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Gleichungen und Ungleichungen sind Festsetzungen oder die Folgen von Festsetzungen.






 
   
   Eine Ung[,|l]eichung, wie eine Gleichung muss entweder das Resultat einer Ausrechnung, oder eine Festsetzung sein.

 
   
   So wie die Gleichungen als Zeichenregeln, im Gegensatz zu Sätzen, aufgefasst werden können, so muss es auch bei den Ungleichungen geschehen können.

 
   
   Die Verneinung der Gleichung ist so ähnlich der Verneinung eines Satzes und so verschieden von ihr, wie die Bejahung der Gleichung und die Bejahung eines Satzes.

 
   
   Ein mathematischer Satz kann nur eine Festsetzung sein, oder ein nach einer bestimmten Methode aus Festsetzungen errechnetes Resultat. Und das muss für “9 ist durch 3 teilbar” oder “9 ist durch 3 nicht teilbar” gelten.

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   Wie [r|e]rrechnet man 2 × 2 = 5?

 
   
   Wesentlich ist vielleicht nur, dass man einsieht, dass, was sich durch Ungleichungen ausdrückt, wesentlich, d.h. formell verschieden ist von dem durch Gleichungen Ausgedrückten. Und so kann man ein Gesetz, das die Stellen eines Dezimalbruchs liefert und mit Ungleichungen arbeitet, gar nicht unmittelbar mit einem vergleichen, welches mit Gleichungen arbeitet. Wir haben hier ganz verschiedene Methoden vor uns, und daher verschiedene Arten arithmetischer Gebilde.

 
   
   D.h. man kann nicht in der Arithmetik Gleichungen und etwas Anderes (etwa Ungleichungen) ohne weiteres auf eine Stufe stellen, als wären es etwa verschiedene Tiergattungen. Sondern die beiden Methoden werden dann kategorisch verschieden sein und miteinander unvergleichbare Gebilde bestimmen (definieren).



 
   
   Welche Gleichung, etwa, von der Form
abc … mal cde … = ghi …
ist richtig, welche falsch?

 
   
   Ja, kann man von dem Schriftzeichen (überhaupt) sagen, es sei richtig (oder falsch)?
   Das nämlich hängt mit dem Sinn der Antwort zusammen: “richtig ist die Gleichung, die man nach den Regeln erzeugen kann” im Gegensatz zu der: “richtig ist die Gleichung, die man nach den Regeln erzeugt hat”.
   Was ist das Kriterium dafür, dass man die Gleichung nach den Regeln erzeugen kann?
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   Das ist klar, dass die Position (Gleichung) nur im System, worin sie erzeugt werden kann, richtig oder falsch ist.



 
   
   Dasjenige, was 2 + 2 = 4 bedeutungsvoll macht, das also, was macht, dass 2 + 2 = 4 richtig und 2 + 2 = 5 falsch ist und nicht zwei gleichberechtigte Festsetzungen, ist die Beweisbarkeit von 2 + 2 = 4, und nur sie. Dass also ((1) + 1) + ((1) + 1) = (((1) + 1) + 1) + 1 zu dem allgemeinen System a + (b + 1) + (a + b) + 1 gehört.

 
   
   Ohne diese Beweisbarkeit wäre 2 + 2 = 4 eine willkürliche Zeichenregel und von richtig oder falsch bei ihr nicht die Rede. Die Demonstrabilität macht die Gleichung zu etwas, was sich mit einem Satz vergleichen lässt.

 
   
   “a + (b + 1) + (a + b) + 1” eine Definition zu nennen, ist eigentlich schon ein Fehler, denn es ist eine Zeichenregel ganz anderer Art als z.B. (1) + 1 = 2.

 
   
   Man könnte nun fragen: Welche Bedeutung hat 2 + 2 = 4? ist es nicht eine Zeichenregel? Wenn ja, so ist es willkürlich. Die Antwort ist, dass die Bedeutung von 2 + 2 = 4 nicht in ihm selbst, sondern in seiner Beweisbarkeit, das heisst in seiner Beziehung zu anderen Zeichenregeln [,|l]iegt, also in seiner // der // Zugehörigkeit zu einem System. D.h. also, dass jener Beweis (ebenso) interne Beziehungen zwischen 2 und 4 aufzeigt, wie der Beweis, dass pCq & p .C. q eine Tautologie ist, interne Beziehungen zwischen pCq & p und q zeigt.

 
   
   Eine Gleichung gewinnt erst in einem Kalkül mathematische Bedeutung.
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   So ist “lim (n = inf)
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n
= 0” eine willkürliche Ersetzungsregel, solange der Ausdruck “lim etc.” nicht in einem Limes-Kalkül steht.

 
   
   Eine Ungleichung ist so gut eine syntaktische Regel wie eine Gleichung. Die Analogie der Wahrheitsfunktionen in Verbindung mit Gleichungen mit den Wahrheitsfunktionen der Sätze ist eine vollständige – d.h. die geltenden Regeln sind in beiden Fällen dieselben – nur das eben die Gleichung keine Sätze sind.
   (Wir haben ja in den Wahrheitsfunktionen auf Hypothesen angewendet ein weiteres Beispiel solcher Analogien.)

 
   
   Ist es nicht klar: die Sätze der reinen Mathematik können nur als Zeichenregeln angewendet werden. // können in ihrer Anwendung nur Zeichenregeln sein. // (Nur Bedingungen des Sinns.)

 
   
   Auch “3 + 4 kl 9” ist keine Mitteilung – wie etwa, dass eine gewisse Strecke länger ist als 9 meter (ein Haus höher als 9 m). Es ist nach dem, was wir unter “3”, “4” und “9” verstehen, selbstverständlich (d.h. beweisbar). Wir sehen es aber damit immer noch so wie den Fall des Hauses an, nur dass es sich etwa dort um etwas weniger Selbstverständliches handelt. Aber es ist überhaupt mit dem Satzes unvergleichbar. – Wenn ich zuerst sagte “es ist selbstverständlich”, so heisst das, es ist hier nicht von einem Satz die Rede, sondern von einer Zeichenregel, die übrigens aus einer allgemeinen Regel folgt.
   Immer wieder drängt es uns zum Vergleich von “3 + 4 kl 9” mit einem Satz “wenn man diese beiden Stäbe aneinanderlegt, so reichen sie noch nicht bis dahinauf”. Und das ist selbst auf den Fall der Strecken a, b, c anzuwenden. Aber dieser Satz über die Strecken a, b, c ist
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eben nicht der arithmetische. Dieser ist vielmehr entweder der Ausdruck einer blossen // reinen // Willkür, – dass wir das Zeichen “9” in der oberen Reihe erst an eine so späte Stelle gesetzt haben, oder, wenn dies so angenommen ist, selbstverständlich. Wäre “3 + 4 kl 9” nicht ein willkürliche Festsetzung oder die Folge aus einer Festsetzung, so ginge es die Arithmetik nichts an. – Warum man es manchmal gern eine Tautologie nennen möchte (die es in meinem Sinne nicht ist) ist eben, weil man sagen möchte “ja, wenn Du das festsetzt, dann ist es ja selbstverständlich”. ((Ich schreibe Paraphrasen über logische Erkenntnisse.))

 
   
   Der arithmetische Satz nämlich nicht, dass man ihn in einer Ziffernreihe durch Anlegen von 123 und 1234 nicht bis zum Zeichen “9” kommt, sondern es steht dafür, dass es in der Reihe 1 2 3 4 5 6 7 8 9 nicht geschieht. Diese Reihe ist im arithmetischen Satz presupponiert und er ist daher keine Beschreibung von aussen dieser Reihe. – Man könnte es auch so sagen: Es ist ein Satz: “der Stab y a und der Stab b sind aneinandergereiht kürzer, als der Stab c; oder der Stab a ist 3 m lang, b 4 m und c 9 m”. Aber ich kann nicht sagen, dass die Länge des längeren Stabes länger ist als die des kürzeren. // Aber von den Längen kann ich nicht aussagen, dass die Länge des längern Stabes … // // Aber ich kann nicht sagen, dass die Länge 9 m länger ist, als die Längen
4 m und 3 m zusammen.
4 m + 3 m.
// – Diese Längen sind etwas, was ich von den Stäben mit Recht oder Unrecht aussage, um zu zeigen, dass sie, die Stäbe, in gewissen Verhältnissen zueinander stehen, aber dazu muss der Sinn dieser Längenangaben schon fixiert sein und kann nicht erst durch einen Satz noch behauptet werden.
   Oder: Die Angabe, dass a 3 m, b 3 m, c 9 m lang ist, ist eben die, durch welche ihc ich zeige, dass c länger ist als a und b zusammen. Ein
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Satz, der sagte, dass 3 m + 4 m kleiner ist als 9 m, entspräche einem Satz der sagte, dass länger länger ist als kürzer (oder “gross gr klein”).
   Ein solcher Ausdruck entspräche vielmehr dem, was festzusetzen ist, ehe überhaupt etwas gesagt werden kann.
   “3 + 4 kl 9” gehört eben auch zum “Spiel” und ist eine Stellung der Figuren, die nur mit den allgemeinen Regeln übereinstimmen kann, oder nicht.
   Länger und kürzer sind eine externe Eigenschaft der Stäbe, aber ein eine interne der Längen. (Sie durch einen Satz auszudrücken hiesse etwa, die Bedeutung eines Wortes durch einen Satz, worin das Wortt steht, aussprechen zu wollen.)