
dummen?”
– Darauf koennte er nicht antworten.
Wohl aber auf die Frage “Welchen von ihnen stellt das
vor?”
– In diesem Falle ist die Antwort – 231
– einfach eine weitere
Benuetzung des Bildes, nicht die Aussage
ueber ein Erlebnis. |
| 839.
Vergleiche James's Idee,
der Gedanke sei schon bei Beginn des Satzes fertig, mit der der
Blitzesschnelligkeit des Gedankens und dem Begriff der
Absicht, das und das zu sagen.
Der Gedanke sei schon am Anfang des Satzes fertig (und warum nicht
zu Anfang des hervorgehenden?)
heisst dasselbe wie: Wenn
Einer nach dem ersten Wort unterbrochen wird und Du fragst ihn
|
| 840.
Nun koennen wir aber auch oft die Frage
nicht beantworten, was wir damals hatten sagen wollen.
Aber in diesem Falle sagen wir, wir haetten es
vergessen.
Waere es nun denkbar, daß Leute in solchen
Faellen antworteten: “Ich habe
nur diese Worte gesagt; wie soll ich wissen, was danach
gekommen waere?” – |
| 841.
Wer sagt “Als ich das Wort hoerte,
bedeutete es fuer mich ....”, bezieht
sich damit auf einen Zeitpunkt und auf eine
Die wuerde der ‘Bedeutungsblinde’ verlieren. |
| 842.
Und wer sagt “Ich wollte damals fortsetzen:
....” – der bezieht sich auf einen
Zeitpunkt und auf eine Handlung.
|
| 843.
Wenn ich von den wesentlichen ◇◇◇
Bezuegen der
Aeusserung rede, so geschieht es,
weil dadurch die unswesentlichen
besondern Ausdruecke unserer Sprache in
dem Hintergrund treten.
Und der Aeusserung wesentlich
sind die Bezuege, wenn sie uns veranlassen
wuerden, einen uns im uebrigen
ungewoh⌊n⌋ten Ausdruck in den gebraeuchlichen zu
uebersetzen. – 232 – |
| 844.
Wie, wenn nun Einer nie sagte “Ich wollte damals dies
tun” und man ihn auch nicht lehren koennte, so
einen Ausdruck zu gebrauchen?
Es ist doch klar, daß Einer viel denken kann, ohne das zu
denken.
Er kann ein grosses Gebiet der Sprache
beherrschen, ohne dis zu beherrschen.
Ich meine nun: er erinnert sich an seine
Aeusserungen, auch etwa daran, das
und das zu sich selbst gesagt zu haben.
Er wird also z.B. sagen “Ich sagte
zu mir selbst ‘ich will dorthin gehen’”, auch
vielleicht “Ich stellte mir das Haus vor und ging den
W⌊e⌋g, der dazu fuehrt”.
Das Charakteristische ist hier, daß er seine Intentionen in der Form
von Gedanken oder Bildern hat und sie daher immer ersetzbar
waeren durch das Aussprechen eines Satzes, oder
Sehen eines Bildes.
Die ‘Blitzesschnelle’ des Gedankens fehlt ihm. –
– Soll das aber nun heissen, daß er sich oft
wie ein Automat bewegt; etwa auf der Strasse geht
und Einkaeufe macht; wenn man ihn aber trifft und
fragt “Wohin gehst Du?” – daß er
einen dann anstarrt, als waere er im Schlaf
gegangen? –
Er wird auch nicht antworten “Ich
weiss nicht”.
Oder wird ihm, oder uns, sein Handeln planlos vorkommen?
Ich sehe nicht ein, warum!
Wenn ich et⌊w⌋a zum Baecker gehe, so sage ich mir vielleicht “Ich brauche Brot” und gehe den gewohnten Weg. Fragt man ihn “Wohin gehst Du?”, so will ich annehmen, er antwortet mit dem Ausdruck der Absicht, so wie wir. – Wird er aber auch sagen “Als ich vom Hause wegging, wollte ich zum Baeck[r|e]r gehen, jetzt aber ....”? Nein; aber sollen wir sagen, daß er deshalb gleichsam schlafwandelnd sich auf den Weg gemacht hat? |
| 845.
Ist es aber nicht sonderbar, daß wir solche Menschen dann
nicht begegnen, bei der grossen
Varietaet der Menschen?
Oder finden sich diese Leute eben unter den Geistesschwachen; und es
wird nur nicht genuegend beobachtet, welcher
Sprachspiele diese faehig sind und welcher
nicht? |
| 846.
Plato sagte, das Denken sei ein
Gespraech.
Waere es wirklich ein
Gespraech, so koennte man nur die
Worte des Gespraechs berichten und die
aeussern
Umstaende, unter denen es
[f|g]efuehrt wurde, aber nicht auch die
Meinung, die diese Worte damals fuer den Sprecher
hatten.
Sagte Einer zu sich selbst (oder laut)
“Ich hoffe bald den N zu sehen.”, so
haette es keinen Sinn zu fragen:
“Und welchen Menschen dieses Namens – 233 – hast Du damals
gemeint?”
Er hat eben nur diese Worte gesagt.
Aber koennte ich mir nicht denken, daß er nun dennoch auf bestimmte Weise fortsetzen will, so daßs ich ihn fragen kann “Und meinst Du nun jemand mit diesem Namen, und wen?” Und angenommen, er koennte nun fuer gewoehnlich fortsetzen, seine Worte erklaeren, – worin laege der Unterschied zwischen ihm und uns? – Er koennte jeden Gedankeng woertlich berichten. Wenn er also sagte “Ich habe gerade an N gedacht” und wir ihn fragten “Wie hast Du an ihn gedacht?”, so kann er das immer beantworten, es sei denn, er sagt, er habe es vergessen. |
| 847.
Jemand, der mir sagt “N hat mir geschrieben”, kann
ich doch fragen “Welchen N meinst
Du?” – und muss er, um mir
antworten zu koennen, sich auf ein Erlebnis beziehen
beim Aussprechen des Namens? –
Und wenn er nun bloss den Namen N
ausspraeche – vielleicht als Einleitung zu einer
Aussage ueber N –, kann ich ihn nicht
ebenso fragen “Wen meinst Du?” und er
ebenso antworten? |
| 848.
Man spricht ja wirklich oft bloss den Namen
eines Menschen aus, etwa in einem Seufzer.
Und der Andere fragt nun “[w|W]en hast Du
gemeint?”
Und wie wird nun unser Bedeutungsblinder handeln? Wird er nicht so seufzen; oder nichts auf die Frage antworten koennen; oder antworten “Ich meine … ”, st[t|a]tt “Ich habe … gemeint”? |
| 849.
Stellen Dir einen Deiner Bekannten vor?
Nun sag, wer es war! –
Manchmal kommt das Bild zuerst und der Name
spaeter.
Aber heisst das, daß ich den Namen nach der
Aehnlichkeit des Bilds errate? –
Und wenn nun der Name erst spaeter folgt, soll ich
sagen, die Vorstellung des Bekannten war schon mit dem Bild da, oder sie
war erst mit dem Namen komplett?
Ich habe ja auf den Namen nicht aus der
Aehnlichkeit des Bildes geschlossen; und eben darum
kann ich sagen, die Vorstellung waere schon mit dem
Bild da gewesen. – 234 – |
| 850.
“Ich muss zur Bank gehen und Geld
holen.”
– Wie hast Du diesen Satz verstanden?
Muss diese Frage etwas anderes
heissen als: “Wie
wuerdest Du diesen Satz
erklaeren, welche Handlung auf ihn
erwarten, etc.?
Wenn der Satz unter verschiedenen Umstaenden
ausgesprochen wird, so daßs das Wort “Bank”
einmal offenbar das, einmal etwas anderes bedeutet, –
muss da etwas besonderes beim
Hoeren des Satzes vorgehen, damit Du ihn
verstehst?
Werden hier nicht alle Erlebnisse des Verstehens vom
Gebrauch, von der Praix Praxis des
Sprachspiele zugedeckt?
Und das heisst nur: Solche Erlebnisse
interessieren uns hier garnicht. |
| 851.
Wenn ich den Milchmann kommen sehe, hole ich meinen Kru[f|g]
und gehe ihm entgegen.
Erlebe ich ei[i|n] Beabsichtigen?
Nicht daßs ich wusste.
(So wenig vielleicht, wie ich versuche zu gehen, um zu
gehen.)
Wenn ich aber aufgehalten und gefragt wuerde
“Wohin wolltest Du mit dem Krug?”,
wuerde ich meine Absicht
aussprechen. |
| 852.
Wenn ich nun z.B. sage “Ich bin
aufgestanden, um zum Milchwagen zu gehen”, – soll man das
wie die Beschreibung eines Erlebnisses des Beabsichtigens
nennen?
Und warum ist das irreleitend?
Darum, weil es hier keinen ‘Ausdruck’ eines
Erlebnisses gab? |
| 853.
Wenn ich aber sage “Ich bin aufgestanden, um ....,
dann aber besann ich mich und ....” – wo liegt hier das
Erlebnis[s|,] und wann geschah es?
War das Erlebnis nur das ‘sich besinnen’,
‘sich anders entscheiden’? |
| 854.
Ich nehme den Milchkrug, gehe ein paar Schritte, dann sehe ich, daß er
nicht rein ist, sage “Nein!” und gehe zur
Wasserleitung.
Dann beschreibe ich, was vorging, und nenne meine
Absichten.
Hatte ich sie nun nicht?
Freilich!
Aber nochmals: ist es nicht irrefuehrend,
sie “Erlebnisse” zu nennen? wenn man
naemlich, was ich zu mir selbst sagte, mir
vorstellte, etc. auch so nennt!
(Es waere eben auch
irrefuehrend, die Absicht ein
“Gefuehl” zu
nenen.) – 235 – |
| 855.
Und es fragt sich nun, ob, aus dem selben
Grunde, es nicht gaenzlich
irrefuehrend war, vo[m|n]
‘Gestaltblindheit’ oder
‘Bedeutungsblindheit’ zu reden (so also redete man von
‘Willensblindheit’, wenn Einer sich passiv
verhaelt).
Denn blind ist eben der, der eine Empfindung nicht
hat.
(Denn Schwachsinnigen – z.B. –
kann man nicht mit de[n|m] Blinden vergleichen.)
|
|
| 857.
“Ich zweifle nicht, daß das oft der Fall
geschieht” – Wenn Du das in einem
Gespraech sagst, kannst Du wirklich glauben, daß Du
beim Reden zwischen den Bedeutungen der Woerter
‘daß’ und ‘das’
untersch[i|e]idest? |
| 858.
Gegen die Fi[c|k]tion d von Menschen die
nur laut denken koennen,
koennte man diesen Einwand machen wollen:
Angenommen, so einer sagte “Als ich vom Hause
wegging, sagte ich mir ‘ich muss zum
Baecker gehen’” –
koennte man ihn denn nicht fragen:
“Hast Du aber diese Worte wirklich
gemeint?
Du konntest sie ja auch als Sprachuebung, oder als
Zitat oder zum Spass, oder um jemand
irrezufuehren gesagt haben.”
[.| –]
Das ist wahr.
Aber lag also, welches er tat, in dem Erlebnis, das die Worte
beg[el|le]itete?
Was spricht fuer so eine
Beha[ur|up]tung?
Wohl, daß der Gefragte antworten kann “Ich habe den Satz
so gemeint”, ohne dies aus
aeussern
Umstaenden zu
schliessen. |
| 859.
Man will freilich sagen, wer sich daran erinnert, diese Worte
gemeint zu haben, erinnere sich an das Erlebnis einer
gewissen Tiefe, einer Resonanz.
(Haette er's nicht gemeint, so
haette er diese Resonanz nicht
gehabt.)
Aber ist das nicht bloss eine
Taeuschung (aehnlich der,
wenn Einer glaubt, er spuere das Denken im
Kopf)?
Man macht sich ein Bild der
Vorgaenge mittels ungeeigneter
Begriffe.
(Vergl. James.) |
| 860.
Mach diesen Versuch: Sag Dir ein mehrdeutiges
Wort (“sondern”).
Wenn Du es nun z.B. als Verbum erlebst, so
versuch, dies Erlebnis festzuhalten, daß es andauert. –
– 236 –
Sagst Du das Wo[t|r]t oefter vor Dich hin,
so verliert es seine Bedeutung fuer Dich; und nun
frag Dich, ob, wenn Du's im gewoehnlichen
Sprechen als Verbun gebrauchst, das Wort sich nicht vielleicht so
anfuehlt, wie wenn es be[o|i]m
oeftern Wiederholen seine Bedeutung verloren
hat. –
Aus der Erinnerung kannst Du gewiss nicht das
Gegenteil bezeugen.
Sondern man findet nur, daß es a priori nicht anders sein
koenne. |
| 861.
Es ist ganz gleichgueltig, ob man sagt, man
projeziere erst spaeter die
Deutung von “sondern” in das Erlebnis
waehrend des Aussprechens.
Denn es ist hier zwischen Projezieren und
Beschreiben kein Unterschied. |
| 862.
Man kann eine Zeichnung fuer einen wirklichen
Wuerfel halten; aber auch, im selben Sinne, ein
Dreieck fuer liegend oder stehend? –
“Als ich naeher kam, sah ich, daß es nur
eine Zeichnung war.”
Aber nicht: “Als ich genauer hinblickte, sah ich,
daß dies die Grundlinie und dies die Spitze
war.” |
| 863.
Meine Worte, “Als Du zu reden anfingst, dachte ich, Du
meintest … ” knuepfen an den Anfang
seiner Rede an und an eine Vorstellung, die ich dabei hatte. –
Und es ist natuerlich
moeglich, daß jemand so etwas nie
tut.
Ich nehme aber an, er koenne am Ende die Frage
“Von welchem N habe ich geredet?”
beantworten.
Und es ist natuerlich moeglich,
daß er sie anders beantwortet haette, wenn ich die
Frage schon nach de[m|n] ersten Worten meiner
Erzaehlung gestellt
haette.
Soll er also die Frage nicht verstehen: Hast Du gleich im
Anfang gewusst, von wem ich
redete?”
– Und wenn er nun so eine Frage nicht versteht, werden wir ihn
nicht einfach fuer etwas geistesschwach
halten?
Ich meine: werden wir nicht einfach annehmen, daß sein Denken
nicht recht deutlich sei, oder daß er sich an das, was er
damals dachte, – wenn er ueberhaupt etwas
dachte, nicht mehr erinnere?
Das heisst, wir werden hier
fuer gewoehnlich ein anderes Bild
gebrauchen, als das, welches ich vorschlage. |
| 864.
Aber es ist wahr: wir haben beim Geistesschwachen oft das
Gefuehl, als redeten sie mehr automatisch als
wir.
Und wenn Einer das waere, was wir
‘bedeutungsblind’ nannten, so
wuerden wir uns vorstellen, er
muesse einen weniger lebendigen – 237 – Eindruck machen als wir, mehr
‘wie ein A[i|u]tomat’ handeln.
(Man sagt auch: “Weiss
Gott, was in seinen Geist
vorgeht!” und denkt an etwas Undeutliches,
Unordentliches.) |
| 865.
Es koennte sein, daß Menschen, wenn man ihnen ein
isoliertes Wort sagt, gleich irgend einen
Satz mit diesem Wort bildeten, und daß andere es nicht
taeten; daß jenes ein Zeichen von Intelligenz,
dieses von Stumpfheit waere. |
| 866.
Was laesst sich gegen den
Ausdruck “spezifische psychologische Erscheinung”,
oder “unreduzierbares Phaenomen”
vorbringen?
Sie sind irrefuehrend; aber woher sind sie
genommen?
Man will sagen: “Wer
suess, bitter, rot,
gruen, Toene und Schmerzen
nicht kennte, dem kann man, was diese Worte
heissen bedeuten, nicht
begreiflich machen”.
Wer dagegen noch keinen sauren Apfel gegessen hat, dem kann man,
was gemeint ist, erklaeren.
Rot ist eben dies, und bittert
dies, und Schmerz dies.
Aber wenn man das sagt, muss man nun wirklich
demonstrieren // vorfuehren // , was diese
Worte meinen; d.h. etwas rotes zeigen, etwas
bitteres kosten, oder kosten lassen, sich oder dem Andern Schmerz
zufuegen, etc.
Nicht denken, man koenne privat in sich auf
den Schmerz zeigen.
Wie wird man aber dann, was “vorstellen”,
“erinnern”, “beabsichtigen”,
“glauben” heisst,
vorfuehren?
Der Ausdruck “spezifische psychologische
Erschein[i|u]ng” entspricht aber dem der privaten
hinweisenden Definition. |
| 867.
Ist das (am Ende) eine Taeuschung,
wenn ich glaubte, die Worte des Andern haetten
damals diesen Sinn fuer mich gehabt?
Freilich nicht!
So wenig, wie es eine Taeuschung ist zu glauben,
daß man vor dem Aufwachen etwas getraeumt
habe! |
| 868.
Als ich den Fall eines ‘Bedeutungsblinden’ annahm,
war es, weil das Erleben der Bedeutung im Gebrauch der
Sprache keine Wichtigkeit zu haben scheint.
Weil es also scheint, als koenne dem
Bedeutungsblinden nicht viel verloren
gehen.
Damit aber ist in Konflikt, daß wir manch[.| ]mal
aeussern, in einer Mitteilung habe
ein Wort fuer uns eines bedeutet, bis
wir gesehen haetten, es bedeute etwas
anderes.
Erstens aber fuehlen wir in diesem Falle nicht,
– 238 – das
Erleben der Bedeutung habe beim Hoeren des
Wortes stattgefunden.
Zweitens koennte man hier eher von einem
Erleben des Sinnes des Satzes reden, als von dem einer
Wortbedeutung. |
| 869.
Das Bild, das man etwa mit dem Aussprechen des Satzes “die
Bank ist weit weg” verbindet, ist nun eine Illustration zu
ihm und nicht zu einem seiner Worte. |
| 870.
Wenn Einer fest darauf bestuende, er erlebe meist
gar nichts, wenn er einen Befehl, eine Mitteilung,
usw. hoert // hoere und verstehe // ,
mindestens nichts, was fuer ihn den Sinn der Worte
[o|b]estimme, – koennte dieser nicht
doch, in irgend einer Form, sagen, die ersten
Worte des Satzes haette er so
aufgefasst und spaeter seine
Auffassung geaendert? –
Aber zu welchem Zweck wuerde er das
sagen??
Es koennte eine bestimmte Reaktion
seinerseits erklaeren.
Er hoerte z.B., N sei
gestorben, und glaubte, sein Freund N sei gemeint, ; dann
kommt er drauf, daß es nicht so ist.
Er schaut erst bestuerzt; dann erleichtert. –
Und, was so eine Erklaerung fuer
ein Interesse haben kann, ist leicht zu sehen. |
| 871.
Was soll ich nun sagen: – daß der Bedeutungsblinde nicht
im Stande ist, so zu reagieren? oder daß
er bloss nicht behauptet, er
haette damals die Bedeutung
erlebt, – daß er also nur ein besonderes Bild nicht
gebraucht? |
| 872.
Ist der Bedeutungsblinde also der, der nicht sagt:
“Der ganze Gedankengang ◇◇◇ stand mit einem Schlag
vor mir”?
Ist damit aber gesagt, daß er nicht sagen kann “Jetzt
hab ich's!” – |
| 873.
“Es war dort kein Baum und kein Strauch” – wie
funktioniert dieser Satz?
Nun, “Baum” steht fuer ein Ding,
das so ausschaut.
Gewiss ja: so schaut ein Baum aus; aber ist
die Idee der Vertretung des Dings durch das Wort wirklich so leicht zu
verstehen?
Wenn ich einen Garten plane, so kann ich einen Baum dort durch einen
Pflock vertreten lassen.
Wo der Pflock jetzt steht, wird spaeter der Baum
gesetzt werden. – – 239
–
Man koennte aber doch sagen, das Wort
“Baum” im Satz vertraete dort
das Bild eines Baums (und als solches kann
natuerlich auch ein Baum verwendet
werden).
Den an die Stelle des Wortes “Baum”
koennte man in einer Bildersprache das Bild setzen,
und das Wort “Baum” wird in jedem Fall durch die
hinweisende [B|D]efinition mit dem Bild verbunden.
Dann ist es also die hinweisende Definition, die bestimmt, was das
Wort ‘vertritt’.
Und nun wende dies auf das Wort “Schmerz”,
z.B., an. –
Aber vertritt nicht auf einem Plan das Zeichen ein
Haus?
Doch nur insofern, als ein Haus auch als Zeichen dienen
koennte!
Aber das Zeichen vertritt doch nicht das Haus
wofuer es steht. –
“Nun, es entspricht ihm.”
– Wenn ich also mit dem Plan in der Hand gehe und komme zu diesem
Haus, zeige ich auf die Stelle im Plan und sage
“Das ist ein Haus”. –
“Das Zeichen vertritt das Haus”
hiesse: “weil ich das Haus nicht
selbst in den Plan setzen kann, setze ich statt seiner dies
Zeichen.”
Aber was taete denn das Haus selbst im
Plan!
Eine Vertretung ist etwas Vorlaeufiges, aber wenn das
Zeichen dem Haus entspricht, so ist hier nichts
Vorlaeufiges; es wird, ja, wenn wir zum Haus
kommen, nicht durch das Haus [w|e]rsetzt.
Und da das Zeichen nie durch s⌊e⌋inen Traeger
ersetzt wird, koennte man fragen: Wie
kann denn ein Tintenstrich ein Haus ersetzen?
Nein: der Pflock ersetzt den Baum, das Bild kann den Menschen ersetzen, wenn man lieber ihn saehe, aber mit dem Bild vorlieb nehmen muss; aber sch[,|o]n das Zeichen auf der Landkarte ersetzt nicht den Gegenstand, den es bedeutet. |
| 874.
Fuehle ich, waehrend ich
schreibe, etwas in der Hand, oder im Handgelenk?
Im [A|a]llgem⌊e⌋inen nicht.
Wuerde es sich aber nicht doch anders
anfuehlen, wenn meine Hand
anaesthesiert waere?
Ja.
Und ist das nun ein Beweis dafuer, daß ich
dennoch etwas spuere, wenn ich
normaler weise die Hand bewege?
Ich glaube: nein. |
| 875.
“Ich schenke Dir mein volles
Vertrauen.”
Wenn, der das sagt, nach dem Wort “Dir” aussetzt, bin
ich vielleicht im stande fortzusetzen; die
Situation ergibt, was er sagen will.
Aber wenn er nun zu meiner Ueberraschun
fortsetzt “eine goldene Uhr” und ich sage
“Ich war auf etwas anderes
gefasst” – – 240
– heisst das: ich habe
waehrend seiner ersten Worte etwas erlebt, was man
diese // jene // Auffassung der Worte
nennen kann??
Ich glaube, daß kann man nicht sagen. |
| 876.
Oder denk Dir dieses Gespraech: Er:
“Ich schenke Dir –”
[“|I]ch: “Ich
weiss.
Aber in diesem Fall vertraust Du mir doch
nicht.”
– Ich habe ihn unterbrochen, weil ich wusste,
was er sagen wollte.
Aber habe ich mir die Fortsetzung notwendigerweise in Gedanken
ergaenzt?
(Ergaenze ich eine Skizze in der
Vorstellung?) |
| 877.
“I found myself going ....”
saying ....” etc.
Diese Beschreibung trifft nicht immer zu, wenn ich etwas sage, einen W[f|e]g mache, etc. |
| 878.
Introspektion kann nie zu einer Definition
fuehren.
Sie kann nur zu einer psychologischen Aussage ueber
den fuehren, der introspiziert.
Sagt z.B. Einer: “Ich glaube
beim Hoeren eines Wortes, da[ß|s] ich
verstehe, immer etwas zu fuehlen, was ich nicht
fuehle, wenn ich das Wort nicht verstehe”
– so ist das eine Aussage ueber
seine besondern Erlebnisse.
Ein Anderer erlebt vielleicht etwas ganz anderes; und wenn Beide
das Wort “verstehen” richtig gebrauchen, so liegt in
diesem Gebrauch das Wesen des Verstehens, und nicht in dem, was sie
ueber ihre Erfahrungen sagen
koennen. |
| 879.
Wie muesste man denn den nennen,
der den Begriff ‘Gott’
nicht verstehen kann, nicht sehen, wie ein
vernuenftiger Mensch dies Wort im Ernst gebrauchen
kann?
Sollen wir denn sagen[m|,] er leide an einer
Blindheit? |
| 880.
Man versteht ploetzlich, wiederholt
ploetzlich ein Wort, das der Andere gesagt
hat.
Er sagt mir “Es ist sieben Uhr”; ich reagiere
zuerst nicht; ploetzlich rufe ich
“◇◇◇Sieben Uhr!
Da bin ich ja schon zu spaet ....”
Es kann kam mir erst zum
Bewusstsein, was er gesagt hatte.
Aber was geschah nun, als ich die Worte “Sieben
Uhr” wiederholte?
Darauf kann ich nichts antworten, was von Interesse
waere.
Nur wi[d|e]der: Ich haette
erst begriffen, was er gesagt hat, und dergleichen; und das bringt uns
nicht weiter.
Auf diesem “Nur wieder” – 241
– beruht natuerlich das
Reden // die Idee // von einem
‘spezifischen Vorgang’.
(Der Zerstreute, der auf den Befehl
“Rechtsum!” linksum macht .....)
|
| 881.
Geschieht etwas, wenn ich das Wort verstehe, das
und das intendiere? Geschieht nichts? –
Aber in wie fern ist, was geschieht,
interessant?! // Geschieht etwas, wenn ich dies Wort verstehe, wenn
ich das und das beabsichtige – – geschieht nichts?
Nicht darum handelt es sich; sondern darum: warum soll mich,
was in Dir geschieht, interessieren? (Seine Seele mag
sieden, oder frieren, rot oder blau werden: was
kuemmert mich das?) //
|
| 882.
Ein Schwachsinniger wird gewiss nicht
sagen: “Als Du zu reden anfingst, dachte ich, Du
meintest ....” –
Nun wird man fragen: Ist das, weil er immer gleich richtig
versteht?
Oder weil er sich nie korrigiert?
Oder geht in ihm vor, was auch in mir vorgeht, und er kann es nur
nicht ausdruecken? |
| 883.
“Als Du zu reden anfingst dachte ich, Du wolltest ....
Darum habe ich auch die Bewegung gemacht ....”
Man erklaert also, was man tat, mit dem Gedanken,
den man damals hatte.
Denke ich mir nun diese Erklaerung wirklich erst im
Nachhinein aus?
Habe ich nicht wirklich diese Bewegung gemacht, weil ich
dachte …? –
– Was ist das fuer eine Frage?
Das “weil” bezieht sich ja nicht auf eine
Ursache. // ist ja nicht
ursaechlich. // |
| 884.
“Ich werde Dir erklaeren, warum ich
aufgestanden bin; ich dachte naemlich, Du meintest
....” –
Ja, jetzt versteh ich's! –
Aber worin liegt d[e|i]e Wichtigkeit dieses
Verstehens?
Nun, z.B.: Waere
die Erklaerung eine [A|a]ndere gewesen, so
muesste ich nun anders mit
Worten, oder Handlungen reagieren.
Sein Gedanke ist in so fern wie eine Handlung, oder ein
Vorgang in seinem Koerper.
Der Bericht ueber seinen Gedanken, wie der
ueber solche Vorgaenge. –
– Welches Interesse haben die Worte “Ich dachte
zuerst, Du meintest ....”[?| –]
Oft gar keins.
Man kann sagen, sie enthuellen uns seine
Gedankenwelt.
Aber wozu das?
Warum ist diese Enthuellung nicht
lehres Gerede, oder blosse
Phantasterei? – 242 – |
| 885.
Man koennte (natuerlich)
den Bericht ueber so eine Auffassung den Bericht
ueber eine Tendenz nennen.
(James).
Aber hier darf nun nicht das Erlebnis einer Tendenz
unter dem Bild eines nicht ganz fertigen Erlebnisses sehen!
Als gaeben die Erlebnisse ein farbiges Bild, und
gewisse Farben darauf waeren in ihrer vollen
Staerke aufgetragen, andere nur angedeutet,
d.h. viel zarter hingesetzt.
An sich aber ist eine zarte Farbe nicht die Andeutung einer staerkeren. |
| 886.
Ein Eereignis laesst
eine Spur im Gedaechtnis: das denkt man sich
manchmal, als bestuende es darin, daß es im
Nervensystem eine Spur, einen Eindruck, eine Folge
hinterlaesst.
So als koennte man sagen: auch die Nerven haben
ein Gedaechtnis.
Aber wenn sich nun jemand an ein Ereignis erinnert, so
muesste er es nun aus diesem
Eindruck, dieser Spur,
erschliessen.
Was immer das Ereignis im Organismus
zuruecklaesst,
es ist nicht die Erinnerung.
Der Organismus mit einer Diktaphonerolle verglichen; der Eindruck, die Spur, ist die Veraenderung die die Stimme auf der Rolle zuruecklaesst. Kann man sagen, das Diktaphone (oder die Rolle) erinnere sich wieder des gesprochene, wenn es das aufgenommene wiedergibt? |
| 887.
Das Gefuehl der
Abhaengigkeit.
Wie kann man fuehlen, man sei
abhaengig?
Wie kann man fuehlen:
‘Es haengt nicht von mir
ab’.
Aber was ist das ueberhaupt
fuer ein seltsamer Ausdruck eines
Gefuehls! // Aber
Es ist doch das Bewusstsein: “Es muesste nicht so gehen!” Wenn ich von dem Sessel aufstehe, sage ich mir fuer gewoehnlich nicht “Also ich kann aufstehen.” Ich sage es vielleicht nach – 243
– einer Krankheit.
Wer es sich aber fuer
gewoehnlich sagte, oder wer danach sagte
“Also es ist dies mal
gegangen”, von dem koennte man sagen, er
habe eine besondere Einstellung zum Leben. |
| 888.
Warum sagt man “Er weiss, was er
meint”?
Woher weiss man, daß er's
weiss?
Wenn er es weiss, ich aber nicht weiss, was er meint, – wie waere es, wenn ich's wuesste? Ja, wenn ich's wuesste und er nicht? Wie muesste sich Einer benehmen, damit wir sagen wuerden: “Er weiss, was der Andere erlebt”? Muss es aber einen Fall geben, den wir, konsequenterweise, so beschreiben wuerden? Es ist nicht einmal klar, daß irgend[.| ]eine Erscheinung mit den Worten beschrieben werden muesste // sollte // “A hat Schmerzen im Koerper des B”. D.h.: man kann zwar sagen “Waere das nicht eine folgerechte Anwendung
|
| 889.
Erinnere Dich besonders des Ausdrucks in der
Traumerzaehlung: “Und ich
wusste, daß ....”
Man koennte denken: Es ist doch
merkwuerdig, daß man
traeumen kann, man habe
gewusst.
Man sagt auch: “und ich wusste im
Traum, daß …” |
| 890.
Nicht alles, was ich tue, tue ich mit einer Absicht.
(Ich pfeife vor mich hin, etc.
etc.)
Wenn ich aber jetzt aufstuende und aus dem
Haus vortraete, dann wieder
zurueck kaeme, und auf die
Frage “Warum hast Du das getan” antwortete
“Aus garkeinem besonderen
Grund[,| ”], oder “Nur so –”, so faende man das seltsam und jemand,
der oft so etwas taete ohne besondere Absicht,
wuerde [w|s]ehr von der Norm
abweichen.
Muesste er das sein was man
“geistesschwach” nennt? |
| 891.
Denke Dir nun Einen, von dem man sagen wuerde:
er koenne sich nie an eine Absicht erinnern,
ausser dadurch[m|,] daß er sich an die
Aeusserung einer Absicht
erinnert.
Einer koennte, was wir normalerweise ‘mit bestimmter Absicht’ tun, ohne eine solche tun, es erwiese sich aber dennoch nuetzlich. Und wir wuerden vielleicht in so einem Falle sagen, er habe mit unbewusster Absicht gehandelt. – 244
–
Er steigt z.B. ploetzlich auf
einen Stuhl und dann wieder herunter.
Auf die Frage “warum” hat er keine Antwort; dann aber
berichtet er, er habe vom Stuhl aus das und das bemerkt, daß es scheint,
als waere er, um dies zu beobachten
hinaufgestiegen.
Koennte nun ein ‘Bedeutungsblinder’ sich nicht aehnlich verhalten? |
| 892.
“Als ich sagte ‘Er ist ein Esel’, meinte
ich....”
Was fuer eine Verbindung haben jene Laute mit
diesem Menschen? –
Gefragt, “Wen meinst Du?”, werde ich seinen
Namen nennen, ihn beschreiben, seine Photographie z[w|e]igen,
etc.
Ist sonst noch eine Verbindung da? Eine, die insbesondere zur Zeit des Aussprechens bestand?
Aber waehrend des ganzen Satzes, oder nur
waehrend ich “er” sagte?
Keine Antwort! |
| 893.
Das Erlebnis waehrend jener Worte[,| –] moechte ich sagen –
waechst natuerlich zu dieser
Erklaerung heran. |
| 894.
Aber es ist doch so: Ich werde manchmal, im
Gespraech etwa, sagen “Er ist ein
Esel”, und wenn man mich fragte
“Haettest Du etwas anderes
waehrend dieser Worte erlebt wenn wir vom N
statt von M geredet haetten” werde ich
zugeben muessen, dies muesse
nicht der Fall sein.
Anderseits aber scheint es mir manchmal, als
haette ich waehrend des
Aussprechens ein Erlebnis, das unzweideutig ihm
angehoert.
Die Erlebnisse beim sprechen scheinen andeutig ihm verbunden zu sein. |
| 895.
“Freilich dachte ich an ihn: Ich hab ihn vor
m[o|i]r gesehen!” – aber nicht nach
seinem Bild erkannt. |
| 896.
Ich sage ploetzlich “Er ist ein
Esel”.
A: “Wen hast Du gemeint?”
Ich: “Den N”.
A: “Hast Du an ihn gedacht,
waehrend Du den Satz sagtest, oder erst, als
Du die Erklaerung gabst?”
– Ich koennte nun antworten, daß meine Worte das
Ende eines laengeren Gedankenzuges gewesen
seien.
Ich haette schon einige die ganze Zeit
an N gedacht.
Und koennte ich nun sagen: die Worte selbst
seien durch kein besonderes Erlebnis an ihn – 245
– geknuepft gewesen, wohl aber
der ganze Gedankengang?
Ich haette also mit jenen Worten wohl auch jemand
andern meinen koennen, und auf wen sie sich bezogen
lag in dem, was ihnen voraussging.
Muss ich aber, ums sagen zu koennen ich haette von ihm geredet, ihn gemeint, an ihn gedacht, – mich wirklich an ein Erlebnis erinnern koennen, das unbedingt mit ihm zusammenhaengt? Koennte es mir also nicht vielleicht immer so vorkommen, als waere waehrend meiner Worte nichts geschehen, das sich nur auf ihn deuten liesse // laesst // ? Ich denke mir also, ich sei mir immer bewusst, daß meine Vorstellungsbilder vieldeutig sind. Dabei aber – so nehme ich an – sage ich dennoch “Ich habe denn … gemeint”. Aber ist dies nicht eine wiedersprechende Annahme? Nein; so verhaelt es sich ja wirklich. Ich sage “Ich habe den … gemeint”: so setze ich fort. |
| 897.
Ich sprach zu meinem Nachbarn ueber ihren Doktor;
dabei schwebte mir ein Bild dieses Menschen vor – ich hatte ihn
aber nie gesehen, kannte nur seinen Namen, und machte mir vielleicht nach
diesem ein Bild von ihm.
Wie kann nun dieses Bild charakteristisch dafuer
sein, daß ich von ihm rede? –
Und doch kam es mir so vor, bis ich mich daran erinnerte, daß ich
garnicht weiss, wie dieser
Mann ausschaut.
Sein Bild repraesentiert ihn
fuer mich also um kein Haar besser, als
sein Name. |
| 898.
Wenn ich das Vorschweben der Bedeutung mit einem Traum
vergleiche, so ist also unser Reden fuer
gewoehnlich traumlos.
Der ‘Bedeutungsblinde’ waere also einer, der immer traumlos reden wuerde. |
| 899.
Und man kann wirklich fragen: Was gehen mich seine
Traeume an?
Warum muss mich interessieren, was er
traeumt und ob er traeumt,
waehrend er zu mir spricht, oder mich
hoert? –
Das heisst natuerlich nicht, daß
diese Traeume mich nie interessieren
koenne[.|n].
Aber warum sollen // sollten // sie
das Wichtigste im sprachlichen Verjehr sein?
– 246 – |
| 900.
Die Verwendung des Begriffs ‘Traum’ hier ist
nuetzlich; aber nur, wenn man sieht, daß sie noch
einen Fehler in sich birgt. |
| 901.
“Ich habe die ganze Zeit gedacht, Du redest
redetest von ....” –
Wie war das nur? –
– Doch nicht anders, als wenn er wirklich von diesem Menschen
geredet haette.
Daß ich spaeter darauf komme, ihn falsch
verstanden zu haben, aendert doch nichts an dem, was
beim Verstehen geschah. –
Ist also der Satz “Ich glaubte damals, Du meintest ....” der Bericht eines ‘Traumes’, so heisst das, daß ich immer ‘traeume’ wenn ich einen Satz verstehe. |
| 902.
Man sagt auch: “Ich habe angenommen, Du redest von
....” und das klingt schon weniger wie der Bericht eines
Erlebnisses. |
| 903.
“Ich dachte, Du redetest vom .... und habe mich gewundert,
daß Du von ihm sagst ....” –
Dieses Wundern ist wieder in einem aehnlichen
Fall: Auch hier wieder das Gefuehl, als
haette man mit dem Aussprechen dieses
Gedankens das rudimentaere Erlebniss
erst ergaenzt. |
| 904.
Nun, es ist aber doch wahr!
Denn manchmal, wenn ich sage “Ich
dachte …” kann ich berichten, daß ich mir damals
e[v|b]en diese Worte laut oder im Stillen gesagt hatte; oder
daß ich damals nicht diese, aber andere Worte gebraucht habe, wovon
die gegenwaertigen eine
sinngemaesse Wiedergabe
sind.
Das kommt doch manchmal vor!
Im Gegensatz dazu aber ist der Fall, in welchem mein
gegenwaertiger Ausdruck nicht die
Wiedergabe von etwas ist.
Denn ‘Wiedergabe’ ist er nur, wenn er es nach
Regeln der Abbildung ist. // nur, wenn es
Regeln der Abbildung gibt. // |
| 905.
Wer nicht im Stande
waere, zu sagen das W[i|o]rt
“sondern” koenne ein Zeitwort und
ein Bindewort sein, oder Saetze zu bilden in denen
es das eine oder das andere ist, der koennte
einfache Schuluebungen nicht
bewaeltigen.
Aber das wird von einem Schueler
nicht verlangt; das Wort ausserhalb einem
Zusammenhang so und so aufzufassen, oder zu berichten, wie er's
aufgefasst hat. – 247 – |
| 906.
Ich moechte sagen: das
Gespraech, die Anwendung und Ausdeutung der Worte
fliesst dahin, und nur im Fluss
hat das Wort seine Bedeutung.
“Er ist abgereist.”
– “Warum?”
Was meintest Du, als Du das Wort “Warum”
aussprachst?
Woran dachtest Du? |
| 907.
“Ich dachte, Du meintest den” –
Nun, das heisst nicht dasselbe, wie
“Ich denke, Du hast den gemeint”.
Lass Dich den Vergleich mit einem andern Gebrauch
der Vergangenheit nicht
|
| 908.
Wir spielen dieses Spiel: Es sind Bilder da und Worte
werden ausgesprochen und wir muessen auf das Bild
zeigen, das dem Wort entspricht.
Unter den Worten sind auch mehrdeutige.
Mir faellt bei dem Wort .... erst
eine Bedeutung ein und ich zeige auf ein Bild,
spaeter erst eine andere und ich zeige auf ein
anderes.
Wird der Bedeutungsblinde dies tun
koennen?
Freilich. –
Aber wie ist es damit?
Ein Wort wird genannt, mir faellt eine seiner
Bedeutungen ein.
Ich sage sie nicht, suche aber nach dem Bild.
Ehe ich es gefunden habe, faellt mir noch eine
Bedeutung des Worts ein; ich sage: “Mir ist
gerade eine zweite Bedeutung eingefallen.”
Und dann erklaere ich: “Erst
ist mir diese Bedeutung eingefallen, nachher
die.”
Kann das der Bedeutungsblinde? –
Kann er nicht sagen, er wisse die Bedeutung des Worts, sage sie aber
nicht?
Oder kann er nicht sagen, sie sei ihm jetzt
eingefallen er sage sie aber nicht? –
Mir kommt vor, beides koenne er sagen.
Dann aber doch auch: “Als Du das Wort sagtest,
fiel mir diese Bedeutung ein.”
Und warum nun nicht[ß|:] “Als ich das
Wort sagte meinte ich's zuerst in dieser
Bedeutung”? |
| 909.
Es ist, als haette das Wort, das ich verstehe, ein
bestimmtes leichtes Aroma, das dem Verstaendnis
entspricht.
Als unterschieden sich zwei mir wohlbekannte Woerter
nicht bloss durch ihren klang,
oder ihr Ansehen, sondern, auch wenn ich mir nichts bei ihnen
vorstelle, noch durch eine
Atmosphaere. –
Aber erinnere Dich daran, wie die Namen beruehmter
Dichter und Komponisten eine eigene Bedeutung in sich aufgesogen zu haben
scheinen.
So daß man also sagen kann: – 248
– die Namen
“Beethoven”
und “Mozart” klingen nicht nur verschieden, sondern es
begleitet sie auch ein anderer Charakter.
Wenn Du aber nun diesen Charakter naeher
beschreiben solltest, – wuerdest Du
ihre Bilder zeigen, oder ihre Musik?
Und nun wieder der Bedeutungsblinde: Er wuerde nicht empfinden, daß die Namen sich beim Hoeren oder Ansehen durch ein unwaegbares Etwas unterscheiden. Und was haette er nun dadurch verloren? – Und doch, wenn er einen Namen hoert, kann ihm erst ein Traeger und spaeter ein anderer einfallen. – |
| 910.
Ich sagte, die Worte “Jetzt kann
ich's!” druecken kein
Erlebniss aus.
Nun, so wenig, wie die: “Jetzt werde ich den Arm
heben”. –
– Warum aber druecken sie kein Erlebnis, kein
Gefuehl, aus? –
Wie werden sie denn gebraucht?
Beide, z.B., als Einleitung zu einer
Handlung.
Die Tatsache, daß eine Aussage auf einen Zeitpunkt Bezug nimmt, in
welchem aber nichts in der Aussenwelt geschieht, was
sie meint, wovon sie spricht, zeigt uns nicht, daß sie von einem Erlebnis
sprach. |
| 911.
Denk an das ‘Aufzeigen’ der
Schueler, wenn sie eine Antwort wissen.
Muss einer sich die Antwort im Stillen vorgesagt
haben, um mit Sinn aufzeigen zu koennen?
Und was muss in ihm dazu vorgegangen
sein? –
Nichts.
Aber es ist wichtig, daß er fuer
gewoehnlich eine Antwort
gabe, wenn er aufgezeigt hat; und
das ist das Kriterium dafuer, daß er das Aufzeigen
versteht. |
| 912.
“Die Worte ‘die Rose ist rot’ sind sinnlos,
wenn das Wort ‘ist’ die Bedeutung vom ‘ist
gleich’ hat.”
Wir haben die Idee, daß der [w|W]er versuchte, die
Worte “die Rose ist rot” mit diesen Bedeutungen der
Worte auszurpechen beim Denken
steckenb[e|l]eiben
muesste.
(Wie auch, daß man einen Widerspruch nicht denken kann, weil der
Gedanke einem sozusagen zerbricht.)
Man moechte sagen: “Du kannst diese Worte nicht so meinen und noch einen Sinn mit dem Ganzen ◇◇◇ verbinden.” |
| 913.
Koennte man sagen, die Bedeutungsblindheit
wuerde sich darin
aeussern, daß man diesem Menschen
nicht mit Erfolg sagen kann: “Du
musst das Wort als ....
hoeren, dann wirst Du den Satz richtig
sprechen”.
Das ist die Anweisung die man einen beim Spielen
eines Musiksstuecks gibt.
“Spiel das als ob es die Antwort
waere”– und man macht etwa eine
Gebaerde dazu. – 249
–
Aber wie uebersetzt Einer nun diese
Gebaerde in das Spiel?
Wenn er mich versteht, spielt er es nun meinem Wunsch
gemaesser.
Aber koenntest Du so eine Anweisung nicht auch mit Hilfe von “staerker”, “schwaecher”, “schneller”, “langsamer”,, geben? Nein; ich koennte es nicht. [O|D]enn wenn er nun auch diesen Ton staerker, jenen leiser [p|s]pielt, so weiss ich's nicht einmal. So kann ich ihm auch sagen “Mach ein verschmitztes Gesicht” und wuesste, wenn er eins gemacht hat, ohne die geometrischen Veraenderungen des Gesichts vorher, oder nachher, beschreiben zu koennen. |
| 914.
Wenn man fragt “XIst das Erleben einer Bedeutung
analog dem Erleben eines Vorstellungsbildes”, so meint
man: ist der Unterschied nicht einfach der eines andern
Inhalts?
Nun, welcher ist der Inhalt des Vorstellungserlebnisses?
“Es ist dieser” – aber dabei
muss ich auf ein Bild, oder eine Beschreibung
zeigen. –
“Man erlebt hier und dort”
(moechte man sagen).
“Nur etwas Anderes.
Ein anderer Inhalt wird dem Bewusstsein dargeboten
– steht vor ihm.”
Und das ist natuerlich ein sehr
irrefuehrendes Bild.
Denn es ist die Illustration zu einer Redewendung und sie
erklaert nichts.
Ebenso koennte man, in dem um den
chemischen Symbolismus einer Strukturformel zu
erklaeren, Bilder entwerfen in denen die Elemente
als Menschen dargestellt waeren, die sich die
Haende reichen.
(Illustrationen der Alchemisten). |
| 915.
Wenn jemand sagt, er habe das Vorstellungsbild von einer
goldglaenzenden Kugel gehabt, so werden wir das
[b|v]erstehen, aber nicht, wenn er sagt, diese Kugel
sei innen hohl gewesen. Im Traum aber
koennte man eine Kugel sehen und
[b|w]issen, sie sei hohl. //
aber nicht, wenn er sagt er habe eine
goldglaenzende, hohle Kugel vor sich
gesehen. // |
| 916.
Die Weisung “Wie aus weiter Ferne” bei
Schumann.
Muss Jeder eine solche Weisung
verstehen?
Jeder, z.B., der die Weisung
“Nicht zu geschwind”
verstuende?
Ist nicht die Faehigkeit, die dem
Bedeutungsblinden abgehen soll, von dieser Art? |
| 917.
Kann man das Verstehen einer Bedeutung festhalten, so wie
ein Vorstellungsbild?
Wenn mir also ploetzlich eine Bedeutung des Worts
einfaellt, – kann sie mir auch vor der Seele
stehen bleiben? – 250 – |
| 918.
“Der ganze Plan stand mir mit einem Schlage von der Seele und
blieb so eine Minute lang stehen.”
Da moechte man meinen, daß, was stehen
blieb, nicht dasselbe sein
koennen, wie das, was aufblitzte.
(Wie man einen Diphthong nicht dehnen kann.) |
| 919.
Geschah naemlich dies, daß ich sagte
“Jetzt hab ich's!” (also das
Aufzucken), so kann man freilich nicht davon reden,
daß das stehen bleibt. |
| 920.
“Ja, ich weiss das Wort.
Es liegt mir auf der Zunge. –”
Hier draengt sich einem die Idee von dem Spalt
(ga[b|p]) auf, von dem
James spricht, in welchem nur dieses
Wort hineinpasst usw. –
Man erlebt irgendwie irgendwie schon das Wort, obwohl es
noch nicht da iast. –
– Man erlebt ein wachsendes Wort. –
Und ich koennte natuerlich auch
sagen, ich erlebte eine wachsende Bedeutung, oder wachsende
Erklaerung der Bedeutung. –
Seltsam ist es nur, daß wir nicht sagen wollen, es sei etwas da
gewesen, was dann zu dieser Erklaerung
herangewachsen ist.
Denn wenn Du ‘aufzeigst’, sagst Du, Du wissest es
schon. –
Wohl, aber Du koenntest auch sagen
“Jetzt kann ich's sagen” und ob sich das
Koennen zu einem Sagen
auswaechst, das weisst Du
nicht.
Und wie, wenn man nun sagte: “Das Sagen ist dann
die Frucht dieses Koennens, wenn es
aus diesem Koennen gewachsen ist.”
|
| 921.
Als ich es sagen wollte, sagen konnte, hab
ich es ja nicht gesagt. |
| 922.
Natuerlich ist auch an der
Erklaerung, die Bedeutung oder ihre
Erklaerung sei aus einem gewissen Keim gewachsen,
etwas nicht in Ordnung.
Tatsaechlich nehmen wir auch so ein Wachsen nicht
wahr; oder doch nur in ganz seltenen
Faellen.
Und diese Erklaerung entspringt eben aus der
Tendenz, zu erklaeren, statt
bloss zu beschreiben. |
| 923.
Das bl[s|o]sse Beschreiben ist so schwer,
weil man glaubt, zum Verstaendnis // Verstehen // der Tatsachen diese
[E|e]rgaenzen zu
muessen.
Es ist, als saehe man eine Leinwand mit
verstreuten Farbflecken, und sagte: so wie sie da sind, sind sie
unverstaendlich; sinnvoll werden sie erst, wenn
man sie sich zu einer Gestalt ergaenzt. –
– – Waehrend ich sagen will: Hier
ist das Gan[s|z]e.
(Wenn Du es ergaenzt,
verfaelschst Du es.) – 251 – |
| 924.
Freilich ist mir die Bedeutung damals
eingefallen!
Nicht zu der Zeit, da ich es berichte, noch in der
Zwischenzeit.
Das ist es eben, was man so nennt: das ist eben der Gebrauch der Worte “Mir ist die Bedeutung eingefallen”. (“in this so called twentieth century”). |
| 925.
“
|
| 926.
Koennte man sich einen Sinneswahrnehmung
denken, durch welche wir die Form eines soliden
Koerpers erfassten, die
ganze Form, nicht nur das, was sich von einem
Standpunkt aus sehen liesse?
So ein Mensch wuerde z.B.
im Stande sein, einen Koerper
in Ton zu modelieren, ohne um ihn herumzugehen, oder zu
greifen. |
| 927.
Ist es die Vielfaeltigkeit der
moeglichen Erklaerungen einer
Bedeutung, die am Grunde davon ist, daß man eine Bedeutung nicht
‘im gleichen Sinne’ erlebt, wie ein
Gesichtsb[u|i]ld? |
| 928.
Was macht meine Vorstellung von ihm zu einer Vorstellung von
ihm? –
Was macht sein Portrait zu seinem
Portrait?
Die Intention des Malers?
Und heisst das: sein Seelenzustand? –
Und was macht eine Photographie zu seinem
Bildnis?
Die Absicht des Photographen?
Und angenommen ein Maler haette die Absicht
den N nach dem Gedaechtnis zu
zeichnen, aber geleitet von Kraeften im
Unbewussten, zeichnet er ein
ausgezeichnetes Bildnis des M, – wuerden wir
es nun ein schlechtes Bildnis des N nennen?
Und denk Dir Leute, die zum Zeichnen von Bildnissen abgerichtet
waeren, und ‘mechanisch’
– – den vor ihnen
sitzenden Menschen abzeichnen.
(Menschliche Lesemaschinen).
Und nun, was macht meine Vorstellung von ihm zu meiner Vorstellung von ihm? – Nichts von dem, was fuer das Portrait gilt, gilt von der Vorstellung. Die Frage macht einen Fehler. |
| 929.
Wem die Bedeutung einfiel, und wer sie nicht wieder
vergaß, kann nun das Wort in dieser Weise anwenden.
Wem die Bedeutung einfiel, der weiss sie nun, und der Einfall war einfach der Anfang des Wissens. Hier ist keine Analogie mit dem Erleben eines Vorstellungsbildes |
| 930.
Wie ist aber, wenn ich zu mir selbst sage, ich
moech[e|t]e dies (wobei ich
etwa auf eine bestimmte Figur schaue) so und so
(‘x’) nennen?
Ich kann mir die hinweisende Difinition
“Das heisst
‘x’” auch laut vorsagen.
Aber ich muss sie doch auch selber
verstehen!
Ich muss also wissen, wie, welcher
Technik gemaess, ich das
|
| 931.
Wie aber, wenn die Religion lehrt, die Seele
koenne bestehen, wenn der Leib zerfallen
ist?
Verstehe ich, was sie lehrt?
Freilich versteh ich's – – ich kann mir dabei manches
vorstellen.
(Man hat ja auch Bilder von diesen Dingen gemalt.
Und warum sollte so ein Bild nur die unvollkommene Wiedergabe des
ausgesprochenen Gedankens sein?
Warum soll es nicht den gleichen Dienst tun, wie
das, was wir sagen // wie unsere
Saetze // ?)
Und auf de[m|n] Dienst kommt es an. |
| 932.
Aber bist Du kein Pragmatiker?
Nein.
Denn ich sage nicht, der Satz sei wahr, der
nuetzlich ist.
Der Nutzen, d.h. Gebrauch, gibt dem Satz seinen besondern Sinn, das Sprachspiel gibt ihm ihn. Und insofern, als eine Regel oft so gegeben wird, daß sie sich muetzlich erweist, und mathematische Saetze ihrem Wesen nach mit Regeln verwandt sind, spiegelt sich in mathematischen Wahrheiten Nuetzlichkeit. – 253 – |
| 933.
Der seelenvolle Gesichtsausdruck.
Man muss sich daran erinnern, // eigens daran erinnern, // daß man ein
Gesicht mit seele[l|n]vollem Ausdruck malen kann
um zu glauben, daß es bloss Farben und Formen
sind, die so wirken. // , daß es wirklich Farben und
Formen sind, die diesen Eindruck
machen. // /
Es ist nicht zu glauben, daß es die bloßsen Augen
– Augapfel, Lider, Wimpern, etc. – eines
Menschen sind, in deren Anblick man sich verlieren kann, in die man mit
Staunen und Entzuecken sehen kann.
Und doch wirken eben die Augen eines Menschen so.
“Woraus Du sehen kannst .....” |
| 934.
Glaube ich an eine Seele im
[a|A]ndern, wenn ich mit Staunen und
Entzuecken in seine Augen schaue? |
| 935.
Der Satz “wenn p, so q”, wie
z.B. “wenn er kommt, wird er mir etwas
mitbringen”, ist nicht der gleiche wie “p ⊂
q”.
Denn der Satz “Wenn … , so … ”
laesst den Konjuntiv
zu, der Satz “p ⊂ q” nicht. –
Wer Einem auf den Satz “Wenn er kommt,
....” antwortet “Das ist nicht wahr”,
der will nicht sagen: “Er kommt, und wird nichts mitbringen”, sondern: “Er mag
kommen und nichts mitbringen”.
Aus “p ⊂ q” folgt nicht “Wenn p, so klein q”; denn ich kann sehr wohl den ersten Satz behaupten (ich weiss z.B., daß p & q der Fall ist[(| )] und den zweiten Satz leugnen. |
| 936.
Soll ich nun sagen, der Satz “Wenn … , so
… ” sei entweder wahr, oder falsch, oder
unentschieden?
(Das Gesetz vom ausgeschlossenen Dritten gelte also
nicht?) |
| 937.
Man gibt auch auf die Aussage “Wenn er kommt, wird er
etwas mitbringen” die Antwort “Nicht
unbedingt.” –
Auch: “Das folgt nicht.” –
Man kann auch sagen: “Dieser Zusammenhang besteht
nicht.” – –
Russell sagte, wenn man
behauptet “Wenn … , so … ”, so meine
man fuer gewoehnlich nicht die
materielle sondern die formale Implikation; aber auch das ist nicht
richtig.
“Wenn … , [w|s]o … ”
laesst sich nicht in
Ausdruecken der
Russellschen Logik
wiedergeben. |
| 938.
Man kann sehr wohl sagen, der Satz “Wenn … , so
… ” sei entweder wahr, oder er sei falsch, oder
unentschieden. –
Aber bei welcher Gelegenheit wird man das sagen?
Ich denke: als Einleitung zu einer weiteren
Auseinandersetzung. – 254
–
Man bespricht die Sache unter diesen drei Gesichtspunkten (headings).
Ich teile das Feld der Moeglichkeiten in drei
Teile.
Man wird nun vielleicht sagen: ein Satz teile es in zwei Teile. Aber warum? Es sei denn, das gehoere zur Definition eines Satzes. Warum soll ich nicht auch etwas einen Satz nenen, was eine Dreiteilung macht? |
| 939.
Nimm nun eine Zweiteilung: Ich sage:
“Entweder er kommt, oder er kommt nicht. –
Im ersten Falle .... Im
[Z|z]weiten....” // ‒ ‒ ‒
Kommt er, so .... Kommt er nicht, so
....” //
Kann ich nun diese Betrachtungsart nicht auf
den Satz “Wenn .... und .... sich treffen, wird es
zu einer Explosion kommen” nicht anwenden?
Hat Einer z.B. diese Behauptung gemacht, –
kann ich nicht erwiedern: “Entweder Du
hast darin recht, oder nicht: Ist es, wie Du sagst, dann
.... ist es nicht so, dann ....”? |
| 940.
Das Gesetz vom ausgeschlossenen D[ir|ri]tten sagt nicht, wie
seine Form vorspiegelt: Es gibt nur die beiden
Moeglichkeiten Ja und Nein, und keine
Dritte.
Sondern: “Ja” und
“Nein” teilen das Feld der
Moeglichkeiten in zwei Teile. –
Und das muss natuerlich nicht
so sein.
(“Hast Du aufgehoert, Deine Frau zu
schlagen?”) |
| 941.
‘Der Wunsch ist ein Verhalten des Geistes, der Seele, zu einem
Gegenstand.’
‘Der Wunsch ist ein Seelenzustand, der sich auf einen
Gegenstand bezieht.’
Um sich das begreiflicher zu machen, denkt man etwa an die
Sehnsucht und daran, daß der Gegenstand unserer Sehnsucht vor unsern
Augen ist und wir ihn sehnend betrachten.
Steht er nicht vor uns, so vertritt ihn etwa sein Bild, und ist kein
Bild da, dann eine Vorstellung.
Und der Wunsch ist also ein Verhalten der Seele zu einer
Vorstellung.
Aber man denkt eigentlich immer an ein Verhalten des
Koerpers zu einem Gegensta[dn|nd].
Das Verhalten der Seele zur Vorstellung ist ganz das, was man
auf einem Bild zur Darstellung bringen
koennte: Die Seele des Menschen, wie sie
sich mit verlangender Gebaerde zu dem Bild (dem
wirklichen Bild) eines Gegenstands hinneigt. |
| 942.
Und man koennte auf diese Weise freilich auch
darstellen, wie ein Mensch in seiner Mime dem Wunsch keinerlei
Ausdruck gibt, und doch seine Seele nach ihm verlangt.
– 255 – |
| 943.
“Der Satz ‘Wenn er nur
kaeme!’ kann mit unserer Sehnsucht
geladen sein.”
– Womit war er da geladen?
Es ist, als ob ihm ein Gewicht von unserm Geiste aufgeladen
wuerde.
Ja, alles das moechte ich sagen.
Und ist es denn gleichgueltig, daß ich das sagen
will? |
| 944.
Ist es denn gleichgueltig, daß ich das sagen
will?
Ist es nicht wichtig?
Ist es nicht wichtig, daß mir die Hoffnung in der Brust
lebt?
Ist das nicht ein Bild irgendeines wichtigen menschlichen
Verhaltens?
Warum glaubt ein Mensch, ein Gedanke komme ihm in den Kopf? –
Oder richtiger: Er glaubt es nicht; er erlebt
es.
Denn er grei[g|f]t sich etwa dabei an den Kopf,
schliesst die Augen, um im Kopf mit sich allein zu
sein.
Lehnt den Kopf zurueck und macht eine Handbewegung
zum Zeichen, daß nichts den Vorgang im Kopfe stoeren
soll. –
Nun, sind das nicht wichtige Arten des Verhaltens? |
| 945.
Und wenn sich uns das Bild vom Gedanken im Kopf
aufdraengen kann, warum dann nicht
noch viel mehr // warum dann nicht viel mehr
noch // das, vom Gedanken in der
Seele. // , wie dann nicht noch viel mehr das,
… //
|
| 946.
Welches bessere Bild des Glaubens koennte es geben,
als der Mensch, der mit dem Ausdruck des Glaubens sagt “ich
glaube ....”? |
| 947.
Der Mensch ist das beste Bild der menschlichen Seele. |
| 948.
Es ist natuerlich wichtig, daß man das Verlangen
nach einem Apfel leicht bildlich darstellen kann, ohne dem
Verlangenden Worte in den Mund zu legen, – daß sich aber die
Ueberzeugung, daß etwas so und so sei, nicht so
darstellen laesst.
Wichtig, weil es den Unterschied, den Wesensunterschied, zwischen den psychologischen // seelischen // Erscheinungen zeigt, und die Art und Weise, wie er zu beschreiben ist. |
| 949.
Warum sagte ich “Wesensunterschied”?
Ist es ein Unterschied, wie zwischen Kohlenstoff, Gravitation,
Lichtgeschwindigkeit und ultravioletten Strahlen?
Welches alles
‘﹖[g|G]egenstaende’﹖
sind, von denen die Naturwissenschaft handelt. – – 256 – |
| 950.
Denke, wir reden vom Erscheinungen beim Sprechen
der Menschen.
Es koennte uns interessieren: die
Geschwindigkeit des Sprechens, der Wechsel der Intonation, die
Gebaerden, die Laenge oder
Kuerze der Saetze,
etc. etc. –
Wenn man nun von einem Menschen sagt, er habe ein Seelenleben: er
denke, wuensche, fuerchte,
glaube, zweifle, habe Vorstellungen, sei traurig, lustig
etc., – ist das analog dem: er
isst, trinkt, spricht schreibt,
laeuft, – oder analog dem: er bewegt sich
bald schnell, bald langsam, bald auf ein Ziel zu, bald ohne Ziel, bald
st[a|e]tig, bald ruckweise? |
| 951.
Denk an das, was man den Charakter einer Linie nennen kann, und daran,
was alles eine Beschreibung ihres Charakters genannt werden
muss // heissen
muss // .
Was kann man alles fragen, wenn man sich fuer den
Charakter einer Linie interessiert? |
| 952.
Denk Dir, wir beobachteten die Bewegung eines Punktes, etwa eines
schwarzen Punktes auf einer weissen
Papierflaeche.
Alle moeglichen Schluesse
koennten aus dem Charakter dieser Bewegung
gezogen werden // Bewegung folgen // .
Aber was koennten wir alles
beobachten? –
Ob der Punkt sich gleichfoermig, oder
ungleichfoermig bewegt; ob sich s[l|e]ine
Geschwindigkeit periodisch aendert; ob sie sich
stetig oder sprungweise aendert; ob der Punkt
eine geschlossene Linie beschreibt; wie nahe sie einem Kreis kommt; ob
der Punkt eine Wellenlinie beschreibt und welches ihre Amplitude und
Wellenlaenge ist; und
unzaehliges andere.
Und jedes dieser Fakten koennte uns das
allein interessierende sein.
Es koennte uns z.B. alles an
dieser Bewegung gleichgueltig sein,
ausser die Zahl der Ecken der Bahn in einer
bestimmten Zeit.
Und das heisst, wenn uns nun nicht nur
eine Eigenschaft dieser Bewegung interessiert, sondern
viele, eine jede von ihnen uns einen besondern, von allen andern
gaenzlich verschiedenen Aufschluss
geben kann.
Und so ist es mit dem Benehmen der Menschen, mit den verschiedenen
Charakteristiken dieses Benehmens, die wir beobachten. |
| 953.
So handelt die Psychologie (etwa) vom Benehmen, nicht
von den Seelenzustaenden des Menschen?
Wer einen p[y|s]ychologischen Versuch
,acht, – was wird der berichten? –
Was das Subjekt sagt, was es tut, was ihm in der Vergangenheit
– 257 – geschehen ist und
wie es darauf reagiert hat. –
Und nicht: was das Subjekt denkt, was es sieht,
fuehlt, glaubt, empfindet?
– – Wer ein Gemaelde beschreibt, beschreibt der
die Anordnung der Pinselstriche auf der Leinwand – und
nicht, was der Betrachter sieht?
Aber wie ist es nun damit: Der Beobachter im Experiment wird manchmal sagen: “Das Subjekt sagte “Ich empfinde ....”, und ich hatte den Eindruck, dies sei wahr.” – Oder man sagt: “Das Subjekt schien muede” // schien ermuedet zu sein” // Ist das nun eine Aussage ueber sein Benehmen? Man moechte vielleicht sagen: Freilich, was soll es denn sein? – – Man kann auch berichten: “Das Subjekt sagte ‘ich bin muede’” – aber fuer die Auswertung dieser Worte wird es sich darum [a|h]andeln, ob sie glaubwuerdig sind, ob sie einem [A|a]ndern nachgesprochen, wurden, ob sie eine Uebersetzung aus dem Franzoe⌊s⌋ischen waren, etc. Denke nun daran: Ich erzaehle “Er machte einen verstimmten Eindruck”. Man fragt mich: “Was war es, daß Dir diesen Eindruck gemacht hat?”[,| .] Ich sage “Ich weiss es nicht.” – Kann man nun sagen, ich habe sein Benehmen beschrieben?? Kann man denn nicht sagen, ich haette sein Gesicht beschrieben, wenn ich sage “[e|E]r machte ein trauriges Gesicht”? Auch wenn ich nicht angeben kann welche raeumlichen Veraenderungen im Gesicht diesen Eindruck machten? Man wird vielleicht erwidern: “Haettest Du genauer zugesehen, so koenntest Du die charakteristischen Farben – und Ortsveraenderungen beschreiben.” Aber wer sagt das, daß ich, oder irgend Einer es koennte? |
| 954.
Noch einmal: Wenn ich berichte “Er war
verstimmt”, berichte ich Benehmen, oder einen
Seelenzustand?
(Wenn ich sage “Der Himmel sieht drohend
aus”, rede ich von der Gegenwart, oder der
Zukunft?)
Beides; aber bicht nebeneinander; sondern in einem
Sinne eines, in ˇeinem andern das andere.
Was aber heisst das?
(Ist das nicht [m|M]ythologie?
Nein.) |
| 955.
Es ist hier ganz wie mit dem Reden ueber
ph[sy|ys]ikalische Gegenstaende und
Sinneseindruecke.
Wir haben hier zwei Sprachspiele, und ihre Beziehungen
zueinander sind kompliziert.
Will man diese Beziehungen in einfacher Weise beschreiben, so
– 258 – geht man
fehl. |
| 956.
Denke, ich beschreibe ein psychologisches Experiment: den
Apparat, die Fragen des Experimentators, die Antworten und Handlungen des
Subjekts.
Und [n|d]ann sage ich: das alles sei eine Szene in dem
und dem Theaterstueck.
Nun hat sich alles geaendert.
Man wird also sagen: Wenn in einem Buch
ueber Psychologie dieses Experiment in gleicher Weise
beschrieben waere, so
wuerde eben die Beschreibung des Benehmens des
Subjekts als Ausdruck des Seelenzustandes verstanden, weil man
voraussetzt, das Subjekt rede die Wahrheit, halte uns nicht
zum Besten, habe die Antworten nicht auswendig gelernt. –
Wir machen also eine Voraussetzung? |
| 957.
Die Krankenschwester sagt dem Arzt “Er
stoehnt” – einmal will sie sagen
“Er hat starke Schmerzen”; einmal “Er
stoehnt – obwohl ihm nichts
fehlt”; einmal “Er stoehnt; ob
er aber Schmerzen hat, oder bloss diesen Laut
von sich gibt, weiss ich nicht.”
Wir machen eine Voraussetzung? – Wir benuetzen die Aussage jedes mal anders. |
| 958.
“Freilich berichtet der Psychologe die Worte, das Benehmen
des Subjekts, aber doch nur als Zeichen seelischer
Vorgaenge.”
– Das ist richtig.
Wenn die Worte und das Benehmen, z.B.
eingelernt sind, so interessieren sie den Psychologen nicht.
Und doch ist der Ausdruck “als Zeichen seelischer
Vorgaenge” irrefuehrend,
weil wir gewoehnt sind, von der Gesichtsfarbe
als Zeichen des Fiebers zu reden.
Und jede schlechte Analogie wird nun mit einer weiteren schlechten
erklaert, sodaß wir den
Unstimmigkeiten nur endlich dur[f|c]h die
Ermuedung erloest werden. // so daß wir diese Unstimmigkeiten nur endlich aus
Ermuedigung auf sich beruhen
lassen. // |
| 959.
Denk dir, man sagte: jedes uns wohlbekannte Wort habe schon einen
Dunstkreis, einen ‘Hof’ schwach angedeuteter
Verwendungen um sich.
So, als haette man auf einem
Gemaelde die Hauptfiguren umgeben mit zarten,
nebelhaften Bildern von Vorgaengen, an denen
diese Figuren einen Anteil haben. –
Nun, machen wir nur Ernst mit dieser A[b|n]nahme! –
Da zeigt es sich, daß sie die Intention nicht zu
erklaeren vermag. – 259
–
Wenn es naemlich so ist, daß die Moeglichkeiten der Verwendung eines Ausdrucks uns beim Hoeren oder Sprechen in Halbtoenen vorschweben, – wenn es so ist, so gilt das also fuer uns. Aber wir verstaendigen uns mit Andern, ohne sie je gefragt zu haben, ob auch sie diese Erlebnisse haben. |
| 960.
Und wie ist es nun mit dem fortwaehrenden Werden
und Vergehen im Bereich unseres
Bewusstseins?
Nun, wie ist es: ist das eine Erfahrung, oder kann man
sich's anders garnicht
vorstellen?
Hier ist eine Unklarheit. |
| 961.
Ich kenne mich in einem Zimmer aus: d.h., ich
kann, ohne mich einen Augenblick nachsinnen zu
muessen, die Tuer finden, sie
oeffnen und schliessen, jedes
Moebelstueck gebrauchen,
ich muss den Tisch, die Buecher,
die Laden nicht suchen und nicht nachdenken, was man mit ihnen machen
kann.
Dßs ich mich auskenne wird sich in der Freiheit
zeigen mit welcher ich mich im Zimmer bewege.
Es wird sich auch in einer Abwesenheit des Staunens und
Zweifelns aeussern.
Was soll ich nun auf die Frage antworten: ob dies
mich-in-diesem-Zimmer-auskennen-
ein Zustand meiner Seele sei? |
| 962.
Ich bin im Stande, auf die Frage
“Wozu dient ein Thermometer”
sogleich und ohne jede Schwierigkeit mit einer langen Reihe
von Saetzen zu antworten.
Und ebenso kann ich der Aufforderung folgen:
“Erklaere d⌊i⌋e Anwendung des
Wortes ‘Buch’”. |
| 963.
Man kann das sich-auskennen
ein Erlebnis nennen, und auch wieder nicht. |
| 964.
Die Verwendung gewisser Woerter dem Satzrhythmus
zuliebe.
Dieser koennte uns vi[le|el]
wichtiger sein, als er uns tatsaechlich ist.
|
| 965.
“Was fuer eine Art von Erlebnis
ist....?”
Man wird nicht fragen “Wie ist es, wenn
D[U|u]'s hast?” – denn darauf
koennte der Eine so, der Andere so antworten.
Man wird sie nicht nach einer Beschreibung des Erlebnisses fragen
sondern zusehen, wie die Menschen das Wort handhaben, das das
Erlebnis bezeichnet. // sondern zusehen, wie und bei
welchen Gelegenheiten die Menschen das Erlebnis
erwaehnen, von ihm reden, ohne es
beschreiben zu wollen. // – 260 – |
| 966.
Ich sage das Wort “Baum”, dann sag ich ein
Unsinnwort.
Sie fuehlen sich verschieden an.
In wie fern? –
Mir werden zwei
Gegenstae[e|n]de gezeigt:
der eine ist ein Buch, der andere ein mir unbekanntes Ding von
sonderbarer Form.
Ich sage: sie schauen nicht bloss
verschieden aus, sondern ich habe auch ein anderes
Gefuehl bei ihnen ihrem
Anblick.
Das eine Ding ‘verstehe’ ich, das andere verstehe
ich nicht.
“Ja, aber es ist nicht nur der Unterschied zwischen
Wohlbekanntheit und Fremdheit.”
Nun, ist nicht auch ein Unterschied zwischen Arten der Wohlbekanntheit
und Fremdheit?
Ein fremder Mensch tritt in mein Zimmer, aber es ist ein
Mensch, das sehe ich sofort.
Etwas Vermumtes tritt in mein Zimmer, ich
weiss nicht, ist es Mensch oder Tier.
Ich sehe einen mir unbekannten Gegenstand auf meinem Tisch, einen
gewoehnlichen Feldstein, aber ich habe ihn nie auf
meinem Tisch gesehen.
Ich sehe einen Stein am Weg; ich bin nicht erstaunt, obgleich ich mich
nicht erinnere, gerade ihn schon gesehen zu haben.
Ich sehe ein seltsam geformtes Objekt von mir unbekanntem Zweck auf
meinem Tisch und bin nicht
ueberrascht: es ist schon immer dort gelegen,
ich habe nie gewusst was es ist und mich
nie dafuer interessiert, es ist mir
wohlvertraut. |
| 967.
“Nun, hast Du das Wort ‘Baum’ nicht verstanden,
wie Du's gehoert hast? –
– Dann ist eben etwas in Dir vorgegangen!”
– Und zwar was? –
Daß ich's verstand. –
Die Frage ist nur: Soll ich vom Verstehen sagen, es sei in
mir vorgegangen?
Dagegen wehrt sich etwas; und das kann nur bedeuten, daß wir durch
diesen Ausdruck das Verstehen mit andern Erscheinungen
zusammenstellen und einen Unterschied verwischen, den wir betonen
wollen.
Aber welchen Unterschied? –
In welchen Faellen weigern wir uns
de[m|n]n nicht, zu sagen: es sei etwas
beim Hoeren des Worts in uns vorgegangen?
|
| 968.
Was muessten wir denn Einem
sagen, der uns mitteilte, bei ihm sei auch
auch sei das Verstehen ein innerer
Vorgang? – –
Was wuerden wir ihm erwidern, wenn er sagte bei
ihm sei Schachspielen-koennen ein
innerer Vorgang? –
Etwa, daß nichts, was in ihm vorgeht, und
interessiert, wenn wir wissen wollen ob er Schach spielen kann.
Und wenn er nun darauf antwortet, es interessiere uns eben doch, was in
ihm vorgehe, naemlich: ob er Schach
spielen koenne – so koennten
– 26o1 – wir
ihm nun widersprechen, indem wir ihn an die
Kriterien erinnerten, // indem wir ihm
jetzt die Kri Kriterien
zeigen, // die uns seine Faehigkeit
beweisen wuerden // die uns
fuer seine Faehigkeit
massgebend
waeren. // |
| 969.
Um Dich in einer [u|U]mgebung auszukennen,
musst Du nicht nur den richtigen Weg von einer
Ortschaft zur andern kennen, sondern auch wissen, wohin Du gerietest,
wenn Du diese falsche Wendung naehmst.
Dies zeigt, wie aehnlich unsere Betrachtungen
Wanderungen in einer Landschaft sind zum Zweck des Anlegens einer
Karte.
Und es ist nicht unmoeglich, daß eine solche
fuer die Gebiete, die wir begehen, einmal
angelegt werden wird. |
| 970.
Angenommen, Du hast eine besondere Erfahrung beim Verstehen, wie kannst
Du wissen, daß es die ist, die wir “verstehen”
nennen? –
Nun, wie weisst denn Du, daß die Erfahrung, die Du
hast, die ist, die wir “Schmerz” nennen? –
Das ist etwas anderes – – ich weiss es, weil mein
spontanes Benehmen in gewissen Situationen das ist, was man den
A[y|u]sdruck des Schmerzes nennt. |
| 971.
Wenn man das Wort “Schmerz” gebrauchen lernt, so
geschieht es nicht dadurch, daß man erraet
fuer welchen der inneren
Vorgaenge, beim Hinfallen z.B.,
dies Wort gebraucht wird.
Es koennte ja dann auch das Problem entstehen: welcher meiner Empfindungen wegen ich schreie, wenn ich mich verletze. Und dabei denke ich mir, daß man nach innen zeigt und sich fragt: “Ist es nun diese Empfindung, oder diese?” |
| 972.
“Gleichgueltig, ob ich der Empfindung den
richtigen Namen beigelegt habe, – ich habe ihr
eben einen Namen beigelegt!”
– Aber wie legt man denn etwas, z.B. einer
Empfindung, einen Namen bei?
Kann man in sich einer Empfindung einen Namen
beilegen?
Was geschieht da; und was ist das Resultat dieser Handlung?
((Vergl. Bemerkung ueber
das Anhaengen einer Namenstafel.))
Wenn man im Geiste eine Tuer
zuschliesst, ist sie dann zugeschlossen?
Und welche Konsequenz hat es?
Kann dann, im Geiste, niemand – 262
– herein? |
| 973.
“Wie weisst denn Du, daß die Erfahrung, die
Du hast, dasjenige ist, was wir ‘Schmerz’
nennen?”
– Die Erfahrung, die ich habe?
Welche?
Wie spezifiere ich sie: fuer
mich, und (fuer) einen
Andern. |
| 974.
Denke, wir koennten lernen, was man eine
Empfindung, etwa einen ‘Schmerz’, nennt, und dann
lehrte man uns, diese Empfindung
auszdruecken.
Was fuer eine Verbindung
muesste diese
Taetigkeit mit der Empfindung haben, um ihr
‘Ausdruck’ heissen zu
koennen?! |
| 975.
Denke, Einer wuesste, erriete,
daß ein Kind Empfindungen haette, aber
keinen // keinerlei // Ausdruck
fuer sie.
Und nun wollte er das Kind den Ausdruck fuer
die Empfindungen lehren. // Und nun wollte er das
Kind lehren, die Empfindungen
auszudruecken. //
Wie muss er eine Ha[dn|nd]lung mit
einer Empfindung verbinden, damit sie ihr Ausdruck
wird.? |
| 976.
Kann er das Kind lehren: “Siehst Du, so
drueckt man etwas aus – das ist
z.B. ein Ausdruck von dem – und
nun drueck Deinen Schmerz aus!”
|
| 977.
“Verstehen” wird eben nicht so gebraucht, wie ein
Empfindungswort. |
| 978.
Das [V|v]erwirrende Bild ist dies: daß wir eine
Substanz beobachten, – ihre Veraenderungen,
Zustaende, Bewegungen; gleich
E[u|i]nem wie Einer, der die
Veraenderungen und Bewegungen in einem Schmelzofen
beobachtet.
Waehrend wir das Verhalten und Benehmen der
Mench Menschen beobachten und vergleichen.
|
| 979.
Das primitive Schmerzbenehmen ist ein Empfindungsbenehmen; es wird
ersetzt durch einen sprachlichen Ausdruck.
“Das Wort ‘Schmerz’ bezeichnet eine
Empfindung” heisst so viel wie:
“ “‘Ich habe
Schmerzen’ ist eine
Empfindungsaeusserung.”
|
| 979.
Formen des
– 263
–
Kann ich denn von einem Benehmen des Zorns, z.B., und von einem andern der Hoffnung reden? (Es ist leicht, sich einen Orang Utan zornig vorzustellen – aber hoffend? Und warum ist es so?) |
| 981.
Wenn mir jemand sagt “Ich sehe jetzt diesen
Punkt als Spitze des Dreiecks”, so verstehe ich ihn.
Aber was mache ich mit diesem
Verstaendniß?
Nun, ich kann ihm, z.B., sagen:
“Kommt Dir das Dreieck jetzt vor, als
waere es umgefallen, als
stuende es normalerweise auf der Grundlinie
a?
Oder erscheint es Dir jetzt als Berg mit B als Spitze?
Oder als Keil?
Oder als ‘schiefe Ebene’?
Oder als Kegel?
Du kannst nun fragen “Worin bestteht es: die Figur so sehen?” – und sozusagen Hypothesen ueber das machen, was dabei vorgeht. Z.B., Augenbewegungen, oder Vorstellungen, mit denen man das Gesehene supplementiert – man stellt sich etwa einen Koerper vor, der auf der schiefen Ebene herunter[.| ]gleitet – etc. Alles das kann geschehen, muss aber nicht geschehen; und wenn mir jemand mitteilt, er sehe das Dreieck als Keil, z.B., so sagt er mir nicht, wie sich seine Augen bewegt haben, etc. – Nein; nicht, was da geschieht, ist die Frage, sondern: wie man jene Aussage verwenden kann. Wozu mir z.B. das Verstehen der Mitteilung verhilft. Eine Anwendung waere die: Man kann Einem sagen “Schau das Dreieck als Keil an; dann wirst Du Dich ueber[–| … ] nicht mehr wundern.” Und sagt darauf vielleicht: “Ja, so kommt es mir natuerlicher vor.” – Ich habe ihn also durch meine Erklaerung beruhigt; oder ihm dazu verholfen, da[s|ß] er nun eine Aufgabe schneller loesen kann. |
| 982.
Die Aehnlichkeit eines Gesichts mit einem andern
sehen, die Analogie einer mathematischen Form mit einer andern, eine
menschliche Gestallt in den Linien eines Fixierbildes, eine Raumform in
einer schematischen Zeichnung, “pas” in
“ne .... pas” in der Bedeutung von
“Sch[i|r]itt” hoeren oder
[A|a]ussprechen [....| ] alle diese
Erscheinungen sind irgendwie aehnlich, aber doch
auch wieder sehr verschieden.
(Eine Gesichtswahrnehmung, eine
Gehoerwahrnehmung, eine Geruchswahrnehmung, eine
Bewegungswahrnehmung.) – 264 – |
| 983.
In allen jenen Faellen kann man sagen, man
erlebe einen Vergleich.
Denn der Ausdruck des Erlebnisses ist, daß wir zu einem Vergleich
geneigt sind.
Zu einer Paraphrase.
Es ist ein Erlebniß, dessen Ausdruck ein Vergleich ist. Aber worum ein ‘Erlebni[ß|s]’? Nun, unser Ausdruck ist ein Erlebnisausdruck. – Weil wir sagen “ich sehe es als … ”, “ich hoere es als …”[,| ?] Nein; obwohl diese Ausdrucksweise damit zusammenhaengt. Sie ist aber berechtigt, weil das Sprachspiel den Ausdruck zu dem eines Erlebnisses macht. // weil im Sprachspiel der Ausdruck als der eines Erlebnisses gebraucht wird. // |
| 984.
Ein Erlebnis, das sich in einem Vergleich
aeussert. –
Um z.B. “Je ne sais
pas” auf die bewusste Art zu
hoeren muss Einer andere
Ausdruecke, wie “not a
thing”, kennen.
Der Ausdruck des Erlebnisses dur[f|c]h den Vergleich ist eben der Ausdruck, der [U|u]nmittelbare Ausdruck. Ja, das Phenomaen, das w[r|i]r beobachten und das uns interessiert. |
| 985.
Wenn nun Einer “pas” nicht so
hoeren, erleben, koennte, wenn
er nicht verstuende was wir meinen, wenn wir von
einem ‘so-hoeren’ reden,
– wuerde der uns auch nicht verstehen, wenn wir
ihm erklaeren, daß
“pas” auch in der Verneinung so viel
wie “Schritt” geheissen habe, und
wenn wir sagten es sei analog dem Wort
“bisschen”,
“bit”, “thing”
etc.?
Aber was sieht der ein, der einsieht, der Gebrauch des Wortes …
sei dem des Wortes … analog? |
| 986.
Nun, wozu zeige ich Einem so eine Analogie?
Was erwarte ich mir davon[,| ?]
[w|W]elche Wirkung hat es? –
Es scheint doch eine Erklaerung zu sein.
Es ist eine eine Art der
Erklaerung.
Man sagt ja auch: “Ja, jetzt versteh ich den
Gebrauch dieses Wortes.”
Man sagt aber auch: “Ich
weiss was Du meinst, aber ich kann es nicht so
hoeren.” |
| 987.
“So, wie wir auch heute noch ...., so haben diese Leute
....”
Wir koennen diesen Gebrauch im Lichte jenes betrachten. Dies kann, z.B., ein als heuristisches Prinzip dienen. – 265 – |
| 988.
Jedes Wort – moechte man sagen – kann zwar
in verschiedenen Zusammenhaengen verschiedenen
Charakter haben, aber es hat doch immer einen Charakter
– eine Gesicht.
Es schaut uns doch an. –
– Man koennte sich ja wirklich denken jedes
Wort sei ein kleines Gesicht, das Schriftzeichen könnte ein
Gesicht sein.
Und man koennte sich auch denken, daß der ganze
Satz eine Art Gruppenbild waere, so daß der Blick
der Gesichter eine Beziehung zwischen ihnen
hervorbraechte und das Ganze also eine
sinnvolle Gruppe waere // gaebe // [–| .]
Aber worin besteht die Erfahrung, daß eine Gruppe sinnvoll
ist?
Und waere es zum Verwenden des Satzes notwendig,
daß man ihn so als sinnvoll empfindet? |
| 989.
Ist es denn auch gewiss, daß ein Jeder, der unsere
Sprache versteht, geneigt waere, zu sagen, jedes Wort
habe ein Gesicht?
Und[,| –] das Wichtigste – welcher
allgemeinen Tendenz in uns entspr[c|i]cht es, diese
Neigung zu haben? // – zu welcher allgemeinen
Tendenz in uns gehoert diese
Neigung? // |
| 990.
Erstens ist klar, daß die Tendenz, das Wort als etwas intimes,
seelenvolles, zu betrachten, nicht immer da ist, oder im gleichen
Masße da ist.
Das Gegenteil des seelenvollen aber ist das maschinenhafte.
Wer einen Robot darstellen will, – wie weicht sein Benehmen von
unserm gewoehnlichen ab?
Dadurch, z.B., daß unsere
gewoehnlichen Bewgungen sich nicht,
auch nur annaehernd, mittels geometrischer Begriffe
beschreiben lassen. |
| 991.
Wuerde man z.B. von
Saetzen in Telegrammstil auch den Eindruck
des Gruppenbildes erhalten? |
| 992.
Der Gefangene hat eine Nummer als Namen.
Von ihr wuerde niemand sagen, was
Goethe von
Personennamen sagt. |
| 993.
Man hat die Idee, es sei der Sinn des Satzes, zusammengesetzt aus
den Bedeutungen seiner Woerter.
(Gruppenbild).
Wie ist [x|z].B. der Sinn
“Ich habe ihn noch immer nicht gesehen” aus den
Bedeutungen der Woerter zusammengesetzt?
|
| 994.
Auch das Wort “habe” hat ein Gesicht; denn das Wort
“die Habe” hat jedenfalls ein anderes
Gesicht.
Es fuehlt sich anders an; also
musste sich “habe” auch irgendwie
– 266 –
anfuehlen. –
Aber muss sich “Habe”
anders ‘anfuehlen’ als
“habe”?
Wie, wenn jemand mich versichterte, ihm
fuehlten sich diese beiden
Woerter ganz gleich an?
Er sagt z.B.: Ja, das Bindewort und
das Zeitwort “sondern”, die
fuehlen sich verschieden an; aber nicht
“Habe” und “habe”.
Duerften wir ihm das nicht glauben?
Was wie eine ganz selbstverstaen[l|d]liche Aeusserung erschien, die an das Verstehen der Worte gebunden ist, (das) erscheintt hier im Licht einer rein persoenlichen Aeusserung // eines rein persoenlichen Gefuehlsausdrucks // . Nicht anders, als sagte Einer, die Vokale a und e haben fuer ihn dieselbe Farbe. Kann ich d⌊e⌋m nun sagen: “Du spielst unser Spiel nicht”? |
| 995.
Wird hier von dem Feinfuehligen angenommen,
er fuehle in allen
Zusammenhaengen die beiden Woerter
“sondern” verschieden?
Nein.
Nur wenn man sie, experimentell, // zum
Versuch, // ausspricht, erwartet man
das[,| .] // Nur wenn man sie, nicht
zu ihrem gewoehnlichen Zweck, im Experiment
ausspricht, erwartet man das. // |
| 996.
Denk Dir Menschen, die mit
‘aeusserst
komplizierten’ Zahlzeichen rechnen.
Diese stellen sich aber dar als Figuren, welche entstehen, wenn man
unsere Zahlzeichen aufeinander schreibt.
Sie schreiben z.B.
bis zur
fuenften Stelle so: Wer ihnen
zusaehe, faende es schwer, zu
erraten, wass sie tun.
Und sie koennten es vielleicht selbst nicht
erklaeren.
Es kann ja dieses Zahlzeichen, in etwas anderer Schrift
geschrieben, seine Erscheinung
(fuer uns) zur
Unkenntlichkeit aendern.
Und was die Leute taeten, erschiene uns rein
intuitiv. |
| 997.
Ich sage also: man schaetzt das psychologische
[U|I]nteress[l|e] der Wenn-Empfindung falsch
ein, wenn man sie als selbstverstaendliches
Korrelat der Bedeutung des Wortes ansieht; sie muss
viel mehr in einem anderen Zusammenhang gesehen
werden, im Zusammenhang der speziellen
Umstaende unter welchen sie auftritt. // in dem, der besonderen Umstaende,
… // |
| 998.
Sag: “Es ist schwer, die beiden Dinge zu
sondern” und sprich das letzte Wort mit dem
Gefuehl des Bind⌊e⌋worts aus!
Ueb Dich etwa darin im
gewoehnlichen Sprechen // im
Gespraech // , ein Wort mit doppelter
Bedeutung mit dem unpassenden Gefuehl – 267 – auszusprechen!
(Wenn es nicht mit einem unpassenden Ausdruck der Stimme verbunden
ist, so schadet es Verstaendigung nicht.)
|
| 999.
Jetzt sag Dir: das Bindewort “sondern” sei
eigentlich dasselbe wie das Zeitwort (so wie weg = Weg und trotz
= Trotz) und sprich den Satz “Es ist nicht besser,
sondern schlechter geworden” mit “sondern” in
der Bedeutung des Zeitworts aus! |
| 1000.
Bist Du auch sicher, daß es ein
Wenn-Gefuehl gibt?
Nicht vielleicht mehrere?
Hast Du versucht, das Wort in sehr verschiedenen
Zusammenhaengen auszusprechen?
(Wenn es z.B. den
Hapttton des Satzes traegt, und
wenn ihn das naechste Wort
traegt.) |
| 1001.
Hat Einer die Wenn-Empfindung je, wenn er das Wort
“wenn” nicht ausspricht?
Es waere doch jedenfalls
merkwuerdig, wenn nur diese
Ursache die Empfindung hervorru[g|f]en sollte.
Hat sich James einmal gefragt, ob,
und wo, man sie sonst noch hat? –
Und so ist es ueberhaupt mit der
‘Atmosphaere’ eines Worts:
– warum sieht man es als so
selbst[b|v]erstaendlich an, daß nur
dies Wort diese Atmosphaere
hat // traegt // ? |
| 1002.
Der Namenszug Goethes
mutet mich goetheisch an.
Insofern ist er wie ein Gesicht, denn vom Gesicht
Goethes
koennte ich dasselbe sagen.
Es ist wie eine Sp[e|i]egelung. Gehoert dieses Phenomaen zu dem: “ich waere schon einmal in derselben Situation”? Oder ‘identifiziere’ ich die Unterschrift mit der Person, indem ich, z.B., die Unterschrift desg geliebte[l|n] Menschen anzuschauen liebe, oder d[e|i]e Unterschrift des Bewunderten eingerahmt auf meinen Schreibtisch stelle? (Magie, die mit Bildern, Haaren, etc. getrieben wird.) |
| 1003.
Die vom Ding unloesliche // untrennbare //
Atmosphaere, – sie ist also keine
Atmosphaere.
Was mit einander innig assoziiert ist, assoziiert wurde, das scheint zusammen zu passen . Aber wie scheint es das? wie aeussert sich's, daß es zu passen scheint? Etwa so: Wir koennen uns nicht denken, daß der Mann, der so geheissen – 268 – so ausgeschaut,
sich so unterschrieben hat, nicht diese Werke, sondern etwa
ganz andere (die eines andern großsen
mannes) hervorgebracht hat? //
der so geheissen, so ausgeschaut, der diese
Schriftzuege hatte, nicht
… //
Wir koennen uns das nicht denken? Versuchen wir's denn? – |
| 1004.
Es koennte so sein: Denk
Dir, ein Maler wollte ein Bild entwerfen:
“Beethoven beim
Schreiben der neunten Symphonie”.
ich koennte mir leicht
vorstellen, was etwa auf so einem Bild zu sehen
waere.
Aber wie, wenn Einer darstellen wollte, wie
Goethe ausgesehen
haette beim Schreiben der neunten
Symphonie?
Da wuesste ich mir nichts
vorzu[t|s]tellen, was nicht hoechst
unpassend und laecherlich
waere. |
| 1005.
Schau ein
|
| 1006.
Ja, man koennte auch so
fuehlen: “Es
gehoert alles zu allem.”
(Interne und Externe Relation.)
Verruecke ein Stueck und es
ist nicht mehr, was es war.
Dieser Tisch ist dieser Tisch nur in dieser Umgebung.
Alles gehoert zu allem.
Hier haben wir die untrennbare
Atmosphaere // Umgebung // .
Und was sagt, der das sagt?
Was fuer eine Darstellungsweise
schlaegt er vor? –
Ist es nicht die des gemalten Bildes?
– Wenn z.B. der Tisch sich verschoben hat,
malst Du ein neues Bild vom Tisch mit seiner
Umgebung. |
| 1007.
“Ein ganz bestimmter Ausdruck” – dazu
gehoert auch, da[s|ß], wenn man das
Kleinste an dem Gesicht aendert,
sich sogleich der Ausdruck aendert.
– 270 – |
| 1008.
Sein Name scheint auf seine Werke zu passen. –
Wie scheint er zu passen?
Nun, ich aeussere mich etwa
so[,| .] –
Aber ist das alles? –
Es ist, als bildete der Name mit diesen Werken ein Ganzes // ein solides Ganze // .
Sehen wir ihn, so kommen uns die Werke in den Sinn, und denken wir
an die Werke, so der Name.
Wir sprechen den Namen mit Ehrfurcht
aus[–| .]
Der Name wird zu einer Geste; zu einer architektonischen Form. |
| 1009.
Wer das nicht verstuende // versteht // , den wuerden
wir etwa als ‘prosaisch’ bezeichnen wollen.
Und ist das, was der ‘Bedeutungsblinde’
waere? |
| 1010.
Jede andere Zusammenstellung wuerde uns unrichtig
erscheinen.
Durch unsere Gewohnheit werden diese Formen zu einem Paradigma; sie
erhalten sozusagen Gesetzeskraft (‘die Macht der
Gewohnheit’?) |
| 1011.
Wer die Worte “das Zeichen als Pfeil
sehen” nicht verstehen und gebrauchen lernen kann,
den nenne ich “bedeutungsblind”.
Es wird keinen Sinn haben, ihm zu sagen “Du musst versuchen, es als Pfeil zu sehen” und man wird i[y|h]m so nicht helfen koennen. |
| 1012.
Wie ist es aber mit so einem Ausdruck:
“Als Du es sagtest, verstand ich es in meinem
Herzen”?
Dabei deutet man auch auf's Herz.
Und meint man diese Gebaerde etwa
nicht?!
Freilich meint man sie.
Oder ist man sichs bewusst,
nur ein Bild zu gebrauchen?
Gewiss nicht! |
| 1013.
Wenn das Kind sprechen lernt, wann entwickelt es da das
‘Bedeutungsgefuehl’?
Interessiert man sich dafuer, wenn man es
sprechen lehrt, wenn man seine Fortschritte im Sprechen
beobachtet? // Interessieren sich die Leute
dafuer, wenn sie es sprechen lehren, seine
Fortschritte im Sprechen beobachten? //
|
| 1014.
Man kann auch, wenn man ein Tier beobachtet, z.B.
einen Affen, der einen Gegenstand untersucht und
zerpflueckt, sagen: “Man sieht,
es geht etwas in ihm vor.”
Wie merkwuerdig ist das!
Aber nicht merkwuerdiger, als daß wir sagen:
– 270 – die Liebe, die
Ueberzeugung sei in unserem Herzen! |
| 1015.
Wann und womit faengt es also an, daß der Mensch
Bedeutungsgefuehle
aeussert?
In welchem Spielen wird es sich zeigen? |
| 1016.
Ist nicht die Neigung, einen
Bedeutungskoerper zu
denken aehnlich der, einen Ort des Denkens zu
denken?
Muesste jeder
Mensch die Neigung haben, zu sagen, er denke im Kopf? –
Es wird ihm dieser Ausdruck als Kind beigebracht.
(“Das Wort Kopfrechnen”)
Aber daraus entwickelt sich jedenfalls die
Neiigung) (oder aus ihr entstand
der Ausdruck).
Jedenfalls[,| –] die Neigung ist dann
vorhanden.
Und so auch die, von einem Bedeutungskoerper zu
reden [)| (]oder
dergl.), wie immer sie
entstanden ist. |
| 1017.
Reden wir nun auch von einem
‘Gefuehl’ des
Denkens im Kopf?
Waere dies nicht aehnlich, wie
das
‘Bedeutungsgefuehl’?
Auch: Kann der nicht denken, der dies Gefuehl nicht haette? Ja; wer philosophiert oder psychologiert wird vielleicht sagen: “Ich fuehle, ich denke im Kopf”. Aber was das nun heisst, das wird er nicht sagen koennen. Er wird naemlich nicht sagen koennen, was das nun fuer ein Gefuehl ist; sondern einfach den Ausdruck gebrauchen: er ‘fuehle’; als sagte er naemlich “Ich fuehle diesen Stich hier”. Er ist sich also nicht bewusst, daß hier noch zu untersuchen ist, was sein Ausdruck “ich fuehle” hier bedeutet, d.h., [l|w]elche Konsequenzen ˇwir aus dieser Aeusserung ziehen duerfen. Ob z.B. die, die wir aus der Aeusserung “Ich fuehle den Stich hier” ziehen wuerden. |
| 1018.
Man koennte naemlich auch
sagen: “Ich fuehle
das Steigen der Preise im Kopf”.
Und ist das Unsinn?
In welches Kapitel der Psychologie aber gehoerte
dieses Gefuehl?
Nicht in das von den Sinnesempfindungen, – es sei denn, Einer
sagte “Wenn ich diesen Schmerz im Kopf
spuere, steigen immer die Preise”.
|
| 1019.
Koennte nicht Einer sagen:
“Ich habe ein Gefuehl des Ortes
beim Denken // “Mein Denken hat einen Ort, denn
ich kann z.B. .... //
Ich kann z.B. den Gedanken ....einmal im Kopf
und einmal im Herzen denken.”
– Und wuerde das zeigen, daß ein
271 Gedanke einen Ort hat?
Ich meine: würde es das Erlebnis des Denkens näher
beschreiben?
Nicht viel mehr ein neues Erlebnis?
“Ich möchte sagen: ‘ich habe im Kopf gedacht’”. |
| 1020.
Man kann den Befehl befolgen “Denk an gar
nichts!”, “make your mind a
blank!” |
| 1021.
So wie man die Redensart “im Kopf”, in Verbindung mit
dem Denken, gelernt hat, so auch die: “das Wort hat diese
(‘eine’) Bedeutung”, und alle Phrasen,
die damit verwandt sind.
Auchddie Ausdrucksweise:
“diese beiden Wörter klingen nur gleich, haben aber sonst nichts
mit einander zu tun” und viele
ähnliche.
Und das Bedeutungserlebnis folgt eigentlich genau diesen
Redewendungen.
(Die doch auch eine gänzlich andere Form haben könnten das
französische “vouloir dire”
z.B.) |
| 102[1|2].
Ist also das Bedeutungserlebnis nur eine Einbildung?
Nun, wenn es auch eine Einbildung ist, so ist das Erlebnis dieser
Einbildung dadu[t|r]ch nicht weniger
interessant. |
| 1023.
Es ist übrigens merkwürdig // auffallend // , dass das
Wort “Association” in meinen
Betrachtungen // Bemerkungen // eine so
geringe Rolle spielt[–| .]
Ich glaube, dass dieses Wort in
aüsserst vager, verschwommener
◇◇◇ Weise verwendet wird, und für ganz
unähnli[v|c]he Erscheinungen. |
| 1024.
Ueber einen feinen ästhetischen Unterschied
lässt sich eine Menge // vieles // sagen – das ist sehr
wichtig // wesentlich // .
272
D.h., die erste
Aeusserung ist fre⌊i⌋lich
bloss “Dies Wort
passt, dies nicht”, oder
dergleichen; aber nun können noch alle
weit verzweigten Zusammenhänge erörtert werden, die jedes dieser
Wörter schlägt.
Das heisst, es ist eben nicht mit
jenem ersten Urteil abgetan, sondern es ist das Feld jedes
Wortes, worauf's ankommt. |
| 1025.
Warum soll denn das Bedeutungserlebnis wichtig sein?!
Er sagt das Wort, sagt, er habe es jetzt in dieser Bedeutung gesagt;
dann in jener.
Ich sage das Gleiche.
Mit dem gewöhnlichen und wichtigem Gebrauch des
Ausdrucks “Ich habe mit dem Wort das
gemeint” hat das offenbar nichts zu tun.
Was ist also das Merkwürdige?
Dass wir so etwas sagen?
Das ist natürlich interessant.
Aber das Interesse liegt hier nicht auf dem Begriff der
“Bedeutung”
‘Bedeutung’ eines Wortes, sondern auf der Reihe
ähnlicher // analoger // psychologischer
Erscheinungen, die, im Allgemeinen, mit Wortbedeutung nichts zu tun
haben. |
| 1026.
Es sagt jemand, etwa im Sprachunterricht, “Reden wir über
das Wort ‘Weiche’”.
Ich frage: “Meinst [d|D]u das Zeitwort,
das Eigenschaftswort, oder das Hauptwort?”
– Er: “Ich meine das
Hauptwort.”
– Muss er da, oder muss
ich, ein Bedeutungserlebnis gehabt haben?
Nein.
Aber, dass uns Vorstellungen bei diesem Gespräch
vorgeschwebt haben, ist wahrscheinlich.
Sie würden etwa die Rolle spielen, wie ein Kritzeln während des
Sprechens.
Wer etwa gewöhnt wäre, beim Ges[ä|p]räch auf einem Papier zu
kritzeln, der würde vielleicht einmal eine Weiche zeichnen, einmal ein
Ei, einmal das Wort “Weiche!” 273 schreiben.
Und wenn von einer Weiche die Rede wäre und er zeichnete dabei ein Ei, so könnte ihn das vom Gespräch abziehen; zeichnet er aber Schienen, so bliebe er bei der Sache. |
| 1027.
Inwiefern kann man ‘kritzelen’ mit dem Spiel der
Vorstellungen vergleichen? –
Denk Dir Menschen, die von Kind auf bei allen Gelegenheiten, wo wir
sagen würden, sie stellen sich etwas vor, Zeichnungen ausführen.
Gibt man ihnen dann einen Stift in die Hand, so zeichnen sie mit
grosser Geschwindigkeit.
Aber tut denn der gewöhnliche Mensch nicht etwas ganz Aehnliches? Er zeichnet zawr zwar nicht, aber ‘beschreibt seine Vorstellung’, d.h., statt zu zeichnen, spricht er. Oder er gebraucht Gebärden, um z.B. einen Menschen, den er sich vorstellt, darzustellen! Muss ich denn annehmen, dass er diese Beschreibung, diese Gebärdeng von etwas abliest?! Was spricht dafür? – Nun, er sagt etwa “Ich sehe ihn vor mir!” und dann stellt er ihn dar. Aber hätte ich ihn, statt diese[m|n] Ausdruck zu sagen gelehrt “Jetzt weiss ich, wie er aussieht”, oder “Jetzt kann ich sagen, wie er aussieht”, oder “Jetzt werde ich Dir sagen, wie er aussieht”, – so wäre das gefährliche Bild eliminiert. (Tennis ohne Ball.) |
| 1028.
Um in die Tiefe zu steigen, braucht man nicht weit zu reisen;
ja, Du brauchst dazu nicht [d|D]eine nächste und gewöhnliche
Umgebung verlassen. 274 |
| 1029.
Wie finde ich das ‘richtige’ Wort? Es
ist allerdings, als vergliche ich Worte nach feinen
Geschmacksunterschieden. Dies ist zu sehr
...., dies zu sehr …
Aber ich muss nicht immer beurteilen, erklären, warum dies oder dies Wort nicht stimmt. Es stimmt einfach noch nicht. Ich suche eben weiter, bin nicht befriedigt. Endlich komme ich zur Ruhe, bin befriedigt. So schaut eben das Suchen aus; und so das Finden. |
| 1030.
“Ich entwickle was in ihm steckt.”
– Wie weiss ich, dass
das in ihm ihm war? –
So ist es nicht.
Man kann auch nicht fragen: “Wie
weiss ich, dass ich das
wirklich geträumt habe?”
– Es steckt in ihm, weil ich sage,
dass es in ihm steckt.
Oder besser: weil ich geneigt bin, zu sagen.... –
Und was ist das für ein seltsames Erlebnis: geneigt sein, zu
sagen ....?
Gar keins. |
| 1031.
Wenn ich aber gestorben wäre, noch ehe ich das Alles entwickeln
konnte, – wäre es dann nicht in meinem Erlebnis
entha[n|l]ten gewesen? –
Die Antwort “Nein” auf diese Frage ist falsch;
die Antwort “Ja” muss es auch
sein.
“Nein” würde heissen: Wenn [e|E]iner einen Traum nicht erzählt, ist es falsch zu sagen, er habe ihn gehabt. Es wäre unrichtig zu sagen: “Ich weiss nicht, ob er geträumt hat; er hat nichts darüber 275 gesagt.”
“Ja” würde heissen: Er mag wohl geträumt haben, auch wenn er es nicht berichtet. Aber das soll doch keine psychologische Aussage sein! Also, eine logische. |
| 1032.
“Kann [E|e]iner nicht träumen, und es doch
niemande[n|m] mitteilen?” –
Gewiss: er kann ja träumen und es
jemandem mitteilen. |
| 1033.
Wir lesen in einer Erzählung, jemand habe einen Traum gehabt und ihn
niemandem mitgeteilt.
Wir fragen nicht, wie der Author das erfahren konnte. –
Verstehen wir es nicht, wenn
Strachey Vermutungen darüber
anstellt, was die Königin Victoria knapp vor ihrem Tode vor sich gesehen haben
mag?
Freilich – aber verstanden Leute nicht auch die
Frage, wie viele Seelen auf einer Nadelspitze Platz hätten?
D.[H|h].: die Frage, ob man das
nicht versteht, hilft uns hier nicht; wir müssen fragen,
was wir mit einem solchen Satz anfangen können. –
Dass wir den Satz verwenden, ist klar;
wie wir ihn verwenden, ist die Frage. |
| 1034.
Dass wir den Satz verwenden, sagt uns noch nichts,
weil wir die gewaltigen Verschiedenheiten der Verwendung
erkennen.
Wir sehen also das Problem im Wie.
; wir lehren sie darauf den Ausdruck “Mir hat geträumt ....” und nun folgt die Erzählung. Ich frage sie dann |
| 1035.
Nun noch einmal: – Menschen teilen uns nach dem Erwachen
eine Erzählung mit; wir lehren sie darauf den Ausdruck
“Mir hat geträumt....” und nun folgt die
Erzählung[,| .]
Ich frage sie dann 276 manchmal: “Hast Du heute
[N|n]acht etwas geträumt?” und erhalte
manchmal eine bejahende, manchmal eine verneinende Antwort, manchmal eine
Traumerzählung, manchmal keine.
Das ist das Sprachspiel.
(Ich habe jetzt angenommen, dass ich selbst nicht
träume.
Aber ich habe ja auch keine Gefühle einer unsichtbaren Gegenwart und Andere
haben es, und ich kann sie über ihre Erfahrungen
befragen.)
Muss ich nun in diesem Falle eine Annahme darüber machen, ob diese Leute ihr Gedächtnis getäuscht hat oder nicht; ob sie wirklich während des Schlafs diese Bilder vor sich gesehen haben oder ob es ihnen nach dem Erwachen so vorkommt? Und welchen Sinn hat diese Frage? – Und welches Interesse?! Fragen wir uns das je, wenn uns Einer einen Traum erzählt und wenn nicht, – ist es, weil wir sicher sind, sein Gedächtnis werde ihn nicht getäuscht haben? [(| )] (Und angenommen, er wäre ein Mensch mit ganz besonders schlechtem Gedächtnis!) |
| 1036.
Und heisst das nun, es sei unsinnig, je
die Frage zu stellen: ob in der Nacht wirklich der
Traum vor sich gegangen sei, oder ob der Traum wirklich ein
Gedä[h|c]htnisphänomen des Erwachten sei?
Es kommt darauf an was wir damit meinen,
d.h.: welche Verwendung wir von
dieser Frage machen.
Denn machen wir uns dies Bild vom Traum:
dass vor des Schlafenden Seele ein Bild schwebt
(wie es etwa auf einem Gemälde dargestellt wäre), dann hat es
natürlich Sinn, diese Frage zu stellen.
Man fragt damit[,| :] “Ist
es so, oder so – – und jedem
“so” entspricht ein anderes Bild. 277 |
|
| 1038.
Zurück zu dem Sprachspiel von der Traumerzählung: Einer sagt mir
einmal “Was ich heute Nacht geträumt
habe, werde ich Niemandem
erzählen.”
Nun, hat das Sinn?
Warum nicht?!
Soll ich, nachdem nach dem, was ich eben über
den Ursprung des Sprachspiels mitgeteilt habe, es
wa sagen, es habe keinen Sinn –
das ja das ursprün[h|g]liche Phänomen eben die
Traum-Erzählung
war?
Durchaus nicht nicht! |
| 1039.
Eine Eisenbahnstation mit allen ihren Einrichtungen,
Telegraphenstangen und Telegraphendraht, bedeutet für uns ein
weitverzweigtes Verkehrssystem.
Aber auf dem Mars findet sich dieses Gebäude mit allem Drum und
Dran, auch mit eine[n|m] Stück Geleise, und bedeutet dort
nichts derglei[h|c]hen. |
| 1040.
“Es scheint, der Geist kann dem Wort Bedeutung geben”
– ist das nicht, als sagte ich; “Es scheint,
dass in Benzol die C-Atome an den Ecken
eines Sechsecks liegen”?
Das ist doch kein Schein; es ist ein
Bild. |
| 1041.
Ich will freilich nicht eine Definition des Worts
“Traum” geben, aber doch etwas tun, was dem ähnlich
ist: den Gebrauch des Wortes beschreiben.
Meine Frage lautet also ungefähr so: “Wenn ich
zu einem fremden Sta[nd|mm] mit mir unbekannter 278 Sprache käme, und die Leute hätten einen
Ausdruck, der unserm “ich träume”, “er
träumt”, etc. entspricht, – wie fände ich
heraus, dass es so ist; wie
wüsste ich, welche Ausdrücke ihrer Sprache ich in
diese Ausdrücke der unsern übersetzen soll?
Denn dies Herausfinden ist ja eben ähnlich dem, heraus zu finden, welches ihrer Worte ich in unser Wort “Tisch” übersetzen soll. Ich frage [d|m]ich da freilich nicht “Wie nennen sie dies?” – Indem ich auf etwas zeige[,| .] Obwohl ich auch das fragen könnte und dabei etwa auch eine symbolische Darstellung des Traumes, oder eines Träumenden deuten könnte. |
| 1042.
Auch das ist zu sagen: dass das Kind nicht
unbedingt so den Gebrauch des Worts
“träumen” lernen muss,
dass es zuerst bloss eine
Begebenheit beim Erwachen berichtet und wir ihm dann die Worte
“Mir hat getraäumt” beibringen.
Es ist ja auch so möglich, dass das Kind den
Erwachsenen sagen hört, er habe geträumt und nun von sich das Gleiche
sage und einen Traum erzählt.
Ich sage nicht: dass das Kind
erraet, was der Erwachsene meint;
genug: es gebraucht eines Tages das Wort und gebraucht es unter den
Umständen, unter denen wir's gebrauchen. |
| 1043.
Die Frage ist also eigentlich nicht: “wie lernt er die
Verwendung des Worts” – sondern “Wie zeigt
sich's, dass er es verwendet, wie
wir? |
| 1044.
“Ewiges Düstre steigt herunter” – kann man
sagen: “Nun, 279 es scheint, als ob es
herunterstiege”?
Haben wir ◇◇◇ denn eine
Halu[t|z]ination von etwas Düstrem
etc.? –
Was macht also diese Worte
tref[e|f]end? –
“Wir verstehen sie.”
Wir sagen, z.B.: “Ja, ich
weiss genau, wie das ist” und nun können wir
unsere Gefühle und unser Benehmen beschreiben. |
| 1045.
“Wenn Du vom Traum, vom Denken, von der Empfindung redest,
– scheinen nicht alle diese Dinge das Geheimnisvolle zu
verlieren, was ihr wesentliches Merkmal zu sein
scheint?”
Warum soll der Traum geheimnisvoller sein als der Tisch.
Warum sollen sie nicht beide gleich geheimnisvoll sein?
|
| 1046.
“Das Phänomen, als Pfeil, oder anders zu sehen, ist
doch ein wahrhaftes visuelles Phänomen; auch wenn es nicht so
greifbar // handgreiflich // ist wie das
der Form und Farbe”.
Wie sollte es kein visuelles Phänomen sein?! –
Wer, der davon spricht (ausser wenn er
Philosophie oder Psychologie treibt), zweifelt
daran?
Fragen wir nicht einen Menschen danach und erzählen ihm davon, wie
von jedem andern Gesichtsphänomen?
Ich will sagen: Reden wir davon etwa mehr zaghaft, mit dem
Verdacht, was wir sagen, habe vielleicht keinen klaren Sinn?
Gewiss nicht.
Aber nun sind dennoch Unterschiede vorhanden.
Die, welche wir durch den Ausdruck “weniger
handgreiflich” andeuten.
Nur ist es so: Wenn ich Einem zwei Substanzen vorlege, so kann ich sagen: “Fühl diese ˇhier an! Findest [d|D]u nicht auch, dass s[u|i]e sich weicher angreift?” Und bejaht er es, so sage ich etwa: “Ja, das fühle ich auch. Es ist also ein Unterschied 280 zwischen ihnen”
(D.h.: ich habe es mir nicht
bloss eingebildet.)
– Anders ist es aber mit den psychologischen
Phenomaenen.
Wenn ich sage: “Dies ist weniger handgreiflich als
jenes” – naemlich als zeitloser Satz
– so beruht dies nicht auf einem
Concensus der Urteile,
nicht darauf, daß wir Alle das auch
fuehlen (wenn wir das Erlebnis
‘betrachten’). |
| 1047.
Steckt das Phenomaen nicht in
die falsche Lade.
In ihr schaut es geisterhaft, ungreifbar, befremdend
aus.
Richtig betrachtet, kommt uns seine
‘Ungreifbarkeit’ so wenig zum
Bewusstsein, wie die der Zeit, wenn wir
hoeren: “Es ist Zeit zum
Mittagessen.”
(Die Beunruhigung der schlechtsitzenden Einteilung.) |
| 1048. 1048.
“Dieser Kaffee hat garkeinen Geschmack”.
“Dies Gesicht hat gar
keinen Ausdruck.”
– Der Gegensatz dazu ist “Es hat einen ganz
bestimmten Ausdruck” (obwohl ich nicht sagen
koennte, welchen).
An einen starken Ausdruck koennte
sich z.B. gleich eine Geschichte
knuepfen.
Oder das Suchen nach einer Geschichte.
Wenn man vom raetselhaften
Laecheln der Mona Lisa spricht, so
heßst das doch wohl, daß man
sich fragt: In welcher Situation, in welcher Geschichte,
koennte man so
laechlen?
Und es waere also denkbar, daß jemand eine
Loesung faende, daß er eine
Geschichte erzaehlte, und wir uns sagten:
“Ja, das ist der Ausdruck, den
dieser Charakter hier angenommen
haette”. |
| 1049.
Sich an ein bestimmtes kinestaesthetisches
kinaesthetisches Gefuehl
erinnern – sich an das Gesichtsbild einer Bewegung erinnern. –
Mach die gleiche Bewegung mit dem rechten und dem linken Daumen, und
urteile, ob die kinestaest
kinaesthischen Empfindungen dieselben
sind! –
Hast Du ein E[er|ri]nnerungsbild der
K.-
Empfindung beim Gehen? –
Wenn Du muede bist, oder Schmerzen hast,
[m|M]uskelschmerzen, oder ein Brennen der Haut, –
sind die Empfindungen beim Bewegen des Gliedes die gleichen, wie in
einem andern Zustand?
Aber bist Du dann manchmal im Zw[i|e]ifel, ob Du jetzt
wirklich das Bein gehoben hast, weil das Gefuehl so
ganz anders ist?
– Lokalisierst Du wirklich die Empfindungen bei der Bewegung
in den Gelenken? // Empfindest Du die Bewegung
wirklich in den Gelenken? // –281– |
| 1050.
Du hoerst manchmal Einen sagen “Ich
stell mir seine Haltung lebhaft vor”, oder “seine
Stimme” – – aber jemals: “Ich stelle
mir die
Stellt man sich's vor und sagt's nur nicht? |
| 1052.
Was sollen wir antworten, wenn uns jemand entgegnet:
“Wenn Du einem Menschen bei einer Bewegung die Hand
(z.B.) fuehrst, so
zeigst Du ihm eben damit ein bestimmtes
K.-
Gefuehl, welches er dann reproduziert, wenn er die
Bewegung nun auf Befehl wiederholt”?
Und kann man sagen, daß er wohl von dem Gesichtsbild der Bewegung in
dieser Weise ◇◇◇ geleitet werden
koenne[–| ,] aber nicht von einem
K.-
Bild? |
| 1053.
Wie wichtig ist es, daß es eine bildliche Darstellung der
visuellen Bewgung gibt und nichts ihr entsprechendes
fuer die
‘kinaesthetische Bewegung’?
“Mach eine Bewegung, die so ausschaut!” – “Mach eine Bewegung, die diesen Klang erzeugt!” – Mach eine Bewegung, die dieses K.- Gefuehl erzeugt!” Das K.- Gefuehl richtig kopieren, wuerde in diesem Fall heissen, die Bewegung dem Augenschein nach richtig wiederholen. |
| 1054.
Denk Dir die Bewegung sehr schmerzhaft, so daß der
Schmerz jede andere leise Empfindung an dieser Stelle
uebertaeubte.
|
| 1055.
Mach eine Bewegung (etwa wie beim Klavierspielen) mit den
Fingern; wiederhole sie, aber mit geringerem Ausschlag.
Erinnerst Du dich, welche der beiden Gefuehle Du
gestern bei der ersten Bewegung hattest?
Man sagt etwa: “Nein, diese Bewegung hat gestern etwas anders ausgesehen” – aber auch: Die Bewegung ist nicht ganz die gleiche – ich hatte nicht genau dieses K.- Gefuehl”? |
| 1056.
Denn wir haben natuerlich
Bewegungsgefuehle und wir
koennen sie auch reproduzieren.
Besonders, wenn wir eine Bewegung unter den gleichen
Umstaenden, nach nur kurzen Pausen,
wiederholen.
Man lokalisiert auch die Em[fp|pf]indungen, aber
beinah nie in den Gelenken, zumeist in der Haut.
(Blase die Backen auf! wo tust Du's,
und wo spuerst Du's?) –282– |
| 1057.
Man koennte das Wachstum der Analyse wirklich mit
dem Wachsen eines Keims vergleichen.
Und in diesem Falle zus sagen “Es steckte schon
alles in der Empfindung”, oder “es wuchs aus ihr
|
| 1058.
Lenkt man den Arm wirklich manchmal nach einer
Gesichtsvorstellung?
Ich kann nur sagen: Wenn ich nicht
saehe, daß
man Arm sich bewegt hat, nachdem ich, bei abgewandtem
Gesicht, ueberzeugt war, ihn bewegt zu haben,
waere ich verwirrt und wuerde
wohl meinen Augen trauen.
Das Sehen kann mich jedenfalls lehren, ob ich die intendierte
Bewegung genau ausgefuehrt habe,
z.B., die Stellung erreicht habe, die ich erreichen
wollte; das Gefuehl konnte das
nicht.
Ich fuehle wohl, daß ich mich bewege, kann auch
ungefaehr nach dem Gefuehl
urteilen, wie, – aber ich
weiss einfach welche Bewegung ich
gemacht habe, ohne daß man von einem Sinnesdatum der
Bewegung reden koennte, von einem unmittelbaren
innern Bild der Bewegung.
Und wenn ich sage “Ich
weiss einfach ....”, so
heisst hier “wissen” so etwas wie
“sagen koennen” und ist nicht etwa
wieder eine Art inneres Abbild. |
| 1059.
“Um sagen zu koennen, das
Gefuehl lehre mich, wo jetzt mein Arm steht, oder
wie weit ich ihn bewege, muesste
man Gefuehle und Bewegungen einander zugeordnet
haben.
Man muesste sagen
koennen: ‘Wenn ich das
Gefuehl .... habe, dann steht mein Arm
erfahrungsgemaess
dort’.
Oder auch: Man
muesste ein Kriterium der
Identitaet der Gefuehle haben noch
ausser denjenigen der
ausgefuehrten Bewegung.”
Aber ist diese Bedingung, wenn sie ueberhaupt Sinn
hat, fuer das Sehen
erfuellt?
Nun, man kann ein Gesichtsbild, z.B., zeichnerisch
darstellen.
Aber Einem, oder sich selbst, das Gefuehl geben, das
fuer's Beugen des Arms um
30˚ charakteristisch sein soll, ohne eben den Arm zu
beugen, das kann man nicht.
Beuge den Arm ein wenig! Was spuerst D[y|u]? – Eine Spannung, oder dergleichen, hier und dort, und hauptsaechlich, das Reiben meines Aermels. – Tu's noch einmal! War das Gefuehl das Gleiche? Ungefaehr. Ungefaehr an den gleichen Stellen // in der gleichen Gegend // . Begleitet dieses –283– Gefuehl
immer diese Bewegung, kannst Du's sagen?
Nein.
Und doch passt mir an diesem Argument etwas noch
nicht. |
| 1060.
Denk Dir, gewisse Bewegungen erzeugten Toene und man
sagte nun, wir erkennen, wie weit wir den Arm bewegt haben, am Ton der
erklingt.
Das waere doch moeglich.
(Spielen einer Skale am Klavier.)
Aber was fuer Voraussetzungen
muessen dazu erfuellt
sein?
Es wuerde z.B. dazu nicht
genuegen, daß Toene die
Bewegungen begleiten; auch nicht, d[ß|a]ß sie oft
fuer aehnliche Bewegungen
aehnlich sind.
Es waere auch nicht genuegend,
zu sagen: der Ton muesssse eben
doch fuer gleiche Bewegungen eine
gleiche Qualitaet haben, da er das einzige Sinnesdatum
sei, woran wir die Groesse der
Bewegung erkennen koennen. |
| 1061.
Aber gibt es fuer
Bewegungsgefuehle und dergleichen nicht doch eine
Art private [H|h]inweisende Definition?
Ich beuge z.B. einen Finger, und merke mir die
Enpfindung.
Jemand sagt mir nun “Ich werde in Deinem Finger auf die
und die Weise, aber ohne daß er sich bewegt, gewi[x|s]se
Empfindungen hervorrufen, sag mir, wenn es die
ist, die Du jetzt beim Beugen des Fingers hast.”
Koennte ich nun nicht, fuer
meinen eigenen Gebrauch, diese Empfindung “E”
nennen, als Kriterium der Identitaet mein
Gedaechtnis gebrauchen und nun sagen
“Ja, das ist wieder E”
etc.? |
| 1062.
Es waere dann auch denkbar, daß ich die Empfindung
wiedererkennte, und daß sie auftraete
ohne die Begleitung der
Ueberzeugung: die Bewegung habe statt
gefunden – ohne den
Bewegungssinn. |
| 1063.
Ich kann gewiss, z.B., mein
Knie mehrere Male hintereinander heben und sagen, ich habe jedes
Mal die gleiche Empfindung dabei gehabt:
Nicht, als haette ich diese Empfindung
immer, wenn ich das Knie hebe, noch auch, als
koenne ich die Bewegung an der Empfindung // durch das Gefuehl //
erkennen, sondern bloss: Ich habe in
dieser Reihe von Kniebewegungen drei mal die gleiche, durch die Bewegung
hervorgerufene, Empfindung gehabt.
Gleich sein heisst natuerlich hier dasselbe, wie gleich scheinen. –284– |
| 1064.
“Ich habe drei mal die gleiche Empfindung
gehabt” das beschreibt einen Vorgang in meiner privaten
Welt.
Aber wie weiss der Andere was ich meine?
Was ich in so einem Falle als “gleich”
bezeichne?
Er verlaesst sich darauf, daß
ich das Wort hier so wie immer gebrauche?
Aber was ist in diesem Falle der, dem
gewoehnlichen, analoge
Gebrauch?
Nein, diese Schwierigkeit ist nicht eine
Kuenstelei; er weiss
wirklich nicht, kann nicht wissen, was in diesem Falle
gleiche Gegenstaende sind. |
| 1065.
Das Beispiel von der Motorwalze mit dem Motor in der Walze ist wirklich
noch viel besser und tiefer, als ich erklaert
habe.
Denn, als mir jemand die Konstruktion vorlegte, sah ich wohl gleich,
daß sie nicht funktionieren konnte, da man ja die Walz[w|e]
von aussen her rollen konnte, auch wenn der
‘Motor’ nicht in Taetigkeit war;
aber das das sah ich nicht, daß es eine starre
Konstruktion und ueberhaupt keine Maschine war.
Und hier ist nun eine enge Analogie mit dem Fall der privaten
hinweisenden Definition.
Denn auch da gibt es, sozusagen, einen direkten und einen
indirekten Weg, die Unmoeglichkeit einzusehen.
|
| 1066.
Ich benannte diese Bewegungsempfindung mit
“E”.
Fuer den Andern ist sie nun die, welche ich bei
dieser Bewegung gehabt habe.
Aber fuer mich, ?
bedeutet “E” nun etwas anderes? –
Nun, fuer mich bedeutet es diese
Enpfindung. –
Aber welche ist dies? denn ich habe vor einer Minute auf meine
Em[f|p]findung gezeigt, – wie kann ich jetzt
wieder auf sie zeigen? // wie
kann zeige ich jetzt wieder auf
sie? // |
| 1067.
Aber nimm doch den Fall an, Einer machte eine Reihe von
Armbewegungen und sagte dabei: “Die Empfindung die ich
jetzt im Bein habe, nenne ich
‘E1’”
u.s.f.
Spaeter bei verschiedenen
Anlaessen sagt er: “Jetzt habe ich
E3”.
U.s.f. –
Solche Aeusserungen
koennten wichtig sein; wenn wir
z.B. gewisse physiologische Korrelate zu den
Empfindungen beobachten und so aus seinen
Aeusserungen
Schluesse ziehen
|
| 1068.
Wenn das wahr ist, daß wir die Art und
Groesse der Bewegung eines
Glieds nicht
–285– Bewegungen verschieden starke,
oder verschiedenartige, Schmerzempfindungen
haette // Schmerzen
empfaende // .
Er wuerde also etwa sagen:
“Dieses Stechen empfinde ich, wenn ich den Arm um circa
90˚ beuge.” |
| 1069.
Denk Dir Einen, der mit der Wuenschelrute, und zwar
nach dem Zug, den sie ausuebt, die Tiefe einer
Quelle bestimmen kann.
Er hat das so gelernt: Er ist
ueber Quellen verschiedener Tiefe gegangen und hat
sich den Zug gemerkt.
(Dies haette man etwa an einer
Federwage feststellen koennen.)
Er hat den Zug mit der Tiefe assoziiert und
schliesst nun vom Zug auf die Tiefe.
Das koennte so geschehen, daß er den Zug etwa
in kg – angibt und dann auf die Tiefe
uebergeht, vielleicht sogar nach einer
Tabelle.
Es kann aber auch sein, daß er kein anderes Maß des Zuges kennt, als
die Tiefe der Quelle.
Nach einigem Ueben kann er die Tiefe richtig
ansagen.
Sieht man die Rute nicht Uebt
man auf die Rute, etwa durch Gewichte einen Zug aus, so wird er nun auch
sagen “Das zieht, wie eine so und so tiefe
Quelle” // , wie Wasser in der und der
Tiefe” // . |
| 1070.
Es koennte nun aber doch sein, daß er zwar im Stande ware, die
Tiefe einer Quelle den Zug der Rute richtig anzugeben,
nicht aber, den Zug der Rute richtig
abzuschaetzen.
Ich meine das so: Es koennte sein, daß
[w|W]asser in verschiedenen Tiefen unter verschiedenen
Umstaenden gleich stark zieht; und dieser
Rutengaenger sagt nun z.B.:
“Diese Quelle ist tiefer als die vorige, sie zieht
schwaecher” – und er hat recht: die
Quelle liegt wirklich tiefer, aber der Zug, gemessen mit der
Federwage, war der gleiche und er hatte sich
ihn nicht richtig gemerkt. – –
Soll ich nun in diesem Falle sagen, er beurteile die Tiefe nach dem
Zug? |
| 1071.
Er wird vielleicht sagen: “Dieser Zug ist der einer
Quelle in der Tiefe....”, indem er diesen Zug gleichsam
studiert – wie man ein Gewicht auf der Hand
abwaegt.
Vielleicht aber sagt er “Den Zug kann ich
nicht beurteilen – das Wasser ist in der Tiefe …”
In diesem (letzteren) Fall wird man nicht sagen, er beurteile die
Tiefe nach dem Zug.
(Wenigstens nicht
‘bewusst’). |
| 1072.
Angenommen nun es sagte Einer er beurteile, wie weit er seinen Arm
gebogen habe, an der Staerke einer Druckempfindung
im Ellbogen.
Das heisst doch: Wenn sie eine gewisse
Staerke –286– erreicht, so erkennt er daran,
daß der Arm bis zu dem Grad gebogen ist.
Oder was soll es sonst heissen: er beurteile
den Grad der Beugung nach dem der Druckempfindung? |
| 1073.
Ich will sagen: Wie weiss Einer, daß er
etwas nach diesemsem
Gefuehl beurteilt? –
Ist es dazu genug, daß er beim Schaetzen seine
Aufmerksamkeit auf das Gefuehl richtet?
|
| 1074.
Wenn Du nun sagst, es ist dafuer notwendig, daß
Einer angeben koenne: “Wenn der
Druck so stark ist, dann ist mein Arm um
90˚ gebeugt” – dann muss
sich das ‘so’ der
Staerke angeben lassen.
Andernf[l|a]lls heiß[s|t], daß man die Beugung
nach der Druckempfindung beurteilt, hoechstens, daß
man die Beugung nicht beurteilen kann, wenn man
keine (oder nur eine ungemein schwache)
Druckempfindung spuert.
(Also etwa, wenn man anaesthesiert
ist.) |
| 1075.
Es gibt also verschiedene Faelle.
Es kann Einer sagen, er beurteile die Beugung nach der
Druck- oder Schmerzempfindung, und dabei
zu sozusagen auf diese Empfindung hinhorchen; aber im
[u|U]ebrigen den Grad
der Empfindung in keiner Weise angeben koennen. –
Oder es kann zwei unabhaengige Angaben des Grades
der Em[fp|pf]indung und der Beugung geben. |
| 1076.
“Wenn ich den Druck so stark
spuere, dann ....” –
Hat denn das keinen Sinn?
Es koennte sogar jemand sagen, er habe eine ganze
Skala von Druckempf[u|i]ndungen.
Ich kann mir das wohl denken.
Nur waere das so wenig eine wirkliche
Skala, wie das Bild eines Thermometers ein Thermometer ist.
Obwohl es doch in ma[cn|nc]her Beziehung
grosse Aehnlichkeit mit ihm
hat. |
| 1077.
Ich gebe die Regeln eines Spiels.
Der Andere macht, diesen Regeln ganz entsprechend, einer Zug, dessen
Moeglichkeit ich nicht vorausgesehen hatte, und der
das Spiel stoert, so wie ich's
naemlich wollte.
Ich muss nun sagen: “Ich habe
schlechte Regeln gegeben”; ich muss meine
Regeln aendern, oder vielleicht
e[e|r]gaenzen.
So habe ich also schon zum Voraus ein Bild des Spiels? In gewissem Sinne: ja! Es war doch z.B. moeglich, daß ich nicht voraussah, daß eine quadratische Gleichung nicht reelle Loesungen haben muss. Die Regel fuehrt mich also zu etwas, wovon ich sage: “dieses Bild hatte ich nicht erwartet; ich stellte mir eine Loesung immer –287– so vor:
....” |
| 1078.
Wie waere es, wenn man sagte:
“Nicht jedes System von Regeln bestimmt einen
Kalkuel”.
Als Beispiel gaebe man die Division durch
0.
Denken wir uns naemlich eine
Arethmetik, in der sie erlaubt
waere und daher bewiesen werden
koennte, jede Zahl sei gleich der andern.
|
| 1079.
Wenn Kinder Eisenbahn spielen, – soll ich sagen, ein Kind, das die
Lokomotive nachahmt, werde von einem Andern als Lokomotive
gesehen?
Es wird im Spiel als Lokomotive
aufgefasst.
Denk Dir, ich haette einen Erwachsenen die Form gezeigt, und gefragt “Woran erinnert sie Dich”, und er haette geantwortet “An eine Lokomotive” – he⌊i⌋sst das, er hat sie als Lokomotive gesehen? Ich nehme naemlich das als das typische Spiel des “Etwas als Etwas sehen” an, wenn jemand sagt “Jetzt sehe ich es als dies, jetzt als das”. Wenn er also verschiedene Aspekte kennt und zwar unabhaengig von irgend einer Verwendung des Angeschauten. Ich moechte also so sagen: ich sehe keine Verwendung des Bilds als Zeichen dafuer an, daß es so, oder so gesehen wird. |
| 1080.
Verstuende ein Kind, was es
heisst, den Tisch ‘als Tisch’
sehen?
Es lernt: “Dies ist ein Tisch, dies eine
Bank” etc., und es beherrscht vollkommen ein
Sprachspiel, ohne eine Andeutung davon, daß es sich dabei
um einen Aspekt handelt. |
| 1081.
“Ja, ein Kind analysiert eben nicht, was es
tut.”
– Nochmals: von einer Analyse dessen, was geschieht, ist
hier nicht die Rede.
Bloss von einer Analyse – und dieses Wort ist
sehr irrefuehrend – unserer Begriffe.
Und unsere Begriffe sind komplizierter als die des Kindes; insofern
naemlich, als unsere Worte eine kompliziertere
Verwendung haben als die seinen. |
| 1082.
“Ich sehe es aber doch so, auch
waehrend ich's nicht
ausdruecke.”
Das wuerde heissen, was ich sehe
aendert sich nicht, wenn ich's
ausdruecke.
Wenn man fragte: “Hat der
Koerper dies Gewicht nur so
lange er gewogen wird?” – so
hi[ß|e]sse das:
“Aendert sich sein Gewicht, wenn wir ihn
auf die Wage –288– legen?”
Und das ist es natuerlich garnicht, was wir fragen moechten. |
| 1083.
Erst durch das Phenomaen des Wechsels des
Aspekts scheint der Aspekt vom uebrigen
Sehen abgeloest zu werden.
Es ist, als koennte man nach der Erfahrung des
Aspektwechsels sagen: “Es gab also da einen
Aspekt!” |
| 1084.
Wenn man den Anstrich eines Dings abkratzt, kann man
sagen “Es war also da ein Anstrich” – –
Wenn aber die Farbe eines Koerpers wechselt,
– kann ich sagen “Er hatte also eine
Farbe!” – als waere
mir dies erst jetzt aufgefallen?
Kann man das sagen: Es kam mir erst zum Bewusstsein, daß ⌊⌊ 1085. ⌋⌋ das Ding eine Farbe hatte,
als sich die Farbe aend[d|e]rte?
|
| 1085.
Denk nicht, daß es etwas Seltsames ist, daß Du ein Bild
an der Wand raeumlich
sihest.
Es ist – moechte ich sagen – so
geow gewoehnlich wie es
scheint.
(Und dies koennte ich zu vielem
sagen). |
| 1086.
Denk Dir, die Dinge in unserer Umgebung – Tisch,
Buecher, Stuehle
etc., –
|
| 1087.
Wenn ich Feld- und Gartenblumen miteinander
vergleiche, so kann ich mir des Unterschieds des Charakters
bewusst werden; aber das sagt nicht, daß ich
auch schon frueher ausser der
Blume ihren Charakter wahr genommen habe, oder
daß ich sie doch in irgendeinen Charakter habe wahrnehmen
muessen. |
| 1088.
Muss ich denn wißen,
daß ich mit zwei Augen sehe?
Gewiß nicht.
Habe ich etwa zweei
Gesichtseindruecke beim
gewoehnlichen Sehen, so daß ich merke, mein
dreidimensionaler Gesichtseindruck setzt sich aus zwei
Gesichtsbildern zusammen?
Gewiß nicht. –
Ich kann also die Dreidimensionalitaet
nicht vom Sehen trennen. Wenn ic
|
| 1089.
Wenn ich Einen frage “In welcher Richtung schaut
fuer Dich ein ‘F’ und in
welcher ein ‘I’?” und er
antwortet, ein F schaue fuer ihn immer nach
rechts, ein I für ih nach links –289– – so
heisst das natuerlich nicht, daß
er beim Anblick eines F immer eine Empfindung der Richtung
hat.
Das wird klarer, wenn man so fragt:
“Wo wuerdest Du einen F ein Aug
und eine Nase malen?”
– Wenn man aber nun sagte: “So schaut es also
fuer Dich nur so lange in
dieser Richtung, als Du dies denkst, oder sagst” – ist das
nicht, als fragte man: “Wuerdest
Du dem F die Nase dann dorthin malen, wenn Du sie
malst?” – |
| 1090.
Sehe ich ein Gesicht immer ‘als
Gesicht’?
Ich habe hier Buecher vor mir: Sehe ich
sie die ganze Zeit ‘als
Buecher’?
Ich meine: Sehe ich sie die ganze Zeit als
Buecher, wenn ich sie nicht gerade als etwas anderes
sehe?
Oder sehe ich oft, oder fuer
gewoehnlich, nur Farben und Formen, ohne besondern
Aspekt? (offenbar nein!)
Wir sagen Einem: “Wenn das die
Grundlinie ist, so ist das die Spitze und das
die Hoehe.”
Oder er muss die Frage beantworten:
“Welches ist die Hoehe des Dreiecks,
we[m|n]n dies die Grundlinie
ist?”
Aber dringen wir dringen nicht drauf, daß er das Dreieck so
und so sehe. –
Man sagt wohl manchmal “Denk es Dir
umgelegt!” (oder dergleichen) und man
koennte auch sagen “Sieh es
umgelegt” und diese Bemerkung koennte
helfen; so naemlich, wie auch eine zeichnerische
Ergaenzung des Bildes helfen
koennte, die diesen Aspekt nahe legte. |
| 1091.
Kann ich z.B. sagen: ich sehe den Sessel als
Gegenstand, als Einheit?
So wie ich sage, ich sehe jetzt das schwarze Kreuz auf
weissem Grund, jetzt aber das
weisse Kreuz auf schwarzem?
Wenn man mich fragt “Was hast Du da vor Dir?” Werde ich freilich antworten “Einen Sessel”, werde ihn also als Einheit behandeln. Aber kann man nun sagen, ich saehe ihn als [e|E]inheit? Und kann ich die Kreuzfigur anschauen, ohne sie so oder so zu sehen? |
| 1092.
Wenn ich Einen frage “Was siehst Du vor
Dir?” und er sagt “Was ich vor mir habe,
sieht so aus”, und nun zeichnet er die Kreuzfigur,
– muss er sie in irgend einem Aspekt gesehen haben?
Hat er sie nicht gesehen, wenn er sie nur zeichnerisch beschreiben
kann? |
| 1093.
Kann ein Kind Dir mitteilen, es sehe dreidimensional?
–290–
Und denk Dir, es wuerde Dir sagen “Ich sehe alles eben”, – was wuerde Dir das sagen? Es koennte ja alles eben sehen, und durch eine Intuition wissen, daß es nicht eben ist, und sich dementsprechend benehmen! |
| 1094.
Wenn das Kind dieses Bild fuer das und das
haelt und ich folgere nun
“Also sieht es sieht es das Bild
so” – was fuer eine
Folgerung ziehe ich?
Was sagt mir diese Folgerung?
Man wuerde etwa sagen, ich
schliesse auf die Art des Sinnesdatums, oder
Gesichtsbilds; so, als lautete der Schluss:
“Also ist das Bild in seinem Geiste
so”; und nun
muesste man es etwa plastisch
darstellen. |
| 1095.
Ist es denn so: “Ich habe das Zeichen
‘’ immer als ein Sigma gelesen; nun sagt mir
Einer, es koennte auch ein umgelegtes M
sein, und ich kann es jetzt auch so sehen; –
daher habe ich es also frueher immer als
Sigma gesehen
gesehen”?
Ich habe also, hiesse das, nicht nur die Figur
gesehen und sie so gelesen, sondern ich habe sie auch als
das gesehen! |
| 1096.
“Aber wie konnte ich wissen, daß ich so reagiert
haette wenn Du mich gefragt
haettest?”
– Wie?
Es gibt kein Wie.
Aber es gibt Anzeichen dafuer, daß ich darin recht
habe, es zu sagen. |
| 1097.
Ich will beschreiben, was ich sehe; ich fertige dazu ein Transparent
an.
Aber nun fragt man mich noch “Ist dies
◇◇◇ vorn und dies hinten?”
Also beschreibe ich durch Worte, oder durch ein Modell, was ich vorn,
was hinten sehe.
Und nun fragt man mich noch “Und siehst Du
diesen Punkt als Spitze des Dreiecks?” und
ich muss auch das noch beantworten. –
Aber muss ich darauf eine Antwort haben? –
Nimm an, obwohl es nicht wahr ist, daß die Blickrichtung den Aspekt
bestimmt.
Und in einem Fall ist meine
Blickrichtung
fi, stets auf dem gleichen
Punkt des Bilds gerichtet, in einem andern Fall bewegt er sich
regelmaessig nach einem einfachen
Gesetz, in einem dritten wandert er regellos ueber
das Objekt hin und her.
Wenn wir nun statt einer Beschreibung des Aspekts die der
Blickrichtung setzen, waere es keine Beschreibung,
zu sagen, die Blickrichtung sei regellos, oder unbestimmt?
Und das koennte sogar der
gewoehnliche Fall sein. –
Auf die Frage also “Sahst Du diesen –291– Punkt als Spitze des
Dreiecks?” kann die Antwort sein “Ich kann
keinen bestimmten Aspekt nennen”, oder etwa “Ich hab
es jedenfalls nicht so gesehen”. |
| 1098.
Was
|
| 1099.
Eigentlich aber ist so eine Theorie die Konstruktion eines
psychologischen Modells einer psychologischen
Erscheining.
Und daher eines ps[i|y]chologischen Modells.
Die Theorie sagt eigentlich: “Es koennte so sein: ....” Und der Nutzen der Theorie ist, daß sie einen Begriff illustriert. Sie kann ihn aber besser und schlechter illustrieren; mehr, oder weniger zutreffend. Die Theorie ist also zu sozusagen eine Notation fuer diese psychologische Erscheinung. // fuer diese Art der psychologischen Erscheinung. // |
| 2000.
Wenn wir also die ‘Erklaerung fallen
lassen’ – wenn wir sagen, daß uns ja
schliesslich die
Erklaerung
gleichgueltig ist – so bleibt eine
grammatische Feststellung uebrig.
Sie betrifft den Gebrauch der Aussage “Ich sehe nun einen
bestimmten Gesichtsausdruck im Bild.” |
| 2001.
Weisst das Thema auf nichts ausser
sich?
Oh ja!
Das heisst aber: – Der Eindruck,
den es in mir macht, haengt mit Dingen
in seiner Umgebung zusammen – z.B. mit der
Existenz unserer Sprache [i|u]nd ihrer Intonation, das
heisst aber, mit dem ganzen Feld unserer
Sprachspiele.
Wenn ich z.B. sage: Es ist, als ob hier ein Schluss gezogen wuerde, oder, als ob hier etwas bekraeftigt wuerde, oder, als ob dies eine Antwort auf das Fruehere waere, – so setzt mein Verstaendnis e[v|b]en die Vertrautheit mit Schluessen, Bekraeftigungen, Antworten, voraus. |
| 2002.
Ein Thema hat nicht weniger einen Gesichtsausdruck, als ein
Gesicht. |
| 2003.
“Die Wiederholung ist
notwendig”
In wiefern ist sie notwendig?
Nun, singe es, so wirst Du sehen, daß ihm erst die Wiederholung seine
grosse Kraft gibt. –
Ist es uns denn nicht, als
mueße hier eine Vorlage
fuer das Thema in der Wirklichkeit existieren,
und das Thema kaeme ihr nur dann nahe, –292–
entspraeche ihr nur, wenn dieser Teil wiederholt
wuerde?
Oder soll ich die Dummheit sagen: “Es klingt eben
schoener mit der Wiederholung”?
Und doch ist da eben kein Paradigma
ausserhalb des Themas.
Und doch ist auch wieder ein Paradigma
ausserhalb des Themas:
naemlich der Rhythmus unserer Sprache, unseres
Denkens und Empfindens.
Und das Thema ist auch wieder ein neuer Teil unserer
Sprache, es wird in sie einverleibt; wir lernen eine neue
Geebaerde. |
| 2004.
Das Thema ist i[m|n] Wechselwirkung mit der Sprache.
|
| 2005.
“Eine ganze Welt des Schmerzes liegt in diesen
Worten.”
Wie kann sie in ihnen liegen? –
Sie haengt mit ihnen
zusammen.
Die Worte sind wie die Eichel aus der ein Eichbaum wachsen
kann.
Aber wo ist das Gesetz niedergelegt, wonach aus der Eichel der Baum waechst? Nun, das Bild ist durch die Erfahrung unserem Denken einverleibt. // Die Erfahrung hat das Bild unserem Denken einverleibt. // |
| 2006.
“Wo spuerst Du den
Kummer?”
– In der Seele. –
– Und wenn ich hier einen Ort angeben
muesste,
wuerde ich in die Magengegend zeigen.
Bei der Liebe auf die Brust und bei einem Einfall auf den Kopf.
|
| 2007.
“Wo spuerst Du den
Kummer?”
– In der Seele. –
– Was heisst das nur? –
– Was fuer Konsequenzen ziehen wir aus dieser
Ortsbestimmung? // Ortsangabe? //
Eine ist, daß wir nicht von einem
koerperlichen Ort des Kummers reden.
Aber wir deuten [e|d]och auf unsern Leib, als
waere der Kummer in ihm.
Ist das, weil wir ein koerperliches Unbehagen
sp[ue|ü]ren?
Ich weiss die Ursache nicht.
Aber warum soll ich annehmen, sie sei ein leibliches
Unbehagen? |
| 2008.
Denk Dir folgende Frage: Kann man sich einen Schmerz, etwa
von der Qualitaet des rheumatischen Schmerzes, denken,
aber ohne Oertlichkeit?
Kann man sich ihn vorstellen?
Wenn Du anfaengst, darueber nachzudenken, so siehst Du wie sehr Du das Wissen um den Ort des Schmerzes in ein Merkmal des Gefuehlten verwandeln moechtest, in ein Merkmal eines Sinnesdatums, des privaten Objekts, das vor meiner Seele steht. –293– |
| 2009.
Ich sage, dem [k|K]ummervollen scheine die ganze Welt
grau. –
Aber was vor seiner Seele stuende,
waere dann nicht Kummer, sondern eine graue Welt;
gleichsam die Ursache des Kummers. |
| 2010.
Etwas als Farbverschiedenheit – und anderseits als Schatten bei
gleicher Farbe wahrnehmen.
Ich frage “Hast Du die Farbe des Tisches vor Dir
wahrgenommen, den Du die ganze Zeit anschaust?”
Er sagt “Ja”.
A[n|b]er er haette den Tisch als
“Braun” beschrieben, und hat nicht bemerkt, daß sich in
seiner glaenzenden Platte der
gruene Vorhang spiegelt. –
Hat er nun nicht den gruenen Gesichtseindruck
gehabt?
“Ist die Wand vor Dir gleichmaessig gelb?” – “Ja”. Aber sie ist teils beschattet und schaut beinahe grau aus. Was sah nun der, der die Wand anschaute? Soll ich sagen, eine gleichmaessig gelbe Flaeche, die freilich unregelmaessig beschattet ist? Oder: gelbe und graue Flecken? |
| 2011.
Es ist eine merkwuerdige Tatsache, daß wir uns so gut
wie nie der Undeutlichkeit der Peripherie unseres Gesichtsfeldes
bewusst
|
| 2012.
“Was ich wahrnehme, ist dies
–” und nun folgt eine Form der
Beschreibung.
Dies koennte man auch so
erklaeren: Denken wir uns eine direkte
Uebertr[g|a]gung des
Erlebnisses!
– Aber was ist nun unser Kriterium dafuer, daß
das Erlebnis wirklich uebertragen wurde?
“Nun, er hat einfach dasselbe, was ich habe.”
– Aber wie ‘hat’ er
es? |
| 2013.
Denk an die Manigfaltigkeit der physikalischen
Experimente.
Wir messen z.B. die Temperatur; aber nur in einer
bestimmten allgemeinen Technik ist dieses Experiment eine
Messung der Temperatur. –
Interessiert⌊e⌋ uns also die Manigfaltigkeit der
(physikalischen) Messungen, ich meine der Messungsarten, so
interessierte uns die Manigfaltigkeit der Methoden,
der Begriffe. |
| 2014.
Wie kannst Du den Kummer betrachten?
Indem Du kummervoll bist?
Indem Du Dich durch nichts von Deinem Kummer ablenken
laesst? // durch nichts in Deinem –294– Kummer zerstreuen
laesst? //
Beobachtest Du also das Gefuehl, indem Du es
hast?
Und wenn Du jede Ablenkung fern haeltst, –
beobachtest Du dann eben diesen Zustand? oder den
andern, in dem Du vor der Beobachtung warst.
Beobachtest Du also Dein Beobachten? |
| 2015.
Denk, jemand fragte “Was wird alles in der Physik
gemessen?”
Nun koennte man
aufzaehlen: Laengen, Zeiten,
Lichtstaerken, Gewichte, etc.
Aber koennte man nicht sagen: Du erfaehrst mehr, wenn Du fragst “Wie wird gemessen?”, statt “Was wird gemessen?” Tut man dies, misst man so, so misst man die Temperatur, – tut man jenes, misst man so: eine Stromstaerke. |
| 2016.
Aber besteht nicht der Kummer aus allerlei
Gefuehlen?
Ist er nicht ein Konglomerat von
Gefuehlen?
Koennte man also sagen, er besteht aus den
Gefuehlen A, B, C, etc. –
wie Granit aus Feldspat, Glimmer und Quartz? –
So sage ich also von dem, er sei kummervoll, der die
Gefuehle.... hat?
Und wie weiss ich, daß er sie hat?
Teilt er sie uns mit? |
| 2017.
Der Kummer ist doch ein seelisches Erlebnis.
Man sagt, man erlebe Kummer, Freude,
Enttaeuschung.
Und dann scheinen diese Erlebnisse wirklich zusammengesetzt
und ueber den ganzen Koerper
verteilt.
Das Hochaufatmen der Freude, das Lachen, Jubeln, die Gedanken an das Glueck, – ist nicht das Erleben alles dessen die Freude? Weiss ich also, daß er sich freut, weil er mir mitteilt, er fuehle sein Lachen, fuehle und hoere sein Jubeln, etc., – oder weil er lacht und jubelt? Sage
|
| 2018.
Die Worte “Ich bin
gluecklich” sind ein
Freude-Benehmen. |
| 2019.
Und wie kommt es, daß ich – wie James sagt – eine
Freude-Empfindung habe, wenn ich
bloss ein freudiges Gesicht mache; eine
Gramempfindung, wenn ein graemliches?
Daß ich also diese Empfindungen hervorrufen kann, indem ich ihren
aeussern Ausdruck
nachahme?
Zeigt das, daß die Muskelempfindungen der Gram, oder ein Teil des Grams
sind? –295– |
| [20|11]20.
Denk, Einer sagte: “Heb Deinen Arm, und Du wirst
fuehlen, daß Du Deiner Arm hebst”.
Ist das ein Satz der Erfahrung?
Und ist es einer, wenn man sagt “Mach ein trauriges
Gesicht und Du wirst Dich traurig
fuehlen”?
Oder wollte es heissen: “Fuehle, daß Du ein trauriges Gesicht machst und Du wirst Traurigkeit fuehlen”? und das ist das ein Plaeonasmus? |
| [20|11]21.
Denk, [ci|ic]h sage: “Ja, es ist
wahr: wenn ich ein freundlicheres Gesicht mache,
fuehle ich mich gleich besser”. –
Ist das, weil die Gefuehle im Gesicht angenehmer
sind? oder weil es Folgen hat, dies Gesicht zu machen?
(man sagt “Kopf hoch!”) |
| [20|11]22.
Sagt man: “Ich fuehle mich jetzt
viel besser: das Gefuehl in den
Gesichtsmuskeln und um die Mundwinkel herum ist gut”?
Und warum klingt das laecherlich,
ausser etwa wenn man frueher
Schmerzen in diesen Teilen hatte? |
| [20|11]23.
Vergleicht man auf die gleiche Weise mein Gefuehl in
den Mundwinkeln und seines – und meinen
Gemuetszustand und seinen?
Wie vergleiche ich z.B. meine Druckempfindungen mit den seinen? Wie lerne ich sie vergleichen? Wie vergleiche ich unsere kinaesthetischen Empfindungen, wie setze ich sie zueinander in Beziehung? Und wie die Gefuehle der Trauer, Freude, etc.? |
| [20|11]24.
Nun zugegeben – obwohl es hoechst zweifelhaft
ist – daß das Muskelgefuehl des
Laechelns ein Bestandteil des
Gluecksgefuehls ist; –
aber wo sind die uebrigen // anderen // Komponenten? –
Nun, in der Brust, im Bauch, etc.! –
Aber fuehlst Du sie wirklich, oder
schliesst Du nur, sie
muessen dort sein?
Bist Du Dir wirklich dieser lokalisierten Gefuehle
bewusst? –
Und wenn nicht, – warum sollen sie dann
ueberhaupt da sein?
Warum sollst Du sie meinen, wenn Du sagst, Du
fuehlst Dich gluecklich?
|
| [20|11]25.
Was erst durch einen Akt des Schhauens
festgestellt werden muesste,
das hast Du jedenfalls nicht gemeint.
So wird eben “Trauer”, “Freude”, etc. nicht verwendet. |
| 1126.
Warum klingt es seltsam: “Er
fuehlte fuer eine Sekunde
tiefen Kummer”?
Weil das so selten vorkommt?
Und wie, wenn –296– wir uns Leute
daechten, die dieses Erlebnis oft haben?
Oder solche die oft stundenlang abwechselnd fuer
eine Sekunde schweren Kummer und inniges Glueck
empfinden. |
| 1127.
“Fuehlst Du nicht jetzt den
Kummer....” – ist das, als fragte man:
“Spielst Du nicht jetzt
Schach?”
Eigentlich aber war die Frage eine persoenliche
und zeit[,|l]iche, keine philosophische. |
| 1128.
“‘Ich hoffe....’ – die Beschreibung meines
Seelenzustands”: Das klingt, als schaute ich
meine Seele an // als betrachtete ich meine
Seele/ und
beschr[e|i]ebe sie (wie man eine Landschaft
beschreibt).
Wenn ich nun sage: “Ich hoffe immer wieder, er
werde noch zu mir kommen” – ist das ein
Hoffnungsbenehmen?
Ist es nicht ebensowenig ein Hoffnungsbenehmen, wie die Worte:
“Ich hoffte damals, er werde kommen”? –
Soll ich also nicht sagen, es gebe zwei Arten des
Praesens vom “hoffen”?
Die eine, gleichsam, der Ausruf, die andere der
Bericht? |
| 1129.
Aber wenn ich nun jemandem sage “Ich hoffe sehr, er wird
zu unserer Versammlung kommen” – fragt er mich:
“Was war das: ein Bericht, oder ein
A[su|us]ruf?”
– Versteht er mich nicht, wenn er das nicht
weiss?
Und doch ist es eines, zu sagen “Ich hoffe, er wird
kommen” und ein anderes, zu sagen: “Ich
verliere die Hoffnung nicht, daß er kommen wird”.
Oder denke an diesen Ausdruck: “Ich hoffe und bete, daß er kommen moege.” |
| 1130.
“Ich hoffe, er wird kommen” –
koennte man sagen – bedeutet manchmal so
viel wie der Ausruf “Er wird
kommen!”, in hoffnungsvollem Ton gesprochen.
Aber von diesem Ausruf muss es [m|k]ein
Perfektum geben.
Koennte man sich nicht eine Sprache denken, in der
es wohl ein Equivalent dieses Ausrufs der Hoffnung
gibt, aber nicht die uebrigen Formen des
Verbums?
In der die Menschen, wenn sie doch von der vergangenen Hoffnung reden
wollen, sich selbst zitieren; etwa sagen: “Ich sagte
‘Er wird ge[iw|wi]ss
kommen!’” |
| 1131.
Man koennte sagen: Die
Aussage sagt etwas ueber den Geisteszustand, aus der
ich auf den Geiste[z|s]zustand schliessen
kann.
(Das klingt duemmer, als es ist.)
Wenn es so ist, dann sagt der Ausdruck des Wunsches
“Gib mir diesen Apfel!!” etwas
ueber meinen Geisteszustand.
Und ist dieser Satz also eine –297– Beschreibung dieses
Zustands?
Das wird man nicht sagen wollen. (“off with
his head!”) |
| 1132.
Ist der Ruf “Hilfe!” eine Beschreibung meines
Geisteszustands?
Und ist er nicht der Ausdruck eines Wunsches?
Ist er es nicht so sehr, wie irgendeiner
einer? |
| 1133.
Ich sage zu mir selbst: “Ich hoffe und hoffe immer
noch, obwohl....” –dabei schuettle ich
gleichsam ueber mich selbst den Kopf.
Das heisst etwas ganz anderes als einfach
“Ich hoffe ....!”
(Der Unterschied im Englischen zwischen “I am
hoping” und “I
hope”.) |
| 1134.
Und was beobachtet, der die eigene Hoffnung beobachtet?
Was wuerde er berichten?
Verschiedenes.
“Ich hoffte taeglich, .... Ich
stellte mir vor .... Ich sagte mir jeden Tag .... Ich
seufzte..... Ich ging jeden Tag diesen Weg, in der Hoffnung
....” |
| 1135.
Das Wort “beobachten” ist hier schlecht
angebracht.
Ich versuche mich an dies und das zu erinnern. |
| 1136.
Wer sich seiner Hoffnung erinnert, erinnert sich
uebrigens deshalb nicht an ein Benehmen, auch nicht
notwendigerw[we|ei]se an Gedanken.
Er sagt – er weiss – er habe damals
gehofft. |
| 1137.
Der Satz “Ich wuensche Wein zu
trinken” hat ungefaehr den gleichen Sinn
wie “Wein her!”
Niemand wird dies eine Beschreibung nennen;
[i|I]ch kann daraus aber entnehmen, daß, der es sagt,
darauf erpicht ist, Wein zu trinken, daß er jeden Augenblick zu
Taetlichkeiten uebergehen kann,
wenn man ihm seinen Wunsch verweigert – und dies wird man einen
Schluss auf seinen Seelenzustand nennen.
|
| 1138.
Ist “Ich glaube....” eine Beschreibung meines
Seelenzustands??
– Nun, was ist eine solche Beschreibung?
Etwa: “Ich bin traurig”,
“Ich bin guter Stimmung”, vielleicht
“Ich habe Schmerzen”. |
| 1139.
Es waere verhaengnisvoll das
Moore'sche
Paradox fuer etwas zu halten, was nur im Bereich des
Seelischen vorkommen kann. –298– |
| 1140.
Ich will zuerst sagen, daß man mit der Behauptung “Es
wird regnen” dem Glauben daran ebenso
ausdrueckt, wie den Wunsch, Wein zu kriegen, mit den
Worten “W[r|e]in her!”
Man koennte auch so sagen:
“ Ich glaube, p” heisst
ungefaehr dasselbe wie “P”;
und daß im ersten Satz das Verbum “glaube” und das
Pronomen “Ich” stehen, darf uns nicht
irren.
Wir sehen daraus nur klar, daß die Grammatik von “Ich
glaube” sehr verschieden ist von der von “Ich
schreibe”.
Aber wenn ich das sage, sage ich damit nicht, daß hier nicht auch grosse Aehnlichkeiten bestehen koennen; und ich sage nicht, welcher Art die Verschiedenheiten sind. ((reelle und imaginaere Einheit.)) Bedenk naemlich, daß es sich um [a|Ae]hnlichkeiten und Verschiedenheiten von Begriffen, nicht von den Phenomaenen han⌊d⌋elt. |
| 1141.
Man kann das Seltsame sagen: “Ich glaube, es wird
regnen” heisst etwas
aehnliches, wie “Es wird
regnen”, aber “Ich glaubte damals, es werde
regnen” nicht etwas aehnliches wie
“Es hat damals geregnet”.
Aber was heisst das nun, der erste Satz habe ungefaehr den gleichen Sinn wie der zweite? Heisst es, die beiden braechten in meinem Geist den gleichen Gedanken hervor? (das gleiche Gefuehl?) – |
| 1142.
“Ich will so denken, und nicht
so”.
Und ‘so’ und
‘das’ sind, so seltsam das klingen mag,
nicht scharf voneinader geschieden. |
| 1143.
Wie Du das Wort “Gott”
verwendest, zeigt nicht, wen Du meinst, sondern was Du
meinst. |
|
| 1145.
Was heisst es “Ich glaube,
p” sage ungefaehr dasselbe, wie
“P”?
Wenn Einer den ersten und zweiten Satz sagt, reagieren wir
ungefaehr in der gleichen Weise; wenn ich den ersten
Satz sage und Einer verstüende die Worte
“Ich glaube” nicht, wuerde
ich den Satz in der zweiten Form wiederholen,
usf.
Wie ich auch “Ich wuensche, daß Du
dort hingehst” mit “Geh dort
hin!” erklaeren
wuerde. –299– |
| 1146.
M.'s Paradox kann man so aussprechen:
“Ich glaube p” sagt
ungefaehr dasselbe wie “P”;
aber “Angenommen, ich glaube p … ”
sagt nicht ungefaehr dasselbe wie
“[P|A]ngenommen p ....”
Kann man die Annahme, ich wuensche etwas, verstehen, ehe man die Aeusserung des Wunsches versteht? – Das kind lernt zuerst, den Wunsch aeussern, und spaeter erst, annehmen, es wuensche das und das. |
| 1147.
“Angenommen, ich habe Schmerzen....”– das ist keine
Schmerzaeusserung und also kein
Schmerzbenehmen.
Das Kind, das das Wort “Schmerz” als Ausruf lernt, das dann ˇanfaengt von einem vergangenen Schmerz zu erzaehlen, – es kann eines schoenen Tages erzaehlen “Wenn ich Schmerzen habe, kommt der Arzt”. Hat nun in diesem Prozess des Lern[n|e]ns das Wort “Schmerz” seine Bedeutung geaendert? Es hat seine Verwendung geaendert; aber man muss sich sehr hueten davor, diesen Wechsel zu deuten als einen Wechsel des Gegenstands, der nun dem Wort entspricht. |
| 1148.
Denk Dir, “Ich glaube....” durch eine Malerei
dargestellt.
Wie koennte ich mir das vorstellen?
Das Bild wuerde etwa mich zeigen und irgendein
Bild in meinem Kopf.
Es kommt nicht darauf an, welchen Symbolismus es verwendet.
Das Bild dessen, was ich glaube,
z.B., daß es regnet – wird darin
vorkommen.
Meine Seele wird vielleicht dieses Bild ergreifen,
festhalten, und dergleichen. –
Und nun nehmen wir an, dieses Bild wuerde als die
Behauptung “[e|E]s regnet”
verwendet.
Nun, darin ist moch nichts Seltsames.
Soll ich sagen, es sei nun viel an dem Bild
ueberfluessig?
Das moechte ich nicht sagen.
|
| 1149.
“Im Grunde genommen beschreibe ich mit diesen Worten den
eigenen Geisteszustand, – aber diese Beschreibung ist hier indirekt
und eine Behauptung des geglaubten Tatbestandes
selbst.”
– – Wie ich, unter Umstaenden, eine Photographie
beschreibe, um so
–300– |
| 1150.
Aber wenn diese Analogie Stich hielte,
muesste ich noch sagen
koennen, daß diese Photographie (der Eindruck auf
meinem Geist)
verlaesslich ist.
Ich muesste also sagen
koenne: “Ich
glaube, daß es regnet, und mein Glaube ist
verlaesslich, also verlasse ich
mich auf ihn.”
So, als waere mein Glaube eine Art
Sinneseindruck. |
| 1151.
Sagst Du etwa: “Ich glaube es, und da ich
zuverlaessig bin, wird es
|
| 1152.
Wie man durch die gleiche Taetigkeit bald die
Laenge des Tisches messen, bald den
Masstab nachpruefen, bald den
Messenden auf seine Genauigkeit beim Messen pruefen
kann, so kann eine Behauptung mir dazu dienen, mich
ueber ihren Inhalt zu informieren, oder
ueber den Charakter, oder den Seelenzustand des
Behauptenden. |
| 1153.
Man koennte wohl sagen: “Er
kommt, aber ich kann es noch immer nicht glauben!”
– “Er kommt!
Ich kann's nicht glauben!” |
| 1154.
Denk Dir einen Ausrufer in einer Station, der
plangemaess einen Zug
ankuendigt, aber – vielleicht ohne
Grund, ueberzeugt ist, daß er nicht
eintreffen wird.
Er koennte ankuendigen:
“Der Zug № .... wird um
..... Uhr einfahren.
Ich persoenlich glaube es nicht.”
|
| 1155.
[D|W]ie waere es, wenn ein Soldat
militaerische Meldungen machte, die auf
Grund der Beobachtungen berechtigt
waeren; er fuegt ihnen aber
bei, er glaube, sie seien unrichtig. –
Fragen wir uns nicht, was im Geiste dessen, der so spricht, vor sich
gehen kann, sondern, ob [a|A]ndere etwas mit dieser Meldung
anfangen koennen, und was. |
| 1156.
Die Meldung ist ein Sprachspiel mit diesen Worten.
Es wuerde Verwirrung erzeugen, wenn wir
sagten: Die Worte der Meldung, der gemeldete Satz habe einen
bestimmten Sinn, und das Melden, die ‘Behauptung’,
fuege diesem noch einen hinzu.
So, als ob der Satz, von einem Grammophone ausgesprochen,
der reinen Logik angehoerte, als ob er hier den rein
logischen Sinn haette, als ob wir hier den
Gegenstand vor uns haetten, den Logiker in die Hand
nehmen und betrachten, – waehrend der
–301– behauptete,
gemeldete Satz das Ding im Handel ist[,| .]
Wie man sagen kann: der Botaniker betrachtet eine Rose als
Pflanze, nicht als Schmuck des Kleides, oder Zimmers oder als
zarte Aufmerksamkeit.
Der Satz, will ich sagen, hat keinen Sinn
ausserhalb des Sprachspiels.
Das haengt damit z[i|u]sammen, daß
er nicht eine Art Name ist.
So daß man sagen koennte:
“‘Ich glaube … ’ – das ist
so” wobei man (in sich etwa) auf das deutet,
was dem Satz seine Bedeutung gibt. |
| 1157.
Ist es eine Tautologie, zu melden: “Die Reiter werden
sofort eintreffen; und ich glaube es”? |
| 1158.
Das Paradox ist dies: Die Annahme kann man so
ausdruecken: “Angenommen, es ginge
das in mir und das
ausserhalb mir vor – – die
Behauptung aber, es gehe das in mir vor,
sagt: es gehe das ausserhalb mir
vor.
In der Annahme sind die beiden Saetze
ueber das Innere und das
Aeussere ganz
unabhaengig, in der Behauptung aber nicht.
|
| 1159.
Liegt nun das im Wesen des Begriffs “glauben”?
Gewiss. |
| 1160.
Denk Dir, Einer sagte “Ich wünsche,
– will aber nicht, dass mein Wunsch
befriedigt werde. –
(Lessing:
“Wenn Gott in seiner Rechten
....”)
Kann man also Gott bitten, den Wunsch zu
geben, und ihn nicht zu
erfuellen? |
| 1161.
Da scheint es ja also, als wäre die Beha[i|u]ptung
“Ich glaube …” nich[g|t] die
Behauptung dessen, was die Annahme “ich glaube”
annimmt! |
| 1162.
Sie['|h]'s nicht als
selbstverstän[l|d]lich an, sondern als etwas sehr
Bemerkenswertes, dass die Ver[n|b]en
“glauben”, “hoffen”,
“wünschen”, “beabsichtigen”
u[–|.]s.w., alle die
gramatischen Formen aufweisen, die “essen”,
“reden”, “schneiden” auch haben.
|
| 1163.
Denk, ich wäre das Zwitterwesen, das aussprechen könnte
“Ich glaube nicht, dass es
regne[r|t]; und es regnet”. –
Aber wozu dienen nun diese Worte?
Welche Verwendung denke ich mir von ihnen 302 gemacht?
“Er kommt.
Ich. persönlich glaube es nicht, aber
lass dich das nicht beirren.”
– “Er kommt, verlass Dich
drau[g|f].
Ich glaube es nicht; aber lass dich
das nicht beirren.”
Das klingt, als ob zwei Personen aus mir sprächen; oder als ob eine
Instanz in mir dem Andern die Mitteilung machte, er komme, und diese
Instanz wünscht, der Andere solle dementsprechend handeln, – während
ein eine andere Instanz im gewissen Sinne mein eigenes
Verhalten ankuendigt.
Es ist so, als sagte man: “Ich
weiss, dass diese
Handlungsweise falsch ist, weiss aber,
dass ich so [g|h]andeln
werde.” // “Ich
weiss, dass das ganz falsch ist,
kann aber nicht anders handeln.” //
“Er kommt, aber ich glaube es nicht”, kann also in einem Sprachspiel vorkommen. Oder besser: “Es lässt si[i|c]h ein Sprachspiel ausdenken, worin diese Worte uns nicht absurd vorkämen. |
| 1164.
Ein Voltmeter, statt die Spannung durch Zeiger und
Zifferblatt anzuzeigen, könnte sie mit Hilfe einer
Grammophonplatte aussprechen.
Das Instrument sagt etwa, wenn man einen Knopf drückt (es
befragt) “Die Spannung beträgt ....”
Könnte es nun auch Sinn haben, das Voltmeter sagen zu lassen:
“Ich glaube, die Spannung beträgt
....”?
– So einen Fall kann man sich schon denken.
Soll ich nun sagen, das Instrument sage etwas über sich selbst aus, – oder über die Spannung? Soll ich sagen,, das Instrument sage immer etwas über sich selbst aus? Und wenn es z.B. eine höhere Ablesung der Spannung wiederholen kann: es habe geglaubt, die Spannung sei .... gewesen? |
| 1165.
Oder sagen wir's so: Soll ich sagen, ein Voltmeter
zeigt etwas über sich selbst an, oder die Spannung?
Kann ich nicht beides sagen?
Nämlich jedes unter verschiedenen Umständen? 303 |
| 1166.
Haben “Hilfe!” und “Ich brauche
Hilfe” verschiedenen Sinn; ist es nur eine Rohheit unserer
Auffassung, dass wir sie al[d|s]
gleichbedeutend betrachten?
Heisst es immer, etwas zu sagen:
“Genau genommen war, was ich meinte, nicht
“Hilfe!”, sondern ‘Ich wünsche
Hilfe’”.
Der schlimmste Feind unseres Verständnisses ist hier die Idee, das
Bild, eines ‘Sinnes’ dessen was wir reden, in unserm
Geiste. |
| 1167.
Die Behauptung “Er wird kommen” spielt nicht auf
den Behauptenden an.
Aber auch nicht auf die Worte der Behauptung, während “‘er wird kommen’ ist ein wahrer Satz” auf die
Worte anspielt und den gleichen Sinn hat wie der Satz, der dies nicht
tut. |
| 1168.
Könnte man von dem Sinn der Worte “dass er
kommen wird” reden?
Denn diese Worte sind recht eigentlich die
Frege'sche
‘Annahme’.
Nun, könnte ich Einem nicht erklären, was dieser Wortausdruck
bedeutet?
Doch wohl, in dem ich ihm er[j|k]läre, [i|o]der
zeige, wie er verwendet wird. |
| 1169.
Die Schwierigkeit wird unüberwindlich, wenn Du denkst, der Satz
“Ich glaube ....” sage etwas über den Zustand
meiner Seele aus.
Wäre es so, so müsste man das
M'sche Paradox reproduzieren können, wenn man statt über den
Zustand der eigenen Seele, etwas über den Zustand des Gehirns etwa
aussagte.
Der Witz Witz ist aber ebe ist aber eben,
dass keine Behauptung über den Zustand meines
Gehirns (oder wessen immer) der Behauptung, die ich
glaube[,| –] (“Er wird
kommen” z.B.– gleichkommt.
|
| 1170.
Fassen wir aber nun dennoch die Behaupt[i|u]ng
“Er glaubt p) als
[a|A]ussage über seinen Zustand Zustand
auf, aus der jedenfalls hervorgeht, wie er sich unter gegebenen
Umständen verhalte[l|n] wird!
Gibt es denn nun zu so einer Aussage keine erste Person des
Präsenz?
Kann ich denn also nicht von 304 mir selbst aussagen, ich sei jetzt in einem
Zustand, in welchem die und die sprachlichen, und anderen, Reaktionen
wahrscheinlich sind?
Aehnlich ist es jeden[d|f]alls, wenn
ich sage, “Ich bin jetzt sehr irritabel.”
Aehnlich könnte ich auch sagen
“Ich glaube jetzt jede schlimme Nachricht sehr
leicht.” |
| 1171,
Würde nun ein Satz, welcher aussagt, ich – oder mein Gehirn –
sei jetzt in einem so gearteten Zustand, dass ich
auf die Frage “Wird er kommen” mit
“Ja” antworte, und die und die anderen Reaktionen
aufweise﹖, – würde so ein Satz der Behauptung gleich
kommen “Er wird
kommen”? Man könnte hier fragen: “Wie denkst Du Dir denn, dass ich über diesen meinen Zustand unterrichtet bin? – Durch Erfahrung etwa? Will ich also, aus der Erfahrung, voraussagen, ich werde jetzt so eine Frage immer so be[wa|an]tworten, etc.?” Ist es so und mache ich in diesem Sinne die Aussage “ich glaube, er wird kommen” und füge hinzu “und er wird nicht kommen”, so ist das nur insofern ein Widerspruch wie etwa dies einer ist: “Ich kann kein viersilbiges Wort aussprechen”, oder dies: “Ich kann keinen einzigen deutschen Satz sagen.” Wenn dies letztere eine Art Widerspruch ist, so ist es doch nicht die Annahme: “Angenommen ich könnte keinen einzigen deutschen Satz sagen”. |
| 1172[1|.]
Dass er [u|d]as und das glaubt, ergibt
sich für uns aus der Beobachtung seiner Person, aber die Aussage
“Ich glaube ....” macht er nicht auf
Grund der Selbstbeobachtung.
Und darum kann “Ich glaube
p” äquivalent sein der Behauptung von
“p”.
Darum auch die Frage “Ist es so?”
[d|D]em Satz “Ich möchte wissen, ob es
so ist.” |
| 1173.
“Dies Gesicht hat einen ganz bestimmten Chara[c|k]ter
–” heisst eigentlich: es
liesse sich viel darüber sagen.
305
Wann sagt man dies?
Was berechtigt einen dazu?
Ist es eine bestimmte Erfahrung?
Weiss man schon, was man sagen wird; hat man
sich's schon im Stillen vorgesagt?
Ist die Situation nicht ähnlich wie die: “Jetzt
weiss ich weiter!” |
| 1174.
Wir kennen Alle den Vorgan[d|g] des momentanen Wechsels des
Aspekts; – aber wie, wenn man nun fragte:
“Hat gross
A den Aspekt a nun fortwährend vor Augen – wenn nämlich
hie kein Aspektwechsel eingetreten
ist?
Kann der Aspekt nicht, so zu sagen, frischer oder
|
| 1175.
Es gibt so etwas, wie ein Aufflackern des Aspekts.
So, wie man etwas mit intensiverem und weniger intensiven Ausdruck
sp[ei|ie]len [ak|ka]nn.
Mit stärkerer Betonung des Rhythmus und [er|de]r Struktur,
oder weniger starkem. |
| 1176.
Das als eine Variante von dem sehen,
hören.
Da ist also der Moment, wo ich beim Anblick von A an B
denke, wo dieses Sehen, so zu sagen, akut ist, und dann die Zeit, in der es
chronisch ist. |
| 1177.
Das psychologische // seelische //
Phänomen nicht er[j|k]lären, sondern
hinnehmen, ist das schwere. – |
| 1178.
“F” als Variation verschiedener
Figuren[,| .]
Wenn ich mir denke, dass in meinem Geist das
Paradigma, als dessen Variante ich das Ob[k|j]ekt sehe,
irgendwie beim Sehen gegenwärtig ist, dann könnte es (doch) bald
deutlicher, bald undeutlicher
306. |
| 1179.
Denk dir zwei Leute: der eine hat in der Jugend das
“F” so gelernt , – der Andere, wie
wir .
Wenn nun die [b|B]eiden das Wort
“Figur” lesen, – muss ich sagen,
habe ich Grund zu sagen, sie saehen Jeder das
“F” anders?
Offenbar nein.
Und koennte es nicht doch sein,
dass der Eine von ihnen, wenn er
hoert, wie der Andere diesen Buchstaben schreiben und
lesen gelernt hat, sagt: “So hab ich
ihn nie angesehen, sondern immer so”?
Und ferner wird es wohl Situationen geben, in denen ich, was einer dieser Leute tut, oder sagt, so erklaeren werde[n|:] “Er betrachtet naemlich diesen Buchstaben als Variante von ....” |
| 1180.
Das ist sicher, dass man sagen
kann: “Ich habe das noch nie so
gesehen”.
Hier ist das “nie” unzweifelhaft. –
Sagst Du aber “Ich habe das immer so
gesehen”, so ist dies “immer” nicht
gleichermassen sicher.
Und daran ist natuerlich garnichts merkwuerdiges, wenn
man statt “gesehen”
“aufgefasst” sagt. |
|
| 1182.
Es ist, als waere in meinem Geist ein Paradigma,
eine Vorlage gegenwaertig, wenn ich das
Zeichen // den Schriftzug //
sehe.
Aber was fuer eine Vorlage?? wie sieht
sie aus?
D[i|o]ch nicht eben, wie das Zeichen selbst!
– Also wie das Zeichen, so gesehen?
– Aber wie gesehen?
Wie soll ich den Aspekt notieren?
Nun, wie notieren wir ihn denn; wie verstaendigen
wir uns ueber ihn?
Ich sage etwa: “Das Zeichen, wie ich's
sehe, schaut nach rechts”.
Ich koennte sogar von einer Art
visuelle[n|m] Schwerpunkt reden, – sagen: Der
Schwerpunkt des Zeichens befindet sich hier.
Kann ich erklaeren, was ich damit meine?
Nein. –
Aber diese meine Reaktion kann ich mit Reaktionen Anderer
vergleichen. |
| 1183.
Bin ich mir stets der Verschwommenheit der Raender
meines Gesichtsfelds bewusst?
Soll ich sagen: “Fast nie”, oder
“Nie”? |
| 1184.
In einem andern Gedankenraum – moechte man sagen
– schaut das Ding anders aus. |
| 1185.
Man koennte sich in der Musik eine Variation auf ein
Thema denken, die, etwa ein wenig anders phrasiert, als eine ganz
an[s|d]ere Art der Variation des Thema
aufgefasst werden kann.
(Im Rythmus gibt es solche Mehrdeutigkeiten.)
Ja, was ich meine, findet sich wahrscheinlich
ueberhaupt immer, wenn eine
W[o|i]ederholung das Thema in ganz anderem Licht erscheinen
laesst. 308. |
| 1186.
Kein Aspekt, der nicht (auch) Auffassung ist. |
| 1187.
Angenommen Einer sagte mir: “Es hat sich jetzt etwas
an dem Bild veraendert – ich
kann's nicht anders ausdruecken –
obwohl die Form die gleiche ist wie frueher.
Ich kann nur sagen: frueher war es eine
Art , jetzt ist es eine Art ”.
Wenn er das sagte, koennte ich
nicht doch bezweifeln, dass er die
Figureimmer, ununterbrochen, so
gesehen und sie nicht nur nie anders
aufgefasst hat? // ,
koennte ich nicht doch
miss[y|t]rauisch sein und bezweifeln,
…? // |
| 1188.
Denk Dir, das Kind, wenn es den Buchstaben “R”
gelernt hat, sagte uns: “Ich sehe es immer als ein
‘R’”.
Was koeente uns das mitteilen??
– Ja, auch wenn es uns sagte, “Ich sehe es immer
als er ein ‘P’ mit einer schiefen
Stuetze”, wuerde uns
das nur sagen: so fasst das Kind es auf, so
erklaert es sich den Buchstaban, und
dergleichen.
Erst wenn es vom Wechseln des Aspekts spraeche,
wuerden wir sagen, nun sei es jenes
Phaenomen … |
| 1189.
Sagt [e|E]iner “Ich sehe es immer
so”, so muss er das
“So” angeben.
Angenommen, er taete das, indem er den Strichen
der Figur einer bestimmten Reihenfolge, oder in einem bestimmten
Rythmus nachfuehre.
Das waere
aehnlich, als sagte er uns:
“Ich folge der Figur mit den Augen immer
so”.
Und da koennte es
natuerlich sein, dass ihn sein
Gedaechtnis
taeuscht. 309. |
| 1190.
Sagt er “Ich sehe (jetzt) die Figur
so” und faehrt ihr in
bestimmter Weise nach, – so
muesste dass
nicht sowohl eine Beschreibung sein, als, sozusagen, dies Sehen
selbst.
Sagt er aber “Ich habe sie immer so gesehen”, so heisst das, er habe sie nie anders gesehen, und da mag er sich taeuschen. |
| 1191.
Nein, das Paradigma schwebte mir nicht staendig
vor – – aber wenn ich den Wechsel des Aspekts beschreibe, dann
beschreibe ich ihn mittels der Paradigmen. // dann
geschieht das mit Hilfe der Paradigmen. // // Nein, das Paradigma schwebte mir nicht staendig vor; ich wollte nichts Derartiges sagen – – aber … // |
| 1192.
“Ich habe es immer so gesehen” –
damit w[a|i]ll man eigentlich sagen:
“Ich habe es immer so
aufgefasst, und dieser Wechsel des
Aspekts hat nie stattgefunden.” |
| 1193.
“Ich habe es nie so gesehen, sondern immer
so.”
Nur ist daraus allein noch kein Satz.
Das Feld fehlt ihm noch. |
| 1194.
“Ich habe es immer mit diesem Gesicht
gesehen”.
Aber Du musst noch sagen, mit
welchem.
Und sowie Du das dazu sagst, ist es nicht mehr
als haettest Du's immer
getan.
“Ich habe diesen Buchstaben immer mit einem graemlichen Gesicht gesehen”. Da kann man fragen: “Bist Du sicher, dass es 310. immer
war?”
D.h.: ist Dir die
Graemlichkeit immmer
aufgefallen? |
| 1195.
Und wie ist es mit dem ‘Auffallen’?
Findet das in einem Moment statt, oder dauert es an? |
| 1196.
“Wenn ich ihn ansehe, sehe ich immer das Gesicht seines
Vaters.”
Immer?
– Aber doch nicht nur auf Augenblicke!
Dieser Aspekt kann andauern. |
| 1197.
Denk Dir, man sagte: “Ich sehe es jetzt immer in
diesem Zusammenhang.” – |
| 1198.
Absolutes [a|u]nd relatives Gehoer:
Hier ist etwas Aehnliches: Ich
hoere den Uebergang von einem Ton
zum andern.
Aber nach kurzer Zeit kann ich einen Ton nicht mehr als den
hoeheren oder tieferen jener beiden
erkennen.
Und es mueete
auch keinen Sinn haben, von einem solchen
“Erkennen” zu reden; wenn es
naemlich kein Kriterium des richtigen
Erkennens gaebe. |
| 1199.
Es ist beinahe, als ob das ‘Sehen des Zeichens in
diesem Zusammenhang’ ein Nachhallen eines
Gedankens waere. |
| 1200.
Von einem wirklichen oder gemalten Gesicht zu sagen “Ich
habe es immer als Gesicht gesehen”,
waere seltsam; aber nicht: “Es
war fuer mich immer ein Gesicht, und ich habe es nie
als 310. etwas anderes
gesehen.” |
|
| 1202.
Wenn Einer sagt: “Ich rede von einem visuellen
Phaenomen, in welchem sich wirklich das
Gesichtsbild, naemlich seine Organisation
aendert, obwohl Formen und Farben die gleichen
bleiben” – dann kann ich ihm antworten:
“Ich weiss, wovon [d|D]u
redest; ich moechte auch das sagen, was Du
sagst.” –
Ich sage also nicht: “Ja, das
Phaenomen, wovon wir beide reden, ist wirklich ein
Wechsel der Organisation ....”, sondern “Ja,
dies Reden von dem Wechsel der Organisation, etc. ist die
Aeusserung des Erlebnisses,
das ich auch ich meine. // wovon auch
ich rede. // |
| 1203.
“Die Organisation des Gesichtsbilds aendert
sich.” –
“Ja, das moechte ich auch
sagen.”
Das ist analog dem, wenn Einer sagte, “Alles um mich kommt mir unwirklich vor” – und ein Anderer erwidert[]|:] “Ja, ich kenne dieses Phaenomen. Ganz so moechte ich'es auch ausdruecken.” |
| 1204.
“Die Organisation des Gesichtsbilds aendert
sich” hat eben nicht die gleiche Art der Anwendung, wie:
“Die Organisation die-312. ses Berichs
Vereins aendert sich”.
Hier kann ich beschreiben, wie das ist,
wenn sich die Organisation unseres Vereins
aendert. |
| 1205.
“Es ist mir nie aufgefallen, dass man die
Figur so sehen kann”: folgt daraus,
dass es mir aufgefallen ist, oder
dass ich wusste,
dass man sie so sehen konnte, wie ich sie
immer gesehen habe? |
| 1206.
Ich hoere einen Ton – hoere
ich also nicht, [d|w]ie laut er ist? – –
[i|I]st es richtig, zu sagen: wenn ich den Ton
hoere, muesse ich mir des
Grades seiner Lautheit bewusst sein? –
Anders ist es, wenn seine Staerke sich
aendert. |
| 1207.
Es wuerde auf dem ersten Blich
so erscheinen: Jemand kommt darauf, daß man ein
F auch als T mit einem Anhaengsel sehen
kann; er sagt “Jetzt sehe ich's als T,
etc., jetzt wieder als
F.
Daraus scheint zu folgen, daß er's das zweite
mal so sieht, wie er es vor seiner Entdeckung
immer gesehen hat. –
Da[s|ß] also, wenn es Sinn hatte zu sagen,
“[j|J]etzt sehe ich's wieder als
F”, es auch Sinn gehabt haette
vor dem Wechsel des Aspekts zu sagen “Ich
sehe den Buchstaben F immer als F”. |
| 1208.
Wenn ich einen Satz in einem und demselben Tonfall
gehoert haette
[,| (]und oft gehoert
haette), waere es
rightig, zu sagen, ich muesse
mir natuerlich des Tonfalls
bewusst gewesen sein?
Wenn das eben dasselbe heisst wie, ich habe ihn in
diesem Tonfall gehoert und spreche ihn auch immer in
diesen Tonfall nach, – dann bin ich mir des Tonfalls
bewusst.
Ich muss aber wissen, daß es so etwas gibt, wie einen
‘Tonfall’, der Tonfall braucht mir nie
aufgefallen zu sein, – 313
– ich brauche auf ihn gelauscht zu
haben.
Der Begriff Tonfall mag mir ganz unbekannt sein. Die ‘Trennung’ des Tonfalls vom Satz braucht sich fuer mich nicht vollzogen zu haben. Ich habe also kein Sprachspiel mit dem Wort “T[i|o]nfall” gelernt. |
| 1209.
Wenn das Kind die Buchstaben lernt, lernt es ja nicht, sie
so und nicht anders sehen.
Soll ich nun sagen, der Mensch komme spaeter beim
Wechsel des Aspekts drauf, daß er einen Buchstaben,
z.B. ein R, immer in der gleichen Weise
gesehen habe? –
Nun, so koennte es sein, ist aber
nicht so.
Nein, das sagen wir nicht.
Sogar, wenn Einer so etwas sagte wie, fuer ihn
habe der Buchstabe … immer das und das Gesicht gehabt,
wuerde er zugeben, daß er in vielen
Faellen beim Anblick des Buchstabens nicht an ein
Gesicht ‘gedacht’ habe. |
| 1210.
Soll ich nun sagen: eine ‘Art des Sehens’
assoziiere sich fuer uns mit einem
Buchstaben?
Gewiss nicht; ausser es
heisst etwas aehnliches
wie: ein Gesicht assoziiere sich mit einem Buchstaben.
|
| 1211.
Denk an den Begriff “Schreibweise”.
Man kann sagen “Das ist eine interessante Schreibweise
des Buchstaben … ” – aber versteht also jeder, was
“Schreibweise” heisst, der einen
Buchstaben schreiben gelernt hat?
Ich meine: [k|K]ann Einer die Schreibweise des
S beachten, der garnicht
weiss, daß es verschiedene Schreibweisen eines
Buchstaben gibt? –
Oder spiele ich hier nur mit Worten?
Du darfst nur nicht einen zu engen Begriff des ‘Erlebens’ haben. Frag Dich etwa: Kann der eine Aussprache als vulgaer empfinden, der etwa nie andere Beispiele vor sich hatte? |
| 1212.
“Diese Schrift ist mir unsympathisch.”
Kann dem, der gerade lesen und schreiben lernt, eine Schrift
‘unsympathisch’ sein? –
Sie kann ihn vielleicht in irgend einem Sinne
abstossen.
Nur von dem hat es Sinn zu sagen, eine Schrift sei
ihn unsympathisch, der sich bereits allerlei Gedanken
ueber – 314
– eine Schrift machen kann.
Waere |
| 1213.
Waere es denkbar, daß ueber zwei
identischen Abschnitten eines Musikstuecks
Anweisungen stuenden, die uns aufforderten, es beim
ersten mal so, beim zweiten
mal so zu hoeren,
ohne daß dies auf den Vortrag irgendeinen Einfluss
ausueben sollte.
Es waere etwasdas
Musikstueck fuer eine Spieluhr
ges– –ichen Abschnitte
waeren in der gleichen Staerke
un dem gleichen Tempo zu spielen – nur
jedesmal anders
aufzufassen.
Nun, wenn auch ein Komponist so eine Anweisung noch nie geschrieben hat, koennte nicht ein Kritiker sie schr[ei|ie]ben? Waere so eine Anweisung nicht vergleichbar mir einer Ueberschrift der Programmusik (“Tanz der Landleute”)? |
| 1214.
Nur freilich, wenn ich [e|E]ine[n|m]
“Hoere es so”, so
muss er nun sagen
koennen: “Ja, jetzt versteh
ich's; jetzt hat es wirklich Sinn!”
(Etwas muss einschnappen.) |
| 1215.
Welchen Begriff von der Gleichheit, di
Identitaet, haben wir?
Du kennst die Verwendungen des Wortes “gleich”, wenn
es sich in gleiche Farben, gleiche Klaenge, gleiche
Formen, gleiche Laengen, gleiche
Gefuehle handelt, und Du entscheidest, ob nun
der und der Fall in diese Familie aufgenommen werden soll, oder
nicht // entscheidest, ob man nun hier auch noch von
‘Identitaet’ reden soll, oder
nicht // . |
| 1216.
Was ist an der Idee abstossend, daß wir den
Ge[rb|br]auch eines Wortes studieren, Fehler in der
Beschreibung dieses Gebrauch's aufzeigen,
usw? // Was ist es,
was an der Idee abstoesst, wir studierten
… //
Vor allem fragt man sich: Wie koennte
das uns so wichtig sein?
Es kommt drauf an, ob man ‘falsche Beschreibung’
die nennt, die nicht mit dem sanktionierten Ge
Sprachgebrauch uebereinstimmt, – oder die, die
nicht mit der Prazis des Beschreibenden
uebereinstimmt.
Nur im zweiten Fall entsteht ein philosophischer
Konflikt. |
| 1217.
Weniger abstossend ist die Idee: wir
machen uns, vom Denken z.B., ein falsches
Bild.
Denn hier sagt man sich: wir haben es doch mindestens mit dem
Denkkn Denken, nicht mit dem Worte
“denken”, zu tun. – 315 –
Also, wir machen uns vom Denken ein falsches Bild. – Aber wovon machen wir uns ein falsches Bild; wie weiss ich, z[,|.]B., daß du Dir von dem ein falsches Bild machst, wovon auch ich mir ein falsches Bild mache? Nehmen wir an, unser Bild des Den[ek|ke]ns waere ein Mensch, der den Kopf in die Hand stuetzt und zu sich s[d|e]lber redet. Unsere Frage ist nicht “Ist das ein richtiges Bild?” sondern: “Wie wird dies Bild als Bild des Denkens verwendet?” Nicht: “Wir haben uns ein f[l|a]lsches Bild gemacht” – sondern: “Wir kennen uns im Gebrauch unseres Bildes, oder unserer Bilder, nicht aus”! Und also nicht im Gebrauch
|
| 1218.
Wohl, – aber dies Wort ist doch nur insofern interessant, als es
tatsaechlich fuer uns einen ganz
bestimmten Gebrauch besi[zt|tz]t, also sich bereits auf eine
gewisse Erscheinung bezieht! –
Das ist wahr.
Und das heisst: wir haben es nicht mit einer
Verbesserung der g[f|r]ammatischen
Kon[d|v]entionen zu tun. –
Aber was heisst das: “Wir
wissen Alle, auf welche Erscheinung sich das Wort
‘denken’ bezieht”?
Heisst es nicht eben: wir
koennen Alle das Sprachspiel mit dem Wort
“denken” spielen?
Nur erzeugt es Unklarheit, das Denken eine ‘Erscheinung’ zu nennen;
und weitere Unklarheit, zu sagen “wir machen uns von
dieser Ers[h|c]heinung einf falsches
Bild”.
(“Einen falschen Begriff”
koennte man schon eher sagen.) |
| 1219.
Haben wir es mit dem Gebrauch des Wortes
“fuenf” zu tun, so haben wir es,
in gewissem Sinne, mit dem zu tun was dem Worte
‘entspricht’; nur ist diese Ausdrucksweise
primitiv, setzt eine primitive Auffassung vom Gebrauch eines
Wortes [h|v]oraus. |
| 1220.
Ein ‘Sprachspiel’: Man
laesst Einnen ein Aroma,
z.B. das des Kaffee's nach
einer Zeichnung waehlen.
Man sagt ihm: “Kaffee riecht so:
” und nun befiehlt man ihm diejenige
Fluessigkeit zu bringen, die so riecht. –
Ich nehme nun an, er braechte wirklich die
richtige.
Ich haette also ein Mittel, durch etwas
Zeichenartiiges einem Menschen Befehle zu
erteilen.
((Zusammenhang mit dem Wesen der Regel, der Technik, der
Mathematik, – der reellen Zahlen z.B.))
Dies haengt auch damit zusammen:
(“Die Henne ‘ruft’ die
Kuechlein zu
sich.”[”|)] – 316 – |
| 1221.
“Man kann das Aroma des Kaffee's nicht
beschreiben.”
Aber koennte man sich nicht denken, daß
man's koennte?
Und was muss man sich dazu
vorstellen?
Wer sagt “Man kann das Aroma nicht beschreiben”, den kann man fragen: “Womit willst [d|D]u's beschreiben? Mit Hilfe welcher Elemente?” |
| 1222.
Wir sind auf die Aufgabe garnicht
gefasst, den Gebrauch des Wortes
“[d|D]enken”, z.B., zu
beschreiben.
(Und warum sollten wir's sein?
Wozu ist so eine Beschreibung nuetze?)
Und die naive Vorstellung, die man sich von ihm macht, entspricht garnicht der Wirklichkeit. Wir erwarten uns eine glatte, regelmaessige Kontour, und kriegen eine zerfetzte // zerlumpte // zu sehen. Hier koennte man wirklich sagen, wir haetten uns ein falsches Bild gemacht. Es ist das beinahe, als gaebe es ein Substantiv, sagen wir “Riese”, mit Hilfe dessen man all das ausdrueckt, was wir mit dem Adjektiv “gross” sagen. Das Bild, das uns beim Worte “Riese” in den Sinn kaeme, waere das eines Riesen. Und nun sollte man unsere seltsame Verwendung des Wortes “gross”, mit diesem Bild vor unsern Augen, beschreiben. |
| 1223.
Macaulay sagt, die Dichtkunst
sei eine “nachahmende Kunst” und
geraet natuerlich sogleich in die
groessten Schwierigkeiten mit diesem
Begriff.
Er will beschreiben; aber jedes Bild, das sich ihm darbietet, ist
unzutreffend // stimmt
nicht // , so offenbar richtig es auch auf den
ersten Blick scheint; und so seltsam es auch scheint, daß man
nicht sollte beschreiben koennen, was man so genau
kennt // versteht // .
1224.
Hier sagt man sich: “Es muss eben so sein! – auch wenn ich nicht gleich alle Einwaende bei Seite schieben kann.” |
| 1224.
Es waere doch sehr wohl denkbar, daß Einer sich genau
in einer Stadt auskennt, d.h., von jedem Ort der
Stadt zu jedem adern mit Sicherheit den
kuerzesten Weg faende, – und
dennoch ganz ausser Stande
waere, einen Plan der Sta[td|dt] zu
zeichnen.
Daß er, so bald er es versucht, nur
gaenzlich Falsches
hervorbringt.
(Unser Begriff vom ‘Instinkt’.) – 317 – |
| 1225.
Vor allem fehlt dem, der die Beschreibung versucht, nun jedes
System.
Die Systeme, die ihn in den Sinn kommen, sind
unzureichend; und er scheint ploetzlich sich in einer
Wildniss zu befinden, statt in dem wohlangelegten
Garten, den er so gut kannte.
Es kommen ihm wohl Regeln in den Sinn, aber die Wirklichkeit zeigt nichts als Ausnahmen. |
| 1226.
Und die Regeln des Vordergrunds machen es uns
unmoeglich, die Regeln im Hintergrund zu
erkennen. // sehen. //
Denn, wenn wir ihm mit dem Vordergrund zusammenhalten, sehen wir
nun wirklic nur widerliche Ausnahmen, also
Unregelmaessigkeit.
|
| 1227.
Sagen wir, es denke jeder, der sinnvoll spricht?
Z.B. der Bauende im Sprachspiel
№ 2?
Koennten wir uns nicht das Bauen und Rufen der
Woerter, etc., in einer Umgebung
denken, in der wir es mit einem Denken nicht in Zusammenhang
braechten?
Denn “denken” ist verwandt mit “ueberlegen”. |
| 1228.
“Eine Multiplikation mechanisch
ausfuehren” (ob nun auf dem Papier oder
im Kopfe) sagen wir wohl – – aber “sich etwas
mechanisch ueberlegen” das
enthaelt fuer uns einen
Widerspruch. |
| 1229.
Der Ausdruck, das Benehmen, des Ueberlegens.
Wovon sagen wir: Es ueberlege sich
etwas?
Vom Menschen, manchmal vom Tier.
(Nicht vom Baum, oder vom Stein.)
Ein Zeichen des Ueberlegens ist ein
Zoegern im Handeln.
(Koehler.)
(Nicht jedes Zoegern.)
|
| 1230.
Denke vom ‘Ueberlegen’ an das
‘Versuchen’.
An das ‘Untersuchen’, an den Ausdruck des Staunens;
des Misslingens und Gelingens. |
| 1231.
Was muss der Mensch nicht alles tun, damit wir
sagen, er denke! // alles tun
koennen, damit …! // |
| 1232.
Er kann nicht wissen, ob ich denke, aber ich
weiss es.
Was weiss ich?
Daß das, was ich jetzt tue, denken ist?
Und womit vergleich ich's, um das zu wissen?
Und kann ich mich darin nicht irren?
Also bleibt nur uebrig: ich wisse, daß ich
tue, was ich tue. – – 318 – |
| 1233.
Aber es hat doch Sinn, zu sagen “Er
weiss nicht, was ich dachte, denn ich habe es ihm
nicht gesagt”!
Ist ein Gedanke auch dann ‘privat’, wenn ich ihn laut im Selbstgespr aeussere, wenn mich niemand hoert? “Meine Gedanken kenne nur ich allein.” Das heisst doch ungefaehr: “Ich kann sie beschreiben, a[su|us]druecken, wenn ich will.” |
| 1234.
“Meine Gedanken kenne nur ich allein.” –
Woher weisst Du das?
Erfahrung hat es Dich nicht gelehrt. –
Was teilst Du uns dadurch mit? –
Du musst Dich schlecht
ausdruecken.
“Nicht doch! Ich denke mir jetzt etwas; sag mir, was es ist!” So war es also doch ein Erfahrungssatz? Nein; denn sagte ich Dir, was Du Dir denkst, so haette ich's doch nur erraten. Ob ich's richtig erraten habe, wie laesst sich das entscheiden? Dur[f|c]h Dein Wort, und gewisse Umstaende: Also vergleiche ich dieses Sprachspiel mit einem andern, bei welchem die Mittel der Entscheidung (Verifikation) anders aussehen. |
| 1235.
“Ich kann hier nicht....” –
Wo kann ich denn?
In einem andern Spiel.
(Ich kann hier – im Tennis naemlich –
den Ball nicht durch's Tor
schiessen.) |
| 1236.
Aber ist nicht ein Zusammenhang zwischen dem grammatischen
‘privat sein’ der Gedanken und der Tatsache, daß wir im
allgemeinen die Gedanken des Andern nicht erraten
koennen, ehe er sie ausspricht.
Es gibt doch ein Gedankenerraten in dem Sinne, daß Einer mir
sagt: “Ich weiss, was Du
[n|j]etzt gedacht hast” (oder “woran Du
jetzt gedacht hast”) und ˇich zugeben
muss, er habe meine Gedanken richtig
erraten.
Und dies kommt doch tatsaechlich sehr selten
vor.
Ich sitze oft, ohne zu reden, mehrere Minuten lang in meiner Klasse,
und Gedanken gehen mir durch den Kopf; aber keiner meiner
Hoerer koennte wohl erraten,
was ich bei mir gedacht habe.
Es waere doc aber doch auch
moeglich, daß sie Einer erriete und aufschriebe, so
als haette ich sie ausgesprochen.
Und zeigte er mir das Geschriebene, so muesste
ich sagen “Ja, ganz das habe ich mir gedacht.”
–
Und hier waere z.B. die
Frage unentscheidbar: ob ich mich auch nicht irre; ob ich wirklich
das gedacht hatte, oder nur, von seiner Niederschrift
beeinflusst, mir nun fest
einbilde, gerade – 319
– dies gedacht zu haben.
Und das Wort “unentscheidbar” gehoert zur Beschreibung des Sprachspiels. |
| 1237.
Und waere nicht auch dies
denkbar: Ich sage zu Einem “Du
hast Dir jetzt gedacht ....” –
Er verneint es.
Aber ich bleibe fest bei meiner Behauptung, und endlich sagt er:
“Ich glaube, Du hast recht; ich werde mir das gedacht
haben; mein Gedaechtnis wird mich
taeuschen.”
Und denke nun, daß dies ein ganz gewoehnliches Vorkommnis waere! |
| 1238.
“Gedanken und Gefuehle sind privat”
heisst ungefaehr das gleiche
wie “Es gibt Verstellung”, oder “Man
kann seine Gedanken und Gefuehle
verschweigen // verbergen // ; ja
luegen und sich
verstellen”.
Und es ist die Frage, was dieses “Es gibt” und
“Man kann” bedeutet. |
| 1239.
Unter welchen Umstaenden, bei welchen
Anlaessen, sagt man denn:
“Meine Gedanken kenne nur ich”? –
Wenn man auch haette sagen
koennte: “Meine Gedanken werde ich
Dir nicht sagen”, oder “Meine Gedanken halte ich
geheim”, oder “Meine Gedanken
koennt Ihr nicht erraten”. |
| 1240.
Wovon sagt man denn, man kenne es? und in wiefern kenne ich meine Gedanken?
Sagt man nicht von dem, man kenne es, was man richtig beschreiben kann? Und kann man das von den eigenen Gedanken sagen? Wenn Einer die Worte die “Beschreibung” des Gedankens nennen will, statt den “Ausdruck” des Gedankens, frage er sich, wie man einen Tisch beschreiben le[e|r]nt. Und das heisst nur: er sehe zu, wie man die Beschreibung eines Tisches, und wie man die Beschreibung der Gedanken als richtig oder falsch beurteilt; er moege also diese Sprachspiele in allen ihren Situationen ins Auge fassen. |
| 1241.
“Die Tatsache ist doch, daß der Mensch nur seine eigenen
Gedanken kennt.”
(“Die Tatsache ist doch, daß von meinem eigenen Denken nur
ich weiss.”)
“Und auch ich nicht” koennte man sagen – 320 – |
| 1242.
“Dem Menschen hat es die Natur gegeben, daß er im Geheimen
denken kann.”
Denk Dir man sagt: “Die Natur hat es dem Menschen
gegeben, daß er hoerbar, aber auch
unhoerbar, in seinem Geiste, reden
kann.”
Er kann also, heisst das, dasselbe auf zwei Arten
tun.
(Als koennte er sichtbar verdauen und
unsichtbar verdauen.)
Nur ist beim Reden im Geiste das Reden besser verborgen, als ein
Vorgang im Innern des Koerpers sein kann. –
Wie waere es aber, wenn ich redete, und
alle [a|A]ndern taub waeren?
Waere da mein Reden nicht ebensogut
verborgen?
“Im tiefsten Geheimnis des Geistes geht
|
| 1243.
Wer mir sagt, was er gedacht hat, – hat mir der
wirklich gesagt: was er gedacht hat?
Musste nicht das eigentliche geistige
Ereignis unbeschrieben
bleiben? // Musste nicht
der Vorgang im Geiste unbeschrieben bleiben? //
– –
War nicht er es das Geheime, – wovon ich
in der Rede dem Andern nur ein Bild gebe? |
| 1244.
Wenn ich Einem sag Einem sage, was
ich denke, – kenne ich da meinen Gedanken besser, als
meine Worte ihn darstellen?
Ist es, als kennte ich einen
Koerper und zeigte dem Andern nur
eine Photographie? |
| 1245.
“Dem Menschen ist es gegeben in voller
Abge[v|s]chlossenheit mit sich selbst zu reden; in einer
Absonderung, die weit vollkommener ist, als die eines
Einsiedlers.”
Wie weiss ich, daß
dem N. dies gegeben ist? –
Weil er's sagt und zuverlaessig
ist? –
Und doch sagen wir: “Ich wuesste gerne, was er jetzt bei sich denkt”; ganz so, wie wir sagen koennten: “Ich wuesste gerne, was er jetzt in sein Notizbuch schreibt”. Ja, man koennte eben das sagen und es, sozusagen, als selbstverstaendlich ansehen, daß er bei sich das denkt, was er ins Notizbuch eintraegt. |
| 1246.
Wuerden nun Leute, die
regelmaessig, – etwa
durch Beobachten des Kehlkopfs eines Menschen – seine Gedanken
‘lesen’ koennten, –
wuerden die auch von der
gaenzlichen Einsamkeit des Geistes mit sich
selbst zu sprechen geneigt sein? –
Oder: Waeren auch sie geneigt, das
Bild von der ‘gaenzlichen
Angeschlossenheit[:|’] zu gebrauchen?
– 321 – |
| 1247.
“Ich moechte wissen, worauf er
sinnt!”
Aber nun stell Dir diese – scheinbare irrelevante –
Frage: “Was ist daran
ueberhaupt
interessantes, // “Warum
interessiert mich
ueberhaupt,[W| // ]
was ‘in ihm’, in seinem Geiste, vorgeht – angenommen,
daß etwas vorgeht?”
(Hol's der Teufel, was in ihm vorgeht!) |
| 1248.
Der Vergleich des Denkens mit einem Vorgang in der Verborgenheit
ist, in der Philosophie, irrefuehrend.
So irrefuehrend etwa, wie der Vergleich des Suchens nach dem treffenden Ausdruck mit den Bemuehungen dessen, der eine nur ihm sichtbare Linie genau nachzeichnen will. |
| 1249.
Was uns verwirrt, ist, daß die Gedanken des Andern zu kennen, von
einer Seite besehen, logisch
unmoeglich, und von einer andern gesehen,
psychologisch und physiologisch unmoeglich
ist. |
| 1250.
Ist es nun richtig, zu sagen: daß diese beiden
‘[u|U]nmoeglichkeiten’
so miteinander zusammenhaengen, daß die
psychologische Unmoeglichkeit (hier)
das Bild liefert das uns (dann) zum Abzeichnen des Begriffs
‘denken’ wird? |
| 1251.
Man kann nicht sagen: das Schreiben in's
Notizbuch, oder das monol[g|[i|o]]gische Sprechen,
sei dem [s|S]tummen Denken
‘aehnliebliich’;
wohl aber kann der eine Vorgang den andern (das Rechnen im Kopf das
schriftliche Rechnen, z,B.)
fuer gewisse Zwecke ersetzen.
|
| 1252.
Koennte es Leute geben, die beim Denken immer zu
sich selbst murmeln, deren Denken also fuer
[a|A]ndere zugaenglich ist? –
“Ja, aber wir koennten doch nicht wissen, ob
sie nicht, ausserdem, stumm bei sich selber
denken!” –
Koennte es denn aber nicht sein, daß diese
Moeglichkeit, dies anzunehmen, ebenso sinnlos
waere, wie anzunehmen, die Haare dieser Leute
daechten, oder ein Stein
daechte?
Muessten wir, heisst das, wenn dies so waere, auch nur auf den Gedanken kommen, [e|E]iner daechte, haette Gedanken, in seinem Geist verborgen? |
| 1253.
“Ich weiss nicht, was Du Dir denkst.
Sag, was Du Dir denkst!” –
Das heisst etwa:
“Rede!” 322. |
| 1254.
Ist es also irrefuehrend, von der Seele des Menschen,
oder von seinem Geist zu reden?
So wenig, dass es ganz
verstaendlich ist, wenn ich sage:
“Meine Seele ist muede, nicht
bloss mein Verstand.”
Aber sagst Du nicht doch, dass alles, was man
durch das Wort “Seele” ausdruecken
kann, irgendwie auch durch Worte fuer
Koerperliches sich ausdruecken
laesst?
Ich sage es nicht.
Aber wenn es auch so waere, – was
wuerde es besagen?
Die Worte, so wie auch das, worauf wir bei ihrer
Erklaerung weisen, sind ja nur die Instrumente,
und nun kommt's auf ihren Gebrauch an. |
| 1255.
Unsere Kenntnis vieler // verschiedener //
Sprachen laesst uns die Philosophie, die in den
Formen einer jeden niedergelegt sind, nicht recht ernst nehmen.
Dabei sind wir aber blind dafuer,
dass wir (selbst) starke Vorurteile
fuer, wie gegen, gewisse Ausdrucksformen haben;
dass eben auch diese
Uebereinanderlagerung mehrerer Sprachen
fuer uns ein
bestimmtes // besonderes // Bild
ergibt.
Dass ?-wir, sozusagen, nicht
beliebig die eine Form durch eine andere
ueberdecken-?. |
| 1256.
Du musst bedenken, dass es ein
Sprachspiel geben kann, ‘eine Reihe von Ziffern
fortsetzen’, in dem keine Regel, kein Regelausdruck je
gegeben wird, sondern das Lernen nur durch Beispiele
geschieht.
So dass die Idee eine Rechtfertigung durch
ein Bild, das uns zwingt, so fortugehen vorzugehen,
diesen Leuten 323. ganz fremd
waere. // So
dass die Idee, jeder Schritt sei durch ein
Etwas – eine Art Vorbild – in unserm Geiste zu
rechtfertigen, diesen Leuten gaenzlich fremd
waere. // |
| 1257.
Beispiel von den Namen, die nur in Begleitung ihrer
Traeger Bedeutung haben, d.h.
nur so verwendet werden.
Sie dienen also nur zur Vermeidung des steten Zeigens.
Das Beispiel, das mir immer wieder vorschwebt, ist die Bezeichnung von
Linien, Punkten, Winkeln, in geometrischen Figuren, mit A, B,
C, … a, b, … etc. |
| 1258.
Beim Lesen: Sehen des Wortbilds: “Ich
habe das Wort fluechtig gesehen” – das
ist ein besonderes Erlebnis, laesst sich nicht
durch einen Film darstellen. |
| 1259.
Denk Dir eine Geisteskrankheit, in welcher man Namen nur in Anwesenheit
ihrer Traeger gebrauchen und verstehen
kann. |
| 1260.
Es koennte von Zeichen ein Gebrauch gemacht werden
solcher Art, dass die Zeichen nutzlos werden
(dass man sie vielleicht vernichtete), sobald
der Traeger aufhoerte zu
existieren.
In diesem Sprachspiel muesste sozusagen der Name den Gegenstand an einer Schnur haben; und hoert der Gegenstand auf zu existieren, so kann man den Namen, der mit ihm zusammen gearbeitet hat, wegwerfen. |
| 1261.
“Ich beabsichtige dorthin zu gehen”:
Beschreibung 324. eines Seelenzustands, oder
Aeusserung? –
Wenn man sich ein Modell der Seele vorstellt, so
koennte der Satz eine Beschreibung des Modells im
gegenwaertigen Zustand sein.
Der Mensch schaut seine Seele an und sagt: ......
Ist es ein gutes, oder ein schlechtes Modell? – wie
waere das zu entscheiden?
Die Frage ist: Wie wuer[e|d]e
es als Zeichen verwendet? |
| 1262.
“Ich beabsichtige ....” koennte
man als auch Aussage verwenden: “Ich tue
e[s|t]was, was dieser Absicht gemaess
ist”. z.B.: ich
packe fuer die Reise, bereite mich so oder so, durch
Ueberlegungen oder Handlungen, auf die Reise
vor.
So koennte man ein Verbum
verwenden.
Etwa entsprechend dem Ausdruck “Ich handle in der
Absicht ....” |
| 1263.
Beschreibung meiner Seelenzustaende: des
Wechsels von Furcht und Hoffnung z.B.
“Am Vormittag war ich voller Hoffnung, dann ...”
Jeder wuerde das eine Beschreibung
nennen[,| .]
[a|A]ber es ist charakteristisch
dafuer, dass dieser Beschreibung
parallel eine meines Benehmens gehen
koennte. |
| 1264.
Vergleiche den Ausdruck der Furcht und Hoffnung mit dem des
‘Glaubens’, das und das werde geschehen. –
Man nennt darum auch Hoffnung und Furcht
“Gemuetsbewegungen”, den Glauben
(oder das Glauben) aber nicht. 325. |
| 1265.
Wenn ich sage: “Die Absicht, es zu tun, wurde von
Stunde zu Stunde staerker” – dies wird
man Beschreibung nennen.
Aber dann doch auch dies: “Ich
beabsichtigte die ganze Zeit ...”
Vergleiche nun “Ich glaubte die ganze Zeit an's Gravitationsgesetz” mit “Ich glaubte die ganze Zeit, ein leises Fluestern zu hoeren”. Im ersten Fall ist “Glauben” aehnlich verwendet, wie “Wissen”. (‘Haette man mich gefragt, so haette ich gesagt ....’). Im zweiten Fall haben wir eine Taetigkeit, ein Vermuten, Lauschen, Zweifeln, etc. Und bezeichnet auch “glauben” nicht diese Taetigkeit, so ist es doch sie, die uns sagen laesst, wir beschrieben hier einen Seelenzustand oder eine seelische Taetigkeit. – Wir koennten das auch so sagen: Wir machen uns ein Bild des Menschen, der die ganze Zeit glaubt, ein leises Geraeusch zu hoeren. Aber nicht eines des Menschen, der an die Richtigkeit des Gravitationsgesetzes glaubt. |
| 1266[1|.]
Ich beabsichtige (koennte man sagen)
heisst nicht: “Ich bin dabei,
zu beabsichtigen”, oder “Ich bin beim
Beabsichtigen” (wie man sagt, ich bin beim
Zeitunglesen).
Wohl aber: “Ich bin dabei, meine Reise zu
planen” etc.
Wir haben kein einzelnes Verbum, koennten es aber haben (und vielleicht existiert es wirklich in einer wenig bekannten Sprache), das ausdrueckt; “handeln mit der Absicht, das und das zu tun” // “in der und der Absicht handeln und denken” // . 326. |
| 1267.
“Ich beabsichtige ....” ist nie eine
Beschreibung, aber unter gewissen Umstaenden
laesst sich eine Beschreibung daraus
entnehmen. |
| 1268.
Zu sich selbst reden.
“Was geschieht da?”
Falsche Frage!
Nicht nur kann man nicht sagen, was geschieht – auch nicht:
man wisse nicht, was geschieht – auch nicht, man wisse nur das und
das darueber!
Aber auch das ist falsch zu sagen: Es ist eben ein spezifischer
Vorgang, der sich
|
| 1269.
Begriffe koennen einen Unfug
erleichtern, oder erschweren; beguenstigen, oder
hemmen. |
| 1270.
Es ist ganz richtig: man kann sich nicht eine
Erklaerung vom ‘rot’, oder
‘Farbe’ vorstellen.
Aber nicht, weil das Erlebte etwas Spezifisches ist, sondern weil das
Sprachspiel es ist. |
| 1271.
“Man kann einem Menschen nicht erklaeren,
was [r|R]ot ist.” –
Wenn man es nun doch dennoch koennte,
– ist es dann nicht, was wir “rot”
nennen? 327.
Denken wir uns Menschen, die eine Zwischenfarbe, von Rot und Gelb z.B., durch eine Art binaeren Dezimalbruch so so ausdruecken: R,LLRL u. dergl., wo auf der rechten Seite z.B. Gelb steht, au[o|f] der lineken Rot. – Diese Leute lernen schon im Kindergarten, Farbtoene in dieser Weise beschreiben, nach solchen Beschreibungen Farben auswaehlen, zu mischen, etc. Sie verhielten sich zu uns ungefaehr, wie Leute mit absolutem Gehoer zu Leuten, denen dies fehlt. Sie koennten tun, was wir nicht koennen. |
| 1272.
Und hier moechte man sagen: “Ist
das denn aber auch vorstellbar?
Ja, das Benehmen wohl! aber auch der innere
Vorgang, das Farberlebnis?”
Und was man auf so eine Frage sagen soll, ist schwer zu sehen.
Haetten die, die kein absolutes
Gehoer haben, vermuten koennen, es
muesse // werde //
auch Leute mit absolutem Gehoer
geben? // Wenn uns Leute mit absolutem
Gehoer noch nicht begegnet waeren,
wuerde uns die Existenz solcher Leute doch sehr
wahrscheinlich vorkommen? // |
| 1273[1|.]
Wenn Einer sagte “Rot ist zusammengesetzt” – so
koennten wir nicht erraten, worauf er damit
anspielt, was er mit diesem Satz wird anfangen wollen.
Sagt er aber: “Dieser Sessel ist
zusammengesetzt”, so moegen wir zwar
nicht gleich wissen, von welcher Zusammensetzung er spricht,
koennen aber gleich ein an
[|m]ehr als einen Sinn fuer seine
Aussage denken.
Was fuer eine Art von Faktum ist nun dies, worauf ich aufmerk- 328. sam machte?
Jedenfalls ist es ein wichtiges Faktum. – Uns ist keine Technik gelaeufig, auf die dieser Satz anspielen koennte. |
| 1274.
Wir beschreiben hier ein Sprachspiel, welches wir nicht lernen
koennen. |
| 1275.
“Dann muss etwas ganz anderes in ihm
vorgehen, etwas, was wir nicht kennen.” –
Das zeigt uns, zeigt uns,
wonach wir bestimmen, ob ‘im Andern’ etwas anderes als,
oder dasselbe wie, in uns stattfindet.
Das zeigt uns, wonach wir die inneren
Vorgaenge beurteilen. |
| 1276.
“Rot ist nicht zusammengesetzt” – und was ist
Rot?! –
Da moechten wir einfach auf etwas Rotes zeigen; und
wir vergessen, dass, wenn jene Aussage einen
Sinn haben sll, uns mehr gegeben sein
muss, als die hinweisende Definition.
Wir verstehen noch garnicht, was der Sinn
eines Satzes von der Form “X ist nicht
zusammengesetzt” ist, wenn fuer X ein
Wort gesetzt wird, welches den Gebrauch unserer
Fa[br|rb]woerter hat. |
| 1277.
Es ist Tatsache: “Rot” wird einem
nicht durch Worte ohne Bezug [e|a]uf ein Farbmuster
erklaert.
Sollte das nicht wichtig sein? |
| 1278.
“Wie koennte man Rot Einem
erklaeren wollen, da es doch ein bestimmter
Sinneseindruck ist, und nur der ihn kennt, der ihn hat 329. (oder gehabt hat) –
und erklaeren nur heissen
kann: ihn im Andern erzeugen!”
– |
| 1279.
“Wer absolutes Gehoer hat,
muss ein anderes Tonerlebnis haben, als
ich.” –
Und Jeder, der absolutes Gehoer hat, das
gleiche?
Und wenn das nicht, – warum [|mu]ss
es ein anderes sein, als das meine? |
| 1280.
Denk Dir, um Einem ‘Rot’ zu
erklaeren, zeigen wir ihm ˇein etwas
[r|R]oetliches Schwarzbraun, und
sagen: “Diese Farbe besteht aus Gelb (wir zeigen
reines Gelb), Schwarz (wir zeigen es) und noch einer Farbe, die
“rot” heisst.
Darauf sei er nun imstande, aus einer Anzahl von Farbmustern das reine
Rot auszuwaehlen. |
| 1281.
Und merke wohl: man zeigt nicht auf Rot, sondern etwas
Rotes.
d.h. natuerlich: der
Begriff ‘Rot’ ist durch's Zeigen
nicht bestimmt, und es ist nicht nur moeglich
“Rot” nun als Namen einer Form,
z.B. zu deuten, sondern auch als Begriffswort, das
einem Fa[br|rb]wort viel
naeher steht. |
| 1282.
|
| 1283[1|.]
Kannst Du Dir vorstellen, was der
rot-gruen Blinde sieht?
Kannst Du das Bild des Zimmers malen, wie er es sieht? |
| 1284.
“Wer alles nur grau, schwarz und weiss
saehe, dem muesste etwas
330. gegeben
werden, damit er wuesste, was Rot,
Gruen, etc. ist.”
Und was muesste ihm gegeben werden?
Nun, die Farben.
Also z.B. dies, und
dies, und dies.
(Denk Dir, z.B., dass
farbige Vorbilder in sein Gehirn eingefuehrt werden
muessten, zu den bloss
grau[s|e]n und schwarzen.)
Aber muesste das geschehen als Mittel zum Zweck
des kuenftigen Handelns?
Oder schliesst eben dies Handeln diese Vorbilder
ein?
Will ich sagen: “Es muesste
ihm etwas gegeben werden, denn es ist klar, er
koe[s|n]nte sonst nicht
....” – oder: Sein sehendes Benehmen
enthaelt neue Bestandteile?
Auch: was wuerden wir eine “Erklaerung” des Sehens” nennen? Soll man sagen: Nun, Du weisst doch sonst, was “Erklaerung” heisst; verwende diesen Begriff also auch hier! |
| 1285.
Kann ich sagen: “Schau es an! so wirst Du
sehen, dass es sich nicht
erklaeren laesst.”
–
Oder: “Trinke die Farbe Rot ein, so wirst Du
sehen, dass nicht durch etwas anderes darzustellen
ist!” – –
Und wenn der Andere nun mir bestimmt, zeigt es, dass
er dasselbe eingetrunken hat, wie ich? –
Und was bedeutet nun unsere Geneigtheit, dies zu sagen?
Rot erscheint uns isoliert dazustehen.
Warum?
Was ist dieser Schein, diese Geneig⌊t⌋heit wert
wert? |
| 1286[1|.]
Denke an den Satz “Rot ist keine Mischfarbe” und an
seine Funktion.
Das Sprachspiel mit den Farben ist eben durch das charakterisiert, was wir tun koennen und was wir nicht tun koennen. 331. |
| 1287[1|.]
Rot ist etwas Spezifisches; aber das sehen wir nicht, wenn wir etwas
Rotes anschauen.
Sondern (wir sehen) die
phaenomene, die wir durch das
Sprachspiel mit dem Wort “rot”
abgrenzen. |
| 1288.
“Rot ist etwas Spezifisches”, das
muesste soviel heissen
wie: “Das ist etwas Spezifisches” –
wobei man auf etwas Rotes deutet.
Aber damit das verstaendlich
waere, musste man schon unsern
Begriff ‘rot’, den Gebrauch jenes Musters,
meinen. |
| 1289.
Wenn Du Dich ueber diese Dinge wunderst, wundere Dich
erst ueber etwas anderes!
Naemlich darueber, was denn
Beschreibung und Bericht ueberhaupt leisten.
Konzentrierst Du darauf Dein Verwundern, so werden jene andern Probleme
verblassen // schrumpfen // .
|
| 1290.
Primaere Farben.
Wenn bei anderen Menschen Farben, die wir Mischfarben nennen, die Rolle
unserer primären Farben spielten, wuerden wir sagen,
ihre primaeren Farben seien
z.B. dieses Orange, dieses Blaurot, dieses
Blaugruen, etc.?
Heisst also der Satz “Rot ist eine
primaere Farbe” [,|s]oviel
wie: Rot spielt bei uns die und die Rolle; wir reagieren auf Rot,
Gelb etc. so und so? –
Man denkt meistens nicht so: d.h.,
“Rot ist eine reine Farbe” ist ein Satz
ueber das ‘Wesen’ von Rot, die
Zeit tritt in ihn nicht ein; man kann sich nicht denken,
dass diese Farbe
nicht einfach sein koennte.
332. |
| 1291.
Der Farbenkreis: Die gleichen Abstaende
der primaeren Farben sind
willkuerlich.
Ja, die Uebergaenge
wuerden uns vielleicht einen
gleichfoermigeren Eindruck machen, wenn,
z.B., der Punkt des reinen Blau dem des reinen
Gruen naeher
waere, als dem des reinen Rot.
Es waere sehr merkwuerdig, wenn
die Gleichheit der Abstaender in der Natur
der Dinge laege. |
| 1292.
“Ein roetliches Gruen
gibt es nicht” ist den Saetzen verwandt,
die wir als Axiome in der Mathematik gebrauchen. |
| 1293.
Die Menschen zaehlen und rechnen:
Beschreibe, was sie da tun!
Sollen in dieser Beschreibung auch Saetze vorkommen,
wie der: “Er verstand nun, wie er die
Reihe fortzusetzen hatte” – oder: “Er
ist nun imstande, jede beliebige Multiplikation
aufzufuehren”?
Und ist der Satz zuzulassen: “Er sah
nun im Geist die ganze Zahlenreihe vor sich”?
Solche Saetze koennen in der Beschreibung vorkommen; aber koennen wir nicht verlangen, dass ihr Gebrauch uns erklaert werde; damit uns keine falschen, oder irrelevanten Vorstellungen unterlaufen? Es ist hier die Frage, fuer wen wir die Beschreibung geben. Von wem sagen wir, er sei imstande, beliebige Multiplikationen auszufuehren? Wie kommt man ueberhaupt zu
333. I333 |
| 1[3|2]94. 1294
‘R[e|o]t ein degeneriertes
gruen.’
Wenn man ein Blatt von gruen ins rote spielen
sieht, sagt man, das gruen sei
kraenklich und im Roten ganz
deger[o|i]ert.
Man schneidet etwa, wenn man die rote Farbe sieht, immer ein
Gesicht.
Konnte man nun nicht Rot erklaeren als die aeusserste Degeneration von gruen? |
| 1295. 2
Man kann niemandem erklaeren, was Rot
ist!” –
Wie kommt man ueberhaupt auf die Idee; bei welchem
Anlass sagt man das? |
| 1296. 3
“Farben sind etwas Spezifisches.
Durch nichts anderes zu
erklaeren.”
Wie gebraucht man dieses Instrument? –
Beschreibe das Spiel mit Farben!
Das Bennen von Farben, das Vergleichen von Farben, das
Erzeugen von Farben, den Zusammenhang zwischen Farbe und Licht und
Beleuchtung, den Zusammenhang der Farbe mit dem Auge, der
Toene mit dem Ohr, und unzaehliges
[A|a]ndere.
Wird sich hier nicht das ‘Spezifische’ der Farbe
zeigen?
Wie zeigt man Einem eine Farbe; und wie einen Ton? |
| 1297. 4
Wenn wir in Gedanken zu uns selber reden: “Es
geschieht etwas; das ist sicher.”
Aber der Nutzen dieser Worte ist uns [n|i]n
Wirklichkeit ebenso unsicher unklar, wie der
bes[e|o]ndern // speziellen //
psychologischen Saetze, die wir
erklaeren wollen. |
| 1298. 5
Statt des Unzerlegbaren, Speifischen, Undefinierbaren:
die Tatsache, daß wir so und so handeln, z.B.,
gewisse Handlungen strafen, den Tatbestand so und so
feststellen, Befehle geben, Berichte erstatten, Farben
beschreiben, uns fuer die
Gefuehle der Andern interessieren.
Das hinzunehmende, gegebene – koennte man
sagen – seien Tatsachen des Lebens. // seien
Lebensformen. // |
| 1299. 6
Wir beurteilen das Motif einer Tat nach dem, was
der Mensch, der sie veruebt hat, uns sagt, nach dem
Bericht von Augenzeugen, nach der Vorgeschichte.
So beurteilen wir die Motive eines Menschen.
Aber das scheint uns nicht
auffallend, // Aber das
faellt uns nicht sehr auf // , daß es
so etwas wie die ‘Beurteilung der Motive’ gibt.
Daß dies ein ganz eigentuemliches Sprachspiel ist
[.| –] daß der Tisch und der Stein keine Motive
haben.
Daß es zwar auch die Frage gibt: “Ist das eine
zuverlaessige Art, die Motive eines Menschen zu
beurteilen?” – 334. 2 aber
uns schon bekannt sein muss, was denn
ueberhaupt die “Beurteilung von
Motiven” heisst.
Es muss schon eine Technik geben, an die wir hier
denken, damit wir von einer Abaenderung dieser
Technik reden koennen, die wir als
zuverlaessigere Beurteilung eines
Motifs bezeichnen. |
| 1300. 7
Man beurteilt die Laenge eines Stabes, und man kann
eine Methode suchen und finden, um sie genauer, richtiger, zu
beurteilen.
Also – sagst Du – ist, was wir hier beurteilen
von der Methode des Beurteilens unabhaengig,
man kann, was Laenge ist, nicht mit
Hilfe der Methode der Laengenbestimmung
erklaeren.
Aber wer so denkt, macht einen Fehler.
Was fuer einen Fehler? –
Wie seltsam waere es, zu sagen:
“Die Hoehe des
Himalaya haengt davon
ab, wie man ihn ersteigt.”
“Die Laenge immer genauer
messen”, das moechte man damit vergleichen,
naeher und naeher an ein Objekt
heran zu kommen.
Aber es ist eben nicht in allen Faellen klar, was
es heisse “naeher und
naeher an die Laenge des Stabes
herankommen”.
Und man kann nicht sagen: “Du
weisst doch, was die Laenge eines
Stabes ist; und Du weisst, was ‘sie
bestimmen’ heisst; darum
weisst Du, was es heisst
‘die Laenge immer genauer
bestimmen’.”
Was es heisst, eine genauere Bestimmung der Laenge des Stabes zu suchen, ist unter gewissen Umstaenden klar, und unter gewissen Umstaenden nicht klar und bedarf einer neuen Bestimmung. Was “die Laenge bestimmen” heisst, le[e|r]nnt man nicht dadurch, daß man lernt was die Laenge ist und was bestimmen ist[”|;] sondern die Bedeutung des Wortes Laenge lernt man u.a. dadurch, daß man lernt, was Laengenbestimmung ist. ‘Die Laengenbestimmung [v|V]erfein[ing|ern]’ ist eine neue Technik, die unserem Laengenbegriff modifiziert. |
| 1301. 8
Wenn man einfache Sprachspiele beschreibt zur Illustration, sagen wir,
dessen was wir das ‘Motif’ einer
Handlung nennen, dann werden einem immer wieder verwickeltere
Faelle vorgehalten, um zu zeigen, daß unsere Theorie
den Tatsachen noch nicht entspricht.
Waehrend verwickeltere Faelle
eben verwickeltere Faelle sind.
Handelte es sich naemlich um eine Theorie, so
koennte man allerdings sagen: Es
nuetzt nichts diese speziellen
Faelle zu betrachten, sie geben keine
Erklaerung gerade der wichtigsten
Faelle.
Die einfachen Sprachspiele dagegen spielen eine ganz andere
Rolle.
Sie sind Lohle Pole einer Beschreibung, nicht der
Grundstock einer Theorie. 335. 3 |
| 1302. 9
“Wie kommt es, daß es
|
| 1303. 10
Denke, Du solltest beschreiben, wie Menschen das
Zaehlen (im Dezimalsystem
z.B.) lernen.
Du beschreibst, was der Lehrer sagt und tut, und wie der
Schueler darauf reagiert // und wie
der Schueler sich daraufhin
verhaelt. //
In dem, was der Lehrer sagt und tut, werden sich
z.B. Worte und Gebaerden finden,
die den Schueler zum Fortsetzen einer Reihe
aufmuntern sollen; auch Worte wie “Er kann jetzt
zaehlen”.
Soll nun die Beschreibung, die ich von dem Vorgang des Lehrens und
Lernens gebe, ausser den Worten des Lehrers auch
mein eigenes Urteil enthalten: der Schueler
koenne jetzt zaehlen, oder:
der Schueler habe nun das System der Zahlworte
verstanden?
Wenn ich so ein Urteil nicht in die Beschreibung aufnehme, – ist
sie dann unvollstaendig?
Und wenn ich es aufnehme, gehe ich ueber die
blosse Beschreibung hinaus? –
Kann ich mich jener Urteile enthalten mit der
Begruendung: “Das
i ist alles was geschieht!” |
| 1304.11
Muss ich nicht viel mehr
fragen: “Was tut die Beschreibung
ueberhaupt? wozu dient sie?”
–
“Was eine vollstaendige und
eine unvollstaendige Beschreibung ist, wissen wir
allerdings in anderem Zusammenhang.
Frage Dich: Wie verwendet man die
Ausdruecke
“vollstaendige” und
“unvollstaendige
Beschreibung”?
Eine Rede vollstaendig (oder unvollstaendig) wiedergeben. Gehoert dazu auch die Wiedergabe des Tonfalls, des Minenspiels, der Echtheit oder Unechtheit der Gefuehle, der Absichten des Redners, der Anstrengung des Redens? Ob das oder jenes fuer uns zur vollstaendigen Beschreibung gehoert, wird vom Zweck der Beschreibung abhaengen, davon, was der Empfaenger mit der Beschreibung anfaengt. |
| 1305. 12
Der Ausdruck “Das ist alles, was
geschieht” grenzt ab, was wir
“geschehen” nennen. 336. 4 |
| 1306. 13
Man urteilt Mein Urteil “Der
Schueler kann jetzt
zaehlen” gebe ich zu gewissen Zwecken
ab.
Man gibt ihm daraufhin etwa eine Anstellung.
Sagst Du “So ist also dies Urteil kein Teil der
Beschreibung des Lernens, sondern eine Vorhersage” – so
antworte ich: “Du kannst es so oder so
auffassen”. // Sagst Du “So
gehoert also dies Urteil nicht zur
Be[x|s]chreibung des Lernens, sondern ist eine
Vorhersage” – s[e|o]
.... //
Du kannst sagen, Du beschriebest den Zustand des
Schuelers. – |
| 1307. 14
Denk Dir Rot als den Gipfel aller Farben angesehen.
Die besondere Rolle des Dreiklangs in unserer Musik.
Unser Unverstaendnis fuer
die alten Kirchentonarten. |
| 1308. 15
Unter welchen Umstaenden wuerde
man sagen, diese Menschen fassen alle Farben als [|Ge]rade
einer Eigenschaft auf? |
| 1309. 16
Kannst Du Dir denken, daß wir Blau und Rot immer als die beiden
aeussersten Pole einer
Veraenderung von Violet
ansaehen?
Man koennte dann [r|R]ot ein ganz hohes
V[o|i]olet und Blau ein ganz tiefes
Violet nennen. |
| 1310. 17
Oder denk Dir eine Welt, in welcher Farben beinahe immer in
regenbogenartigen Uebergaengen
vorkaemen.
So daß man etwas eine gruene
Flaeche, wenn sie ausnahmsweise einmal vorkommt als
Modifikation eines Regenbogens
|
| 1311. 18
Kann ich denn aber nun sagen, ˇdaß wenn dies die
Tatsachen waeren, daß die Menschen diese
Begriffe haetten?
Doch gewiss nicht.
Wohl aber dies: Denke nicht, daß unsere Begriffe die einzig
moeglichen, oder vernuenftigen
sind; [W|w]enn Du Dir ganz andere Tatsachen, als die, die uns
staendig umgeben, vorstellst, so werden
ˇDir andere Begriffe als die unsern
natuerlich erscheinen. |
| 1312. 19
Glaub doch nicht, daß Du den Begriff der Farbe in Dir
haeltst, weil Du auf ein faerbiges
Objekt schaust, wie immer Du schaust.
(So wenig, wie Du den Begriff der negativen Zahl besitzt, dadurch, daß Du Schulden hast.) |
| 1313. 20
Angenommen, wir kennten ein Volk, welches eine
gaenzlich andere Form der Farbaussagen
haetten, als die unsere: wir nehmen
dann meistens an, daß es ein Leichtes ist, diese Leute 337. 5 unsere
Ausdrucksform // Ausdrucksweise // zu
lehren.
Und daß, wenn sie beide Ausdrucksformen beherrschen, sie deren
Unterschied als unwesentlich anerkennen werden.
(Das Geschlecht unserer Hauptworte).
Ist das so?
Muss es so sein?
Denken wir uns, Leute haetten fuer zwei Abschattungen von Blau zwei verschiedene einfache Namen, und fuer sie waeren die Farben sehr verschieden, die es fuer uns nicht sind. Wie wuerde sich das aeussern? Und denken wir uns auch das Umgekehrte: daß fuer ein Volk Rot und Blau nur ‘dem Grade nach’ verschieden waeren, nicht ‘gaenzlich verschiedene Farben’. Und was waeren hierfuer die Kriterien? Wir sagen, in der Tonleiter kehre nach je 7 Toenen der gleiche Ton wieder. Was heisst es: “Wir empfinden ihn als den gleichen”? Ist, daß wir ihn den gleichen nennen, nur ein sprachlicher Zufall? |
| 1314. 21
Den Schwachsinnigen stellt man sich unter dem Bild de[r|s]
Degenerierten, wesentlich Unvollstaendigen, gleichsam
Zerlumpten vor.
Also unter dem der Unordnung, statt der primitiveren Ordnung
(welches eine weit produktivere Anschauungsart
waere). |
| 1315. 22
Zaehlen, Rechnen, etc., in einem
abgeschlossenen System, so wie eine Melodie abgeschlossen ist.
Die Leute zaehlen etwa mit Hilfe der
Toene einer besonderen Melodie; am Ende der Melodie
kommt die Zahlenreihe zu einem Ende. –
Soll ich sagen: Es gint
natuerlich noch weitere Zahlen, nur erkennen diese
Leute sie nicht?
Oder soll ich sagen: Es gibt noch ein anderes
Zaehlen – das, was wir tun –
und das kennen (tun) jene Leute nicht. |
| 1316. 23
Der Begriff des Erlebnisses: Aehnlich dem
des Geschehens, des Vorgangs, des Zustands, des Etwas, der Tatsache, der
Beschreibung und des Berichts.
Hier meinen wir, stehen wir, auf dem harten Urgrund,
338. 6 |
| 1317. 24
Das Rechnen im Kopf // Kopfrechnen // ist
vielleicht der einzige Fall, in welchem von der Vorstellung ein
regelmaessiger Gebrauch im Alltagsleben gemacht
wird.
Darum hat es besonderes Interesse.
“Aber ich weiss, daß etwas in mir vorgegangen ist!” Und was? War es nicht, daß Du im Kopf gerechnet hast? – So ist also das Kopfrechnen doch etwas Spezifisches! Ueberlege Dir erst: Wie gebraucht man ueberhaupt die Beschreibung “Er rechnet im Kopf”, “Ich rechne im Kopf”. Die Schwierigkeit, auf die man stoesst ist eine Wagheit in den Kriterien fuer das Sattfinden des geistigen Vorgangs. Liessel sich die beseitigen? |
| 1318. 25
Kann man sich das Kopfrechnen vorstellen? |
| 1319. 26
Man kann wahrnehmbar rechnen und im Kopf rechnen:
Koennte man im Kof auch etwas
tun, was man wahrnehmbar nicht tun kann,
wofuer es kein wahnehmbares
Equivalent gibt?
Wie waere es, w[oe|en]n Leute fuer das Kopfrechnen eine Bezeichnung haetten, die es nicht unter die Taetigkeiten einreihte und schon erst recht nicht unter die des Rechnens? Sie bezeichnen es etwa als ein Koennen. Ich nehme an, sie gebrauchen radikal von dem unsern verschiedene Bilder. |
| 1320. 27
Wenn aber nun Einer sagte: “So ist alles, was
geschieht, doch, daß er so und so reagiert, sich
benimmt” – so ist hier wieder ein großes
Missverstaendnis.
Denn hat also der, welcher erzaehlte
“Ich habe die Multiplikation ohne zu schreiben,
etc., in irgend einem Sinn
gerechnet” – hat dieser Unsinn
geredet, oder etwas Fa[a|l]sches berichtet?
Es ist eine andere Sprachverwendung, als die der Beschreibung eines
Benehmens.
Aber man koennte allerdings fragen:
Worin besteht die Wichtigkeit dieser neuen
Sprachverwendung?
Worin besteht z.B. die, der
Aeusserung der Intention? – 339. 7 |
| 1321. 28
“Wie, wenn Einer Vorstellungsbilder haette
von der Intensitaet, Deutlichkeit, von
Nachbildern z.B.; waeren das
Vorstellungen, oder waeren es Halluzinationen,
– auch wenn er sich der Unwirklichkeit des Gesehenen voll
bewusst ist?”
Vor allem: Wie weiss ich, daß er
Bilder von dieser Deutlichkeit sieht?
Er sagt es etwa.
Ein Unterschied waere der, daß seine Bilder von
ihm ‘unabhaengig’ sind.
Was heisst das? –
Er koennte sie nicht durch Gedanken
verscheuchen.
Stelle ich mir z.B. den Tod meines Freundes vor,
so kann man mir sagen “Denk nicht daran, denk an etwas
anderes”; aber das wuerde man mir nicht
sagen, wenn ich das Ereignis z.B. im Film vor mir
saehe.
Und so wuerde ich dem, der mir in dem angenommenen
Fall sagte, denk nicht daran, antworten: “Ich mag
daran denken oder nicht, – ich sehe
es.” |
| 1322. 29
Nimm den Gebrauch des englischen “this”,
“that”, “these”,
“those”, “will”,
“shall”: Regeln fuer den
Gebrauch dieser Woerter zu geben,
waere schwer.
Es ist aber moeglich ihn zu
verstehen, sodaß Du dann geneigt
waerst, zu sagen: “Wenn man
einmal das richtige Gefuehl
fuer den [Z|S]inn dieser
Woerter hat, dann kann man sie auch
anwenden.”
Man koennte also auch diesen
Woertern eine eigentuemliche
Bedeutung in der englischen Sprache zuschreiben.
Wir sehen in dem Gebrauch des Wortes eine
[p|P]hysionomie. // Ihr
Gebrauch wird sozusagen als eine Physionomie
|
| 1323. 30
Kopfrechnen Kopffrechnen auf
Befehl.
Lass Dich durch die Kombination bekannter
Woerter nicht
Bedenke, daß man [e|E]inen das Kopfrechnen lehrt, indem man ihm befiehlt zu rech[e|n]en! Aber muesste das sein? Koennte es nicht sein, daß ich ihm, um ihn zum Kopfrechnen zu bringen, nicht sagen duerfte “Rechne!”, sondern vielleicht: “Tu etwas anderes, aber finde das Resultat”. Oder: “Schliess den Mund und die Augen und ruehr Dich nicht, und Du wirst die Antwort lernen.” 3[3|4]0.
8
Ich will doch sagen, daß man das Kofprechnen nicht aus dem
Gesichtspunkt des Rechnens betrachten
muss, obwohl es wesentlich mit dem
Rechnen zusammenhaengt.
Ja auch nicht unter dem Gesichtspunkt des ‘Tuns’. Denn Tun ist etwa, was man Einem vormacht. |
| 1324. 31
Ich will sagen: Es ist nicht notwendig, Reaktionen, die von
den unsern verschieden sind, und daher vielleicht anderen
Begriffsbildungen guenstig sind, als Folgen,
under Aeusserungen, ihrer
Natur nach verschiedener (innerer) Vorgaenge zu
deuten.
Es ist nicht notwendig, zu sagen: Hier handelt es sich um verschiedene innere Vorgaenge. |
| 1325[1|.]
32
Wir haben einerseits seine Faehigkeit, ohne
wahrnehmbares Rechnen Stufen der Rechnung mitzuteilen – anderseits
die Aeusserungen, die er zu machen geneigt ist;
wie etwa die die: “Ich
habe in meinem Inneren gerechnet”.
Die Erscheinungen der ersten Art
koennten uns zu einer
b[u|i]ldhaften Beschreibung
bringen”
Es ist, als rechnete er irgendwie und irgendwo, und teilte uns Stufen
dieser Rechnung mit”.
Das, was er zu sagen geneigt ist, koennen wir als
Ausdrucksweise unserer Sprache annehmen, oder auch nicht.
Wir koennten ihm z.B.
sagen: “Du rechnest doch nicht ‘in Deinem
Innern’!
Du rechnest uneigentlich.”
Und nun sagt er in Zukunft dies. |
| 1326. 33
“Aber ich weiss doch, daß ich
wirklich rechne – wenn auch nicht
fuer den Andern wahrnehmbar!”
Dies koennte man als typische
Aeusserung eines geistig
zurueckgebliebenen
auffassen. |
| 1327. 34
Aber wenn wir so mit dem [I|i]nnern Vorgang
aufraeumen, – bleibt nun nur noch der
aeussere? –
Es bleibt nicht das Srpachspiel der
Beschreibung des aeussern Vorgangs allein, sondern
auch das, welches von
341. 9 |
| 1328. 35
Wenn Dir ploetzlich ein Thema, eine Wendung, etwas
sagt, so brauchst Du Dir's nicht erklaeren
zu koennen.
Es ist Dir ploetzlich auch diese
Geste zugaenglich. |
| 1329. 36
Vergleich vom koerperlichen
Vorgaengen in
Zus[ay|ta]enden, wie Verdauung, Atmung,
etc., mit geistigen, wie Denken,
Fuehlen, Wollen etc.
Was ich betonen will, ist gerade die Unvergleichbarkeit.
Eher, moechte ich sagen, waeren
die vergleichbaren
Koerperzustaende:
Geschwindigkeit der Atmung,
Unregelmaessigkeit des Herzschlags,
Zuverlaessigkeit der Verdauung,
und dergleichen.
Und freilich koennte man sagen, daß diese alle
das Verhalten des Koerpers
charakterisieren. |
| 1330. 37
Denk Dir einen Stamm, von Leuten, die nicht sagen “er
hat Schmerzen”, “wir haben Schmerzen”,
“in ihm geht das [g|G]leiche vor wie in
mir”, “diese Leute haben das gleiche seelische
Erlebnis” etc.; sondern man redet wohl von einer
Seele und von Vorgaengen in der Seele, sagt aber,
man wisse absolut nichts darueber, ob zwei Leute,
von denen wir etwa sagen, sie haetten
Schmerzen, wirklich dasselbe haben, oder etwas ganz anderes; und man
sagt daher bei ihnen, die Menschen haben etwas Unbekanntes und nun
folgt in ihrer Ausdrucksweise eine Bestimmung, die, unserem
“sie haben Schmerzen” gleichkommt.
Diese Leute werden dann auch nicht sagen: “Wenn
ich glaube, jemand
Muss man es aber ueberhaupt so ansehen, daß das Schmerzsignal und die Beschreibung des Schmerzbenehmens eine begriffliche Einheit geben // bilden // ? Ich will fragen: “Wo liegt hier das Begriffliche und wo das Phenomaenale?” Muss die Sprache eine Schmerzaeusserung enthalten? Denken wir uns Leute mit einer Fingersprache. Oder Leute, die nur sch[e|r]eiben, nicht sprechen, Muessten die den Begriff ‘Schmerz’ besitzen? 342. 10 |
| 1331. 38
Ist es aber leichter, sich vorzustellen, daß Leute unsern Begriff des
Schmerzes nicht haben, als dies, daßs sie den Begriff des
physikalischen Koerpers nicht haben? |
| 1332. 39
Es ist eine wichtige Tatsache, daß wir annehmen, es sei immer
moeglich, Menschen, die eine andere Sprache als die
unsere besitzen, unsere zu lehren.
Darum sagen wir, ihre Begriffe seien die gleichen, wie unsere.
|
| 1333. 40
“Du beginnst einen Satz, an dessen letztem Ende das Verbum
steht; Du wirst mir doch nicht sagen, daß Du den Satz zu sprechen
anfingst, ohne eine Ahnung davon, was das Verbum sein
werde!” –
Und worin besteht die Ahnung?
Und wenn nun Einer wirklich keine Ahnung davon
haette und doch fliessend Deutsch
spraeche!
Wie wird man erfahren, ob er diese Ahnung hatte? |
| 1334. 41
Inwiefern untersuchen wir den Gebrauch von
Woertern? –
Beurteilen wir ihn nicht auch?
Sagen wir nicht auch, dieser Zug sei wesentlich, jener
unwesentlich? |
| 1335. 42
Man kann das Messen mit dem Meterstab beschreiben; wie kann man es
begruenden?
Ist der Begriff ‘Schmerz’ ein Instrument, das der Mensch gemacht hat; und wozu dient es? |
| 1336. 43
Ja – wie kann man Einem befehlen, die und die Worte
so zu meinen?
Es sei denn, daß man ihm befiehlt, sie so zu verwenden. –
|
| 1337. 44
Denke, Du muesstets eine
Entscheidung treffen und zwar, indem Du auf einen von einer Anzahl von
Knoepfen drueckst.
Die Entscheidung, die [d|D]u damit triffst, ist durch ein Wort
gekennzeichnet, das auf dem Knopf steht.
Es ist dann natuerlich
gaenzlich gleichgueltig, was Du
beim Anblick d[e|i]eses Worts erlebst.
Ist das Wortz.B. “weiche”, so kannst Du es
als Adjektiv, Substantiv, oder Verbum meinen, die Entscheidung wird
da[r|d]urch nicht geaendert.
Und ebenso, wenn Du das Wort als Entscheidung 343.
aussprichst.
Es teilt doch jedenfalls dem Andern dasselbe mit, der auf die
Entscheidung wartet. |
| 1338.
Wie ist es aber, wenn die Entscheidung zweier Deutungen
faehig ist, und der sie hoert,
gibt ihr nun eine von ihnen?
Er kann das entweder durch sein Handeln tun, oder, sozusagen, in
Gedanken.
Waere aber auf die Entscheidung nicht gleich zu
handeln, so koennte er sie auch
hoeren und vorlaeufig
gar nicht deuten.
Anderseits aber koennte er auf eine
Frage mit einer Deutung antworten.
Dies waere eine
vorlaeufige Reaktion. |
| 1339.
Es ist eben moeglich, die Worte einer bestimmten
Situat[o|i]on gemaess und also in der
und der Bedeutung auszusprechen, und dabei doch eine andere Bedeutung zu
denken.
So dass die Worte fuer mich
also, dem Andern unbewusst, eine eigene
Bedeutung haben. |
| 1340.
Gefragt, werde ich vielleicht diese Bedeutung
erklaeren, und die Erklaerung
hatte mir doch nicht vorgeschwebt.
Was hatte also mein Geisteszustand, als ich das doppelsinnige Wort
aussprach, mit den Worten der Erklaerung zu
tun?
Inwiefern koennen diese Worte ihm
entsprechen?
Es gibt hier offenbar nicht ein Passen der
Erklaerung zur
[e|E]rschein[er|un]g. |
| 1341.
Man kann auch einen Ausdruck, waehrend man ihn
ausspricht, 344. auf eine Weise meinen und gleich
darauf retrospektiv auf ein[i|e] andere. |
| 1342.
Es ist uns, als [G|g]ehoerten zu dem Wort
in seinen zwei Bedeutungen verschiedene Illustrationen; und man
koenne dem Wort nun wohl eine aus den beiden
zusammengesetzte Illustration geben, dann sei es aber eben nicht eine
der beiden dem Worte gemaessen[m|,]
oder gewohnten.
Das heisst aber natuerlich nicht, dass immer, wenn man von dem Wort Verwendung macht, eine der beiden Illustrationen anwesend sein muss, sondern nur, dass, wenn wir das Wort illust[t|r]ieren, eine der beiden und nicht beide Bilder zu ihm gehoeren. |
| 1343.
‘Haettest Du mich gefragt, so
haette ich Dir die die
Antwort gegeben.’
Das bezeichnet einen Zustand; aber n[ci|ic]ht eine
‘Begleitung’ meiner Worte. |
| 1344.
Denke Dir, Leute haetten die Gewohnheit,
waehrend des Sprechens zu kritzeln;
– warum sollte, was sie auf diese Weise
waehrend des Redens hervorbringen, weniger
interessant sein, als begleitende Vorgaenge in
ihrem Geist, und warum soll das Interesse an diesen von
anderer Art sein?
Warum scheint einer dieser Vorgaenge den Worten das ihnen eigene Leben zu geben? 345. |
| 1345.
Je nachdem er das Wort so oder so gemeint hat,
hat er die eine, oder andere Absicht ausgesprochen.
Die eine oder andere Absicht gehabt.
Und mehr kann man doch ueber die Wichtigkeit
dieses Meinens nicht sagen.
Und da scheint es wieder, dass es weniger wichtig ist, was beim Aussprechen des einzelnen Worts (“Bank” z.B.), als was beim, und vor dem, ganzen Satz vor sich gegangen ist. Gleichsam, wie das Gemuet den ganzen Satz illust[ir|ri]ert hat, nicht notw[n|e]ndigerweise das eine Wort. Und doch, so muessen wir uns gleich gestehen, muss auch die Illustration nicht wichtig sein. Warum soll denn soviel auf sie ankommen? Und wie kann sie dem Satz ein bestimmtes Leben geben, wenn die Sprache es ihm nicht gibt?
|
| 1346.
Nun, das ist das Entscheidende, dass ich nicht nur
nach dem Zusammenhang die Bedeutung beurteilen kann, sondern
dass man nach ihr fragen kann und der Antwortende
die Bedeutung nicht aus dem Zusammenhang entnimmt. // nach dem Zusammenhang feststellt. //
|
| 1347.
Ist es denn eine Selbstverstaendlichkeit,
dass, wer die Sprache gebrauchen kann, imstande ist
die Woerter, die er versteht, deren Verwendung
er versteht, zu erklaeren?
Wir wuerden freilich sehr erstaunt sein, wenn jemand
zwar das Wort “Bank” versteht, aber auf die Frage
“was ist eine Bank” uns nicht antworten
koennte. 346.
Ist es nicht eines, ‘den Satz zu verstehen “Gehen wir ein Bisschen an die Sonne” – und ein anderes, das Wort “Sonne” erklaeren zu koennen? – Aber muss der, der diesen Satz versteht, nicht wissen, wie die Sonne ausschaut? So wie er, welcher den Satz “Ich habe keinen Schmerzen” versteht, z.B. wissen muss, wie man sich Schmerzen zufuegen kann, und wie sich Einer, der Schmerzen hat, benimmt, etc. – |
| 1348.
Ferner: wenn es moeglich ist, dem
doppeldeutigen Wort durch oefteres Wiederholen
jede ‘Bedeutung’ zu nehmen, warum sollten
nicht manche Menschen, die es ohne Zusammenhang aussprechen, dies
fuer gewoehnlich ohne ein
Gefauehl einer Bedeutung tun?
Oder warum sollten die Menschen so ein Wort nicht mit einer Art
[z|Z]itternder Bedeutung aussprechen, wo kein Zusammenhang sie
|
| 1349.
“Was tust Du aber, wenn Du dem Befehl folgst ‘Sag
.... und meine damit ....’?” –
Du tust nicht etwas Anderes.
Aber auch nicht: etwas Spezifisches. |
| 1350.
Jedenfalls ist das kein Sprachspiel, dass man sehr viel
lernt: ein Wort, isoliert, in der und der Bedeutung
aussprechen.
Die Grundlage ist offenbar, dass Einer sagt, er
kann das Wort .... aussprechen und dabei eine oder die andere
seiner Bedeutungen meinen.
Das geht leicht, wenn das Wort zwei Bedeutungen hat; aber kannst Du
auch das Wort “Apfel” aussprechen und Tisch damit
meinen? 347.
– Ich koennte doch eine Geheimsprache benuetzen, in der es diese Bedeutung hat. |
| 1351.
“Gib ihm diesen Befehl und mein' damit
.....!”
“Sag ihm das und mein' damit
.....!”
Das waere ein merkwuerdiger
Befehl, den man fuer
gewoehnlich nicht gibt.
Oder ich sage Einem “Richte diese Botschaft
aus” – und frage ihn nachher “Hast Du sie
auch so und so gemeint?”. |
| 1352.
Aber ist dann die Vergangenheitsform der Frage gerechtfertigt?
Doch; denn ich setze eine Aenderung der Gesinnung
einem Gleichbleiben entgegen.
Ich will wirklich nicht nur wissen, was er jetzt meint, sondern auch,
was er gemeint hat. –
Man koennte etwa fragen “Was meinst
Du? und hast Du Deine Gesinnung
geaendert?”
Wenn auf diese Frage Nein zur Antwort kommt, dann hat er, was die
Erklaerung angibt, auch frueher
gemeint.
Ich will sagen: Die Kriterien fuer das Geschehen in der Vergangenheit sind hier andere, als etwa fuer das Auftauchen eines Bildes. |
| 1353.
Wie soll ich also dieses psychologische Phaenomen
beschreiben?
Dass man ein Wort auf Befehl so und so meinen
kann? dass man sich einbildet, es so oder so
zu meinen?
Soll ich sagen, dass das Wort
“meinen” hier in einem anderen Sinne gebraucht wird;
dass man eigentlich ein anderes Wort gebrauchen
sollte?
Soll ich so ein Wort in Vorschlag bringen? –
Oder ist das gerade 348. das // unser // Phaenomen,
dass wir hier das Wort “meinen”
gebrauchen, welches wir fuer einen anderen Zweck
gelernt haben? |
| 1354.
Ist es ein sehr primitives Sprachspiel, in dem man sagt:
“Bei diesem Wort ist mir ....
eingefallen”? |
| 1355.
Statt “Ich habe das mit dem Wort
gemeint” koennte man auch sagen
“Das Wort stand fuer
....”.
Und wie konnte denn das Wort, als ich es aussprach,
fuer dies,” und nicht
fuer jenes, stehen?!
Und doch hat es gerade diese[m|n]
Anschein.
Ist also das gleichsam eine optische Taeuschung? (So, als spiegelte das Wort den Gegenstand, den die Erklaerung ihm zuordnet.) Und wenn das eine optische Taeuschung ist, was verlieren Leute, die diese Taeuschung nicht kennen? Sie sollten sehr wenig verlieren. |
| 1356.
Das besondere Erlebnis der Bedeutung ist charakterisiert dadurch,
dass wir mit einer Erklaerung und
der Vergangenheitsform reagieren: gerade so, als
erklaerten wir die Bedeutung eines Worts
fuer praktische Zwecke. |
| 1357.
Die Intention mag sich aendern und zugleich auch ein
Erlebnisinhalt, aber die Intention war kein Erlebnis. |
| 1358.
Einer der Grundsaetze des Beobachtens
muesste doch sein, dass ich
das Phaenomen, das ich beobachte, durch meine
Beobachtung 349. nicht
stoere[,|.]
D.h., meine Beobachtung muss
brauchbar sein, anzuwenden auf die Faelle, in
denen nicht beobachtet
w[o|i]rd. // wurde //
|
| 1359.
Also entspricht diesem Aufzucken “Jetzt
weiss ich's!” kein
besonderes Erlebnis?
Nein. –
Denk Dir den, der immer auffaehrt
“Jetzt hab ich's!”,
wenn er nichts hatte; – was sollen wir von ihm sagen?
Welches Erlebnis hatte er?
Nicht der besondere ‘Erlebnisinhalt’ beim Aufzucken
gibt ihm sein besonderes Interesse, und wenn Einer sagt, er habe in
diesem Augenblick alles verstanden, so ist das nicht die Beschreibung
eines Erlebnisinhalts. –
Aber warum nicht? –
Ich will unterscheiden zwischen einer Aussage, die “Ich
habe die Formel in diesem Augenblick vor mir gesehen” und einer, wie “Ich habe in diesem Augenblick die
Methode erfasst”.
Aber nicht[m|,] als wollte ich sagen – “weil
man eine Methode nicht in einem Augenblick erfassen
kann”.
Man kann es wohl, es geschieht sehr oft. –
Ich will sagen: “‘Jetzt verstehe
ich's’ ist ein Signal, nicht eine
Beschreibung”.
Und was ist damit getan, dass ich
dies sage?
Nun, die Aufmerksamkeit wird damit auf den Ursprung so eines
Signals gerichtet; die Frage “Wie lernt Einer die Worte
‘Jetzt verstehe ich's’ und wie,
z.B., die der Beschreibung einer
Vorstellung?” tritt in den
Vordergrund [”| // ]tritt
hervor // .
Denn das Wort “Signal” weist auf einen Vorgang hin,
der signalisiert wird. |
| 1360.
Es ist freilich die Unbestreitbarkeit, die das Bild
beguenstigt: es waere
hier etwas beschrieben, was nur wir sehen und 350. nicht der Andere sieht, was also
uns nahe und immer zugaenglich,
fuer den Andern aber ver[v|b]orgen ist, also
etwas, was in uns selbst liegt und wir durch Schauen in uns
selbst gewahr werden.
Und die Psychologie ist nun die Lehre von diesem Innern. |
| 1361.
Wenn ich also sagen will, dass unsere
‘Aeusserungen’, mit denen es die
Psychologie zu tun hat, durchaus nicht alle Beschreibungen von
Erlebnisinhalten seien, so muss ich sagen,
dass, was man Beschreibungen von Erlebnisinhalten
nennt[n|,] nur eine kleine Gruppe jener
‘unbestreitbaren’ Aeusserungen
sind.
Aber durch welche grammatische Zuege
ist diese Gruppe charakterisiert? |
| 1362.
Ein Erlebnisinhalt, das ist das, was ein Bild wiedergeben kann; ein
Bild in seiner subjektiven Bedeutung, wenn es
besagt[m|[,|:]]
“DAs sehe ich, – was
immer der Gegenstand sein mag, der diesen Eindruck
hervorbringt.”
Denn der Erlebnisinhalt ist der private Gegenstand. –
Aber wie kann dann der Schmerz einen solchen Inhalt bilden? –
Eher noch die Temperat[i|u]rempfindung.
Und der Gehoersinn ist dem Gesicht noch
naeher verwandt;– aber auch schon ganz
verschieden. |
| 1363.
Es ist uns foermlich, als haette
der Schmerz einen Koerper, als
waere er ein Ding, ein Koerper mit
Form und Farbe.
Warum?
Hat er die Form des schmerzenden
Koerperteils?
Man moechte z.B. sagen:
“Ich koennte den Schmerz
beschreiben, wenn ich nur die noetigen
Worte und Elementarbedeutungen dazu
haette.”
Man 351.
fuehlt: es fehlt einem nur die notwendige
Nomenklatur.
(James.)
Als koennte man die Empfindung sogar malen, wenn nur
der Andere diese
Asudr[n|u]cksweise Sprache verstuende. –
Und man kann den Schmerz ja wirklich raeumlich und
zeitlich beschreiben. |
| 1364.
Waere die Schmerzaeusserung
nur ein Schreien und dessen Staerke
abhaengig nur von dem vorraetigen
Atem, aber nicht von der Verletzung, –
waeren wir dann auch geneigt, den Schmerz als etwas
Beobachtetes aufzufassen? |
| 1365.
Warum denkst Du, dass des Andern
Andern Schmerz aehnlich ist, wie
seine Gesichtsempfindung? –
Oder so: Warum gruppieren wir Gesicht,
Gehoer und [o|T]astempfindung
zusammen?
Weil wir durch sie ‘die Aussenwelt
kennen lernen’?
Der Schmerz koennte ja als eine Art Tastempfindung
aufgefasst werden. |
| 1366.
Wie ist es aber mit meiner Idee, dass wir die
Stellungen und die Bewegungen unserer Glieder nicht wirklich nach den
Gefuehlen beurteilen, die diese Bewegungen uns
geben?
Und warum sollten wir die
Oberflaechenbeschaffenheit de[s|r]
Koerper so beurteilen, wenn man das von unseren
Bewegungen nicht sagen kann? –
Was ist ueberhaupt das Kriterium
dafuer, dass unser
Gefuehl uns dies lehrt?
|
| 1367.
Wie beurteilt man, ob die Muedigkeit
(z.B.) ein unklar lokalisiertes
Koerpergefuehl ist?
352. |
| 1368.
Man moechte sagen “Ich glaube
… ” kann nicht eigentlich das
Praesens vom “Ich glaubte”
sein.
Oder: man muesste ein Verbum so
gebrauchen koennen, daß sein
Praeteritum den Sinn von “ich
glaubte” hat, sein Praesens aber einen
andern. Sinn, als unser “ich
glaube”.
Oder auch so: Es muesste ein Verbum
geben, dessen dritte Person in der Gegenwart den Sinn “er
glaubt” hat, dessen erste Person aber einen andern als
“ich glaube”.
Aber soll es dann auch ein Verbum geben, dessen erste Person sagt “ich glaube”, dessen dritte aber nicht das, was wir mit “er glaubt” meinen? Die dritte Person muesste also auch unbestreitbar sein? |
| 1369.
Wie, wenn Einer sagte: “Ich
weiss, es wird nicht regnen, aber ich
glaube, es werde regnen”? |
| 1370.
Was ist denn Sinneserlebnissen gemeinsam? –
Die Antwort, dass sie uns die
Aussenwelt kennen lehren, ist eine falsche und eine
richtige.
Sie ist richtig, sofern sie auf ein logisches
Kriterium deuten soll // deutet // .
|
| 1371.
Liesse sich ein “Ich habe
gelogen” denken, das ich aus der Beobachtung
Beschreibt “Ich habe nicht gelogen” ein Erlebnis, oder “Ich habe dieser Aussage im guten Glauben gemacht”? – Du musst daran 353. denken,
dass ich seinen guten Glauben nicht nur aus dem und
jenem Benehmen erschliesse, sondern auch sein Wort
dafuer annehme, welches er nicht
auf Selbstbeobachtung stuetzt. |
| 1372.
Wie kommt es, dass ich aus meiner Aussage // meiner eigenen Aussage // “Es
wird regnen” nicht entnehmen kann, dass ich
dies glaube?
Kann ich denn gar keine interessanten Schluesse
daraus ziehen[?|,] dass ich dies
gesagt habe?
Sagt der [a|A]ndere es, so schliesse
ich etwa, er werde einen Schirm mitnehmen.
Warum nicht in meinem eigenen Fall?
Natuerlich, die Versuchung ist hier, zu sagen: Im eigenen Falle brauche ich diesen Schluss nicht aus meinen Worten zu ziehen, weil ich ihn aus meinem Seelenzustand, aus meinem Glauben selbst ziehen kann. |
| 1373.
Warum schliesse ich nie von meinen Worten auf meine
wahrscheinlichen Handlungen?
Aus demselben Grunde, aus welchem ich nicht von meinem Gesichtsausdruck
auf mein wahrscheinliches Benehmen
schliesse, –
Denn nicht das ist das Interessante, dass ich
nicht aus meinem Ausdruck der Gemuetsbewegung auf
meine Gemuetsbewegung
schliesse, sondern, dass ich aus
jenem Ausdruck auch nicht auf mein spaeteres
Verhalten schliesse, wie dies doch die Andern tun,
die mich beobachten. |
| 1374.
Wer philosophiert, macht oft zu einem Wortausdruck die falsche,
unpassende, Geste. 354. |
| 1375.
Wenn Einer mich auf der Strasse trifft und fragt
“Wohin gehst Du?” und ich antworte
“Ich weiss es nicht”, so nimmt
er an, ich habe keine bestimmte Absicht; nicht, ich wisse
nicht, ob ich meine Absicht werde ausfuehren
koennen.
(Hebel.) |
| 1376.
Mein Ueber-Ich koennte von
meinem Ich sagen: “Es regnet, und das
Ich glaubt es.” und
koennte fortfahren: “Ich wird
also wahrscheinlich einen Schirm mitnehmen”.
Und wie geht nun das Spiel weiter? |
| 1377.
Betrachte auch die Aussage: “Ich werde wahrscheinlich
....” – wo das, was folgt, eine
willkuerliche, keine
unwillkuerliche Handlung ist. |
| 1378.
Man sagt etwa: “Die Ueberzeugung
fuuehlt
fuehlt man, man
schliesst auf sie nicht aus den eigenen Worten, oder
ihrem Tonfall.
Aber was heisst es: man fuehle die Ueberzeugung? Wahr ist: Man schliesst nicht aus den eigenen Worten auf die eigene Ueberzeugung; oder auf die Handlungen, die dieser entspringen. |
| 1379.
Auf die Frage “Warum schliesse ich
nicht aus meinen Reden auf meine wahrscheinlichen Handlungen”
koennte man sagen, es ist hier so, wie ich als
Beamter in einem Ministerium auf die wahrscheinlichen
Entschluesse desselben nicht aus de[m|n]
offiziellen
Aeusserungen
schliesse, da mir ja der Ursprung, die 355. Genesis dieser
Aeusserungen und der
Entschluesse bekannt ist. –
Zu [V|v]ergleichen waere dieser Fall dem,
dass ich Selbstgespraeche
fuehre, vielleicht sogar schriftlich, die mich zu
meinen [al|la]uten Aeusserungen im
Gespraech mit Andern fuehren; und
nun sage ich: ich werde doch auf mein
kuenftiges Verhalten nicht aus diesen
Aeusserungen
schliessen, sondern
aus den viel verlaesslicheren Dokumenten meines
Innenlebens. |
| 1380.
Ich weiss doch, wenn ich zornig bin, ich brauche es
doch nicht aus meinem Benehmen lernen. –
Aber schliesse ich aus meinem Zorn auf eine
wahrscheinliche Handlung?
Man koennte das, glaube ich, auch so sagen:
Ich verhalten mich zu meinen
Handlungen nicht beobachtend. |
| 1381.
Wenn ich Einem sage “Ich weiss,
[w|d]ass Du so handeln wirst”,
so ist das beste Mittel, um diese Vorhersage wahr zu machen, das, den
Andern zu der Handlung zu
ueberreden. |
| 1382.
Wenn ich Einem sage “Du wirst jetzt Deine Hand
heben”, so kann diese Voraussage Grund genug sein,
dafuer sein, dass sie nicht in
Erfuellung geht; es sei denn, sie sei ein Befehl und
der Andere respektiere ihn. |
| 1383.
“Es regnet und ich glaube, dass es
regnet.” –
Zum Wetter gewendet sage ich, dass es regnet;
dann, zu mir selbst gewendet, dass ich dies
glaube. –
Aber was tue ich denn, wenn ich mich zu 356. mir wende, was beobachte
ich?
Denk Dir, ich sage “Es regnet und ich glaube,
dass es bald aufhoeren
wird”– wende ich mich denn beim zweiten Teil der Aussage zu
mir selbst? – ja, wenn ich herausfinden will, ob
er das glaubt, dann muss ich mich zu
ihm wenden, ihn beobachten.
Und wenn ich, was ich glaube, durch Beobachtung erfahren wollte,
muesste ich meine Handlungen
beobachten, ganz wie im anderen Fall die seinen.
Warum nun beobachte ich sie nicht? Sind sie fuer mich nicht interessant? Sie sind es scheinbar nicht. Ich frage einen Andern, der mich beobachtet hat, fast nie, ob er den Eindruck hat, ich glaube das und das: naemlich um auf diese Weise auf meine Handlungen in der Zukunft schliessen zu koennen. Warum sollte denn ein wirklich guter Beobachter aus meinen Reden und Handlungen nicht mein Verhalten richtiger voraussagen koennen, als ich es vermag? Aber vielleicht werde ich nur dann so handeln, wie er's voraussieht, wenn er's mir nicht voraussagt. |
| 1384.
Wenn ich sage “Ich erinnere mich, ich glaubte
....”, so frag Dich nicht “An welche
Tatsache, an welchen Vorgang hat er sich erinnert?”
(das wurde schon festgestellt) – sondern frag:
“Was ist der Zweck dieser Rede, [d|w]ie wird sie
verwendet?” |
| 1385.
Der Gesichtssinn, der Gehoersinn, der Tastsinn
koennen auslassen, so dass
ich blind, taub, etc. bin; aber was
entspraeche dem im Bereich der Intention?
Und wie benaehme sich ein Mensch ohne Vorstellung? Oder einer, der nicht traurig und lustig sein kann? 357. |
| 1386.
“Die Hoffnung ist auf die Zukunft gerichtet” – aber
gibt es ein Gefuehl, das mit dem der Hoffnung
identisch, aber auf die Gegenwart oder Vergangenheit gerichtet
ist?
Sozusagen dieselbe seelische Bewegung, aber mit einem andern
Gegenstand?
Frage Dich: was waere hier als das Kriterium
der Gleichheit der Seelenbewegungen anzusehen?
Damit verbunden: “Ist das Aufschrecken
‘Jetzt kann ich's’ ein besonderes,
spezifisches, Aufschrecken?” |
| 1387.
Auch wenn ich zugaebe, dass ich
mehr von meinem eigenen Glauben weiss, als von dem
des Andern, so müsste ich dann doch sagen,
dass ich eben das von mir wissen kann,
was ich vom Andern weiss, wenn auch noch viel
mehr. –
So muesste ich also, wenn es auch
ueberfluessig
|
| 1388.
Der Begriff der Welt des Bewusstseins.
Wir bevoelkern einen Raum mit
Eindruecken. |
| 1389.
“Die idea[k|l]e Uhr wuerde
einfach immer auf die Zeit ‘jetzt’
zeigen.”
Haengt auch mit der Sprache zusammen, die nur
meine Eindruecke im
gegenwaeritigen Augenblick beschreibt.
Verwandt die Uraussage, die nur ein
unartikulierter Laut ist.
(Driesch.)
Der ideale Name, der das Wort “dieses” ist.
358. |
| 1390.
Ich moechte von einem Stammbaum der psychologischen
Begriffe reden.
(Ist hier eine Aehnlichkeit mit einem Stammbaum
der verschiedenen Zahlbegriffe?) |
| 1391.
Die Schwierigkeit des Verzichtens auf jede Theorie: Man
muss das und das, was so offenbar
unvollstaendig erscheint, als etwas
Vollstaendiges auffassen. |
| 1392.
Die Angst borgt die Bilder der Furcht.
“I have the feeling of impending
doom.” |
| 1393.
Was ist aber der Inhalt, der Bewusstseinsinhalt der
Angst?
Die Frage ist falsch gestellt. |
| 1394.
“Ein Bild (Vorstellungsbild, Erinnerungsbild) der
Sehnsucht”.
Man denkt, man habe schon alles damit getan, dass man
von einem ‘Bild’ redet; denn die Sehnsucht ist eben ein
Bewusstseinsinhalt, und dessen Bild ist etwas, was
ihm (sehr) aehnlich ist, wenn auch
undeutlicher als das Original.
Und man koennte ja wohl von Einem, der die Sehnsucht auf dem Theater spielt, sagen, er erlebe, oder habe, ein Bild der Sehnsucht: naemlich nicht als Erklaerung seines Handelns, sondern zu seiner Beschreibung. |
| 1395.
Wuerde ich aber nicht doch sagen,
dass der Schauspieler etwas der wirklichen
Sehnsucht Aehnliches erlebt?
Ist eben nicht doch 359. etwas an dem, was
James sagt:
dass die Gemuetsbewegung aus
den Gefuehlen des Koerpers
besteht, und daher, wenigstens teilweise, durch
willkuerliche Bewegungen der reproduziert
werden kann? |
| 1396.
Ist, die Mundwinkel hinunterziehen, so unangenehm, so traurig, und sie
hinau[s|f]ziehen, so angenehm?
Was ist es, was so schrecklich an der Furcht ist?
Das Zittern, d[a|e]r schnelle Atem, das
Gefuehl in den Gesichtsmuskeln? –
Wenn Du sagst: “Diese Furcht, diese
Ungewissheit ist schrecklich!” –
koenntest Du fortsetzen: “Wenn
nur dieses Gefuehl im Magen nicht
waere!”? |
| 1397[
Der Ausdruck “Diese Angst ist schrecklich!”
ist aehnlich einem Aufstoehnen,
einem Schrei.
Gefragt “Warum schreist Du?” –
wuerden wir aber nicht auf den Magen, die Brust,
etc. zeigen, wie im Falle des Schmerzes; sondern
vielleicht auf das, was die Angst hervorruft. // was uns Angst macht //
|
| 1398.
Wenn die Angst furchtbar ist, und wenn ich in ihr mir meiner Atmung
bewusst bin und einer Spannung in meinen
Gesichtsmuskeln, – sagt das, dass diese
Gefuehle mir furchtbar sind?
Koennten sie nicht sogar eine Linderung
bedeuten? |
| 1399.
Vergleiche Furcht und Angst mit Sorge. |
| 1400.
Und was ist das fuer eine
Beschreibung: “Ewiges Duestere
steigt herunter ....”? 360.
So koennte man einen Schmerz beschreiben; ja sogar malen. |
| 1401.
Ist nicht der ‘Inhalt’ das, womit man den
Empfindungsraum bevoelkert?
Das, was in Raum und Zeit sich wandelt, vorgeht.
Wenn man etwa zu sich selbst spricht, so waeren es
die vorgestellten Laute (und etwa Gefuehle im
Kehlkopf, oder dergleichen). |
| 1403.
Inwiefern ist mir die Luege
bewusst, waehrend ich
luege?
Nur insofern, als sie mir nicht
sp[ea|ae]ter erst zum
Bewusstsein kommt, und ich doch
spaeter weiss,
dass ich gelogen habe.
Das
sich-der-Luege-bewusst-sein
ist ein Koennen.
Dem widerspricht nicht, dass es charakteristische
Gefuehle des Luegens
gibt. |
| 1404.
Das Wissen wird eben nicht in Worte
uebersetzt, wenn es sich
aeussert.
Die Worte sind keine Uebersetzung eines Andern,
|
| 1405.
Man sagt “Ich merke an seinem Ton,
dass er nicht glaubt, was er spricht”, oder
ich nehme es an, weil er sich im allgemeinen als
unzuverlaessig erwiesen hat.
Wie kann ich das auf mich anwenden?
Kann ich z.B. aus meinem Ton
schliessen, dass ich
wahrscheinlich nicht meinen Worten gemaess handeln
werde?
(Und doch tut's der Andere.)
Oder kann ich es aus meiner frueheren 361.
Unzuverlaessigkeit
schliessen?
Das Letztere schon eher.
Aber ich beurteile den Ton meiner Stimme garnicht, wie den des Andern.
Ja, wenn ich mich sp[ea|ae]ter, etwa in
einem Sprechfilm, sehen koennte,
wuerde ich vielleicht sagen “Ich traue
mir nicht recht.” |
| 1406.
Vor allem aber: ich scheine doch einen Ersatz
fuer alle solche Konjekturen zu haben, einen,
der sicherer ist als sie.
Ich weiss doch,
dass ich nicht glaube, was ich sage, und das gibt
mir doch den besten Grund – moechte ich sagen
– zur Annahme, dass ich nicht meinen Worten
gemaess handeln werde.
Ja; ich habe eben eine Absicht meine Handlungen
betreffend. |
| 1407.
“Ich weiss doch, dass
ich luege!
Was brauche ich aus meinem Ton, etc.,
Schluesse zu ziehen?” –
Aber so ist es nicht.
Denn die Frage ist; Kann ich aus jenem ‘Wissen’
die gleichen Schluesse, auf die Zukunft
z.B., ziehen, kann ich von ihm die gleiche
Anwendung machen, wie von den beobachteten
Ze[o|i]chen? |
| 1408.
Und ist denn die Absicht immer ganz klar?
Ich sage z.B. “Es wird
schoen werden” – halb, weil ich es
glaube, halb, weil ich den Andern
troesten will. |
| 1409.
Hintergedanken.
“Ich kenne die meinen, vermute die
seinen.”
Aber welches Interesse, welche
Wi[i|c]hti[k|g]
Wichtigkeit, haben seine Hintergedanken fuer
mich?
(Nun, ueberlege es Dir.)
Und das ‘Wissen’ meiner Hintergedanken spielt nun
wirklich dieselbe Rolle fuer mich, wie
die Vermutung der seinen fuer ihn.
362. |
| 1410.
‘Nach sich selbst urteilen.’
Das gibt's natuerlich.
Und ich schliesse auch manchmal,
dass der Andere Schmerzen hat, weil er sich so
benimmt, wie ich in diesem Falle. |
| 1411.
Man koennte sagen: Sage ich Dir meine
Hintergedanken, so teile ich Dir gerade das mit, was Du vermutest, wenn
Du die Hintergedanken vermutest.
D.h.: wenn Du die Hintergedanken,
sozusagen, als aktives Prinzip vermutest, und ich
aeussere sie, so kannst Du meine
Aeusserung unmittelbar zur Beschreibung jenes
Agens gebrauchen.
Meine Aeusserung erklaert
gerade das, was er erklaeren will. |
| 1[3|4]12.
“Wozu soll ich denn aus meinen eigenen Worten auf mein
Verhalten schliessen, wenn ich ohnehin
weiss, was ich glaube?”
Und wie äussert sich's,
dass ich weiss, was ich
glaube?
Aeussert es sich nicht dahin:
dass ich eben von meinen Worten nicht auf
mei[m|n] Verhalten schliesse?
Das ist die Tatsache.
Das |
| 1413.
Warum schliesse ich nicht aus meinem Ton darauf,
dass ich nicht wirklich von dem
ueberzeugt bin, was ich sage? oder auf all
das, worauf man aus diesem Letzteren schliesst? –
Und antwortet man “Weil ich meine
Ueberzeugung kenne” – so
ist die Frage “Wie zeigt sich das?”
Soll ich nun sagen: “Darin,
dass ich
|
| 1414.
Die Kenntnis des Metrums.
Wer das Metrum kennt, hoert es
anders. 363. |
| 1415.
Es gibt sorgenvolle Gedanken, aber nicht zahnschmerzvolle. |
| 1416.
Ich pfeife jetzt einen Ton, aber auch jetzt eine Melodie. |
| 1417.
Wir sagen nicht: “Ich sehe
wuetend aus; ich hoffe nur, ich werde keine
Gewalttat begehen.”
Die Frage ist aber nicht: “Wie kommt
das?” |
| 1418.
Die Psychologie des Urteils.
Denn auch das Urteil hat seine Psychologie.
Es ist wichtig, dass man sich denken kann, dass jedes Urteil mit dem Worte “Ich” beginnt. “Ich urteile, dass ....” So ist also jedes Urteil eines über den Urteilenden? [i|I]nsofern nicht, als ich nicht will, dass die Hauptkonsequenzen ueber mich gezogen werden, sondern ueber den Gegenstand des Urteils. Sage ich “Es regnet”, so will ich im allgemeinen nicht, dass man antworte “Also so scheint es Dir.” “Wir reden vom Wetter”, koennte ich sagen, “nicht von mir.” |
| 1419.
“Warum aber ist die Verwendung des Zeitworts
‘glauben’, seine Grammatik, in so seltsamer Weise
zusammengesetzt // zusammengefuegt // ?”
Nun, sie ist nicht seltsam zusammengesetzt. Seltsam nur, wenn man sie mit der des Wortes “essen” etwa vergleicht. |
| 1420.
“Was er wohl jetzt tun wird” sage ich, indem ich ihm
zusehe. 364.
Betrachte ich mich // Sehe ich mir auch
zu // , und sage “Was ich wohl jetzt tun
werde”? |
| 1421.
Denke, ich bewegte mich in einem Zimmer, und haette
einen Lichtschirm vor meinen Augen, auf
Aber ich fuehle ich meine Bewegungen nicht? – Aber geschieht mir dies Gefuehl nicht, wie jeder andere Sinneseindruck? |
| 1422.
Nun gut: das kinaesthetische ist ein
anderes, ein besonderes Gefuehl. –
Aber so ist Geruch, Gehoer, etc.
–
Warum macht das einen solchen Unterschied?
“Innervationsgefuehl” – das drueckt aus, was man sagen moechte: Dass es wie ein Impuls Impuls ist. Aber ein Gefuehl wie ein Impuls?! Was ist denn ein Impuls? Ein physikalisches Bild. Das Bild eines Stosses. |
| 1423.
Was ist der Unterschied zwischen diesen Beiden: Einer
Linie unwillkuerlich folgend – – Einer
Linie mit Absicht folgend. 365.
Was ist der Unterschied zwischen diesen Beiden: Eine
Linie mit Bedacht und grosser Aufmerksamkeit
nachziehen – – Aufmerksam beobachten, wie meine Hand einer
Linie folgt. |
| 1424.
Gewisse Unterschiede sind leicht anzugeben.
Einer liegt im Voraussehen dessen, was die Hand tun wird.
|
| 1425.
Ist “Ich tue mein
Moeglichstes” die
Aeusserung eines Erlebnisses? –
Ein Unterschied: Man sagt “Tue
dein Moeglichstes!” |
| 1426.
Sagt man: “Gibt Dir dieses
Muskelgefuehl!”?
Und warum nicht? –
“Dieses”? –
Welches? – –
Aber kann ich mir nicht ein bestimmtes
Muskelgefuehl geben, indem ich eben meinen Arm
bewege? –
Versuch's!
Beweg Deinen Arm, – und frag Dich, welches
Gefuehl Du Dir hervorgerufen hast.
Sagte m[nn|ir] Einer “Beug Deinen Arm und ruf Dir das charakteristische Gefuehl hervor” und ich beuge meinen Arm, so muesste ich ihn nun fragen: “Welches hast Du gemeint? Eine leichte Spannung im Bizeps, oder ein Gefuehl in der Haut an der Innenseite des Ellbogengelenks?” Ja, ich koennte, wenn mir Einer eine Bewegung befiehlt, sie machen, und dann die Empfindungen, das sie hervorbringt, und ihren besonderen Ort beschreiben. (der beinahe nie das Gelenk waere). Und ich müs[t|s]te oft auch sagen, ich habe nichts empfunden. Nur darf man das nicht mit der Aussage verwechseln, es sei gewesen, als waere mein
366. |
| 1427.
Liest Du die Seite willkuerlich?
Und worin besteht hier der Akt? –
Es kann Einer auf Befehl lesen, und zu lesen
aufhoeren.
Man kann sich auch auf Befehl etwas vorstellen.
Sich z.B. in der Vorstellung ein Gedicht
aufsagen, eine Rechnung machen.
Fuehlst Du's, beim
Vorstellen, ob Du Dir etwas willkuerlich oder
unwillkuerlich vorstellst?
Man kann sich auf Befehl Gedanken hervorrufen, Vorstellungen hervorrufen, – aber auch, und das ist etwas anderes, auf Befehl etwas denken, sich etwas vorstellen. |
| 1428.
Vorstellungen, koennte man sagen, sind
willkuerlich, Nachbilder
unwillkuerlich. |
| 1429.
Unwillkuerlich ist,
z.B. die Bewegung, die man nicht hindern
kann; oder die, von der man nichts weiss; oder, die
geschieht, wenn man seine Muskeln geflissentlich
schlafflaesst, um die Bewegung nicht zu
beinflussen. |
| 1430.
Frage ich mich, wenn ich, z.B., den Andern essen
sehe, ob er es willkuerlich oder
unwillkuerlich tut?
Man sagt vielleicht, ich nehme eben an, dass es
willkuerlich geschieht.
Was nehme ich an; dass er es
fuehlt?
Und auf bestimmte Weise fuehlt? |
| 1431.
Wie weiss ich, ob das Kind
willkuerlich oder nicht
willkuerlich isst, trinkt,
geht, etc.?
Frage ich es, was es fuehlt?
Nein; essen, wie Jeder isst,
ist willkuerlich. 367. |
| 1432.
Wenn Einer uns nun sagte, er esse
unwillkuerlich, – welche Evidenz
wuerde mich dies glauben machen? |
| 1433[
Wenn ich, um mein Au[f|g] zu
schuetzen, die Hand ploetzlich
hebe, – ist die Bewegung willkuerlich?
– und fuehle ich sie anders, als
eine willkuerliche?
|
| 1434.
Der Begriff der ‘Anstrengung’.
Fuehlst Du die Anstrengung?
Freilich fuehlst Du sie.
Aber machst Du sie nicht auch? –
Was sind die Zeichen der Anstrengung?
Ich hebe ein schweres Gewicht mit grosser
Anstrengung.
Meine Muskeln sind gespannt, mein Gesicht zusammengekniffen, mein Atem
angehalten – – aber tue ich das; [G|g]eschieht es mir
nicht bloss?
Wie waer's, wenn es mir nun
geschaehe?
Wie unterschiede sich der Fall von dem des Wollens?
Wuerde ich etwa anders reden?
Wuerde ich sagen: “Ich
weiss nicht, was mit mir geschieht: meine Muskeln
sind gespannt, mein Gesicht etc.
etc.”?
Und sagte ich: “Nun, so entspann Deine
Muskeln”, so wuerde er antworten
“Ich kann nicht”.
Aber wie, wenn mir Einer sagte: “Ich feuhle fuehle, dass ich tun muss, was immer ich tue”, und dass er sich ˇdabei benimmt, wie jeder Andere? |
| 1435.
Ist nicht, zu sagen, das kinaesthetische
Gefuehl zeige mir die gemachte Bewegung an, analog
der Ansicht, ein Merkmal des Schmerzes zeige mir seinen Ort an?
368. |
| 1436.
Wenn Einer den Schmerz durch ein Farbenbild darstellen
wollte, [t| –] wuerde er in das Bild ein
vokales Zeichen // Merkmal //
aufnehmen?
Und weshalb nicht? |
| 1437.
Ist nicht die Empfindung das Mass der
Anstrengung?
D.h.: Wenn ich sage
“Ich ziehe jetzt staerker”,
merke ich das am Grad der Empfindung?
Und was ist dagegen zu sagen?
Man sagt Einem “Streng Dich mehr an!”
– nicht, damit er mehr empfindet, sondern mehr leistet.
|
| 1438.
Warum fuehlt man, man koenne
eine Tastempfindung (ihren Inhalt) beschreiben, malen, nicht aber
eine Bewegungs- oder
Positions-empfindung? |
| 1439.
Kannst Du z.B. sagen, Deine Positionsempfindung sei
schwach oder stark?
Und Deine Empfindungen bei der Bewegung eines Gliedes koennen zwar staerke[,|r] oder schwaecher (oder abwesend) sein, aber das ist keine Wahrnehmung der Bewegung. |
| 1 | 1440.
Bewegungs[m|e]mpfindungen, – das sind Empfindungen,
die durch Bewegungen hervorgerufen werden –
koennen z.B. Schmerzen
sein.
Wie weiss man, dass es nicht diese Bewegungsempfindungen sind, die uns lehren, wie wir uns bewegen? Was waere ein Zeichen da[o|]fuer, dass es so ist? 369. |
| 1441.
Ist es nicht eine wichtige Tatsache, dass das Theater
uns Farben und Toene vorfuehrt,
aber nicht Tastempfindungen?
Man koennte sich etwa die Verwendung von
Geruechen und von Temperaturempfindungen
vorstellen, aber ni[i|c]ht die von Tastempfindungen.
|
| 1442.
Einer, der mit augenscheinlicher Aufmerksamkeit // Sorgfalt // eine Nadel
einfaedelt und uns sagt, er tue es
unwillkuerlich.
Wie koennte er diese Aussage rechtfertigen?
|
| 1443.
Was man wissen kann, davon kann man ueberzeugt
sein, – und das kann man auch vermuten.
(Grammatische Bemerkung.) |
| 1444.
Willkuerlich sind gewisse Bewegungen mit ihrer
normalen Umgebung von Absicht, Lerne[m|n],
Versuchen, Handeln.
Bewegungen, von denen es Sinn hat, zu sagen, sie seien manchmal
willkuerlich, manchmal
unwillkuerlich, sind Bewegungen in einer speziellen
Umgebung. |
| 1445.
Eine Kategorie psychologischer Erscheinungen (Tatsachen)
waeren die
‘Keime’.
Aber dies Wort kann ebenso leicht der Ausdruck eines
Missverstaendnisses sein, wie das
Wort “Tendenz-erlebnis”
(James.).
Das Wort
“Brettspiel-Zug[)|”]
charakterisiert auch nicht eine Art der Bewegung.
|
| 1446.
Uebersetzen von einer Sprache in die andere ist eine
mathematische Aufgabe und das Uebersetzen eines
lyrischen Gedichts z.B. in eine fremde Sprache ist
ganz analog einem mathematischen 370. Problem.
Denn man kann wohl das Problem stellen “Wie ist dieser
Witz (z.B.) durch einen Witz in der andern
Sprache zu uebersetzen,”
d.h. zu ersetzen; und das Problem
|
| 1447.
Du weisst, dass Du
luegst; Du weisst es, wenn Du
luegst.
Eine innere Stimme, ein Gefuehl, sagt es
mir?
Koennte dies Gefuehl mich
nicht taeuschen? // irreleiten? //
Sagtes mir immer eine Stimme? Und wann spricht sie? Die ganze Zeit? – Und wie weiss ich, dass ich ihr trauen kann? |
| 1448.
Eine Luege hat eine besondere Umgebung.
Es gibt da vor allem ein Motiv.
Eine Veranlassung. |
| 1449.
Das Bewusstsein des Luegens ist
von der Kategorie des Bewusstseins der
Absicht. |
| 1450.
Vergiss nicht: Gesicht,
Gehoer, Geruch, Geschmack, etc.,
sind Empfindungen nur, weil diesen Begriffen etwas
gemeinsamt ist. ist – – wie man Bohrer,
Meissel, Axt, Knallgasgeblaese,
zusammennehmen koennte, weil ihnen
gewisse Funktionen gemeinsam sind. |
| 1451.
“Der Schmerz, der Ton, der Geschmack, Geruch, hat eine
bestimmte Farbe.”
Was heisst das?
(Qualitaet.
Eigenschaftswort.)
Eine Farbe kann gruenlich sein, oder blaeulich – es gibt 371. ein Gemisch von Farben; und so
auch ein Gemisch von Geruechen,
Klaengen, Geschmaecken;
qualitative Zwischenstufen.
Wie unterscheidet man qualitative von quantitativen Zwischenstufen,
ich meine, von Stufen der
‘Intensitaet’!?
Noch auszuhalten – nicht mehr auszuhalten, das sind z.B. Grade der Intensitaet. Denke, jemand fragte: “Wie kann ich wissen, was, was ich als verschiedene Grade, der Lautheit z.B., empfinde, der Andere nicht als verschiedene Qualitaeten, vergleichbar verschiedenen Farben, empfindet?” – Vergleiche die Reaktion
|
| 1452.
Ich fuehle meinen Arm und, seltsamerweise,
moechte ich nun sagen: ich
fuehle ihn im Raum in bestimmter Lage; als
waere naemlich das
Koerpergefuehl in einem Raum in
der F[i|o]rm des Arms verteilt, so
d[s|a]ss ich, um es darzustellen, den Arm,
etwa in Gips, in seiner richtigen Lage darstellen
muesste. |
| 1453.
Denk Dir, eine Bleistiftspitze wuerde an irgendeiner
Stelle mit meiner Haut in Beruehrung gebracht, so
kann ich sagen, ich fuehle, wo sie ist.
Aber fuehl' ich, wo ich
sie fuehle?
“Wie weisst Du, dass
die Spitze jetzt Deinen Schenkel
beruehrt?” –
“Ich fuehle es”.
Dadurch, dass ich die Beruehrung
fuehle, weiss ich ihren Ort;
aber soll ich darum von einem Ortsgefuehl
reden?
Und wenn es kein Ortsgefuehl gibt, warum soll
es // muss es // ein
Gefuehl der Lage geben? 372. |
| 1454.
Ja, es ist seltsam.
Mein Unterarm liegt jzetzt horizontal und ich
moechte sagen, dass ich das
fuehle[.|;] aber nicht so,
d als haette ich ein
Gefuehl, das immer mit dieser Lage zusammengeht
(als fuehlte man etwa Blutleere, oder Plethora)
– sondern, als waere eben das
‘Koerpergefuehl’
des Arms horizontal angeordnet, oder verteilt, wie etwa
ein Dunst oder Staubteilchen an der Oberflaeche
meines Armes so im Raume ver[e|t]eilt sind.
Es ist also nicht wirklich, als fuehlte ich die
Lage meines Arms, sondern als fuehlte ich meinen
Arm, und das Gefuehl
haette die und die Lage.
D.h. aber nur: ich
weiss einfach, wie er liegt,
– ohne es zu wissen, weil ....
Wie ich auch weiss, wo ich den Schmerz empfinde
– es aber nicht weiss, weil
.... |
| 1455.
Betrachte: – “Es ist nicht wahr,
dass ich immer das Falsche glaube.
Z.B. es regnet jetzt, und ich glaube
es.”
Man koennte von ihm sagen: Er spricht wie zwei Menschen. |
| 1456.
Warum habe ich Zweifel ueber seine Absicht, aber
nicht ueber die meine?
Inwiefern kenne ich unzweifelhaft meine Absicht?
Was ist, sozusagen, der Nutzen davon, dass ich meine
Absicht weiss?
Was naemlich ist der Nutzen, die Funktion, der
Absichtsaeusserung?
Wann, naemlich, ist es eine
Absichtsaeusserung?
Doch, wenn die Tat ihr folgt, wenn sie eine Vorhersage ist.
Ich mache die Vorhersage, dieselbe, die der Andere aus der
Beobachtung meines Verhaltens macht, ohne
ohne diese Beobachtung. 373. |
| 1457.
Wenn es sich um ein ‘Gefuehl der
Unwirklichkeit’ handelt, sind wir geneigt, zu sagen:
“Alles, was ich weiss, ist,
dass Menschen oft unter gewissen
Umstaenden sagen, sie fuehlten, es
sei alles um sie ‘unwirklich’.
Wir wissen natuerlich auch, wie der Gebrauch
dieses Wortes im uebrigen konditioniert wurde, // auch, welchen Gebrauch dieses Worts die Leute gelernt
hatten, // und noch einiges ueber ihre
anderweitigen Aeusserungen.
Mehr wissen wir nicht.” –
Warum reden wir nicht auch so, wenn [s|e]s sich um die
Aeusserung der Lust, der
Ueberzeugung, der Willkuerlichkeit
und Unwillkuerlichkeit von Bewegungen
handelt? |
| 1458.
Was sollte ich Einem antworten, der mir sagt, er
fuehle die Lage und Bewegung seiner Glieder,
ihm sage ein Gefuehl
ihre Stellung und Bewegung? // , der mir versichert,
ihn lehre ein Gefuehl
die Stellung und Bewegung seiner Glieder? //
Soll ich sagen, er luege, oder er irre sich, oder
soll ich ihm glauben?
Ich moechte ihn fragen, wie ihn ein
Gefuehl diese Lage, z.B.,
lehrt.?
Oder besser: wie er weiss,
dass sein Gefuehl
ihn das lehre. |
| 1459.
(Man sagt, dass das
Gewoehnliche, – mit der
falschen Gebaerde.) |
| 1460.
Erinnere Dich hier wieder an das Gefuehl
Gefuehl ohne Rechtfertigung und, dem Anscheine
nach, ohne Grund eine gwisse Ortschaft
muesse in der Richtung liegen.
Wuerde uns dies Gefuehl
374. nicht zumeist
taeuschen, so wuerde man hier von
einem gefuehlsmaessigen
Wissen reden.
Und die Quellen dieses Gefuehls lassen sich nur
vermuten, oder erfahrungsmaessig
feststellen. |
| 1461.
Das All[t|e]rwichtigste ist hier,
dass man sich eines Unterschieds, der ein
kategorischer ist, bewusst sein kann, ohne sagen zu
koennen, worin der Unterschied besteht. // Das wichtigste ist hier dies: es besteht ein
Unterschied; man merkt den Unterschied, ‘der ein kategorischer
ist’ – ohne sagen zu koennen, worin er
besteht. //
Das ist der Fall, in dem man gewoehnlich sagt, man
erkenne den Unterschied eben durch Introspektion. |
| 1462.
Und doch klingt es zuviel wie ein Appell an die Introspektion, wollte
ich sagen, “Pruefe dich doch – ob
Du wirklich die Lage Deiner Glieder nach Gefuehlen
in ihnen bestimmst!” –
Und es waere auch falsch, denn die Frage ist eben:
Wie wuerde sich das zeigen, wenn Einer es
taete?
Denn wenn er nach einer Selbstpruefung
mich versicherte, es sei so, oder es sei nicht so,
– wie weiss ich, ob ich ihm trauen darf; ich
meine, ob er mich auch richtig verstanden hat.
Oder auch: Wie pruefe ich, ob ich ihn
verstehe? |
| 1463.
Es sagt mir Einer[;|:] “Ich
weiss nicht, wie ich meine Finger bewege, aber
ich weiss, wenn ich sie spreize durch das
Gefuehl in meinen
Schwimmhaeuten.”
Hier müsste man fragen: Kannst
Du's also den Befehl “Spreiz Deine
Finger” mit geschlossenen Augen nicht ohne weiteres
ausfuehren? 375. |
| 1464.
Wir fueh[,|l]en unsere Bewegungen.
Ja, wir fuehlen sie wirklich; die
Empfindung ist nicht aehnlich einer
Geschmacksempfindung, oder einer Hitzeempfindung, sondern einer
Ta[ts|st]t- Tastempfindung: der
Empfindung, wenn Haut und Muskeln gedrueckt,
gezogen, verschoben werden. |
| 1465[
Wie kann ich bei meinen Bewegungen die Leitung des
Bewegungsgefuehls brauchen? denn wie kann
ich[m|,] ehe die Bewegungn angefangen hat, aus all
den Muskeln die aussuchen, die mir das richtige
Bewegungsgefuehl geben werden? –
Wenn es ein Problem ist, “Wie
weiss ich, wenn ich die Bewegung nicht sehe,
dass sie, und wie weit sie, stattgefunden
hat?” – warum ist es dann kein Problem:
“Wie weiss ich
ueberhaupt, wie die, sagen wir, befohlene Bewegung
einzuleiten ist?
(Russell machte
darueber einmal eine falsche Bemerkung.)
|
| 1466.
Ich kann z.B. sagen, dass ich
jetzt weiss, dass mein Finger
gebogen ist, dass ich aber keinerlei
Gefuehl in ihm habe; jedenfalls aber keines, das
ich besonders mit dieser Stellung assoziiere.
Wenn man mich also fragte: “Spuerst Du
irgend etwas, wovon Du sagen willst, Du wuerdest
es in der gestreckten Lage, nicht
fuehlen; oder geht Dir ein
Gefuehl ab // oder ist ein
Gefuehl jetzt abwesend // , welches
in der andern Lage vorhanden waere?”
– so muesste ich mit Nein
antworten. |
| 1467[
“Ist Vergnuegen eine
Empfindung?”
(I.A.
Ri[t|c]hards).
Das heisst also etwa: Ist
Vergnuegen so etwas, wie ein Ton, oder ein
Geruch?
376.
– Aber ist ein Ton so etwas wie ein Geruch?
Inwiefern? |
| 1468.
Wer fragt, ob Vergnuegen eine Empfindung ist,
unterscheidet wahrscheinlich nicht zwischen Grund und Ursache, denn sonst
fiele ihm auf, dass man, an etwas
Vergnuegen hat, was nicht
heisst, dass dies Etwas eine
Empfindung in uns verursacht[
|
| 1469.
Aber Vergnuegen geht doch jedenfalls mit einem
Gesichtsausdruck zusammen, und den sehen wir zwar nicht an uns
selbst, aber spueren ihn doch.
Und versuch einmal ueber etwas sehr Trauriges nachzudenken mit dem Gesichtsausdruck strahlender Freude! |
| 1470.
Es ist ja moeglich, dass die
Druesen des Traurigen anders
se[t|z]ernieren, als die des
Froehlichen[.|;] auch,
dass diese Sekretion die, oder eine, Ursache der
Trauer ist.
Aber folgt daraus, dass die Trauer eine durch
diese Sekretion hervorgerufene Empfindung
ist? |
| 1471.
Aber der Gedanke ist hier: “Du
fuehlst doch die Trauer – – also
musst Du sie irgendwo
fuehlen; sonst waere sie eine
Chimaere.”
Aber wenn Du
377.
1472. // notieren, machen
wir uns ein falsch vereinfachtes Bild unserer Begriffswelt. Es
ist so, als sagten wir, alle Pflanzen im Garten
haetten Blueten, alle
Bluetenblaetter.
– Fruechte. –
Samen. // |
| 1472.
Ein Geruch kann hoechst angenehm sein.
Ist das Angenehme an ihm nur eine Empfindung?
Dann wuerde also die Empfindung der Annehmlichkeit
den Geruch begleiten.
Wie aber wuerde sie sich auf ihn
beziehen?
Freilich, der Ausdruck der Annehmlichkeit ist seiner Art
nach aehnlich dem Ausdruck einer Empfindung,
insbesondere des Schmerzes.
Aber Freude hat keinen Ort[.|;] es gibt freudige
Gedanken, aber nicht zahnschmerzliche.
Aber, – moechte man sagen – ob Freude eine Empfindung sei, oder was sie sei, muss man doch merken, wenn man sie hat! – (Und warum besonders, wenn man sie hat, und nicht, wenn man sie nicht hat?) Merkst Du auch das Wesen der Eins, wenn Du einen Apfel ist, und das Wesen der Null, wenn Du keinen isst? |
| 1473.
Willkuerlichkeit haengt
mit Absichtlichkeit zusammen.
Und daher auch mit Entschluss.
Man entschliesst sich nicht zu einem Herzkrampf
und hat ihn nun. |
| 1474.
Man ruft sich ein Niesen, oder einen Hustenanfall hervor, aber nicht
eine willkuerliche Bewegung.
Und der Wille ruft das Niesen nicht hervor und auch nicht das
Gehen. 378. |
| 1475.
Empfindung, das ist das, was man fuer
unmittelbar gegeben und konkret haelt, was man nur
anzuschauen braucht, um es zu erkennen; das, was wirklich da ist.
(Die Sache, nicht ihr Abgesa[h|n]dter.) |
| 1476.
“Ich weiss, ob ich meiner
Ueberzeugung gemaess, oder ihr
entgegen rede.”
So ist die Ueberzeugung das Wichtige.
Im Hintergrund meiner
Aeusserungen // Reden // .
Welches starke Bild.
Man koennte Ueberzeugung und
Rede malen. (“aus der tiefsten
Brust”)
Und doch, wie wenig [s|z]ei[n|gt] dieses
Bild! |
| 1477.
“Der Geruch ist herrlich!”
Ist ein Zweifel darueber,
dass der Geruch es ist, der herrlich ist?
So ist es eine Eigenschaft des Geruches? – Warum nicht? Es ist eine Eigenschaft der Zehn durch Zwei teilbar zu sein, und auch, die Zahl meiner Finger zu sein. Es koennte aber eine Sprache geben, in der die Leute nur die Augen schliessen und sagen “Oh, dieser Geruch!” und es keinen Subjekt-Praedikat-Satz gibt, der dem aequivalent ist. // der dem Ausruf aequivalent ist. // Das ist eben eine ‘spezifische’ Reaktion. |
| 1478.
Ist das, wovon er sagt, er habe es, und wovon ich sage, ich habe es,
ohne dass wir dies aus irgendeiner Beobachtung
erschliessen, – ist es dasselbe, wie das,
was wir aus der Beobachtung des Benehmens des Andern und aus seiner
Ueberzeugungsaeusserung
entnehmen? 3779. |
| 1479.
Kann man sagen: Ich
schliesse, dass er
handeln wird, wie er zu handeln
beabsichtigt[.|?] |
| 1480.
Ich schliesse auf die Folgen seiner
Uebe[t|r]zeu[t|g]ung
Ueberzeugung aus dem Ausdruck seiner
Ueberzeugung; aber nicht auf die Folgen meiner
Ueberzeugung aus ihrem Ausdruck. |
| 1481.
Denk Dir einen Beobachter, der, gleichsam automatisch, seine
Beobachtungen ausspricht.
Ja, er hoert sich reden, nimmt aber sozusagen
keine Notiz davon.
Er sieht, dass der Feind herannaht und meldet es,
beschreibt es, aber wie eine Maschine.
Wie waere das?
Nun, er handelt nicht seiner Beobachtung
gemaess.
Man koennte von ihm sagen, er spreche aus, was er
sieht, aber er glaube es nicht.
Es dringe, sozusagen, nicht in ihn ein nicht
ein. |
| 1482.
Warum schliesse ich aus meinen eigenen Worten nicht
auf einen Zustand, aus dem Worte und Handlungen
entspringen?
Ich schliesse, vor allem, aus meinen Worten
nicht auf meine wahrscheinlichen Handlungen. |
| 1483[
Gefragt “Wirst Du so handeln?”–
ueberlege ich mir,
Gruende und
Gegengruende.
|
| 1484.
Aber bedenke: “Ich nehme doch manchmal des Andern
Wort, – so muesste ich doch zum mindesten
manchmal auch das meine dafuer nehmen,
dass ich der und der Ueberzeugung
bin.
Wenn ich aber, 380. quasi automatisch, meine
Beobachtung berichte, so hat dieser Bericht mit meiner
Ueberzeugung garnichts zu
tun.
Wohl aber koennte ich mir, oder meinem
beobachtende[m|n] Ich, ebenso vertrauen, wie das ein
Anderer tut.
Ich koennte also sagen: “Ich
sage ‘es regnet’, da wird es wohl so
sein”.
Oder: “Der Beobachter in mir sagt ‘es
regnet’, und ich bin geneigt, ihm zu glauben.”
–
Ist es denn nicht so – oder aehnlich –
wenn ein Mensch sagt, Gott habe zu ihm,
oder durch seinen Mund, gesprochen? |
| 1485.
Die wichtige Einsicht ist, dass es ein
Sprachspiel gibt, in welchem ich, automatisch, eine
Mitteilung mache, die von de[m|n] Andern ganz so behandelt
werden kann, wie eine nicht automatische – – nur
dass hier von einem
‘Luegen’ nicht die Rede sein
|
| 1486.
Wo steht denn in der Logik, dass eine Behauptung
nicht im Trance gemacht werden darf?! |
| 148[6|7].
“Schaue ich hinaus, so sehe ich, dass es
regnet; schaue ich in mich, so sehe ich, dass
ich's nicht glaube // dass
ich's glaube // .”
Und was soll man nun mit dieser Mitteilung anfangen? –381– |
| 1488
“Angenommen, es regnet und ich glaube es nicht” –
wenn ich das, was diese Annahme annimmt, behaupte, – so spaltet
sich, sozusagen, meine Persoenlichkeit.
“Dann spaltet sich meine Persoenlichkeit” heisst: Dann 14 spiele ich nicht mehr das
gewoehnliche Sprachspiel, sondern ein anderes.
|
| 1489.
Die Worte ‘Es regnet’ sind in seine Seele
geschri[i|e]ben” – dies soll so viel
heissen wie (d.h. ersetzbar
sein durch) “Er glaubt, daß es
regnet”.
“Die Worte ‘Es regnet’ sind in meine
Seele geschrieben” – heisst etwa soviel
wie: “Ich kann mich von dem Glauben nicht befreien,
daß ....”, “Die Idee hat von mir Besitz
ergriffen, daß ....”.
Bedenke naemlich, daß die Worte “Ich glaube, es regnet” und “Es duerfte regnen” das [G|g]leiche sagen koennen: innsofeern naemlich, als es in gewissen Zusammenhaengen keinen Unterschied macht, welchen der beiden ˇSaetze wir verwenden. (Und befreie Dich von der Idee, daß den [e|E]inen ein anderer geistiger Vorgang begleitet, als den anderen!) Die beiden Saetze koennen das Gleiche sagen, obwohl dem ersten ein “Ich glaube....” und “Er glaubt....” etc. entspricht, dem zweiten nicht. Der erste ist eben mit einem andern Begriff gebildet. D.h.: um zu sagen, daß es vielleicht regnet, brauchen wir den Begriff “glauben” nicht, ob schon wir ihn dazu verwenden koennen. Der Begriff, ein Saatz sei Einem ‘in die Seele geschrieben’ ist nun ein dritter Begriff, der sich in der Anwendung zum Teil mit de[m|n] andern deckt, zum Teil nicht. Ich will sagen, daß man zur Bildung der Aussage “Es duerfte … ” den ‘seltsamen’ Begriff ‘glauben’ nicht braucht, obwohl man ihn dazu gebrauchen kann[n|.] |
| 14[|9]0.
Bedenke auch: ‘Es duerfte regnen
und es regnet’ heiss nichts, und ebenso
‘Es duerfte regnen und es regnet
nicht’.
Dagegen kann man sagen ‘Es scheint zu regnen und es
regnet’ und auch ‘Es scheint....und es
regnet nicht’.
Und ‘Es scheint zu regnen’ kann den gleichen
Sinn haben, wie ‘Es duerfte
regnen’. –382– |
| 1491.
“Wie weiss ich, ich sei im Glauben;
....?
Schaue ich in mich?”
Ja, nuetzt es mir
irgendetwas, wenn ich mich
beobachte?
Nun, ich koennte mich etwa fragen:
“Um wieviel wuerde ich in diesem
Falle wetten?” |
| 1492.
Verstellung.
Schmerzen heucheln.
Es besteht nicht e[n|i]nfach darin, daß man die
Aeusserung des Schmerzes von sich gibt, ohne
Schmerzen zu haben.
Es muss ein Motif des Heuchelns
da sein, also eine Situation, die nicht
|
| 1493.
Das ‘wirklich Unendliche’ ist ein
‘blosses Wort’.
Besser waere, zu sagen: dieser Ausdruck
schafft vorlaeufig bloss ein
Bild, – das noch in der Luft haengt; dessen
Anwendung Du uns noch schuldig bist. |
| 1494.
Eine unendliche lange Kugelreihe, ein unendlich langer
Stab.
Denk Dir, davon sei in einer Art Maerchen die
Rede.
Welche Anwendung koennte man, wenn auch nur
fiktiv, von diesem Begriff machen?
Die Frage sei jetzt nicht: Kann es so etwas geben?
Sondern: Was stellen wir uns vor?
Lass also Deiner Einbildung wirklich die
Zuegel
[z|s]chiessen!
Du kannst es jetzt jaben, wie Du willst.
Du brauchst nur zu sagen, wie Du's willst.
Mach also nur ein Wortbild; illustrier es, wie Du willst –
durch Zeichnungen, durch Vergleiche, etc.!
Du kannst also, gleichsam, eine Werkzeichnung anfertigen.
Und nun ist noch die Frage, wie nach ihr gearbeitet werden
kann. |
| 1495.
“Wie aber kann der menschliche
Geist // Verstand // der Wirklichkeit
voranfliegen, und selbst das Unverifizierbare –383–
denken?” –
Warum sollen wir nicht das Unverifizierbare
[f|r]eden?
Wir machten es ja selbst unverifizierbar.
Es wird ein falscher Schein erzeugt? Und wie kann es auch nur so scheinen? Willst Du denn nicht sagen, daß dies So auch nicht einmal eine Beschreibung ist? Nun, dann ist es also kein falscher Schein, sondern vielmehr einer, der uns der Orientierung beraubt. So daß wir eben fragen: Wie ist es moeglich? |
| 1496.
So wie das Wort ausgesprochen war, wuenschte ich,
[e|i]ch haette es nicht gesagt. –
Wie bezog sich mein Wunsch auf das ausgesprochene Wort?
Ich fuehlte, daß das Wort unpassend war, sobald ich es ausgesprochen hatte. [a|A]ber die Zeichen, an die ich mich erinnere, waren nur [d|w]ie leise Andeutungen. Kleinigkeiten, aus denen ich die Absicht, den Wunsch, etc., etwa haette erraten k[e|o]ennen. Es gibt Schamanlaesse – Situationen – und Schambenehmen. Sowie es Erwartungsanlaesse und Erwartungsbenehmen gibt. |
| 1497.
Wenn eine Katze vor dem Mauseloch lauert – nehme ich an, sie denke
an die Maus?
Wenn ein Raeuber auf sein Opfer wartet, – gehoert dazu, daß er an diesen Menschen denkt? Muss er sich dabei dies und jenes ueberlegen? Vergleiche den, der dies zum ersten mal tut, mit Einem, der es schon unzaehlige male getan hat! (lesen) |
| 1498.
Es koennte ein Verbum geben, welches bedeutet:
die Absicht durch Worte, oder andere Zeichen, laut, oder in Gedanken,
aussprechen.
Dies Zeitwort waere nicht gleichbedeutend unserem
“beabsichtigen”.
Es koennte ein Verbum geben, welches bedeutet: [e|E]iner Absicht gemaess had handeln; und dieses ware auch nicht gleichbedeutend mit “beabsichtigen”. Wieder ein anderes koennte bedeuten: ueber eine Absicht brueten[“|:] oder, sie im Kopfe hin und her waelzen. –384– |
| 1499.
Wenn ich meinen Kaffee bereite, so beabsichtige ich, ihn zu
trinken.
Wenn ich ihn nun ohne diese Absicht bereitete –
muesste da eine Begleitung dieser Handlung
fehlen?
Geht waehrend des normalen Tuns
irgendetwas vor sich, was es als Tun in
dieser Absicht charakterisiert?
Wenn man mich aber fragte, ob ich ihn zu trinken beabsichtige, und ich
antwortete “ja freilich!” –
wuerde ich etwas ueber
meinen gegenwaertigen Zustand aussprechen?
So reagiere ich in diesem Falle; und das laesst sich aus meiner Reaktion entnehmen. |
| 1500.
Man kann einen Glauben, Wunsch, eine Furcht, Hoffnung, Zuneigung einen
Zustand des Menschen nennen; wir koennen auf diesen
Zustand bei unserm Betragen gegen diesen Menschen rechnen, aus seinem
Zustand auf seine Reaktionen schliessen.
Und sagt Einer “Ich war all diese Zeit im Glauben ....”, “Ich hegte Zeit meines Lebens den Wunsch ....”, etc., so berichtet er von einem Zustand, einer Einstellung. – Sagt er aber “Ich glaube, er kommt” (oder einfach “Da kommt er”) oder “Ich wuensche, daß Du kommst” (oder einfach “Bitte komm!”) dann handelt er, spricht er, jenem Zustand gemaess, berichtet nicht, er befinde sich in ihm. Aber wenn das richtig waere, dann solte es doch eine gegenwa[d|r]tige Form jener Berichte geben, also einerseits, z.B., die Aeusserung “Ich glaube ....”, anderseit[z|s] einen Bericht “Ich bin im Glauben ....” Und [a|A]ehnliches fuer den Wunsch, die Absicht, Furcht, etc. |
| 1501.
Jemand koennte erzaehlen:
“Ich erinnere mich meines Zustands in jenen Jahren sehr
genau; wenn immer man mich fragte...., antwortete ich....;
das war meine Einstellung.” |
| 1502.
Es gibt eine Ekelreaktion, in mir und im Andern, es gibt auch
Ekelg[f|e]fuehle.
Und darin gleichen sich Ekel, Furcht, Zuneigung,
u.a.; aber nicht Hoffnung, Glaube,
u.a. –385– |
| 1503.
Gram wiederholt sich unablaessig
dem traurigen Gedanken.
Ein Gedanke kann traurig, ekelerregend, entzueckend
sein, etc.; wie aber zeigt der Ausdruck, daß es dieser
Gedanke ist, auf den wir so reagieren?
Wie wehrt man einen Gedanken ab? |
| 1504.
Soll ich den ganzen Bereich Bereich des
[p|P]sychologischen den des
‘Erlebens’ nennen?
Also etwa alle psychologischen Ve[e|r]ben
‘Erlebnisverben’.
(‘Erlebnisbegriffe’) Ihr
Charakteristikum ist dies, daß ihre dritte Person auf
Grund von Beobachtungen ausgesprochen wird, nicht aber
die erste.
Jene Beobachtung ist Beobachtung des Benehmens.
Eine Unterklasse der Erlebni[e|s]begriffe sind die
‘Erfahrungsbegriffe’.
‘Erfahrungen’ haben Dauer, einen Verlauf; sie
koennen gleichfoermig, oder
ungleichfoermig verlaufen.
Sie haben Intensitaet.
Sie sind nicht Charaktere von Gedanken.
Vorstellungen ist Erfahrung.
Eine Unterklasse der ‘Erfahrungen’ sind die
‘Eindruecke’.
Eindruecke haben
raeumliche und zeitliche Beziehungen
zueinander.
Es gibt Mischeindruecke.
Z.B. Gemische von Geruechen,
Farben, Klaengen.
‘Gemuetsbewegungen’ sind
‘Erlebnisse’, aber sind nicht
‘Erfahrungen’.
(Beispiele: Trauer, Freude, Gram,
Entzuecken.)
Und man koennte
unterschieden ‘gerichtet
Gemuetsbewegungen’ und
‘ungerichtete
G.’.
Die Gemuetsbewegung hat Dauer; sie hat keinen Ort;
sie hat charakteristische Erfahrungen und Gedanken; sie hat einen
charakteristischen mimischen Ausdruck.
Denken ist Reden unter bestimmten Umstaenden, und
anderes, was ihm entspricht.
Gemuestbewegungen
faerben Gedanken.
Eine Unterklasse der ‘Erlebnisse’ sind die Formen der
‘Ueberzeugung’.
(Glauben, Ge[iw|wi]ssheit, Zweifel,
etc.)
Ihr Ausdruck ist ein Ausdruck von Gedanken.
Sie sind nicht ‘Faerbungen’ von
Gedanken.
Die gerichteten Gemuet[z|s]bewegungen
koennte man auch
“Stellungnahmen” nennen.
Auch Ueberraschung und Schreck sind
Stellungnahmen, und auch Bewunderung,
Genuss. |
| 1505.
Wohin gehoert aber Erinnerung und wohin
Aufmerksamkeit?
Man kann sich in einem Augenblick einer Situation, oder
Begebenheit erinnern.
Insofern ist also –386– der Begriff des Erinnerns
aehnlich dem des augenblicklichen Verstehens,
sich [e|E]ntschliessens. |
| 1506.
Mein Benehmen ist eben manchmal Gegenstand meiner Beobachtung aber doch
selten.
Und das haengt damit zusammen, daß ich mein
Benehmen beabsichtige.
Selbst wenn der Schauspieler im Spiegel seine eigenen Minen beobachtet,
oder der Musiker genau auf jeden Ton seines Spiels merkt und ihn
beurteilt, so geschieht es doch, um seine Handlung danach zu
richten // lenken // . |
| 1507.
Was heisst es z.B., daß
Selbstbeobachtung mein Handeln, meine Bewegungen, unsicher
macht?
Ich kann mich nicht unbeobachtet beo[ab|ba]chten. Und ich beobachte mich nicht zu dem gleichen Zweck, wie den Andern. |
| 1508.
Wenn ein Kind im Zorn mit den Fuessen stampft und
heult, – wer wuerde sagen, es
taete dies
unwillkuerlich?
Und warum?
Warum nimmt man an[m|,] es taete dies
nicht unwillkuerlich?
Was sind die Zeichen des
willkuerlichen Handelns?
Gibt es solche Zeichen? –
Was sind denn die Zeichen der unwillkuerlichen
Bewegung?
Sie folgt Befehlen nicht, wie die
wi[k|l]lkuerliche Handlung.
Es gibt ein “Komm her!”,
“Geh dort hin!”, “Mach
diese Armbewegung!”; aber nicht
“[l|L]ass Dein Herz schnell
gehen!” |
| 1509.
Es gibt ein bestimmtes Zusammenspiel von Bewegungen, Worten, Minen, wie
den Aeusserungen des Unwillens, oder der
Bereitschaft, die die willkuerlichen Bewegungen des
normalen Menschen charakterisieren.
Wenn man das Kind ruft, so kommt es nicht automatisch: Es
gibt da, z.B. die Gebaerde
“Ich will nicht!”
Oder das freudige Kommen, den Entschluss zu kommen,
das Fortlaufen mit dem Zeichen der Furcht, die Wirkungen des Zuredens,
alle die Reaktionen des Spiels, die Zeichen des
Ueberlegens und seine Wirkungen. |
| 1510.
Eine Melodie ging mir durch den Kopf.
War es willkuerlich, oder
unwillkuerlich?
Eine Antwort waere: Ich
haette es auch –387– lassen
koennen, sie mir innerlich vorzusingen.
Und wie weiss ich das?
Nun, weil ich mich fuer
gewohenlich unterbrechen kann, wenn ich
will. |
| 1511.
Wie koennte ich mir beweisen, daß ich meinen Arm
willkuerlich bewegen kann?
Etwa, indem ich mir sage “Ich werde ihn jetzt
be[e|w]egen” und er sich nun bewegt?
Oder soll ich sagen “Einfach, indem ich ihn
bewege”?
Aber wie weiss ich, daß ich's getan habe
und er sich nicht nur durch Zufall bewegt hat?
Fuehle ich's am Ende doch?
Und wie, wenn mich meine Erinnerung an fruehere
Gefuehle taeuschte, und es also
garnicht ˇdie richtigen
massgebenden Gefuehle
waren?!
(Und welches sind die richtigen?)
Und wie weiss denn der Andere, ob ich den
Arm wi[k|l]lkuerlich bewegt
habe?
Ich werde ihm vielleicht sagen “Befiehl mir, welche
Bewegung Du willst, und ich werde sie machen, um Dich zu
ueberzeugen”. –
Und was fuehlst Du denn in Deinem
[a|A]rm?
“Nun, das Gewoehnliche.”
Es ist nichts Ungewoehnliches an de[m|n]
Gefuehlen, der Arm ist z.B.
nicht gefuehllos (wie wenn er
‘eingeschlafen’ waere).
|
| 1512.
Eine Bewegung meines Koerpers, von der ich nicht
weiss, daß sie stattfindet, oder stattgefunden hat,
wird man unwillkuerlich nenne. –
Wie ist es aber, wenn ich bloss
versuche ein Gewicht zu heben, eine Bewegung also nicht
stattfindet?
Wie waere es, wenn Einer sich
unwillkuerlich anstrengte ein
Gesicht zu heben?
Unter welchen Umstaenden wuerde
man dies Verhalten
‘unwillkuerlich’ nennen?
|
| 1513.
Kann nicht die Ruhe ebenso willkuerlich sein, wie
Bewegung?
Kann das Unterlassen der Bewegung nicht willkuerlich
sein?
Welch besseres Argument gegen ein
Innervationsgefuehl? |
| 1514.
“Dieser Blick war nicht be[b|a]bsichtigt”
heisst manchmal: “Ich
wusste nicht, daß ich so geschaut habe”, oder
“Ich wollte nichts damit sagen”. –388– |
| 1515.
Es sollte uns nicht so selbstverstaendlich vorkommen,
daß uns das Gedaechtnis den vergangenen innern
Vorgang ebenso zeigt, wie den vergangenen
aeussern. |
| 1516.
Vorstellung ist willkuerlich, Erinnerung
unwillkuerlich, sich etwas ins
Gedaechtnis rufen aber
willkuerlich. |
| 1517.
Was fuer ein merkwuerdiger
Begriff ‘versuchen’, ‘trachten’ ist;
was man alles ‘zu tun trachten’ kann!
(Sich erinnern, ein Gewicht heben, aufmerken, an nichts
denken.)
Aber dann koennte man auch sagen: Was
fuer ein merkwuerdiger Begriff
‘tun’ ist!
Welches sind die Verwandtschaftsbeziehungen zwischen
‘Reden’ und ‘Denken’, zwischen
‘Reden’ und ‘zu sich selbst
reden’.
(Vergleiche die Verwandtschaftsbeziehungen zwischen den
Zahlenarten.) |
| 1518.
Man zieht ganz andere Schluesse aus der
unwillkuerlichen Bewegung, als aus der
willkuerlichen: das
charakterisiiert die
willkuerliche Bewegung. |
| 1519.
Aber wie weiss ich, daß diese Bewegung
willkuerlich war? –
Ich weiss es nicht, ich
aeussere es. |
| 1520.
“Ich ziehe so stark, als ich kann.”
Wie weiss ich das?
Sagt es mir mein Muskelgefuehl?
Die [O|W]orte sind ein Signal; und sie haben eine
Funktion.
Aber erlebe ich denn nichts? Erlebe ich denn nicht etwas? eetwas Spezifisches? Ein spezifisches Gefuehl der Anstrengung und des Nicht-weiter-koennens, des Anlangens an der Grenze? Freilich, aber diese Ausdruecke sagen nicht mehr, als “Ich ziehe so stark, als ich kann.” |
| 1521.
Es ist aber doch wichtig, daß es alle diese Paraphrasen gibt!
Daß man die Sorge mit den Worten beschreiben kann
“Ewiges Duestere steigt
herunter”.
Ich habe vielleicht die Wichtigkeit dieses Paraphrasierens nie
genuegend betont.
Man stellt die Freude dar durch ein lichtumflossenes –389– Gesicht, dur[f|c]h
Strahlen, die von ihm ausgehen.
Natuerlich heisst das nicht,
daß Freude und Licht einander aehnlich
sind; aber wir assoziieren –
gleichgueltig warum – die Freude
mit dem Licht.
Es koennte ja sein, daß diese
Assoziation dem Kind, wenn es sprechen lernt, beigebracht wird, daß sie
nicht natuerlicher ist, als der Klang
der Woerter selbst – – genug, daß sie
besteht.
(“Beetho[b|v]en” und
Beetho[b|v]en's Werke.) |
| 1522.
Die Trauer dem bleigrauen Himmel
aehnlich?!
Und wie kann man das herausfinden?
Indem man dem Trauernden und den Himmel betrachtet?
Oder sagt es der Trauernder?
Und ist es dann nur fuer seine
Trauer wahr, oder fuer die Trauer eines
Jeden? |
| 1523.
Wenn aber nun Einer sagt, seine Trauer gleiche einer
grauen Wolke, – soll ich es glauben, oder nicht? –
Man koennte ihn fragen, ob sich die beiden
in etwas gleichen, in einer bestimmten Hinsicht.
(Wie z.B. zwei Gesichter; oder wie ein
ploetzlicher starker [s|S]chmerz
Eeinem
Aufflamen.)
Man kann Beziehungen – interne Beziehungen und
Zusammenhaenge – dessen angeben,
was man bei verschiedenen Eindruecken
‘Intensitaeten’ nennt.
|
| 1524.
‘a ist zwischen b und c, und dem b
naeher als dem c’ dies ist eine
charakteristische Relation zwischen Empfindungen gleicher Art.
D.h., es gibt z.B. ein
Sprachspiel mit dem Befehl “Erzeuge eine Empfindung
zwischen dieser und dieser, und der ersten
naeher als der zweiten!”
Und auch: “Nenne z[ei|we]i
Empfindungen, zwischen welchen diese
liegt”. |
| 1525.
Und da ist es wichtig, daß man z.B. bei
Grau “[s|S]chwarz und
[w|W]eiss” zur Antwort kriegen
wird; bei Violett “Blau und Rot”, bei
Rosa “Rot und Weiss”,
etc.; aber nicht bei
Olivegruen “Rot und
Gruen”. |
| 1526.
Woran erkennt man, daß der Ausdruck der Freude nicht der –390– Ausdruck eines
Koerperschmerzes ist?
(Eine wichtige Frage.) |
| 1527.
Woher weiss man, daß der Ausdruck des Genusses nicht
der einer Empfindung ist? |
| 1528.
Eine Figu[t|r] als dies oder als jenes
ansprechen.
Sprichst Du die Figur immer, waehrend Du sie
si[he|eh]st, als dies oder das an?
Freilich: gefragt, was diese Figur vorstellt,
wuerde ich immer sagen: “Einen
Hasen”; aber ich bin mir dessen so wenig
staendig bewusst, wie dessen, daß
dies hier ein wirklicher Tisch ist.
Denn spreche ich ein Bild immer als das Bild dieses
Gegenstandes an, dann auch jeden Gegenstand als Ding dieses bestimmten
Gebrauches, etc. |
| 1529.
Wenn Einer zum er[t|s]ten mal merkt, daß
das Bild doppeldeutig ist, koennte er etwa mit dem
Ausruf reagieren: “Ah, ein Hase!”
etc.; aber er wuerde doch wenn er nun
das Bild dauernd in einem Aspekt sieht nicht ununterbrochen ausrufen
wollen “Ah, ein …!” |
| 1530.
Ich will sagen, daß der natuerliche, primitive,
Ausdruck des Erlebnisses des A[z|s]pekts so ein Ausruf
waere, es koennte auch ein
Aufleuchten der Augen sein.
(Es faellt mir etwas auf!) |
| 1531.
Wenn ich sage, ich sehe diese Figur dauernd rot, so
heisst das, daß die Beschreibung, sie sei rot –
die Beschreibung in Worten oder durch ein Bild – dauernd, ohne
Aenderung, richtig ist; im Gegensatz also zu
dem Falle in welchem sich die Figur
aendert. –
Die Versuchung ist ja eben, den Aspekt mit den Worten zu beschreiben
“Ich sehe es so” ohne auf etwas zu
zeigen.
Und wenn man ein Gesicht mit seiner Blickrichtung als Pfeil
beschreibt, so
|
|
| 1533.
Talk of hallucination! –
Was koennte es seltsameres geben, als
daß uns der Punkt, das Auge, Richtung zu haben
scheint! |
|
|
| 1536.
Es ist doch, als saehe man das Bild: einmal,
zusammen mit [E|e]iner Gruppe von Bildern, ein
andermal mit einer andern.
Was heisst hier: “Es ist als
saehe man”?
Dies heisst etwas Aehnliches
wie: dieser Vorgang koennte den
tatsaechlichen vertreten,
haette die rechte
‘Multiplizitaet’. |
| 1537.
Es ist – im Gegensatz zu
Koehler – gerade eine Bedeutung,
|
| 1538.
Man koennte sagen, man erlebe die
Bereitschaft zu einer bestimmten Gruppe von
Gedanken.
(Den Keim zu ihnen.) |
| 1539.
Es ist, als kaeme das Bild in einer Lage (oder in
einer andern) zur Ruhe.
Als koennte es in der Tat
fluktiieren, und dann mit bestimmten
Akzenten zur Ruhe kommen.
Man sagt: “Ich sehe es jetzt (oder, meistens) als das.” Es ist uns wirklich, als waeren nun die Striche zu dieser und nicht
Und doch muss es sich uns nur darum handeln, den tatsaechlichen Ausdruck unseres Erlebnisses, den ich ja mit allen diesen Bildern nur paraphrasiere, zu beschreiben; zu sagen, was das Wesentliche dieses Ausdrucks ist. –392– |
| 1540.
Koennte einer die Figur so, oder
so sehen, der nicht von ihr zu
Erklaerungen etc. fortschreiten
koennte?
Koennte sie also jemand so und
so sehen, der nicht wuesste, wie
Tierkoepfe ausschauen, was ein Auge ist,
etc.?
Und damit meine ich natuerlich nicht:
“Waere ein solcher im Stande, das zu tun, wuerde es ihm
gelingen?”
Sondern: “Bedarf es dazu nicht dieser
Begriffe?” |
| 1541.
Ich sehe das Bild eines Pferdes: ich weiss
nicht nur, es sei ein Pferd, sondern auch, daß das Pfered
Es handelt sich mir aber nicht um eine Erklaerung dieses Verstehens, etwa dadruch, daß man behauptet, der Betrachtende mache kleine Laufbewegungen, oder fuehle Laufinnervationen. Welchen Grund hat man zu Annahmen dieser Art, ausser den, es ‘muesse’ so sein? |
| 1542.
Wie aber, wenn man sagt “Man sieht dieses
gemalte Pferd laufen!” –
Damit will ich doch nicht nur sagen “Ich
weiss, daß dies ein laufendes Pfered
vor[z|s]tellt”.
Man will damit etwas anderes sagen.
Denk Dir, [n|j]emand reagierte auf so ein Bild mit
einer Handbwegung und dem Ausrufe
“Hui!”. Sagt das nicht
ungefaehr dasselbe wie: er
saehe das Pferd laufen? // Mit dem Ausrufe “Hui!”
und einer schweifenden Handbewegung. //
Er koennte auch ausrufen
“Es laeuft!” und das
waere nicht die Feststellung, es laufe, noch die, es
scheine zu laufen.
So wie man sagt: “Sieh, wie er
laeuft!” – nicht, um den Andern
eine Mitteilung zu machen, sondern es ist eine Reaktion,
in der sich die Leute finnden. // ,
sondern als Ausruf, in dem ich und der [a|A]ndere einander
finden. // 393. |
| 1543.
Verstehen ist aehnlich dem Weiterwissen, also einem
Koennen: aber “Ich
verstehe”, so wie “Ich weiss
weiter”, ist eine
Aeusserung, ein
Signal. |
| 1544.
Ich kann ein Wort adjektivisch, oder substantivisch erleben.
Weiss ich, ob [j|J]eder, ob
Viele, mit denen ich rede, diese Erlebnisse haben?
Waere es wichtig, um zu wissen, was sie
meinen? |
| 1545.
Es war mir nicht aufgefallen, dass in beiden Bildern
die gleiche Kontur vorkam, denn ich hatte sie in einem Bild
so aufgefasst, im andern
so.
Erst auf dem Umweg einer Ueberlegung sah ich ein,
dass es die gleiche Kontur war. –
Ist das ein Beweis: ich
hae[e|t]te jedes Mal etwas
Anderes gesehen? –
Es ist wichtig, dass die beiden Aspekte mit
einander
unnvertraeglich sind.
|
| 1546.
[O|I]st denn der Gesichtsausdruck etwas
Optisches?
Ich koennte mir ein Bild denken, dessen
Ausdruck doppeldeutig waere.
Und dass ich etwa deshalb in einer
anderen Umgebung nicht wiedererkennen
wuerde. // wiedererkennte. //
Ich sage dann etwa: “Ach ja, das sind dieselben
Linien; aber sie sind sehen hier ganz anders
aus.”
Und ich sehe ja wirklich, dass das Bild und das Bild das gleiche ist. // Und dass das Bild und das Bild das gleiche ist, sehe ich ja wirklich. // Ich erkenne es nicht nur, sagen wir, durch Messung! 394. |
| 1547.
Ich sehe[m|,] sagst Du, zwei verschiedene Gesichtsobjekte,
die nur etwas miteinander gemeinsam haben.
Denn Du betonst damit nur gewisse Analogien auf Kosten anderer.
Aber dieses Betonen muss nun noch grammatisch
gerechtifertigt werden. |
| 1548.
Wie ist es moeglich, dass das
Auge, dieser Punkt, in einer Richtung
blickt? –
“Sieh, wie er blickt!”
(Und dabei ‘blickt’ man selbst.)
Aber man sagt und tut das nicht in einem fort,
waehrend man das Bild betrachtet.
Und was ist nun dieses “Sieh, wie er
blick!” – ist es der Ausdruck einer
Empfindung? |
|
| 1550.
“Jetzt weiss ich weiter” – ich
sehe, dass das eine Stirn ist und
das ein Schnabel.
395. |
| 1551.
Versuchen wir zu beschreiben, dass Menschen Absichten
haben!
Wie saehe so eine Beschreibung aus?
Fuer wen waere
es eine Beschreibung?
Frage Dich dies: Welchem Zweck soll sie dienen?
|
| 1552.
Man kann sehr ‘deutlich’ zu sich selber in der
Vorstellung reden, wenn man dabei die Information der Rede durch Summen
(bei geschlossenen Lippen) wiedergibt.
Auch Kehlkopfbewegungen helfen.
Aber das Merkwuerdige ist ja eben,
dass man die Rede dann in der Vorstellung
hoert, und nicht
bloss, sozusagen [e|i]hr Skelett, im
Kehlkopf fuehlt. |
| 1553.
Es ist dem ‘Vorstellen’ wesentlich,
dass zu seiner Aeusserung
ˇdie Begriffe der Sinneswahrnehmung verwendet
werden.
(Der Satz “Ich hoere und ich
hoere nicht ....”
koennte als Ausdruck der
Gehoersvorstellung gebraucht werden.
Eine Verwendung fuer die Form dieses
Spruchs des Widerspruchs.)
Ein Hauptmerkmal, das Vorstellung vom Sinneseindruck und von der
Hallunzination unterscheidet, ist dies,
dass der Vorstellende sich zur Vorstellung nicht
beobachtend verhaelt, also dies,
dass die Vorstellung willkuerlich
ist. |
| 1554.
Stelle Dir ein Gespraech vor, dessen einer Partner Du
selbst bist, so zwar, dass Du selbst in der
Vorstellung redest.
Was Du selbst sprichst, wirst Du wahrscheinlich in Deinem
Koerper (Kehlkopf, Brust)
spueren.
Das aber beschreibt nur, definiert nicht, die
Taetigkeit des Redens in der Vorstellung.
396. |
| 1555.
Das Gefuehl des Unheimlichen.
Wie zeigt es sich?
Die Dauer so eines
‘Gefuehls’.
Wie, z.B., sieht eine Unterbrechung des
Gefuehls aus?
Waere es, z.B.,
moeglich, abwechselnd eine Sekunde es zu haben,
nicht und wieder nicht zu haben?
Ist nicht unter seinen Merkmalen auch eine
charak[et|te]ristische Art des Verlaufs (Beginns und
Endes), die es z.B. von einer
Sinneswahrnehmung unterscheidet? |
| 1556.
Das Sprechen der Musik.
Vergiss nicht, dass ein
Gedicht, wenn auch in der Sprache der Mitteilung
abgefasst, nicht im Sprachspiel der Mitteilung
verwendet wird.
Z174
Koennte man sich nicht denken, dass Einer, der Musik nie gekannt hat und zu uns kommt und jemand einen nachdenklichen Chopin spielen hoert, dass der ueberzeugt waere, dies sei eine Sprache und man wolle ihm nur den Sinn geheimhalten. In der Wortsprache ist ein starkes musikalisches Element. (Ein Seufzer, der Tonfall der Frage, der Verkuendigung, der Sehnsucht, alle die unzaehligen Gesten des Tonfalls.) |
| 1557[
“Man suche nichts hinter den Phaenomenen; sie selbst
sind die Lehre.”
(Goethe.)
|
| 1558.
Ich beobachte sein Gesicht genau.
Warum?
Was lehrt es mich?
Ob er traurig, oder froehlich,
z.B.
Aber warum interessiert mich das?
Nun, wenn ich seine Stimmung kennen lerne, so
ist es, wie wenn ich den Zustand eines Koerpers
(seine Temperatur, z.B.) kennen
lernte; ich kann mancherlei
Schluesse daraus ziehen.
Und darum 397. beobachte ich im gleichen Fall
mein eigenes Gesicht nicht.
Beobachtete ich mich, so waere mein Gesicht
nicht mehr ein verlaesslicher Index; und ich
koennte auch, wenn es
|
| 1559.
Sich eines Gedankens schaemen.
Schaemt man sich dessen, dass
man den und den Satz zu sich selbst in der Vorstellung gesprochen
hat? Z655
Die Sprache hat eben eine vielfache Wurzel; sie hat Wurzeln, nicht eine. Wurzel. |
| 1560.
“Der Gedanke stand in diesem Augenblick vor meiner
Seele.” –
Und wie? –
“Ich hatte dieses Bild.” –
So war das Bild der Gedanke?
Nein; denn haette ich Einem
bloss das Bild mitgeteilt, so
haette er nicht den Gedanken erhalten. |
| 1561.
Das Bild war der Schluessel.
Oder es erschien doch als
Schluessel. |
| 1562.
Wie unterscheiden sich Gesichtseindruecke von
Gehoerseindruekken? –
Soll ich antworten: “Das laesst
sich nicht sagen; aber wer sieht und hoert,
weiss, dass sie
total verschieden sind”?
Koennte man sich denken, dass
bei einem Menschen ein bestimmter Gesichtseindruck derselbe
waere, wie ein bestimmter
Gehoerseindruck? so dass er
diesen einen Eindruck durchs Auge und durch's Ohr
erhalten koennte?
Wuerde dieser etwa auf ein Bild zeigen und einen
Ton am Klavier anschlagen und uns sagen, 398. diese beiden seien
identisch?
Und wuerden wir ihm das glauben?
Und warum nicht?
Wuerden wir ihm glauben, dass
die ‘Affektion der Seele’ in beiden
Faellen dieselbe sei?
Und wenn wir's glaubten, wie koennten
wir das Faktum verwenden? |
| 1563.
Der Stammbaum der psychologischen Phaenomene:
Nicht Exaktheit strebe ich an, sondern
Uebersichtlichkeit. |
| 1564.
Was das Buendel der
‘Sinneseindruecke’
zusammenhaelt, sind ihre Relationen zu
einander.
Das, was ‘rot’ ist, ist auch
‘suess
’ und ‘hart’
und ‘kalt’, und ‘klingt’, wenn man es
anschlaegt.
In dem Sprachspiel mit diesen Woertern
heisst es urspruenglich nicht
“Dies scheint rot”, sondern
“Dies ist rot” (hart,
etc.).
Unsere Uebereinstimmung ist dem Sprachspiel
wesentlich.
Anders ist es aber mit “angenehm”,
“unangenehm”,
“schoen”,
“haesslich”.
Schmerz ist in mancher Weise analog den uebrigen Sinneseindruecken, in mancher Weise verschieden. Es gibt einen Gesichtsausdruck, Ausrufe, Gebaerden des Schmerzes (wie der Freude), Zeichen der Ablehnung, einen Empfang, der fuer den Schmerz, aber nicht eine[r|n], der fuer die rote Farbe charakteristisch ist // der fuer die Empfindung Rot charakteristisch ist // . Bitterkeit ist darin dem Schmerz verwandt. Man koennte sich einen Druck ohne Sinnesorgan denken. Es koennte Einer hoeren, und so ziemlich alle Sprachspiele mit den Woerte[n|r]n fuer Gehörseindrücke lernen, ohne Ohren zu haben, und ohne dass man weiss ‘womit’ er hoert. Dass man mit den Ohren 399. hoert,
zeigt sich ja verhaeltnismaessig
sehr selten.
Ja es koennte sein, dass
Einer hoert, wie wir Alle, und man erst
spaeter darauf kommt, dass
eine Ohren taub sind.
Der Inhalt der Erlebnisse. Man moechte sagen “So s[h|e]he ich Rot”, “So hoere ich den Ton, den Du anschlaegst”, “So fuehle ich Vergnuegen”, “So empfinde ich Trauer”, oder auch “Das empfindet man, wenn man traurig ist; das, wenn man sich freut”, etc. Man moechte eine Welt, analog der physikalischen, mit diesen So und Das bevoelkern. Das hat aber nur dort﹖ Sinn, wo﹖ es ein Bild des Erlebten gibt, worauf man bei diesen Aussagen zeigen kann. |
| 1565.
Wenn nur Einer einmal eine
Koerperbewegung gemacht
haette, – koennte die Frage
sein, ob sie willkuerlich oder
unwillkuerlich war? |
| 1566.
“Wenn ich mich anstrenge, tue ich doch etwas, habe
doch nicht bloss eine Empfindung.”
Und so ist es auch; denn man befiehlt Einem:
“Streng Dich an!” und er er
kann die Absicht aeussern “Ich
werde mich jetzt anstrengen”.
Und wenn er sagt “Ich kann nicht mehr!”
– so heisst das nicht “Ich kann das
Gefuehl in meinen Gliedern – den Schmerz,
z.B., – nicht laenger
ertragen”. –
Anderseits aber leidet man unter der Anstrengung, wie
unter Schmerzen.
“Ich bin gaenzlich
erschoepft” – wer das sagte, sich aber
so frisch bewegte, wie je, den wuerde man nicht
verstehen. 400. |
| 1567.
Der Aspekt ist dem Willen unterworfen.
Ich kann etwas nicht rot sehen, wenn es mir blau erscheint, und es hat
keinen Sinn, zu sagen, “Sieh dies
rot”, wohl aber “Sieh dies als ....”.
Und dass der Aspekt (wenigstens bis zu einem
gewissen Grade) willkuerlich ist, scheint ihm
wesentlich zu sein, wie auch der Vorstellung,
dass sie es ist.
Ich meine: die Willkuerlichkeit scheint mir
(aber warum?) nicht nur eine Zutat zu sein; als sagte
man, “Diese Bewegung laesst
sich, erfahrungsgemaess, auch so
hervorbringen”.
D.h.: Es ist wesentlich,
dass man sagen kann “Sieh es jetzt
so an!” und “Stell Dir vor
....!”
Denn das haengt damit zusammen,
dass uns der Aspekt nichts ueber
die ‘aeussere Welt
lehrt’.
Man kann die Worte “rot” und “blau”
lehren, indem man sagt “Dies ist rot und nicht
blau”; aber man kann Einem nicht die Bedeutung
vo[m|n] “Figur” und “Grund”
lehren, indem man auf eine doppeldeutige Figur
[s|z]eigt. |
| 1568.
Wir lernen nicht, Vorstellungen kennen und
spaeter erst, sie mit unserm Willen zu
lenken.
Und natuerlich ist es
ueberhaupt ganz falsch zu
|
| 1569.
Ist es richtig, zu sagen: was eine Handlung zu einer
willkuerlichen macht, sind die psychischen
Erscheinungen, in denen sie eingebettet liegt?
(Die psychologische Umgebung.) 401.
Sind, z.B., meine normalen Gehbewegungen “willkuerlich” in einem nicht potentiellen Sinn? |
| 1570.
Ein Kind stampft mit den Fuessen im Zorn: ist
es nicht willkuerlich?
Und weiss ich irgendetwas von seinen Bewegungsempfindungen, wenn es dies
tut?
Im Zorn stampfen ist willkuerlich.
Kommen, wenn man gerufen wird, in der
gewoehnlichen Umgebung, ist
willkuerlich.
Unwillkuerliches Gehen, Spazierengehen, Essen,
Sprechen, Singen waere (ein) Gehen, Essen,
Sprechen, etc. in einer abnormalen Umgebung.
Z.B.,
bewusstlos: wenn man im
uebrigen handelt, wie in der Narkose; oder wenn die
Bewegung vor sicht geht, und man weiss nichts
von ihr, sobald man die Augen schliesst; oder wenn
man die Bewegung nicht einstellen kann, so sehr man sich auch
bemueht; etc.
|
| 1571.
Keine Annahme scheint mir natuerlicher, als
dass dem Assoziieren, oder Denken, kein
Prozess im Geh[o|i]rn zugeordnet ist; so
dass es also unmoeglich
waere, aus Gehirnprozessen Denkprozesse
abzulesen.
Ich meine das so: Wenn ich rede, oder schreibe, so geht,
nehme ich an, ein meine[n|m] gesprochenen oder geschriebenen
Gedanken zugeordnetes System von Impulsen von meinem Gehirn aus.
Aber warum sollte das System sich weiter in zentraler
Richtung fortsetzen?
Warum soll nicht, sozusagen, diese Ordnung aus dem Chaos
entspringen?
Der Fall waere aehnlich
dem– dass sich gewisse
Pflanzenarten durch Samen vermehrten, so dass ein
Same immer dieselbe Pflanzenart erzeugt, von der er erzeugt wurde, –
dass aber nichts in dem Samen der
Pflanze, die aus ihm wird, 402. entspricht; so
dass es unmoeglich ist, aus den
Eigenschaften, oder der Struktur des Samens auf die der Pflanze, die aus
ihm wird, zu schliessen, –
dass man dies nur aus seiner
Geschichte tun kann.
So koennte also auch etwa aus etwas ganz
Amorphem ein Organismus, sozusagen ursachelos, werden; und es ist kein
Grund, warum sich dies nicht mit unserem Gedanken, also mit unserem Reden
oder Schreiben etc. wirklich so verhalten
sollte. |
| 1572.
Es ist also wohl moeglich, dass
gewisse psychologische Phaenomene physiologisch
nicht untersucht werden koennen, weil
ihnen physiologisch nichts entspricht. |
| 1573.
Ich habe diesen Mann vor Jahren gesehen; nun sehe ich ihn wieder,
erkenne ihn, erinnere mich seines Namens.
Und warum muss es nun fuer
dies Erinnern eine Ursache in meinem Nervensystem geben?
Warum muss irgendetwas,
was immer, in irgendeiner Form dort aufgespeichert worden
sein?
Warum muss er eine Spur hinterlassen
haben?
Warum soll es keine psychologische
Gesetzmaessigkeit geben, der keine
keine physiologische entspricht?
Wenn das unsere Begriffe von der Kausalitaet
umstösst, dann ist es Zeit,
dass sie umgestossen
werden. |
| 1574.
Das Vorurteil fuer den psycho-physischen
Parallelismus ist auch eine [V|F]rucht der primitiven
Auffassung der [F|G]rammatik. Denn, wenn man
Kausalitaet zwischen psychologischen Erscheinungen
zulaesst, die nicht physiologisch vermittelt
ist, so denkt man damit das Eingestaendnis
eines nebelhaften Seelenwesens zu machen. // , so
403. meint man, damit ein
Zugestehen, es existiere eine Se[l|e]le neben
dem Koerper, ein geisterhaftes
Seelenwesen. // // Das Vorurteil zugunsten des p[h|s]ycho-physischen Parallelismus ist auch eine Frucht
|
| 1575.
Muss das Verbum “ich glaube” eine
Vergangenheitsform haben?
Nun, wenn wir statt “Ich glaube, er kommt” immer
sagten “Er duerfte kommen”
(oder dergleichen), aber dennoch sagten “Ich habe
geglaubt ....” – so haette das Verbum
“glauben” keine Gegenwart.
Es ist charakteristisch fuer die Art und Weise,
wie wir gewohnt sind, die Sprache zu betrachten,
dass wir glauben, es muesse am
Ende doch [g|G]leichfoermigkeit,
Symmetrie, bestehen; statt, umgekehrt, dafuer zu
halten, sie koenne nicht
bestehen. |
| 1576[
Denk Dir diese Erscheinung: Wenn ich will,
dass jemand sich einen Text merkt, den ich ihm
vorspreche, so dass er ihn mir
spaeter wiederholen kann, muss ich
ihm ein Papier und einen Bleistift geben; und
waehrend ich spreche, schreibt er Striche, Zeichen
auf das Papier; soll er spaeter den Text
reproduzieren, so folgt er jenen Strichen mit den Augen und sagt den Text
her.
Ich nehme aber an, seine Aufzeichnung sei keine Schrift,
sie haenge nicht durch Regeln mit den Worten des Textes
zusammen;
–404– und doch kann er ohne diese
Aufzeichnung den Text nicht reproduzieren; und wird an ihr etwas
etwas
veraendert // geaendert // ,
wird sie zum Teil zerstoert, so bleibt er beim
‘Lesen’ stecken, oder spricht den Text unsicher, oder
unzuverlaessig, oder kann die
Worte ueberhaupt nicht finden. –
Das liesse sich doch denken! –
Was ich die ‘Aufzeichnung’ nannte,
waere dann keine Wiedergabe des
Textes, nicht eine Uebersetzung sozusagen in
eine[m|n] anderen Symbolismus.
Der Text waere nicht in der Aufzeichnung
niedergelegt.
Und warum sollte er in unserm Nervensysten
niedergelegt sein? |
| 1576.
Z611
Warum soll nicht ein Naturgesetz einen Anfangs- und
einen Endzustand eines Systems verbinden, den Z[y|u]stand
zwischen beiden aber uebergehen?
(Nur denke man nicht an Wirkung!) |
| 1577.
Was man eine Aenderung
|
| 1578.
Die Terminologie sieht man, die Technik ihrer Anwendung sieht
man nicht. |
| 1579.
Man sagt “Er scheint furchtbare Schmerzen zu
haben”, auch wenn man keinerley Zweifel
hat, daß der Schein nicht truegt.
Warum sagt man nun nicht “Ich scheine furchtbare Schmerzen
zu haben”, denn dies muesste zu mindestens
auch Sinn haben?
Bei einer Theaterprobe koennte ich das sagen; und
ebenso “Ich scheine die Absicht zu haben
....”, etc. etc.
Jeder wird sagen[;| :]
“Natuerlich sage ich das nicht; weil ich
weiss, ob ich Schmerzen
habe.”
Es interessiert mich fuer
gewoehnlich nicht, ob ich Schmerzen zu haben
scheine; denn die Schluesse, die ich aus diesem
Eindruck beim Andern ziehe, ziehe ich fuer mich
selbst nicht.
Ich sage nicht: “Ich stoehne
furchtbar, ich muss zum Arzt gehen”; wohl
aber “Er stoehnst furchtbar, er
muss ....”. |
| 1580.
Wenn dies keinen Sinn hat: “Ich
weiss, daß ich Schmerzen habe” – noch
dies: “Ich fuehle meine
Schmerzen”, – dann hat es –405– auch keinen Sinn zu
sagen: “Ich kuemmere mich nicht um
mein eigenes Stoehnen, weil ich
weiss, daß ich Schmerzen habe”
– oder “weil ich meine Schmerzen
fuehle.”
Wohl aber ist es wahr: “Ich kuemmere mich nicht um mein Stoehnen.” |
| 1581.
Ich schliesse aus der Beobachtung seines Benehmens,
daß er zum Arzt muss; aber ich ziehe diesen
Schluss fuer mich
nicht aus der Beobachtung meines Benehmens.
Oder viel mehr: ich tue es
auch dies manchmal, aber [b|n]icht in analogen
Faellen |
| 1582.
Es hilft hier, wenn man bedenkt, daß es ein primitives
Verhalten // eine primitive Reaktion //
ist, die schmerzende Stelle des Andern zu pflegen, zu
behandeln, und nicht nur die eigene – also auf des Andern
Schmerzbenehmen zu achten, wie auch, auf das eigene Schmerzbenehmen
nicht zu achten |
| 1583.
Was aber will hier das Wort “primitiv” sagen?
Doch wohl, daß die Verhaltungsweise
[V|v]orsprachlich ist: daß ein Sprachspiel
auf ihr beruht, daß sie das Prototyp einer Denkweise ist
und nicht das Ergebnis des Denkens. |
| 1584.
“Falsch aufgezaeumt” kann man von
einer Erklaerung sagen, wie dieser: wir
pflegten den Andern, weil wir nach Analogie des eigenen Falles glaubten,
auch er habe ein Schmerzerlebnis. –
Statt zu sagen: Lerne also aus diesem besondern Kapitel
unseres Betragens – aus diesem Sprachspiel – welche
Funktion in ihm “Analogie” und
“Glauben” haben. |
| 1585.
“Wie kommt es, daß ich den Baum aufrecht sehe, auch wenn ich
meinen Kopf zur Seite neige, und also das Netzhautbild das eines
schiefstehenden Baums ist?”
Wie kommt es also, daß ich den Baum auch unter diesen
Umstaenden als einen aufrechten
anspreche? –
“Nun, ich bin mir der Neigung meines Kopfes
bewusst, und bringe also die
noetige Korrektur an der Auffassung meiner
Gesichtseindruecke an.” –
Aber heisst das nicht,
Primaeres mit Sekundaerem
verwechseln?
Denk Dir, wir wuessten gar
–406– nichts
von der innern Beschaffenheit des Auges, –
wuerde dies Problem ueberhaupt
auftauchen? // , –
koennte sich diese Frage
ueberhaupt erheben? //
Wir bringen ja hier, in Wahrheit keine Korrekturen an, dies
ist ja bloss eine
Erklaerung.
Wohl – – aber da nun die Struktur des Auges einmal bekannt ist, – wie kommt es, daß wir so handeln, so reagieren? Aber muss es hier ein physiologische Erklaerung geben? Wie, wenn wir sie auf sich beruhen
|
| 1586.
Man kann eine Veraenderung eines Gesichts merken und
mit den Worten beschreiben, das Gesicht habe einen
haerteren Ausdruck angenommen, – und
ˇdoch nicht im Stande sein,
|
| 1587.
Man kann auch sagen “Er machte dieses
Gesicht”, oder “Sein Gesicht
veraenderte sich so”, indem
man's nachmacht, – und ist wieder nicht im Stande, die Veraenderung anders zu
beschreiben.
((Es gibt eben viel mehr Sprachspiele, als
Carnap und [a|A]ndere
sich traeumen lassen.)) |
| 1588.
Das Bewusstsein, daß ...., kann mich in der
Arbeit stoeren; das Wissen nicht. |
| 1589.
Wie weiss ich, daß ein Hund etwas dauernd
hoert, dauernd einen Gesichtseindruck
empfaengt, Freude, Furcht, Schmerz
empfindet?
Was weiss ich von den ‘Erlebnisinhalten’ eines Hundes? –407– |
| 1590.
Sind die Farben wirklich Geschwister?
Sind sie nur der Farbe nach verschieden, nicht auch der Art
nach?
Sind Gesicht, Gehoer, Geschmack,
wirklich Geschwister?
Suche nicht nur nach [a|A]ehnlichkeiten um einen Begriff zu rechtfertigen, sondern auch nach Zusammenhaengen. Der Vater uebertraegt s[i|e]inen Namen auf den Sohn, auch wenn dieser ihm ganz unaehnlich ist. |
| 1591.
Vergleiche einen furchbaren Schreck und einen
ploetzlichen heftigen Schmerz.
Es ist die Schmerzempfindung, die furchtbar ist, – aber ist es die
Schreckempfindung?
Wenn jemand in meiner Gegenwart hinstuerzt,
– ist das nur die Ursache einer hoechst
unangenehmen augenblicklichen Empfindung in mir?
Und wie laesst sich diese Frage
beantworten?
Klagt, der, der den schrecklichen Vorfall berichtet,
ueber die Empfindungen, der das Stocken
des Atems, etc.?
Wenn man Einem ueber den Schreck hinweghelfen will,
– behandelt man den Koerper?
Beruhigt man den Erschrockenen nicht viel mehr ueber das Ereignis, die Veranlassung? |
| 1592.
Wer im Studierzimmer sich die Trauer vormacht, der wird sich allerdings
leicht der Spannungen in seinem Gesicht bewusst
werden.
Aber trauere wirklich, oder folge einer traurigen Handlung im Film, und
frag Dich, ob Du Dir Deines Gesichts bewusst
warst. |
| 1593.
Ein Zusammenhang zwischen den Stimmungen in
Sinneseindruecken ist, daß wir die Stimmungsbegriffe
zur Beschreibung von Sinneseindruecken und
Vorstellungen benuetzen.
Wir sagen von einem Thema, einer Landschaft, sie seien traurig,
froehlich, etc.
Aber viel wichtiger ist es natuerlich, daß wir das
menschliche Gesicht, die Handlung, das Benehmen, durch alle
Stimmungsbegriffe beschreiben. |
| 1594.
Das Bewusstsein in der Andern Gesicht.
Schau ins Gesicht des Andern und sieh das
Bewusstsein in ihm und einen bestimmten
Bewusstseinston.
Du siehst auf ihm, in ihm, Freude,
Gleichgueltigkeit, Interesse,
Ruehrung, Dumpfheit, usf.
Das Licht im –408– Gesicht des Andern.
Schaust Du in Dich, um den Grimm in seinem Gesicht zu erkennen? Er ist dort so deutlich, wie in Deiner eigenen Brust. (Und was will man nun sagen? Daß das Gesicht des Andern mich zur Nachahmung anregt, und daß ich also k[el|le]ine Bewegungen und Muskelspannungen im eigenen empfinde, und die Summe dieser meine? Unsinn. Unsinn, – denn Du machst Annahmen, statt bloss zu beschreiben. Wem hier Erklaerungen im Kopfe spuken, der vernachlaessigt es, sich auf die wichtigsten Tatsachen z[y|u] besinnen.) |
| 1595.
Das Wissen,
|
| 1596.
“Das Bewusstsein ist so deutlich in seinem
Gesicht und Benehmen, wie in mir selbst.” |
| 1597.
Was hiesse es, mich darin irren, daß er eine Seele,
Bewusstsein, habe? und was
hiesse es, daß ich mich irre und selbst keines
habe?
Was hiesse es, zu sagen “Ich bin
nicht bei Bewusstsein.”
– –
Aber weiss ich nicht doch, daß
Bewusstsein in mir ist? –
So weiss ich's also, und doch hat die
Aussage, es sei so, keinen Zweck?
Und wie merkwuerdig, daß man lernen kann, sich in dieser Sache mit andern Leuten zu vers[at|ta]endigen! |
| 1598.
Einer kann sich bewusstlos stellen; aber auch
bewusst? |
| 1599.
Wie waere es, wenn mir jemand allen Ernstes sagte, er
wisse wirklich nicht, ob er traeume oder
wache? –
Kann es diese Situation geben: Einer sagt “Ich glaube, ich traeume jetzt”; wirklich wacht er bald
–409–
Denke, ein Bewusstloser sagte (etwa in der Narkose) “Ich bin ˇim Bewusstsein” – wuerden wir sagen “Er muss es wissen”? Und wenn Einer im Schlaf spraeche “Ich schlafe”, – wuerden wir sagen “Er hat ganz recht”? 1600.
Spricht Einer die Unwahrheit, der mir sagt: “Ich bin nicht bei Be[uw|wu]sstsein”? (Und die Wahrheit, wenn er's bewusstlos sagt? Und wie, wenn ein Papagei sagte “Ich verstehe kein Wort”, oder ein Grammophon “Ich bin bloss eine Maschine”?) |
| 1600.
Denke, in einem Tagtraum liesse ich mich sprechen
“Ich phantasiere bloss”,
waere das wahr?
Denke, ich schreibe so eine Phantasie, oder
Erzaehlung, einen [fa|ph]antasierten
Dialog, und in ihm sage ich “Ich phantasiere”
– – aber, wenn ich es aufschreibe, – wie zeigt sich's
daß diese Worte Worte der Phantasie sind und daß ich nicht aus der
Phantasie herausgetreten bin?
Waere es nicht wirklich moeglich, daß der Traeumende, sozusagen aus dem Traum heraustretend, im Schlaf spraeche “Ich traeume”? Es waere wohl denkbar, daß so ein Sprachspiel existierte. Dies haengt mit dem Problem des ‘Meinens’ zusammen. Denn ich kann im Dialog schreiben “Ich bin gesund” und es nicht meinen, obwohl es wahr ist. Die Worte gehoeren zu diesem und nicht zu jenem Sprachspiel. |
| 1601.
‘Wahr’ und ‘Falsch’ im
Traum.
Ich traeume, daß es regnet und daß ich sage
“Es regnet” – – anderseits: Ich
traeume, daß ich sage “Ich
traeume”. |
| 1602.
Hat das
|
| 1603.
Ein Sprachspiel analog einem Fragment eines andern.
Ein Raum in begrenzte Stuecke eines Raums
proj[e|i]ziert. |
| 1604.
Angenommen, ich hätte eine Erfahrung,
aehnlich einem Erwachen,
befaende mich dann in einer ganz andern Umgebung,
mit –410– Leuten, die
mich versiche[e|r]n, ich habe
geschlafen.
Angenommen ferner, ich bliebe dabei, ich habe nicht
getraeumt, sondern auf irgendeine Weise
ausser meinem schlafenden
ausserhalb meines Koerper
Koerpers gelebt.
Welche Funktion hat diese Behauptung? |
| 1605.
“‘Ich habe Bewusstsein’,
das ist eine Aussage, an der kein Zweifel moeglich
ist.”
Warum soll das nicht das Gleiche sagen wie dies:
“‘Ich habe
Bewusstsein’ ist kein
Satz”?
Man koennte auch so sagen: Was schadet es, daß [e|E]iner sagt, “Ich habe Bewusstsein” sei eine Aussage, die keinen Zweifel zulasse? Wie komme ich mit ihm in Widerspruch? Nimm an, jemand sagte mir dies, – warum soll ich mich nicht gewoehnen, ihn nichts darauf zu antworten, statt etwa einen Streit anzufangen? Warum soll ich seine Worte nicht behandeln, wie sein Pfeifen oder Summen? |
| 1606.
“Nichts ist so gewiss, wie, daß mir
Bewusstsein eignet.”
War[j|u]m soll ich es dann nicht auf sich beruhen
lassen?
Diese Gewissheit wie eine
grosse Kraft, deren Angriffspunkt sich nicht bewegt,
die also keine Arbeit leistet. |
| 1607.
Einer wirft im Wuerfelspiel etwa 5, dann 4 und sagt
“Haette ich
bloss statt der 5 eine 4 geworfen, so
haette ich gewonnen”!
Die Bedingtheit ist nicht physikalisch, sondern nur mathematisch, denn
man koennte antworten:
“Haettest Du zu erst 4
geworten, – wer weiss, was
Du danach geworfen haettest!” |
| 1608.
Sagst Du nun “Die Verwendung des Konjuntivs
beruht auf dem Glauben an ein Naturgesetzt” – so
kann man entgegenen: “Sieh
beruht nicht auf diesem Glauben; sie und dieser Glaube
stehen auf gleicher Stufe.” |
| 1609.
Das Schicksal steht im Gegensatz zum Naturgesetz.
Das Naturgesetz will man ergruenden, und
verwenden, das Schicksal nicht. –411– |
| 1610.
Der Begriff des ‘Fragments’.
Es ist nicht leicht, die Verwendung dieses Worts auch nur
beilaeufig zu beschreiben. |
| 1611.
Wenn wir den Gebrauch eines Wortes beschreiben wollen, – ist es
nicht aehnlich, wie wenn man ein Gesicht
portraetieren will?
Ich sehe es deutlich; der Ausdruck dieser Zuege ist
mir wohl bekannt; und sollte ich's malen, ich
wuesste nicht, wo anfangen.
Und mache ich wirklich ein Bild, so ist es
gaenzlich
|
| 1612.
Zwei Gegenstaende
‘gehoeren zusammen’.
Man lehrt ein Kind, Dinge ‘ordnen’, man begleitet die
Taetigkeit mit den Worten “Diese
gehoeren zusammen”.
Das Kind lernt diesen Ausdruck auch.
Es koennte die Dinge auch mit Hilfe
dieser Worte und gewisser Gebaerden ordnen.
Die Worte koennen aber auch
blosse Begleitung sein des Tuns
sein.
Ein Sprachspiel.
1613.
Denk Dir ein solches Spiel ohne Worte, aber mit der Begleitung einer zu den Handlungen passenden Musik gespielt // einer die Handlungen illustrierenden Musik gespielt. // |
| 1613.
“Leg es hier hin” – wobei ich mit dem
Finger den Platz bezeichne – – dies ist eine absolute
Ortsangabe.
Und, wer sagt, der Raum sei absolut, moechte als
Argument dafuer
sagen // vorbringen // :
“Es gibt doch einen Ort:
Hier.” |
| 1614.
Das ‘Erleben der
Aehnlichkeit’.
Denke an das Sprachspiel:
“Aehnlichkeiten erkennen”, oder
“Aehnlichkeiten angeben”, oder
“Dinge nach ihrer Aehnlichkeit
ordnen”.
Wo ist hier das besondere Erlebnis? der besondere
Erlebnisinhalt, nach dem man fahndet? –412– |
| 1615.
Die Dauer der Empfindung.
Vergleiche die Dauer einer Tonempfindung mit der Dauer der
Tastempfindung, die Dich lehrt, dass Du eine Kugel
in der Hand haeltst; und mit dem
“Gefuehl”, das Dich
lehrt, daß Deine Kniee gebogen sind.
Und hier haben wir wieder einen Grund, warum wir von der Empfindung der
Positur sagen moechten, sie habe keinen
Inhalt. |
| 1616.
Philosophische Untersuchungen: begriffliche Untersuchungen.
Das Wesentliche der Metaphysik: daß ihr der Unterschied zwischen
sachlichen und begrifflichen Untersuchungen nicht klar ist.
Die metaphysische Frage immer dem Anscheine nach eine sachliche,
obschon das Problem ein Begriffliches ist. |
| 1617.
Was aber tut eine begriffliche Untersuchung?
Ist sie eine der Naturgeschichte der menschlichen Begriffe? –
Nun, Naturgeschichte beschreibt, sagen wir, Pflanzen und
Tiere.
Aber koennte es nicht sein, daß Pflanzen in
allen Einzelheiten beschrieben worden waeren, und
nun erst jemand daherkaeme, der
Analogie[r|n] in ihrem Baue sieht, die man
frueher nicht gesehen hatte?
Daß er also einer neue Ordnung in diesen Beschreibungen
herstellt.
Er sagt z.B.: “Vergleiche
nicht diesen Teil mit diesem; sondern vielmehr mit
jenem![;| ”] (Goethe wollte so etwas tun.) und dabei
spricht er nicht notwendigerweise von Abstammung; dennoch
aber koennte die neue Anordnung auch der
wissensschaftlichen Untersuchung eine neue Richtung
geben.
Er sagt “Sieh es so an!”
– und das kann nun verschiedenerlei Vorteile und Folgen
haben. // Verschiedenerlei
Folgen haben. // |
| 1618.
Warum zaehlen wir?
Hat es sich als praktisch erwiesen?
Haben wir unsere Begriffe, z.B. die psychologischen,
weil es vorteilhaft ist? – // weil es sich
als vorteilhaft erwiesen hat? – //
Und doch haben wir gewisse Begriffe eben deswegen, haben
sie deswegen eingefuehrt. –413– |
| 1619. 16
Man sollte nicht glauben, es sei eine Vereinfachung, das Sehen mit
einem Auge in Betracht zu ziehen, statt des Sehens mit beiden Augen; wenn
man naemlich darueber klar ist,
daß man das Sehen nicht in de[m|n] Augen
speuhrt spuert.
Die Idee des visuellen Gegenstands ist viel schwerer
fuer das zweiaeugige Sehen
durchzufuehren.
Denn was ist das zweiaeugige
‘Gesichtsbild’?
‘Das Portrait dessen, was man wirklich sieht’ ‘des visuellen Eindrucks selbst’. |
| 1620.
Es kommt einem vor: Wenn ich nur die rechten Farben und
Dinge zur Verfuegung haette,
koennte ich genau darstellen, was ich
sehe.
Und so ist es ja bis zu einem Punkt wirklich.
Und jener Bericht und die Beschreibung dessen, was ich vor
mir dessen, was ich vor mir habe, und die Beschreibung dessen,
was ich sehe, haben die gleiche Form. –
Aber sie lassen z.B. ganz das Wandern
des Blicks aus.
Aber auch z.B. das Lesen einer Schrift im
Gesichtsfeld und jedem Aspekt des Gesehenen. |
| 1621.
Ist nun, was Du anschaust, eine grosse Tafel, oder
ebene Wand mit einer Figur darauf, so wird als eine genaue
Beschreibung ein Bild dieser Figur gelten
koennen.
Ist die Figur z.B. F, was kann man mehr
wollen, als daß sie genau abgezeichnet wird; und doch gibt es noch eine
ganz andere Beschreibung, die in dem Abze[ci|ic]hnen nicht
steckt.
So auch, wenn die Figur ein Gesicht ist. |
| 1622.
Was in einem Sinne eine geringe Ungenauigkeit der
Beschreibung ist, ist in einem andern Sinne eine
grosse. |
| 1623.
Aktiv und [p|P]assiv.
Kann man es befehlen, oder nicht?
Dies scheint vielleicht eine weithergeholte Unterscheidung, ist es aber
nicht.
Es ist aehnlich wie: “Kann man
sich (logische Moeglichkeit)
dazu entschliessen, oder nicht?”
–
Und das heisst: Wie ist es von
Gedanken, Gefuehlen,
etc.﹖ umgeben? |
| [2|1]624.
Wie wuerde eine menschliche Gesellschaft von
lauter tauben Menschen aussehen?
Wie, eine Gesellschaft von ‘Geistesschwachen’?
–414–
Wichtige Frage!
Wie, also, eine Gesellschaft, die viele unserer
gewoehnlichen Sprachspiele nie spielte?
|
| 1625.
Sich einer Gleichheit von Farben in einem Bild
bewusst sein, oder dessen, daß diese
Farbe dunkler ist als jene.
Bin ich mir beim Hoeren dieses Stuecks die ganze Zeit bewusst, daß es von .... ist? Wann ist man sich einer Tatsache bewusst? |
| 1626.
Liebe ist kein Gefuehl.
Liebe wird erprobt, Schmerzen nicht. |
| 1627.
Ich sehe etwas in verschiedenen
Zusammenhaengen.
(Ist dies dem Vorstellen nicht verwandter als dem Sehen?) |
| 1628.
Es ist, als haette man an das Gesehene einen Begriff
herangebracht, den man nun mitsieht.
Der zwar selbst kaum sichtbar ist, aber doch einen ordnenden
Schleier ueber die
Gegenstaende breitet. |
| 1629.
“Was siehst Du?”
(Sprachspiel) – –
“Was siehst Du wirklich?”
|
| 1630.
Stellen wir uns das Sehen raetselhaft vor!
ohne jederle[y|i] physiologische
Erklaerung. – |
| 1631.
Auf die Frage “Was siehst Du?” kommen
verschiedenerlei Beschreibungen zur Antwort. –
Wenn Einer nun sagt: “Ich sehe doch den Aspekt,
die Organisation, ebenso gut wie Formen und
Farben” – was soll es heissen?
Daß man das alles zum ‘Sehen’ rechnet?
oder, daß hier doch die groesste
Aehnlichkeit besteht? –
Und was kann ich dazu sagen?
Ich kann Aehnlichkeiten und
Unaehnlichkeiten aufzeigen. |
| 1632.
Koennte man es nicht fuer
Wahnsinn halten, wenn ein Mensch eine Zeichnung als
Portrait des N.N. erkennt und
ausruft “Das ist Her
N.N.!” –
“Er muss verrueckt
sein”, sagt man von ihm, –415– “Er sieht ein
Stueck Papier mit schwarzen Strichen darauf und
haelt das fuer einen
Menschen![;| ”] |
| 1633.
‘Das ‘Sehen der Figur als
....’ hat etwas Okultes, etwas
Unbegreifliches.
Man moechte sagen: “Es hat sich
etwas geaendert und es hat sich nichts
geaendert.” – –
Aber versuche es nicht zu erklaeren!
Betrachte lieber das uebrige Sehen auch als
Okult. |
| 1634.
Der Ausdruck jener Erfahrung ist und bleibt:
“Ich sehe es als Berg”, “Ich sehe
es als Keil”, “Ich sehe es mit dieser Basis und
dieser Spitze, aber umgefallen”, etc.
Und die Woerter “Berg”,
“Keil”, “Basis”,
“umgefallen”, sind ja auch nur Striche, oder Laute
– mit einer Verwendung. |
| 1635.
Denk an eine Darstellung eines Gesichts von vorn und im Profil zugleich
wie in manchen modernen Bildern.
Eine Darstellung in die eine Bewegung, eine
Aenderung, ein Schweifen des Blicks miteinbezogen
ist.
Stellt so ein Bild das, was man sieht, nicht eigentlich
dar? |
| 1636.
“Ich verzeihe Dir.”
Kann man sagen “Ich bin damit
beschaeftigt, Dir zu
ver[s|z]eihen”?
Nein.
Aber das heisst nicht, daß es nicht einen Vorgang
gibt, den man auch “verzeihen” nennen
koennte – aber nicht so nennt – ich meine,
das Austragen des innern Streites der zum Verzeihen
fuehren kann. |
| [2|1]637.
Ich moechte sagen: Es gibt Aspekte, die
hauptsaechlich von Gedanken und
Assoziationen bestimmt sind, und andere, die ‘rein
optisch’ sind, und automatisch eintreten und wechseln, beinahe
wie Nachbilder. |
|
| 1639.
Ich kann auf den Verlauf meiner Schmerzen achten; aber nicht ebenso auf
den meines Glaubens, oder Wissens. |
| 1640.
Das Beobachten der Dauer kann ununterbrochen, oder unterbrochen
sein.
Wie beobachtest Du Dein Wissen, Deine Meinungen? und andererseits, ein Nachbild, einen Schmerz? Gibt es ein ununterbrochenes Beobachten meiner Faehigkeit, die Multiplikation .... auszufuehren? |
| 1641.
⇒((Zu
Nr 1638))
Das koennte man daraus
erklaeren, dass der Aspekt mit
der Augenbewegung zusammenhaengt. |
| 1642.
Analogie zum Gegensatz von ‘Wert’ und
‘Grenzwert’ einer Funktion.
((wichtig)) |
| 1643.
Dass der Aspekt dem Willen untersteht, ist nicht
eine, seinem Wesen selbst nicht beruehrende,
Tatsache.
Denn wie waere es, wenn wir Dinge
willkuerlich rot oder gruen sehen
koennten?
Wie wuerde man dann die
Woerter “rot” und
“gruen” anwenden lernen?
Es gaebe dann vor allem nicht einen ‘roten
Gegenstand’, hoechstens einen, den man
leichter rot als gruen sieht. |
| 1644.
Ist nicht, was
Koehler sagt, ungefaehr:
“Man koennte etwas nicht
fuer das oder das halten, wenn man es
nicht als das oder das sehen
koennte”?
Beginnt ein Kind damit, etwas so oder so zu sehen, ehe es lernt, es
fuer das oder das zu halten?
Lernt es zuerst die Frage beantworten “Wie siehst Du
das?” und dann 417. erst “Was
ist das?” – |
| 1645.
Kann man sagen, es muss imstande sein, den Sessel
visuell als
|
| 1646.
Man koennte es sich so vorstellen: Man
prueft, in welcher Weise ein Kind ebene Figuren
abbildet, wenn man es keine Abbildungsart gelehrt hat, und wenn es
raeumliche Gegenstaende noch
nie gesehen hat. |
| 1647.
Ich lerne beschreiben, was ich sehe; und da lerne ich alle
moeglichen Sprachspiele. – |
| 1648.
Nicht “Wie kann ich, was ich sehe,
beschreiben?” – sondern: “Was
nennt man ‘Beschreibung des
Gesehenen’?”
Und die Antwort auf diese Frage ist: Sehr Verschiedenes.” |
| 1649.
Koehler sagt, nur sehr wenige Menschen saehen
von selbst die Ziffer 4 in der Zeichnung und das ist
gewiss wahr.
Wie unterschiede sich nun ein Mensch von den normalen Menschen, der in
seiner Beschreibung ebener Figuren, oder wenn er sie kopiert, darin
radikal von der Norm abweicht, dass er beim Kopieren
und Beschreiben andere ‘Einheiten’
verwendet?
D.h., wie wird 418. sich dieser auch noch in anderen
Dingen von den normalen Menschen unterscheiden? |
| 1650.
Ein Mensch koennte hohe zeichnerische Begabung haben,
ich meine die Begabung, Gegenstaende, ein Zimmer
z.B., sehr genau abzuzeichnen, und
koennte dabei doch immer wieder kleine Fehler gegen
den Sinn machen; so dass man sagen
koennte, “Er
fasst einen Gegenstand nicht als Gegenstand
auf”.
Er wuerde z.B. nie einen
Fehler machen, wie de[r|n] des Maler
Klecksel, der zwei Augen im
Profil malt.
Sein Wissen wuerde ihn
verfuehren. |
| 1651.
Der verfueh[e|r]erische Begriff ist:
“die vollstaendige
Beschreibung dessen, was man sieht”. |
| 1652.
Eliminiere Dir immer das private Objekt, indem Du annimmst:
Es aendere sich
fortwaehrend; Du merkst es aber nicht, weil
Dich Dein Gedaechtnis
fortwaehrend taeuscht.
|
| 1653.
“Wer etwas sieht, sieht irgendetwas
Bestimmtes” – aber das heisst eben
nichts.
Es ist, als wollte man sagen: Wenn auch keine Darstellung dem Gesichtseindruck gleicht, so gleicht er doch sich selber. |
| 1654.
Es koennte doch Einer auf die Frage
“Was siehst Du hier?” die Figur richtig
nachzeichnen, auf die Frage aber “Siehst Du eine
4” mit Nein antworten, obwohl er sie doch selbst beim
Nachzeichnen gebildet hat. 419. |
| 1655.
Was teile ich dem mit, dem ich die Mitteilung mache, ich sehe das
Ornament jetzt so? (Seltsame Frage.)
–
Das heisst doch: “In welchem
Sprachspiele findet dieser Satz Verwendung?” –
“Was fangen wir mit diesem Satz an?” |
| 1656.
Nehmen wir an, gewisse Aspekte waeren durch die
Augenbewegung erklaerbar: Dann
moechte man sagen, diese waeren
rein optischer Natur; und es muesste also
fuer sie eine Beschreibung geben, die sich nicht der
Analogien aus anderen Gebieten bedienen
muesste.
Dann muesste man also den Befehl
“Sieh dies als ....!” durch den
ersetzen koennen:
“Lass den Blick so und so
wandern”, oder einen aehnlichen.
|
| 1657[
Aber es ist eben nicht wahr, dass eine Erfahrung, die
nachweisbar mit der Augenbewegung
zusammenhaengt, von ihr erzeugt werden kann, darum
durch eine Folge von Gesichtsbildern beschrieben werden kann.
(Etwa so wenig, wie der, welcher sich einen Ton vorstellt, sich eine Folge von Luftstoessen vorstellt.) |
| 1658[
Halte die Zeichnung eines Gesichts verkehrt und Du [l|k]annst
den Ausdruck des Gesichts nicht erkennen.
Vielleicht kannst Du auch sehen, dass es lacht,
aber doch nicht genau, wie es lacht.
Du koenntest das Lachen nicht nachahmen, oder
seinen Charakter genauer beschreiben.
Und doch kann das umgekehrte Bild den Gegenstand hoechst genau darstellen. 420. |
| 1659.
Man muss da bedenken, dass das
so-Sehen eine
aehnliche Wirkung haben wie kann wie
ein Veraendern des Gesehenen,
z.B. durch ein Setzen von Klammern, ein
Unterstreichen, Zusammenfassen auf die oder jene Art,
etc., und dass das
so-Sehen in dieser Weise wieder
mit dem Vorstellen Aehnlichkeit hat.
Niemand wird doch leugnen, dass ein Unterstreichen, ein Setzen von Klammern, dem Erkennen einer Aehnlichkeit guenstig sein kann. |
| 1660.
Es ist doch klar, dass nur der, welcher das
doppeldeutige Bild als Hasen sieht, den Gesichtsausdruck des Hasen wird
nachahmen koennen.
Sieht er das Bild also auf diese Weise, so wird ihm dies
ermoeglichen eine gewisse
Aehnlichkeit zu beurteilen. |
| 1661.
Man wird auch gewisse Dimensionen nur dann richtig
schaetzen, wenn man das Bild auf diese
Weise sieht. |
| 1662.
Bedenke, dass man sagen kann: “Du
musst diese Melodie so
hoeren, und dann auch entsprechend
spielen.” |
| 1663.
Koennte es nicht Menschen geben, die nicht im Kopf
rechnen und nicht leise lesen lernen koennen, dabei
aber sonst intelligente Menschen waeren und in
keinem Sinne ‘schwachsinnig’? |
| 1664.
Es ist kein Zweifel, dass man einen Aspekt oft durch
eine Augenbewegung, durch eine Bewegung des Blicks, hervorruft.
421. |
| 1665.
Aber wie seltsam! moechte man sagen –
wenn man eine Art der Zusammensetzung entdecken kann, – wie ist es
moeglich, sie auch zu sehen!
– –
Wie ist es moeglich, mit einem Schlage zu wissen,
was man sagen will?
Ist dies nicht ebenso merkwuerdig? |
| 1666.
Ist denn die Erscheinung des Aspekts seltsamer, als meine Erinnerung an
eine bestimmte wirkliche Person, von der ich ein Erinnerungsbild
habe?
Ja, es ist sogar eine Aehn[;|l]ichkeit
zwischen beiden.
Denn man fragt sich auch hier: Wie ist es
moeglich,
dass ich vo[m|n] ihm ein
Vorstellungsbild habe und es keinen Zweifel daran gibt,
dass es sein Bild sei? |
| 1667.
Die Philosophie loest ein Problem oft nur, indem sie
sagt[;| :] Hier ist so wenig eine
Schwierigkeit, wie da.
Nur also, indem sie ein Problem heraufbeschwoert, wo frueher keines war. Sie sagt: “Ist es nicht ebenso merkwuerdig, dass ....” und laesst es
|
| 1668.
Wie befolgt man den Befehl “Stell Dir Herrn N
vor!”?
Wie weiss man, dass der
Befehl befolgt wurde?
Wie weiss Einer, dass er ihn
befolgt hat?
Wozu ist der Zustand der Vorstellung hier
nuetze? –
Ich will sagen, es verhalte sich aehnlich beim
Sehen eines Aspekts. |
|
| 1670.
Denk Dir ein Dreieck im Film um den Punkt schwingend dargestellt
und dann stehen bleibend.
Und nun koennte es sein, als wirke diese zeitliche
Umgebung noch im Bilde des zur Ruhe gekommenen Dreiecks.
“Haengend” moechte ich sagen. Aber entspricht dem nichts? Doch gewiss! Aber das heisst nur, dass ich nicht luege, und dass der Ausdruck des Aspekts eine Verwendung hat. “Welche Anwendung?!” musst Du Dich immer fragen. |
| 1671.
Man koennte die Sc[j|h]achbrettzeichnung
als Werkzeichnung betrachten, nach welcher
Stuecke herzustellen sind, die das Schachbrett
ergeben.
Man kann diese Zeichnung nun auf verschiedene Weise verwenden; und
man kann sie auch auf verschiedene Weise, solchen Verwendungen
entsprechend, sehen. |
| 1672.
Denke, man erklaerte das so,
dass der Aspekt durch verschiedene, dem
visuellen Bild superpronierte Vorstellungen und Erinnerungen
entstehe.
Natuerlich interessiert mich diese
Erklaerung nicht als
Erklaerung, sondern als logische
Moeglichkeit, also begrifflich
(mathematisch). |
| 1673.
“Das Gruene, was ich dort sehe, ist
blatthaft.
Diese Dinge dort augenhaft.”
(Welche Dinge sind es?) 423.
1674.
Wie kann etwas das Bild |
| 1674.
Es scheint hier das Objekt des Sehens zu sein, was nicht Objekt des
Sehens
|
| 1675.
Wie koennte denn Association ein
Dauerzustand sein?
Wie koennte ich denn fuenf
Minuten lang diese Art von Gegenstand mit diesen Linien
associieren? |
| 167[5|6].
Was ueberzeugt mich denn, dass
der Andere ein gewoehnliches Bild dreidimensional
sieht? –
Dass er's sagt?
Unsinn – –
[w|W]ie weiss ich denn, was er mit
dieser Versicherung meint?
Nun, dass er sich darin auskennt; die Ausdruecke auf das Bild verwendet, die er auf den Raum anwendet; sich vor einem Landschaftsbild benimmt, wie vor einer Landschaft, etc. etc. |
| 1677.
Ich kann von ihm nie wissen, ob er wirklich sieht.
Nun, dann kann ich's von mir natuerlich
auch nicht wissen.
Denn wie weiss ich, dass ich
jetzt das Gleiche so nenne, wie frueher, und
dass ich das Gleiche “gleich”
nenne? |
| 1678.
Nun, wie sieht es alles in der dritten Person aus?
Und was fuer die dritte Person gilt, gilt dann, so
seltsam das scheinen mag, auch fuer die
erste. |
| 1679[
Denk Dir eine physiologische Erklaerung
dafuer, dass ich
eines (A) als Variation des
Ander andern (B)
sehe.
Es koennte sich
424. zeigen,
dass, wenn ich A als B sehe, auf meiner
Retina gewisse Vorgaenge stattfinden, die sich sonst
zeigen, wenn ich wirklich B sehe.
Und dies koennte nun manches in meinem Benehmen
erklaeren.
Man koennte z.B. sagen,
dass ich mich darum beim Anblick von A
benehme, als saehe ich B, wie ich's
gewoehnlich nicht tue, wenn ich A nicht als
B sehe.
Aber diese Erklaerung meines Benehmens ist
fuer uns
ueberfluessig.
Ich nehme das Benehmen eben so hin, wie einen Vorgang auf der Retina,
oder im Gehirn.
Ich will sagen: Die physiologische Erklaerung ist zuerst scheinbar eine Hilfe, zeigt sich aber dann gleich als blosser Katalysator der Gedanken. Ich fuehre sie nur ein, um sie gleich wieder los zu werden. |
| 1680.
Denk nur ja nicht, Du wuesstest im
Vorhinein, was
|
| 1681.
Haette ich mir das Phaenomen der
Vorstellung erklaeren
koennen[?|,] wenn mir gesagt
worden waere;: es
saehe Einer mit offenen Augen etwas, was
nicht vor ihm ist, und zugleich
|
| 1682.
Und es waere nun natuerlich ganz
falsch, zu sagen: “Und doch geschieht das
Seltsame” oder “das Unglaubliche”.
Vielmehr ist eben, was geschieht, nicht seltsam und nur
fals⌊c⌋h als Seltsames gesehen. 425. |
| 1683.
Die alte Ansicht von der Rolle der Anschauung in der
Mathematik.
Ist diese Anschauung eben das Sehen der Komplexe in verschiedenen
Aspekten? |
| 1684.
Muss man unter den Aspekten nicht rein optische von
andern unterscheiden?
Dass sie
16 verschiedene Arten gesehen werden.
|
| 1685.
Man haengt Bilder, Photographien auf von
Landschaften, Innenraeumen, Menschen, und
betrachtet sie nicht, wie Werkzei[v|c]hnungen.
Man liebt, sie anzusehen, wie die Gegenstaende
selbst; man laechelt die Photographie an wie
den Menschen, den sie zeigt.
Wir lernen nicht, eine Photographie verstehen, wie eine Blaupause. –
Es waere freilich moeglich,
dass wir eine Abbildungsart erst mit
Muehe verstehen lernen muessen,
um sie spaeter als natuerliches
Bild gebrauchen zu koennen.
Dies muehsame Lernen waere
spaeter nur noch Geschichte, und das
Bild wuerden wir nun ebenso betrachten, wie jetzt
unsere Photographie.
426. |
| 1686.
Es koennte doch auch Menschen geben, die
[p|P]hotographieren
nicht, wie wir, verstuenden,
saehen; die zwar verstuenden,
dass auf diese Weise ein Mensch dargestellt werden
kann, die seine Formen auch
ungefa[h|e][e|h]r nach einer
Photographie beurteilen koennten, die aber das Bild
doch nicht als Bild saehen.
Wie wuerde sich das
aeussern?
Was wuerden wir als Aeusserung
dessen betrachten??
Das ist vielleicht nicht leicht zu sagen.
Diese Leute haetten vielleicht nicht Freude an Photographien wie wir. Sie wuerden nicht sagen, “Schau, wie er laechelt!” und dergleichen; sie wuerden eine Person oft nicht gleich nach dem Bild erkennen; muessten die Photographie lesen lernen und lesen; sie haetten Schwierigkeiten, zwei gute Aufnahmen desselben Gesichts als Bilder etwas verschiedener Stellungen zu erkennen. |
| 1687.
Wenn mir Einer sagte, er habe die Figur eine halbe Stunde lang ohne
Unterbrechung als umgekehrtes F gesehen, so
muesste ich annehmen, er habe
fortwaehrend an diese Interpretation
gedacht, sich damit
beschaeftigt. |
| 1688.
Es ist, als waere der Aspekt etwas, was nur
aufleuch[y|t]et, aber nicht stehen
bleibt; [U|u]nd doch
muss dies eine begriffliche
Bemerkung sein, keine psychologische. |
| [;|1]689.
Beim Umschnappen des Aspekts erlebt man die zweite Phase in akuter
Weise (entsprechend etwa dem Aus[f|r]uf “Ach,
es ist ein ....!” und hier
beschaeftigt man sich ja mit dem
Aspekt.
Im 427. chronischen Sinne ist
er nur die Art und Weise, wie wir die Figur wieder und wieder
behandeln. |
| 1690.
‘Ding’ und ‘Hintergrund’ sind
visuelle Begriffe, wie rot und rund – will
Koehler sagen.
Die Beschreibung des Ges
Gesehenen schliesst die Angabe,
was Ding und was Hintergrund ist, nicht weniger ein, als die Angabe der
Farbe und der Form.
Und die Beschreibung ist ebenso unvollstaendig,
wenn nicht gesagt wird, was Ding, was Grund ist, wie sie es ist, wenn
Farbe oder Form nicht angegeben wurden.
Ich sehe das eine ebenso unmittelbar, wie das andere – will
Denk, statt um Worte handelte sich's um zeichnerische Wiederga[v|b]e; und den Woertern “dinglich” und dergleichen entspraeche in dieser Wiedergabe die Reihenfolge, Ordnung, in der wir die Zeichnung anfertigen. (Ich nehme an, [d|w]ir koennten ausserordentlich rasch zeichnen.) Und nun sagte jemand: “Zur Darstellung des Gesehenen gehoert die Reihenfolge ebenso, wie Farben und Formen.” – Was hiesse das? Man kann wohl sagen: Es gibt Gruende, zum zeichnerischen Beschreiben des Gesehenen nicht nur das gezeichnete Bild, sondern auch die Phrasierung beim Zeichnen zu rechnen. Es gehoerten diese Reaktionen des Beschreibenden irgendwie zusammen. In gewisser Be- 428. ziehung
gehoeren sie zusammen, in anderer nicht. |
| 1691.
Denkt man an Stroeme in der Netzhaut (oder
dergleichen), so moechte man sagen:
“Also ist der Aspekt so gut,
‘gesehen’, wie Form und Farbe.”
Aber wie konnte uns denn so eine Hypothese zu dieser
Ueberzeugung helfen?
Nun, sie kommt der Tendenz entgegen, hier zu sagen, wir
saehen zwei verschiedene Gebilde.
Aber diese Tendenz, wenn sie zu begruenden ist,
muss ihren Grund woanders haben. |
| 1692.
Der Ausdruck des Aspekts ist der Ausdruck einer Auffassung (also
einer Behandlungsweise, einer Technik); aber gebraucht als
Beschreibung eines Zustands. |
| 1693.
Wenn es scheint, es waere
fuer eine solche logische Form kein Platz,
so musst Du sie in einer andern Dimension
aufsuchen. Wenn hier kein Platz ist, so ist er eben in einer
andern Dimension. // Wenn es scheint, es
waere fuer soe eine Form
zwischen den andern Formen doch kein Platz, so musst
Du sie … // |
| 1694.
In diesem Sinne ist auch auf der Zahlenlinie nicht
fuer imaginaere Zahlen
Platz.
Und das heisst doch: Die Anwendung eines
imaginaeren Zahlbegriffs ist
grundverschieden von der einer Anzahl
etwa; // von der des Begriffs der Anzahl
etwa; // verschiedener, als die mathematischen Operationen
allein es offenbaren.
Man muss also, um Platz fuer
sie zu gewinnen, zu ihrer Anwendung hinuntersteigen und dann finden sie
einen, sozusagen ungeahnt verschiedenen
429. Platz. |
| 1695.
Wenn diese Konstellation fuer mich stets und
staendig ein Gesicht ist, dann habe ich damit
kein keinen Aspekt bezeichnet.
Denn das hiesse,
dass ich ihr immer als Gesicht
begegne, sie als Gesicht behandle;
waehrend das Eigentuemliche des
Aspekts ist, dass ich etwas in ein Bild
hineinsehe.
So dass man sagen
koennte; : ich sehe etwas,
was garnicht da ist, was nicht in der Figur
liegt, so dass es mich
ueberrascht, dass ich's
sehen kann[,| (]mindestens, wenn ich
spaeter darueber
reflektiere). |
| 1696.
Wenn das Sehen eines Aspekts einem Gedanken entspricht, dann kann es
nur in einer Welt // in einem
Reich // von Gedanken ein Aspekt
sein. |
| 1697. ,
Wenn ich einen Aspekt beschreibe, so setzt die Beschreibung Begriffe
voraus, die nicht zur Beschreibung der Figur selbst
gehoeren. |
| 1698. ,
Ist es nicht merkwuerdig, dass
man bei der Beschreibung eines Gesichtseindrucks so ungemein selten das
Wandern des Blicks in die Beschreibung einbezieht?!
Es wird so gut wie nie einbezogen, wenn der Gegenstand klein,
z.B. ein Gesicht ist; obgleich doch auch da der
Blick fortwaehrend in Bewegung ist. |
| 1699.
Der Aspekt kann ploetzlich wechseln und es folgt dem
Wechsel dann ein neues Betrachten.
Man ist sich, z.B., des Gesichtsausdrucks
–430–
betrachtet ihn. |
| 1700.
Ich kann z.B. eine Photographie anschauen und mich
mit dem Ausdruck des Gesichts beschaeftigen, ihn mir
sozusagen zu Gemuet fuehren,
ohne mir, oder einem Andern, dabei etwas zu sagen.
Ich lasse die Augen der Photographie zu mir sprechen. Ich sehe das Bild vielleicht zum ersten mal, als wirkliches Gesicht. ‘Gehe auf den Ausdruck ein’. Frage nicht “Was geht dabei vor?”, sondern “Was tut man mit dieser Aeusserung?” |
| 1701.
Wir werden uns des Aspekts nur in
[s|W]echsel bewusst.
Wie wenn sich Einer nur des Wechselns der Tonart
bewusst ist, aber kein absolutes
Gehoer hat. |
| 1702.
Wenn man das Mittelmeer auf der Karte bei anderer
Kolorierung nicht erkennt, so zeigt das nicht, daß hier
wirklich ein anderer visueller Gegenstand
vorliegt.
(Koehler's Beispiel)
Es koennte das hoechstens
einen
|
| 1703.
Daß man einen Aspekt auch durch Gedanken hervorrufen kann,
ist aeusserst wichtig, obwohl es das Hauptproblem
nicht loest.
Ja, es ist, als waere der Aspekt ein unartikulierter Fortklang des eines Gedankens. |
| 1704.
Ich hoere zwei Leute reden, verstehe nicht, was sie
sagen, hoere aber das Wort
“Bank”.
Nun nehme ich an, sie sprächen von Geld.
(Das kann sich als richtig oder unrichtig herausstellen.)
Habe ich damit das Wort “Bank” in der
Bedeutung
gehoerthoert?
–431–
Anderseits: Es spricht Einer in einer A[t|r]t Spiel
doppeldeutige Woerter ohne Zusammenhang; ich
hoere “Bank” und
hoere es in jener Bedeutung.
Es ist beinahe, als waere dies letztere ein
wertloses Ueberbleibsel des ersten
Vorgangs. |
| 1705.
Warum soll nicht die
ueberwaeltigende
Neigung, ein gewisses Wort in unserer
Aeusserung zu gebrauchen, bestehen?
Und warum sollte dies Wort nicht dennoch
irrefuehrend sein, wenn wir
ueber unser Erlebnis nachdenken?
Ich meine: Warum sollen wir nicht “sehen” sagen wollen, obwohl der Ve[t|r]gleich mit dem Sehen in mancher Weise nicht stimmt. Warum sollen wir nicht von einer Analogie beeindruckt sein, zum Nachteil
Die physiologische Betrachtung verwirrt hier nur. Weil sie von dem logischen, begrifflichen Problem ablenkt. |
| 1706.
Die Verwirrung in der Psychologie ist nicht damit zu
erklaeren, daß sie eine “junge
Wissenschaft” ist.
Ihr Zustand ist mit dem der Physik, z.B., in
ihrer Fruehzeit garnicht zu
vergleichen.
Eher mit dem gewisser Zweige der Mathematik.
(Mengenlehre).
Es besteht da naemlich einerseits eine
gewisse experimentelle Methode, anderseits
Begriffsverwirrung // Es besteht da
naemlich eine gewisse experimentelle Methode,
und zugleich Begriffsverwirrung // , so wie in manchen
Teilen der Mathematik Begriffsverwirrung und Beweismethoden.
Waehrend man aber in der Mathematik
ziemlich sicher sein kann, daß ein Beweis von Wichtigkeit sein
wird, auch wenn er noch nicht recht
|
| 1707.
Man koennte dazu verfuehrt
werden zu glauben, es gaebe eine bestimmte Art und
Weise, wie man Jahreszahlen ausspricht, einen bestimmten
Tonfall oder dergleichen.
Denn eine Zahl, etwa –432– eine Hausnummer, wie 1854 kann
fuer mich etwas Jahrezahlhaftes an sich
haben.
Man koennte glauben, unser Erlebnis sei das einer
bestimmten Einstellung des Geistes, die ihn fuer eine
bestimmte Taetigkeit bereit macht; zu
vergleichen also der Stellung des
Koe[e|r]pers vor dem Sprung.
Hier ist ein sehr verlockender Irrtum.
Es ist Erfahrungstatsache, d[ß|a]ß diese Stellung
eine haeufige, oder
zweckmaessige Vorbereitung fuer
diese Taetigkeit ist.
Wir aber haben nicht gelernt, daß dies Gefuehl,
diese Erfahrung, eine zweckdienliche Vorbereitung der und der Anwendung
der Figur, Zahl, etc. ist.
Ausdruecke wie “Es ist, als
zitterte in dem Erlebnis bereits die kuenftige
Verwendung”, “Es ist, als innervierten wir schon
die Muskel[e|n]n [s|z]u dieser
bestimmten Taetigkeit”,
etc. etc. sind nur paraphrasierte
Aeusserungen des
Erlebnisses.
(Als sagte man “Die Liebe zu …
glueht mir im Herzen.”) –
Hier haben wir uebrigens eine Andeutung des
Ursprungs der Innervationsempfindung, die das
Bewusstsein des Willensakts ausmachen
soll. |
| 1708.
Ich sage beim Erkennen eines Menschen: “Jetzt seh
ich's – es sind dieselben Zuege, nur
....” – und es folgt eine Beschreibung der
tatsaechlichen
Veraenderungen. –
Denk Dir, ich sagte “Das Gesicht ist runder, als es
war” – soll ich sagen, es ist eine
Eigentuemlichkeit des Gesichtsbildes, des
Gesichtseindrucks, die mir das zeigt?
Freilich, man wird sagen: “Nein; hier kommt ein
Gesichtsbild in eine Erinnerung zusammen.”
Aber wie kommen diese zusammen?
Ja – es ist als ob hier zwei Bilder verglichen
wuerden.
Aber es werden nicht zwei Bilder verglichen; und
wuerden sie's, so
muesste man noch immer eines als das des
frueheren Gesichts anerkennen. |
| 1709.
Ich kann doch sagen: Ich sehe, daß diese Figur in jener
enthalten ist, kann sie aber nicht darin sehen.
Diese Beschreibung passt wohl
fuer diese Figur, aber doch kann ich die Figur nicht
der Beschreibung gemaeuss sehen.
–433–
Und “sehen” heisst hier auch nicht “
|
| 1710.
Teile ich ihm mittels der beiden Bilder mit, die eine Figur sei in der
andern enthalten, oder, ich erkenne, daß es so sei, so teile ich ihm
damit nicht mit, ich sehe die eine in der andern.
Worin liegt der Unterschied der beiden Mitteilungen?
(Ihr Wortausdruck muss sich nicht
unterscheiden.) |
| 1711.
Ich kann die Figur nicht als Vereinigung von und
sehen, die zusammengeschoben sind, daß sie sich halb
ueberdecken, so daß das mittlere schwar[s|z]e Feld gleichsam doppelt
gilt. // Feld ein oberes und ein unteres
darstellt. //
Wenn nun Einer sagte, er
koennte die Figur so sehen,
koennte ich
|
| 1712.
H[o|i]erher gehoert die Frage
“Was wuerde mir Einer mitteilen, der
sagte, er koenne ein
regelmaessiges 50-Eck als solches
sehen”?
Wie wuerde man seine Aussage
pruefen?
Was als Pruefung gelten lassen?
Mir scheint, es koennte nun sein, daß man gar nichts als Bestaetigung dieser Aussage annehmen wuerde. |
| 1713.
“Fuer mich ist es jetzt dieses
Ornament.”
Das “dieses” muss
erklaert werden durfh Hinweis auf
eine Klasse von Ornamenten.
Man kann etwa sagen “Es sind weisse
Baender auf etwas Schwarzem”.
Ja – anders ist es nicht zu erklaeren.
Obgleich man sagen moechte:
“Es muss doch einen einfacheren Ausdruck
fuer –434– das geben, was ich
sehe!”
Und vielleicht gibt es ihn auch.
Denn von allem koennte man den Ausdruck
“hervortreten;”
benuetzen.
Man kann sagen “Diese Teile treten
hervor”.
Und nun kann man sich ja eine primitive Reaktion eines Menschen denken,
der dies nicht durch Worte ausdrueckt, sondern etwa
auf die “hervortretenden” Teile mit dem Finger
und einer besondern Gebaerde deutet.
Aber dieser primitive Ausdruck waere damit noch nicht
äquivalänt dem Wortausdruck
“Wweisses
Bandornament”. |
| 1714.
Es waere aber auch das
moeglich, : daß eine
grosse Menge von Ausdruecken,
Begriffen fuer jemand in diesem Falle ganz
gleichbedeutend waeren.
Und sollte man in diesem Fall sagen, der
beschreieben Aspekt sei rein optisch?
|
| 1715.
Es ist aber die Frage: warum die primitive Reaktion des Deutens
mit dem Finger ein Ausdruck des so-Sehens
genannt werden soll.
Ohne weiteres wird man sie doch so nicht nennen
koennen.
Nur wenn sie sich mit andern Ausdruecken
vereinigt. |
| 1716.
Denke, es drueckte Einer das
so-Sehen immer durch eine Erinnerung
aus!
Er sagte z.B., jetzt erinnere ihn die
Figur an dies jetzt an jenes, was er einmal gesehen habe.
Was [j|k]oennte ich mit
dieser Mitteilung anfangen?
Kann mich etwas eine halbe Stunde lang an diesen Gegenstand erinnern? Es sei denn, daß ich mich mit dieser Erinnerung [g|b]eschaeftige. |
| 1717.
Wenn es sich nun so verhaelt, daß es ein
Bedeutungserlebnis zwar gibt, dies aber etwas
nebensaechliches ist, – wie
kann es dann so sehr wichtig scheinen?
Kommt das daher, daß dies
Phenomaen einer
ge[iw|wi]ssen primitiven Deutung unserer Grammatik
(Sprachlogik) entgegenkommt?
So wie man sich oft vorstellt // Aus dem
gleichen Grunde, wie man sich … // , es
[,|m]uesse die Erinnerung an ein Ereignis
ein inneres Bild sein, und wie ja so ein Bild manchmal wirklich
existiert. –435– |
| 1718.
Wie verschwommen auch mein Gesichtsbild sein mag, so
muss es doch eine bestimmte
Verschwommenheit haben, so muss es doch ein
bestimmtes Gesichtsbild sein.
Das heisst wohl, es muss
einer genau passenden Beschreibung faehig sein,
wobei eben die Beschreibung die gleiche Vagheit haben
muesse, wie das Beschriebene. –
Aber nun wird einen Blick auf das Bild und gib
eine in diesem Sinne passende Beschreibung!
Diese Beschreibung sollte eigentlich ein Bild, eine
Zeichnung sein!
Aber hier handelt sich's eben nicht um eine verschwommene
Kopie eines verschwoemmenen Bildes.
Was wir sehen, ist ein ganz anderm Sinne unklar.
Und ich glaube, die Lust, von einem privaten Gesichtsobjekt zu
reden, koennte einem vergehen, wenn man
oefter an dies
Bild // Gesichtsbild //
daechte.
Die Abbildungsweise, die sonst moeglich ist, ist eben hier nicht moeglich. |
| 1719.
Wenn ich sage “Er hat sich im Park auf die Bank
gesetzt”, so ist es freilich schw[e|i]erig, dabei an
eine Geldbank zu denken, sich eine vorzustellen; aber das
beweisst nicht, daß man sich sonst eine andere Bank
vorgestellt haette.
Es koennte uns z.B. leicht fallen, waehrend des Redens geiwsse Bilder zu zeichnen, die der Rede entsprechen, und sehr schwer, dabei Bilder zu zeichnen, die der Absicht, oder dem Zusammenhang der Rede zuwider sind. Aber das wuerde nicht beweisen, daß wir beim Reden immer zeichnen. |
| 1720.
Wenn ich jetzt beim Ueberlegen dieser Frage allein
den Satz ausspreche “Du musst das Geld in
die Bank llegen” und ihn so und so meine, –
heisst das, daß in mir beim Aussprechen des Satzes
das [g|G]leiche vorgeht, wie wenn ich den Satz bei einer
wirklichen Gelegenheit jemand in dieser Bedeutung sage?
Was koennte so eine Annahme
rechtfertigen??
Hoechstens, daß ich danach sage
“Ich habe das Wort … jetzt in der Bedeutung
… gemeint”.
Und hier handelt sich's doch um eine Art optischer
Taeuschung!
Denn, was mich im praktischen Gebrauche zu dieser Feststellung
berechtigt, ist ja nicht ein das Sprechen –436– begleitender Vorgang.
Wenn auch Vorgaenge das Sprechen begleiten
koennen, die auf diese Bedeutung hinweisen.
(Die Richtung des Blicks z.B.) |
| 1721.
Die Schwierigkeit ist, sich unter den Begriffen der
‘psychologischen Erscheinungen’
auszukennen.
Sich unter ihnen zu bewegen, ohne immer wieder gegen ein Hinderniss anzurennen. D.h., man muss die Verwandtschaften und Unterschiede der Begriffe beherrschen. Wie Einer den Uebergang von jeder Tonart in jede beherrscht, von der einen in die andere modulliert. // Wie man den Uebergang von
|
| 1722.
“Ich habe jetzt das Wort … in der Bedeutung …
ausgesprochen” – Wie weisst
Du, daß Du's getan hast?
Wie, wenn Du Dich geirrt
Wer sagt “Ich habe jetzt das Wort in der Bedeutung isoliert gesprochen”, der spielt ein gaenzlich anderes Sprachspiel, als der, welcher mir mitteilt, er habe mit dem Wort in jenem Bericht, oder Befehl, das gemeint. Und nun ist es also wesentlich, oder unwesentlich, daß er auch im ersten Falle das Wort “meinen” gebraucht. Ist es wesentlich, dann ist dies erste Sprachspiel sozusagen eine Spiegelung des zweiten. Etwa, wie die Schachpartie auf der Buehne eine Spiegelung einer wirklichen Schachpartie genannt werden koennte. |
| 1723.
Schach in der Vorstellung mit dem [a|A]ndern
[S|s]pielen: Beide Spieler spielen in der
Vorstellung und stimmen miteinander darin ueberein,
dieser habe gewonnen, dieser verloren.
Sie koennen dann Beide aus dem
Gedaechtnis die Partie
uebereinstimmend reproduzieren, sie
aufschreiben, erzaehlen. –
Denke Tennis so gespielt.
Es waere moeglich.
Nur natuerlich keine Uebung
fuer die Muskeln.
(Obwohl sich auch das denken liesse.)
–437–
Wichtig ist, daß man auch beim ‘Tennis in der
Vorstellung’ wird sagen koennen
“Es ist mir gelungen, den Ball
....”. |
| 1724.
Ich koennte doch von einer
Scha[d|c]hpartie traeumen, der Traum hat
mir aber vielleicht nur einen Zug des Spiels gezeigt.
Dennoch haette ich
getraeumt: ich habe eine Schachpartie
gespielt.
Man wird dann sagen “Du hast sie nicht wirklich gespielt, Du
hast es getraeumt”.
Warum sollte man nicht auch sagen “Du hast das Wort nicht
wirklich so gemeint, Du hast es nur
getraeumt”? |
| 1725.
Vor Gericht, z.B. koennte
es sich darum fragen // koennte die
Frage eroertert werden // , wie
Einer ein Wort ge[i|m]eint habe, und es kann
auch aus gewissen Tatsachen geschlossen werden, er habe es
so gemeint.
Es ist eine Frage der Absicht
koennte aber auch jenes andere
getraeumte meinen diese Wichtigkeit
haben? |
| 1726.
Aber wie ist es: Wenn ich ein Gedicht, oder ausdrucksvolle
Prosa lese, besonders wenn ich sie laut lese, so geht doch beim Lesen
etwas vor, was nicht vorgeht, wenn ich die Saetze
nur
|
| 1727.
Wenn ich beim ausdrucksvollen Lesen dies Wort ausspreche, so
ist es sozusagen mit seiner Bedeutung
gefuellt. // angefuellt. //
Und nun koennte man fragen: “Wie
kann –438– das sein?”
|
| 1728.
“Wie kann das sein, wenn Bedeutung das ist, was Du
glaubst?”
Der Gebrauch eines Wortes kann das Wort nicht begleiten, oder
anfuellen.
Und nun kann ich antworten: Mein Ausdruck war bildlich
gebraucht. –
Aber das Bild draengte sich mir
auf.
Ich will sagen: [d|D]as Wort war
von seiner Bedeutung erfuellt.
Wie ich dazu komme, das sagen zu wollen, liesse
sich vielleicht erklaeren.
Warum aber soll ich dann nicht auch ‘sagen wollen’: ich habe das Wort (isoliert) in dieser Bedeutung ausgesprochen? |
| 1729.
Warum soll mich eine bestimmte Technik der Verwendung der Worte
“Bedeutung”, “meinen” und anderer nicht
dazu fuehren, diese Worte sozusagen in einem
bildlichen, Sund ˇuneigentlichen Sinne zu
gebrauchen?
(So wie ich sage, der Laut e ist gelb.)
Ich meine aber nicht; es sei ein Irrtum
|
| 1730.
Das Denken in den Begriffen physiologischer Vorgaenge
ist fuer die Klarstellung der begrifflichen
Probl[a|e]me in der Psychologie
hoechst gefaehrlich.
Das Denken in physiologischen Hypothesen spiegelt uns manchmal falsche
Schwierigkeiten, manchmal falsche Loesungen
vor.
Die beste Kur dagegen ist der Gedanke daß ich garnicht weiss, ob die Menschen, die ich kenne,
wirklich ein Nervensystem haben. |
| 1731.
Der Fall der ‘erlebten Bedeutung’ ist
verwandt dem des Sehens einer Figur als dies, oder
jenes.
Wir muessen diese begriffliche Verwandtschaft
beschreiben; daß eigentlich –439– beide male
das Gleiche vorliege, sagen wir nicht. |
| 1732.
“Wenn Du Dein F so schreibst , meinst Du es
als ‘verschobenes’ F, oder als
Spiegel-F? –
Willst Du, daß es nach rechts, oder daß es nach links
schaue? –
Die zweite Frage bezieht sich offenbar nicht auf einen
Vorgang, de[f|r] das Schreiben
beg[e|l]eitet.
Bei der ersten Frage
koennte man an so einen Vorgang
denken. |
| 1733.
“Ich sehe, daß das Kind den Hund anruehren
will, sich aber nicht recht traut.”
Wie kann ich das sehen? –
Ist diese Beschreibung des Gesehenen auf gleicher Stufe mit einer
Beschreibung sich bewegender Formen und Farben?
Liegt ein
|
| 1734.
Man wird auch sagen koennen: Was diese
Beschreibung sagt, wird sich irgendwie in der Bewegung und dem
uebrigen Benehmen des Kindes, aber auch in der
raeumlichen und zeitlichen Umgebung
ausdruecken. // sagt,
drueckt sich irgendwie in der Bewegung und dem
uebrigen Benehmen des Kindes, in dieser
raeumlichen und zeitlichen Umgebung,
aus. // |
| 1735.
Soll ich nun aber sagen, daß ich die Furchtsamkeit in diesem Benehmen
– oder den Gesichtsausdruck – eigentlich
‘sehe’?
Warum nicht?
Aber damit ist ja der Unterschied zweier Begriffe des Wahrgenommenen
nicht geleugnet.
Ein Bild des Gesichts koennte die
Gesichtszuege sehr genau, den Ausdruck aber nicht
richtig wiedergeben; es koennte aber auch der
Ausdruck aehnlich sein und die
Zuege nicht gut getroffen.
“Aehnlicher Ausdruck”
fasst Ge[w|s]ichter ganz anders zusammen,
als “aehnliche Anatomie”.
440. |
| 1736.
Die Frage ist natuerlich nicht:
“Ist es richtig, zu sagen ‘ich sehe
sein schlaues Blinzeln’?”
Was sollte daran richtig oder falsch sein, ausser
der Gebrauch der deutscher Sprache?
Wir werden auch nicht sagen: “Der naive Mensch hat
ganz recht, wenn er sagt, er saehe den
Gesichtsausdruck”! |
| 1737.
Anderseits moechte man aber sagen: Wir
koennen doch den Ausdruck, die
Schuechternheit des Benehmens, etc.
nicht in demselben Sinne ‘sehen’, wie die
Bewegung, die Formen und Farben.
Was ist nun daran?
(Physiologisch ist die Frage natuerlich nicht
zu beantworten.)
Nun, man sagt eben von der Bewegung und auch von der Freude des Hundes,
man saehe sie.
Schliesst man die Augen, so kann man weder das
eine noch das andere sehen.
Sagt man aber von dem, er habe alles gesehen, was zu
sehen ist, der die Bewegung des Hundes auf irgendeine Weise
genau im Bilde wiedergeben koennte, dann
muesste der die Freude des Hundes
nicht erkennen.
Ist also die ideale Darstellung des Gesehenen die photographisch
(metrisch) genaue Wiedergabe im Bild, dann
koennte man sagen wollen: “Ich
sehe die Bewegung, und merke irgendwie die
Freude.”
Aber bedenke doch, in welcher Bedeutung wir das Wort “sehen” gebrauchen lernen. Wir sagen doch gewiss, wir sehen diesen Menschen, diese Blume, waehrend unser Gesichtsbild – die Farben und Formen – sich stetig und zwischen den weitesten Grenzen aendern. Nun, so gebrauchen wir eben das Wort “sehen”. (Glaub nicht, Du kannst einen bessern Gebrauch dafuer finden, – einen phaenomenologischen!) 441. |
| 1738.
Lerne ich nun die Bedeutung von des Wortes x
“traurig” – auf's Gesicht angewendet
– ganz so, wie die Bedeutung von “rund” oder
“rot”?
Nein, nicht ganz so, aber doch aehnlich.
(Ich reagiere ja auch anders auf die Traurigkeit des
Gesichts, als auf die Roete.) |
| 1739.
Schau eine Photographei an; fragt Dich,
ob Du nur die Verteilung von dunklern und hellern Flecken, oder auch
den Gesichtsausdruck siehst!
Frag Dich, was Du siehst: Wie waere
es, leichter darzustellen: durch eine Beschreibung jener
Verteilung von Flecken, oder durch die Beschreibung eines
menschlichen Kopfes; und wenn Du nun vom Gesicht sagst, es
laechle, – ist es leichter, die
entsprechende Lage und Form der Gesichtsteile zu
beschreiben, oder selbst zu laecheln? |
| 1740.
“Was ich sehe, kann nicht der Ausdruck sein, weil
das Erkennen des Ausdrucks von meinem Wissen, meiner Kenntnis des
menschlichen Benehms im allgemeinen,
abhaengt.”
Aber ist dies nicht bloss eine geschichtliche
Feststellung? |
| 1741.
“Ist es hier, als naehme ich eine
‘vierte Dimension’ wahr?
Nun, ja und nein.
Seltsam ist es aber eben nicht.
Woraus Du lernen sollst, dass das nicht seltsam
ist, was einem beim Philosophieren so vorkommt.
Wir nehmen an: das Wort .... muesste
doch eigentlich so gebraucht werden (dieser
Gebrauch faellt uns als Prototyp ein) und dann
finden wir den normalen Gebrauch höchst seltsam.” 442. |
| 1742.
“Was ich eigentlich sehe, muss
doch das sein, was in mir durch Einwirkung des Objekts
zustandekommt.” –
Das, was in mir zustandekommt, ist dann so etwas wie ein Abbild, etwas,
was man selbst wieder anschauen, vor sich haben
koennte.
Beinahe so etwas wie eine Materialisation.
Und diese Materialisation ist etwas Raeumliches und muss sich ganz in raeumlichen Begriffen beschreiben lassen. Sie kann dann zwar laecheln, aber der Begriff der Freundlichkeit gehoert nicht zu ihrer Darstellung, sondern ist dieser Darstellung fremd (wenn er ˇihr auch dienen kann). |
| 1743.
Wer z.B. imstande waere,
diese⌊s⌋ Photographie Bildnis genau zu kopieren, – sollte
ich von dem nicht sagen, er saehe
alles, was ich sehe?
Und er muesste den Kopf garnicht als Kopf, oder als etwas Raeumliches
ansprechen; und wenn auch das, so brauchte ihm der Ausdruck nichts zu
sagen.
Und wenn dieser nun zu mir spricht, – sollte ich sagen, ich sehe
mehr, als der [a|A]ndere?
Ich koennte es sagen. |
| 1744.
Aber ein Maler kann doch ein Auge malen, dass er
starrt; so muss also
|
| 1745.
Verstehen eines Musikstuecks – Verstehen eines
Satzes.
Man sagt, ich verstehe eine Redeweise nicht wie ein Einheimischer, wenn ich zwar ihren Sinn kenne, aber, z.B., nicht weiss, was fuer 443. eine Klasse von Leuten sie
verwenden wuerde.
Man sagt in so einem Falle, ich kenne die genaue Schattierung der
Bedeutung nicht.
Wenn man aber nun daechte, man
empfaende beim Aussprechen des Wortes etwas
anderes, wenn man diese Schattierung kennt, so waere
dies wieder unrichtig.
Aber ich kann z.B.
unzaehlige
Uebergaenge machen, die der Andere
nicht machen kann. |
| 1746.
Man moechte doch sagen: “Das
Seelenleben des Menschen laesst sich
garnicht beschreiben; es ist so ungemein
kompliziert und voll von kaum greifbaren Erlebnissen.
Es gleicht grossenteils einem Brauen farbiger
Nebel, in dem jede Form nur Durchgang zu anderen Formen, zu anderen
Durchgaengen ist. –
Ja, nimm nur das [V|v]isuelle Erlebnis!
Dein Blick wandert beinahe
unaufhoerlich: wie
koenntest Du es beschreiben?” –
Und doch beschreibe ich's! –
“Aber das ist nur eine ganz ro[g|h]e Beschreibung, sie
beschreibt Dein Erlebnis eigentlich nur in den
groebsten Zuegen.”
–
Aber ist dies eben nicht, was ich Beschreibung meines Erlebnisses
nenne?
Wie komme ich denn zum Begriff einer Art Beschreibung, die ich
|
| 1747.
Denk, Du blicksts auf stroemendes
Wasser.
Das Bild der Oberflaeche
aendert sich fortwaehrend.
Lichte und Dunkelheiten tauchen ueberall
auf und verschwinden.
Was wuerde ich eine ‘genaue
Beschreibung’ dieses
Gesichtsbildes // Bildes //
nennen?
Ich wuerde nichts so nennen.
Sagt Einer, es laesst sich nicht beschreiben,
so kann man antworten: Du weisst nicht, was
eine Beschreibung zu nennen waere.
Denn die genaueste Photographie z.B., 444.
|
| 1748.
Die Beschreibung des Erlebnisses beschreibt nicht einen
Gegenstand.
Sie kann sich der Beschreibung eines Gegenstands bedienen.
Und dieser Gegenstand ist manchmal der, welchen man anschaut, manchmal
(Photographie) nicht.
Der Eindruck – moechte ich sagen – sei kein Gegenstand. |
| 1749.
Wir lernen Gegenstaende beschreiben, und dadurch, in
anderm Sinne, unsere Empfindungen. |
| 1750.
Ich schaue in das Okular eines Instruments und zeichne, oder male ein
Bild dessen, was ich sehe.
Wer es ansieht, kann sagen: “Also so
schaut es aus” – aber auch “Also
so erscheint es Dir”.
Ich konnte das Bild einer Beschreibung des angeschauten, aber auch eine Beschreibung meines Gesichtseindrucks nennen. |
| 1751.
“Der Eindruck ist verschwommen”– ‘also ist
der Gegenstand in meinem Bewusstsein
verschwommen’. |
| 1752.
Den Eindruck kann man nicht betrachten, darum ist er kein
Gegenstand.
(Grammatisch.)
Denn man betrachtet den Gegenstand nicht, um ihn zu
aendern.
(Das ist eigentlich, was Leute damit [,|m]einen:
die Gegenstaende existierten
‘unabhaengig von uns’.)
445. |
| 1753.
“Der Sessel ist der gleiche, ob ich ihn betrachte oder
nicht” – das muesste
nicht wahr sein.
Menschen werden oft verlegen, wenn man sie anschaut.
“Der Sessel faehrt fort zu existieren, ob
ich ihn anschaue oder nicht.”
Das koennte ein Erfahrungssatz, oder es
koennte grammatisch aufzufassen sein.
Man kann aber auch einfach an dem begrifflichen Unterschied zwischen
Sinneseindruck und Objekt dabei denken. |
| 1754.
Haupt [d|D]eutsche
Hauptwoerter in kleinem Druck bei gewissen modernen
Dichtern.
Ein deutsches Hauptwort in kleinem Druck sieht fremdartig aus, man
muss es aufmerksam lesen, um es zu erkennen.
Es soll uns neu vorkommen, als haetten
wir es jetzt zum ersten Mal gesehen. –
Was aber interessiert mich daran?
Dies, dass der Eindruck zuerst nicht
|
| 1755.
Wir lehren [e|E]inen die Bedeutung des Wortes
“unheimlich”, indem wir es mit einem gewissen Benehmen
in gewissen Situationen in Zusammenhang bringen (aber nicht: das
Benehmen so nennen).
Er sagt nun in solchen Situationen, es sei ihm unheimlich; und
einmal auch, das Wort “ghost” habe etwas
U[m|n]heimliches. –
Inwiefern war das Wort “unheimlich” von Haus aus
in der Beichnung die Bezeichnung eines
Gefuehls?
Wenn Einer davor zurueckscheut, in ein dunkles
Zimmer zu gehen, warum soll ich dies und Aehnliches
die Aeusserung eines Gefuehls
nennen?
Denn “Gefuehl”
laesst uns ja doch an Empfindung und Sinneseindruck
denken, und 446. dies wieder sind die
Gegenstaende, die unsere Seele unmittelbar vor sich
hat.
((Ich will hier einen logischen Schritt machen, der mir sehr
schwer faellt.)) |
| 1756.
“Was weiss ich von den
Gefuehlen des Andern, und was
weiss ich von den
Meinen?” heisst,
dass die Erfahrung, als Gegenstand
aufgefasst, aus der Betrachtung herausfiele.
|
| 1757.
Kann denn etwas [M|m]erkwuerdiger sein,
als dass der Rythmus des
Satzes fuer sein
genaues // genaueres //
Verstaendnis von Wichtigkeit sein soll!
|
| 1758.
Es ist, als teilte uns der etwas mit, der den Satz als Mitteilung
ausspricht, aber auch der Satz als blosses
Beispiel. |
| 1759.
Es ist ja klar, dass die Beschreibungen der
Eindruecke // Empfindungen //
die Form der Beschreibung
‘aeusserer’
Gegenstaende haben – mit gewissen
Abweichungen.
(Einer gewissen Vag[k|h]eit,
z.B.)
Oder auch: Soweit die Beschreibung des Eindrucks der Beschreibung eines Gegenstandes gleichsieht, ist sie eine Beschreibung eines Gegenstands der Wahr[h|n]ehmung. (Darum sollte die Betrachtung des zweiaeugigen Sehens den einigermassen beunruhigen, der vom visuellen Gegenstand redet.) |
| 1760.
“Das Denken ist ein raetselhafter Vorgang,
den wir noch von dessen vollem
Verstaendnis wir noch weit entfernt
sind.”
Und nun stellt man Experimente an.
Offenbar, ohne sich bewusst zu 447. sein, worin
worin das Raetselhafte des
Denkens fuer uns liegt.
Die experimentelle Methode tut etwas; dass sie das Problem nicht loest, schiebt man darauf, dass sie noch in ihren Anfaengen liegt. Es ist, als wollte man durch chemische Experimente feststellen, was Materie, und was Geist ist. |
| 1761.
Wer den Gesichtseindruck[m| –] beschreibt,
beschreibt die Raender des Gesichtsfelds
nicht.
Ist dies eine Unvollkommenheit unserer Beschreibungen?
Schliesse ich das linke Auge und drehe dann die Augen, soweit ich nur kann nach rechts, so sehe ich ‘aus dem Augenwinkel’ noch einen Gegenstand aufglaenzen. Ja, ich koennte eine beilaeufige Beschreibung von diesem Eindruck geben. Ich koennte auch eine Zeichnung von ihm herstellen, und sie wuerde vielleicht Dunkelheiten und einen dunkeln, verlaufenden Rand zeigen: aber richtig verstehen, verwenden koennte nur der dies Bild, der weiss, in welcher Situation es zu verwenden ist. D.h.: er koennte nun auch ein Auge schliessen, soweit wie moeglich nach rechts schauen, und sagen, auch er saehe sehe es so, oder in dieser oder jener Weise abweichend. // und sagen, auch er habe diesen Eindruck, oder: der Seine weiche von meinem Bild in dieser oder jener Weise ab. // |
| 1762.
Dass wir mit gewissen Begriffen
rechnen, mit andern nicht, zeigt nur, wie verschiedener Art
die Begriffswerkzeuge sind (wie wenig Grund wir haben, hier ja
Einfoermigkeit anzunehmen.) 448. |
| 1763.
Turing's
‘Maschinen’.
Diese Maschinen sind ja die Menscheschen,
welche kalkulieren.
Und man koennte, was er sagt, auch in Form von
Spielen ausdruecken.
Und zwar waeren die interessanten Spiele solche,
bei denen man gewissen Regeln gemaess zu unsinnigen
Anweisungen gelangt.
Ich denke an Spiele aehnlich dem
“Wettrennspiel”.
Man erhielte etwa den Befehl “Setze auf die gleiche Art
fort”, wenn dies keinen Sinn ergibt, etwa, weil man in einen
Zirkel geraet; denn jener Befehl hat eben nur an
gewissen Stellen [s|S]inn.
(Watson.) |
| 1764.
Eine Variante des
Kantor'schen Diagonalbeweises: N = F (k,n) sei die Form der Gesetze fuer die Entwicklung von Dezimalbruechen. N ist die n-te Dezimalstelle der k-ten Entwicklung. Das Gesetz der Diagonale ist dann: N = F (n,n) = Def. F'(n). Zu beweisen ist, dass F'n nicht eine der Regeln F(k,n) sein kann. Angenommen, es sei die 100ste. Dann lautet die Regel zur Bildung
aber die Regel zur Bildung der 100sten Stelle von F'(n) wird [o|l]autet F(100,100); d.h., sie sagt uns nur, dass die 100ste Stelle sich selber gleich sein soll, ist also fuer n = 100 keine Regel. Die Spielregel lautet “Tu das Gleiche;, wie ....!” – und im besondern Fall wird sie nun “Tu das Gleiche, wie das, was Du tust!” 449. |
| 1765.
Der Begriff des ‘Ordnens’ der Rationalzahlen
z.B. und der
‘Unmoeglichkeit’ die Irrationalzahlen
so zu ordnen.
Vergleiche das mit dem, was man ‘Ordnen’ von Ziffern
nennt.
Gleichermassen der Unterschied zwischen dem
‘Zuordnen’ einer Ziffer (oder Nuss) zu einer andern und dem ‘Zuordnen’ aller ganze[n|r] Zahlen zu
den geraden Zahlen; etc.
Ueberall Begriffsverschiebungen. |
| 1766.
Die Beschreibung des subjektiv Gesehenen ist nahe oder entfernt
verwandt der Beschreibung eines
Objekts // Gegenstands // , aber
funktioniert nicht als Beschreibung eines Gegenstands.
Wie vergleicht man Gesichtsempfindungen?
Wie vergleiche ich meine mit des Andern Gesichtsempfindungen?
|
| 1767. Das menschliche Auge sehen wir nicht als Empfaenger // Empfangsorgan // , es scheint nicht etwas einzulassen, sondern auszusenden. Das Ohr empfaengt; das Auge blickt. (Es wirft Blicke, es blitzt, strahlt, leuchtet.) Mit dem Auge kann man schrecken, nicht mit dem Ohr, der Nase. Wenn Du das Aug siehst, so siehst Du etwas von ihm ausgehen. Du siehst den Blick des Auges. |
| 1768. “Wenn Du nur von Deinen physiologischen Vorurteilen wegkommst, wirst Du garnichts daran finden, dass das Blicken des Auges auch gesehen werden kann.” Ich sage ja auch, ich sehe den Blick, den Du dem Andern zuwirfst. Und wollte man mich verbessern und sagen, ich saehe ihn eigentlich nicht, so hielte ich das fuer eine Dummheit. Anderseits habe ich mit meiner Redeweise nicht etwas zuge- 450. geben, und ich
widerspreche dem, der mir sagt, ich saehe den Blick
‘geradeso’ wie den Gestalt und Farbe des Auges.
Denn das ‘naive Sprechen’, d.h. unsere naive, normale, Ausdrucksweise, enthaelt ja keine Theorie des Sehens – zeigt Dir keine Theorie, sondern nur einen Begriff des Sehens. |
| 1769.
Und wenn Einer sagt “Ich sehe eigentlich nicht das
Blicken, sondern nur Formen und Farben”, – widerspricht der
der naiven Ausdrucksweise?
Sagt er, der war im Unrecht, der sagte, er habe meinen Blick
woh[k|l] gesehen, gesehen, dass dieses
Menschen Augen starren, ins Leere blicken,
etc.?
Doch gewiss nicht.
Was wollte also der Purist tun?
Will er sagen, es sei richtiger, hier ein anderes Wort statt des Wortes “sehen” zu gebrauchen? Ich glaube, er will nur auf eine Scheide zwischen Begriffen aufmerksam machen. Wie stellt denn das Wort “sehen” die Wahrnehmungen zusammen? Ich meine: es kann sie zusammennehmen als Wahrnehmungen mit dem Auge; denn wir spueren ja das Sehen nicht im im Auge. Aber eigentlich scheint der, der auf der Richtigkeit unserer normalen Ausdrucksweise besteht, zu sagen: dass im Gesichtseindruck ˇdas alles enthalten sei; dass das subjektive Auge sowohl Form als Farbe, als Bewegung, als Ausdruck und Blick (Richtung nach aussen) habe. Dass man den Blick, sozusagen, nicht woanders spuert. Aber das heisst nicht: ‘woanders als in den Augen’, sondern: woanders als im Gesichtsbild. Aber wie waere es denn, wenn's anders waere? Etwa so, dass ich sagte: –451–
“Ich sehe in diesem Auge
die und die Formen, Farben, Bewegungen, – das
heisst, es blickt jetzt freundlich”, als
zoege ich also einen
Schluss. –
Man koennte also sagen: Der Ort des
[W|w]ah[b|r]genommenen﹖
Blickes ist das subjektive Auge, das Gesichtsbild des
Auges, selber. |
| 1770.
Vor allem kann ich mir sehr wohl jemand denken, der zwar ein
Gesicht hoechst genau sieht, es
z.B. genau portraitieren kann,
aber seinen laechlenden Ausdruck
nicht als Laecheln erken⌊n⌋t.
Zu sagen, sein Sehen sei mangelhaft, faende ich
absurd.
Und zu sagen, daß sein subjektiver Gesichtsgegenstand eben nicht
laechle, obwohl er alle Farben und Formen des meinen
hat, ebenso absurd. |
| 1771.
D.h.: wir ziehen hier eine begriffliche Grenze
(und sie hat mit physiologischen Meinungen nichts zu tun).
|
| 1772.
Der Glanz, oder die Spiegelung: Wenn ein Kind malt, so wird
es diese nie malen.
Ja es ist beinahe verblueffend, daß sie
durch die gewoehnlichen
Oel- oder Wasserfarben
dargestellt werden koennen. |
| 1773.
Wer sieht, daß jemand die Hand ausstreckt, um etwas zu
beruehren, sich aber davor scheut, der sieht
doch, in einem gewissen Sinne, dasselbe wie Einer, der die Bewegung
der Hand in allen Einzelheiten nachahmen, oder durch Zeichnungen
darstellen kann, sie aber nicht so zu deuten vermag. |
| 1774.
Wenn jemand sagt: Die Form, die Farbe, die
Organisation, der Ausdruck, sind doch alle, offenbar,
(fuer jeden Unvoreingenommenen)
Eigenschaften, Zuege, des subjektiv Gesehenen, des
unmittelbaren Gesichtsobjekts, – so verraet ihn
hier das Wort “offenbar”[“| .]
[2|“]Offenbar” ist es darum,
weil's Jeder zugibt; und er gibt es nur durch den
Sprachgebrauch zu. Man begruendet also
hier einen Satz durch ein
Bild. // Wenn Einer sagt: Die Form, die Farbe, die Organisation, der Ausdruck, sind doch alle, offenbar, Eigenschaften des unmittelbar Gesehenen (meines Gesichtsobjekts), – –452– so
stuetzt er seine Meinung auf ein Bild. –
Denn, wenn Einer ‘zugibt’, alles dies sei eine
Eigenschaft seines unmittelbaren Gesichtsobjekts, – was teilt er uns
mit? Wenn er z.B. zu einem Andern sagt
“Es geht mir auch so”, was kann ich nun daraus
schliessen? (Wie, wenn diese
volle Uebereinstimmung auf einem
Missverstaendnis
beruhte?) // |
| 1775.
Wenn wir wirklich Alle geneigt sind, dies Bild treffend zu
finden, so hat dies etwa
Jenes Bild ist ja nur eine Illustration zur Methodologie unserer Sprache. Wenn wir wirklich Alle genei[t|g]t sind, dies Bild treffend zu finden, so hat
|
| 1776.
“Methodologie” kann man zweierlei
nennen: Eine Beschreibung der
Taetigkeiten, die man, z.B.,
“Messen” nennt, einen Zweig der menschlichen
Naturgeschichte, der uns die Begriffe des Messens, der Genauigkeit,
etc. in ihren Varianten
verstaendlich machen wird; oder aber einen Zweig der
angewandten Physik, die Lehre davon, wie man am besten (genauesten,
bequemsten, etc.) das und das unter den und den
Umstaenden misst. |
| 1777.
Ich sage ihm “Aendere Deine
Einstellung so: ....” – er tut es; und nun hat
sich etwas in ihm geaendert.
‘Etwas’?
Seine Einstellung hat sich geaendert; und diese
Aenderung kann man nun beschreiben.
Die Einstellung ‘etwas in ihm’ zu nennen, ist
irrefuehrend.
Es ist, als koennten wir nun dunkel ein Etwas
sehen, oder fuehlen, was sich
geaendert hat und “die
Einstellung” genannt wird.
Waehrend alles klar zutage liegt, – die Worte
“eine neue Einstellung” aber eben nicht eine Empfindung
bezeichnen. |
| 1778.
Wie sieht die Beschreibung einer ‘Einstellung’
aus?
Man sagt z.B.: “Sieh von diesen Flecken ab und auch von dieser kleinen Unregelmaessigkeit, und schau es als Bild eines –453– ....
an!”
“Denk Dir das weg! Waer's Dir auch ohne dieses .... unan[.|]genehm?” Man wird doch sagen, ich aendere mein Gesichtsbild – wie durch Blinzeln, oder Weghalten eines Details. Dieses “Absehen von … ” spielt doch eine ganz aehnliche Rolle, wie etwa die Anfertigung eines neuen Bildes. |
| 1779.
Nun wohl, – und das sind gute Gruende
dafuer, zu sagen, wir haetten
durch unsre Einstellung unsern Gesichtseindruck
geaendert.
D.h., es sind (dies) gute
Gruende, den Begriff
‘Gesichtseindruck’ soz zu begrenzen.
|
| 1780.
Das Wort “Organisation” vertraegt
sich sehr gut mit dem Begriff
‘Zusammengehoerigkeit’.
Es scheint hier eine Reihe einfacher Modifikationen des
Gesichtseindrucks zu geben, die alle eigentlich
‘optisch’ sind.
Man kann aber eben in verschiedenen Aspketen
noch ganz andere Dinge tun, als Teile trennen und zusammennehmen, oder
unterdruecken und hervorheben. |
| 1781.
Ich kann doch etwas bestimmtes eine bestimmte
Eigentuemlichkeit des Vorgangs des
Kopierens einer Zeichnung “zusammenfassen”
nennen.
Ich kann dann sagen, Einer fasse bei der zeichnerischen Wiedergabe
– oder bei der Beschreibung, die Figur so zusammen,
organisiere sie so.
(Freilich haette es damit in manchen
Faellen Schwierigkeiten; z.B. im
Fall Hase-Ente.) |
| 1782.
Man
|
| 1783.
Kann die Gestaltpsychologie die verschiedenen Organisationen, die sich
ins unorganisierte Gesichtsbild einfuehren lassen,
klassifizieren; kann sie die moeglichen
Arten der Modifikationen, die die
Gestaltungsfaehigkeit unseres Nervensystems
hervorrufen kann, ein fuer alle mal
angeben?
Wenn ich den Punkt als Auge sehe, das in dieser Richtung
schaut, – in welches System –454– von Modifikationen
passt dieser Aspekt?
(System von Formen und Farben.) |
| 1784.
Es ist z.B. irrefuehrend,
glaube ich, wenn
Koehler die spontanen Aspekte der Figur damit
beschreibt: die Striche, die in einem Aspekt zum gleichen Arm
gehoeren, gehoeren nun zu
verschiedenen Armen.
Das klingt, asl handelte es sich hier wieder um
ein Zusammennehmen dieser Radie[l|n].
Waehrend doch die Radien, die
frueher zusammengehoerten, auch
jetzt zusammengehoeren; nur umgrenzen sie einmal
einen ‘Arm’ einmal einen Zwischenraum.
|
| 1785.
Ja, Du kannst wohl sagen: Zur Beschreibung dessen, was Du
siehst, Deines Gesichtseindrucks, gehoert nicht
bloss, was die Kopie zeigt, sondern auch die Angabe
z.B., Du saehest
dies, ‘solid’, das andere ‘als
Zwischenraum’.
Es kommt eben hier darauf an, was wir wissen wollen, wenn
wir Einen fragen, was er sieht. |
| 1786.
“Aber ich kann doch offenbar im Sehen Elemente,
(Striche z.B.)
zusammennehmen!”
Aber warum nennt man es “zusammennehmen”?
Warum braucht man hier ein Wort – wesentlich
– das schon eine andere Bedeutung hat?
(Es ist hier natuerlich wie im Fall des Wortes
“Kopfrechnen”.) |
| 1787.
Wenn ich Jemandem sage: “Nimm diese Striche (oder
anderes) zusammen!” was wird er tun?
Nun, Verschiedenes, je nach den Umstaenden.
Vielleicht soll er sie zu zwei und zwei zaehlen,
oder in eine Lade legen, oder anblicken, etc. |
| 1788.
Ist denn die Zeichnung selber, die Du ansiehst, organisiert?
Und wenn Du sie so und so ‘organisiert’ siehst, siehst
Du da mehr, als vorhanden ist? |
| 1789.
“Organisiere diese Dinge!” –
Was heisst das?
Etwa: “ordne sie”.
Es koennte heissen: bring
Ordnung in sie, – oder auch: lern Dich unter ihnen auskennen,
lerne sie zu beschreiben; –455– lerne sie durch ein System,
durch eine Regel, beschreiben. |
| 1790.
Die Frage ist wieder: Was teile ich Einem durch die Worte
mit “Ich nehme jetzt die Striche mit dem Blick
so
zusammen”? // “Jetzt nehme
ich die Striche ....” //
Man kann auch so fragen // Man kann diese Frage
auch so stellen // : Zu welchem Zweck sage ich
Einem “Nimm diese Striche mit dem Blick so
zusammen!” –
Es ist hier wieder eine Aehnlichkeit mit der
Aufforderung “Stell Dir das
vor!” |
| 1791.
Jedem
Man kennt es Dir an, im Kampf womit Du aufgewachsen bist. Welche Anschauungen die Deinen bezeugt; von welchen Du Dich dann hast losmachen muessen. |
|
| 1793.
Es ist vielleicht wichtig, zu bedenken, daß ich eine Figur heute so
sehen, auffassen, kann, morgen anders, und kein
solc ‘Umschnappen’ stattgefunden
haben muss.
Ich koennte z.B. eine
Illustration in einem Buch heute so auffassen und
gebrauchen, morgen der gleichen Illustration auf einer
spaeteren Seite begegenen wo sie
anders aufzufassen ist, ohne daß ich merke, daß es wieder die gleiche
Figur ist. |
| 1794.
Koennte Einer seine
Zuverlaessigkeit dartun, indem er sagte:
“Es ist wahr; und sieh, ich glaube es!”
|
| 1795.
Koennte man sagen: es spiegelt sich eine
Auffassung, eine Technik, im Erleben?
Was doch nur heisst: Wir verwenden den
Ausdruck, den wir fuer eine Technik gelernt haben, in
einem Erlebnisausdruck (niicht: als
Bezeichnung eines Erlebnisses). |
| 1796.
Warum soll denn eine Sprechweise nicht fuer ein
Erlebnis verantwortlich sein? –456– |
| 1797.
Haette es einen Sinn, eine Komponisten
zu fragen, ob man eine Figur so oder so
hoeren soll, wenn das nicht auch
heisst, ob man sie auf diese, oder jene Weise
spielen sp[e|i]elen
soll? |
| 1798.
Erinnerung: “Ich sehe uns noch an jenem Tisch
sitzen”. –
Aber habe ich wirklich das gleiche Gesichtsbild– oder eines von
denen, welche ich damals hatte?
Sehe ich auch gewiss den Tisch und meinen Freund
vom gleichen Gesichtspunkt wie damals, also mich selbst nicht?
– –
Mein Erinnerungsbild ist nicht Evidenz jener vergangenen Situation;
wie eine Photographie es waere, die, damals
aufgenommen, mir jetzt bezeugt, daß e[w|s] damals so war.
Das Erinnerungsbild und die Erinnerungsworte stehen auf
gleicher Stufe. |
| 1799.
Warum sollte man nicht sich selbst wiedersprechende
Saetze ausschliessen:
nicht, weil sie sich selbst widersprechen, sondern weil sie nutzlos
sind?
Oder so: Darum, weil sie sich selbst widersprechen, braucht man sie ja nicht wie etwas Unreines scheuen; man schliesse sie aus, weil sie zu nichts zu brauchen sind. |
| 1800.
Du musst mit der
Vor[ts|st]ellung Ernst machen, daß es ja wirklich in
einer Sprache ein Wort geben koennte, welches
Schmerzbenehmen, und nicht Schmerz, bezeichnet.
|
| 1801.
Er fragt “Was hast Du mit dem Wort
gemeint?” –
Ich beantworte die Frage und setze hinzu:
“Haettest Du mich
frueher gefragt, so haette ich
das gleiche geantwortet; meine Antwort war nicht eine
Deutung, die mir jetzt eingefallen ist.”
So war sie mir schon frueher
eingefallen?
Nein. –
Und wie konnte ich dann sagen:
“Haettest Du mich
frueher gefragt, so haette ich
.... ”?
Woraus schloss ich
–457– |
| 1802.
Er weiss z.B. jetzt, daß keine
Sinnesaenderung in mir vorgegangen ist.
Es macht auch einen Unterschied, ob ich antworte, ich
haette die Worte ‘nur so vor mich hin
gesagt’, ohne etwas mit ihnen zu meinen; oder, ich habe den und
den mit ihnen gemeint.
Es haengt manches davon ab.
Es ist auch nicht gleichgueltig ob jemand mir sagt “Ich liebe sie”, weil ihm die Worte eines Gedichts im Kopf herumgehen, oder ob er's sagt, mir seine Liebe zu gestehen. |
| 1803.
Ist es aber nicht sonderbar, daß es so eine Reaktion so ein
Gestaendnis der Intention
gibt[,| ?]
der Ist es nicht ein hoechst
merkwuerdiges Sprachinstrument?
Was ist eigentlich merkwuerdig daran?
Nun, – es ist schwer vorstellbar, wie der Mensch diesen
Wortgebrauch lernt.
Er ist gar so subtil. |
| 1804.
Aber ist er wirklich subtiler, als der der Worte “Ich
habe mir ihn vorgestellt”, z.B.?
Ja, merkwuerdig, sonderbar, ist jede solche
Sprachverwendung, wenn man nur auf die Betrachung der Beschreibungen
physikalischer Gegenstaende eingestellt ist.
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